Neuer Honda Civic (2022): Golf-Gegner im ersten Check

Neuer Honda Civic (2022)
Golf-Gegner ab 31.900 Euro

Honda bringt einen neuen Civic. Ab Herbst 2022 steht Generation 11 zu Preisen ab 31.900 Euro auch bei den deutschen Händlern. Wir saßen bereits in dem Kompaktwagen aus Japan.

Honda Civic e:HEV Europa Neuvorstellung 2022
Foto: Thorsten Weigl

Wer sich bei zu viel Auswahl im Online-Auto-Konfigurator unwohl fühlt, dürfte vom neuen Honda Civic angenehm überrascht sein. Nur eine einzige Motor-Getriebe-Kombination bieten die Japaner auf dem europäischen Markt an. Als Civic e:HEV erhält der Kompakte den seriellen Hybrid-Antrieb aus dem CR-V, der mit einem 184 PS starken Zweiliter-Benziner wahlweise über einen Generator den 72-Zellen-Akku lädt, oder bei hohen Geschwindigkeiten selbst die Vorderräder antreibt. Den Vortrieb sortiert ein e-CVT-Getriebe, das anders als bei einem herkömmlichen CVT-Getriebe die Modulation des Drehmoments elektronisch vornimmt.

Unsere Highlights

Europa-Civic im ersten Check

Wir durften bereits in der Europa-Version des Civic Platz nehmen, um uns einen Eindruck vom aufgeräumten Interieur zu verschaffen. In der Tat verabschiedet Honda die wild zerklüftete Cockpit-Landschaft aus den Vorgänger-Generationen. "Ordnung macht gute Laune", heißt es in der Produktpräsentation. In der Tat sitzt es sich ablenkungsfrei hinter dem Steuer. Nach vorne geben die flachere Motorhaube und zurückgesetzte A-Säulen ein breites Sichtfenster frei, das durchaus einen besseren Überblick über das Verkehrsgeschehen verspricht, als bei vielen Konkurrenten.

Das Infotainmentsystem gliedert seine Menüpunkte in Kacheln, bleibt in der Darstellung allerdings vergleichsweise schmucklos. Am linken Rand des optional neun Zoll großen Touchscreens (Serie sieben Zoll) sitzen analoge Bedienelemente zum Aufrufen des Home-Screens, zum Zurückspringen und für die Lautstärke sowie die Titelauswahl. Darunter versteckt ein bis zum rechten Rand des Cockpits gezogenes Gitter die Luftausströmer, bevor weiter in Richtung Mittelkonsole die Kontrolleinheit zur Klimabedienung platziert ist. Alle Elemente sind problemlos erreichbar, ohne dass sich der Fahrer strecken oder gar verrenken müsste. Dem eigenen Anspruch einer besonders hochwertigen Ausführung der einzelnen Bedienelemente wird Honda jedoch nicht vollumfänglich gerecht. So haben haptische Tasten zwar einen angenehmen Druckpunkt, doch die Kunststoffeinfassungen der Klima-Drehregler weisen ein spür- und sichtbares Spiel auf.

Honda Civic e:HEV Europa Neuvorstellung 2022
Thorsten Weigl
Ergonomie und Übersichtlichkeit im Civic-Cockpit sind vorbildlich.

Erwähnenswert bequem fallen die Sitze in der ersten Reihe aus, wobei generell auch die Fond-Passagiere wenig Anlass zur Klage haben. Unter der Rücksitzbank verstaut Honda allerdings die Batterie und um die Sitzhöhe nicht empfindlich in Richtung Fahrzeughimmel zu schrauben, baut das hintere Gestühl entsprechend tief. Die Konsequenz daraus: Ein Teil der Oberschenkel schwebt in der Luft, doch das ist Klagen auf insgesamt hohem Niveau. Überhaupt keine Beschwerden provoziert das Ladeabteil, dessen Volumen mit rund 420 Litern zwar auf dem Niveau des Vorgängers verbleibt, das durch seine breitere Öffnung allerdings bequemer zu beladen ist.

Honda Civic e:HEV Europa Neuvorstellung 2022
Thorsten Weigl
Auf der tief gebauten Rückbank liegen die Oberschenkel eines Erwachsenen nicht ganz auf.

Maße und Design

Den US-amerikanischen Kunden hatte Honda den neuen Civic bereits vorgestellt – offenbar hat sich das Hauptaugenmerk der Japaner inzwischen auch bei Kompaktwagen auf den amerikanischen Markt verschoben. Nachdem die Japaner bereits im November 2020 einen Prototyp der neuen Limousine gezeigt haben, haben sie Ende April 2021 das Serienmodell der Limousine nachgeschoben. Unterschiede gibt es quasi nicht. Im nächsten Schritt zeigen die Japaner den Civic als Schrägheckmodell – eben genau jene Variante, die auch in Europa ab Herbst 2022 angeboten wird.

Honda Civic Limousine USA
Honda
Die Schulterlinie des neuen Modells ist niedriger als beim Vorgänger und die Außenspiegel sind nach unten auf die Türbrüstung gewandert.

Das Design des Civic hat Honda komplett überarbeitet: Er wirkt breiter, die Schulterlinie ist niedriger und die Form an sich ist schlichter als beim Vorgänger. Der neue Civic kommt als Limousine auf eine Länge von 4,67 Meter, eine Breite von 1,80 Meter und eine Höhe von 1,41 Meter. Das Schrägheckmodell ist mit einer Länge von 4,55 Meter etwas kürzer, entspricht aber in den anderen Abmessungen der Limousine. Der Dachverlauf des Fünftüres zeigt sich coupéhafter und mündet am Heck in eine große Klappe, die bis ins Dach reicht. Darunter machen sich beim Schrägheck neu gezeichnete zweigeteilte Rückleuchten, die wie bei der Limousine in die Heckklappe reichen, mit einem verbindenden Lichtband breit.

