Mercedes F-Cell Word Drive Tag 30: Atomtomaten und kleine Viecher

Mercedes F-Cell Word Drive Tag 30
Atomtomaten und kleine Viecher

Der 30. Tag des F-Cell World Drive führt auf dem Weg nach Melbourne mitten durch Großbritannien und bietet eine Lektion in australischem Humor.

Mercedes F-Cell World Drive, 30. Etappe, Australien Lakes Entrance - Melbourne
Foto: Mercedes-Benz

Das wird heute eine echte Nullnummer. Nachdem Wagen eins uns gestern mit einer Fehlermeldung im Display empfing - die wir schlicht ignorierten - will sich heute Projektschef Arwed Niestroj den möglichen Patienten genauer ansehen. Und so wechseln wir auf das eigentlich für TV-Arbeiten reservierte Ersatzauto mit der Nummer Null. Weil gerade die Nachfrage der Presse nach einem Australien-Ausflug so groß war, sind wir nun ständig mit vier B-Klasse n unterwegs.

Unsere Highlights

Die Roten laufen in Australien schneller

Am Wegesrand lockt ein Gebrauchtwagenhändler mit der Idee, uns ein weiteres Fahrzeug anzuschaffen. Allerdings sieht der auf einer Wiese geparkte Holden aus, als ob er die Grenze zum Altmetall bereits überschritten hat. "Mach uns ein Angebot" steht fröhlich auf dem Pappschild am halb heruntergelassenen Seitenfenster. Darunter ist zu lesen, dass er billig ist, gut läuft, sowohl gute erhaltene Reifen, als auch einen vollen Tank hat. „Nichts weiter zu bezahlen. Pack eine Batterie rein und fahr los“ steht weiter unten. Dazu kommt der Hinweis: "Es ist ein Roter, also läuft er schneller.“ Schließlich ein Postscriptum über den sorgsamen Umgang des Vorbesitzers: „Ausschließlich an Sonntagen zum Kirchgang benutzt“. Wenn das kein Vertrauen schafft. Es bleibt allerdings offen, ob damals schon das Heckfenster gefehlt hat.

Besucher werden angepöbelt

Der Australier macht nicht lange rum, er nennt die Dinge gern beim Namen. Und so steht auf dem Schild am Straßenrand schlicht „Langes Wasserloch“. An solchen mangelt es Down Under nicht, aber dies hier ist wirklich eindrucksvoll. Die Straße bildet nahezu einen Damm, der einen flachen See durchschneidet, in dem auf beiden Seiten Fauna und Flora im Wasser stehen. Hunderte von Fröschen pöbeln den Besucher mit ihrem gequake an, auf der spiegelglatten Wasseroberfläche segelt erhaben ein halbes Dutzend schwarzer Schwäne.

Atomtomaten sind umwerfend

Beim Blick auf so viel Wasser meldet sich die Blase. Irgendwo bei Aberton liegt eine Shell-Tankstelle, die nicht ein stilles Örtchen bietet, sondern auch ein besonders schönes Beispiel für australischen Humor. Allein die dargebotenen Snacks sind ein Sammelsurium der guten Laune. Dass Lakritz hier am laufenden Meter verkauft wird, ist noch einer der schwächeren Gags, aber mitten im Chipstüten-Ständer prangt eine rote Packung der Marke Pamboy mit der Aufschrift: „Atomtomaten. Der Geschmack haut dich um“. Ob man davon ein Foto machen darf? „Du darfst hier drin alles tun, was du willst“, sagt die voluminöse Brünette an der Kasse. Zugegeben, der australische Humor ist nicht eben subtil, sondern eher von der handfesten Sorte.

Zeit für einen Quickie?

Die schlüpfrige Bemerkung dürfte allein deshalb schon kaum ernst gemeint gewesen sein, weil hinter der Theke neben ihr ein tätowierter Quadratschädel steht, der entweder ihr gerade aus langer Haft entlassener Bruder oder ihr Mann zu sein scheint. Der Kahlkopf macht sich gerade an einer von Mr. Macs Quiches zu schaffen. „Zeit für einen Quickie?“ steht auf der Packung. Vielleicht ist Australien deshalb so dünn besiedelt. Jemand sollte ihnen mal sagen, dass man von Fleischpasteten gar nicht schwanger werden kann.

Schottland liegt Down Under

Im beschaulichen Örtchen Foster erwartet uns am mittäglichen Tankpunkt sogar ein bisschen Rummel. Das lokale Fernsehen ist da und die Bürgermeisterin mit einer Abordnung. Mit der Brauerei hat der Ort nichts zu tun, hier macht man eher in Milchprodukten als in Gerstensaft. Aber Foster sieht sich auch als Vorreiter der Umwelterhaltung. Auf den umliegenden grünen Hügeln steht ein halbes Dutzend Windräder. Die Landschaft sieht mit ihren grasbewachsenen Hügeln aus wie Wales, und tatsächlich marschieren regelmäßig Filmcrews an. Immer wenn ein Streifen gedreht wird, der in England spielen soll, kommen sie in die „rolling green hills“.Vom Windpark aus bietet sich ein schöner Blick auf die äußerste Südspitze des Kontinents. Wilsons Prom ist eine bergige Halbinsel aus Granit, die in der Vorzeit eine Landverbindung zur Insel Tasmanien gebildet hat. Normalerweise wimmelt es dort im Sommer von deutschen Rucksacktouristen, im vergangenen Sommer aber verleidete eine schlimme Flut vielen den Urlaub. Aus der Ferne sieht alles pittoresk und wild aus. Vielleicht fahren die Fernseh-Leute immer dorthin, wenn sie etwas drehen, das in Schottland spielen soll.
 
Unsere Tankstelle liegt heute an einem Flussufer. Auf der grünen Wiese hat unsere australische Versorgungstruppe das vorbereitet, was Australier am liebsten tun: Barbecue. Rauchschwaden ziehen über den Fluss, Neil preist Känguruh-Steaks und Krokodilspieße an. Krokodil ist sozusagen das bessere Hühnchen. Es bietet weiches Fleisch, dass zwar etwas fetter ist als Geflügel, dafür aber deutlich schmackhafter. Das weiß auch Ke Guan zu schätzen. Der chinesische Kollege kreuzt zum gemeinsamen Foto die triefende Klinge. Wir sind sozusagen Blutsbrüder. Ke arbeitet seit fünf Jahren