Honda Civic Hatchback Steilheck
Honda
Der Fünftürer trägt eine große Heckklappe.

Den Heckabschluss bildet eine aus dem Heckdeckel wachsende kleine Spoilerlippe. Die Schürze des Fünftürers setzt zudem auf einen Diffusoreinsatz und zwei außen positionierte trapezförmige Auspuffendrohre. Die Rücksitzlehne im Schrägheck t serienmäßig geteilt umlegbar.Für eine bessere Sicht des Fahrers wandern die A-Säulen an beiden Karosserievarianten ein Stück nach hinten und die Außenspiegel runter auf die Türbrüstungen. Eine breitere Spur hinten lässt den Civic stämmiger wirken. Rund 3,5 Zentimeter mehr Radstand (jetzt: 2,74 Meter) strecken die Proportionen und bringen zusätzlichen Platz im Innenraum. Die komplette Beleuchtung setzt auf LED-Technik.

Ausstattung und Assistenten

Honda Civic Limousine USA
Honda
Die Ruhe selbst: Honda hat den Innenraum des Civic gründlich aufgeräumt.

Die Instrumentenanzeige ist jetzt 10,2 Zoll groß sowie volldigital, farbig und konfigurierbar. Der Infotainment-Touchscreen in der Mitte des Armaturenträgers lässt sich mit Apple- und Android-Smartphones Smartphones verbinden. Auch eine induktive Ladeschale für mobile Endgeräte ist an Bord. Bei den Assistenzsystemen verspricht Honda den Stand der Technik. Für mehr Sicherheit sollen aber auch neu entwickelte Airbags, die besonders im Kopfbereich mehr Schutz bieten, und eine verbesserte Fahrgastzellen-Struktur sorgen. Neu sind auch Seitenairbags in den hinteren Sitzen. Insgesamt sind zehn Airbags an Bord.

Unter der Karosserie soll ein steiferes Chassis sitzen und die Motoren sollen ein spritzigeres Fahren ermöglichen als bisher. In den USA ist der Civic mit einem Zweiliter-Vierzylinder-Saugbenziner und einem 1,5-Liter-Turbobenziner mit ebenfalls vier Zylindern kombinierbar. Der Sauger kommt auf 158 PS und 188 Nm Drehmoment. Der Turbo wird mit 180 PS und 240 Nm Drehmoment angegeben. Gekoppelt sind auch diese beiden Motoren mit Frontantrieb und einem CVT-Getriebe. Für das fünftürige Schrägheckmodell kündigte Honda zudem ein manuelles Sechsgang-Getriebe an.

Honda Civic Type R Erlkönig
Stefan Baldauf
Bereits als Erlkönig unterwegs: Der kommende Civic Type R, den es auch in Europa geben wird.

Nur als Hybrid ab 31.900 Euro

Während für Europa das e:HEV-Antriebssystem die einzige Option ist, ist beim US-Modell von Hybridisierung nicht die Rede. Sportlich ambitionierte Civic-Fans müssen nicht verzagen. Auch eine Neuauflage des beliebten R-Modells ist gesetzt. Zwar kommt auch das darunter angesiedelte Si-Modell neu – allerdings hat Honda diese Variante bisher nur auf dem US-Markt angeboten und dabei wird es wohl bleiben. Honda zielt mit dem großen Kompaktmodell, das in Nordamerika als Kleinwagen gilt, weiterhin auf junge Kunden.

Die Japaner liefern die Civic Limousine für den US-Markt ab Sommer 2022 aus, das Schrägheck folgt etwas später. Gefertigt wird die Civic-Limousine für Nordamerika im Werk Alliston in Kanada. Die Schrägheck-Version läuft erstmals in Hondas US-Werk in Greensburg (Indiana) vom Band. Das europäische Civic-Werk im englischen Swindon hat Honda 2021 geschlossen, die Europa-Modelle kommen daher künftig direkt aus Japan.

In Deutschland startet der Civic e:HEV zu Preisen ab 31.900 Euro in der Ausstattungsvariante Elegance. Die mittlere Ausstattungslinie Sport ist ab 33.200 Euro zu haben. Wenigstens 36.600 Euro werden für die Top-Ausstattung Advance verlangt. Bestellbar ist der neue Civic in Deutschland ab dem 1. Juli 2022.

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Fazit

Honda hat den neuen Civic dem Zeitgeist folgend schlicht-schick designt. Außerdem ist die Übersichtlichkeit besser geworden. Die digitale Instrumentenanzeige und der aufgeräumte Armaturenträger wirken angenehm ruhig – eine 180-Grad-Abkehr von den Zerklüftungs-Welten, die Honda seinen Fahrern in der Vergangenheit zumutete.

In Sachen Sicherheit, Steifigkeit des Chassis, Fahrverhalten und Motor-Performance verspricht Honda ordentliche Steigerungen. Die Japaner scheinen sich immer stärker dem US-amerikanischen Markt zuzuwenden – kein Wunder, schließlich sind sie dort extrem erfolgreich. So könnte es sein, dass auch der Civic ein nach amerikanischem Geschmack abgestimmtes Fahrzeug wird, das dann auch der europäische Kunde bekommt. Immerhin erhält der aber einen Hybridantrieb, auf den die Amerikaner verzichten müssen.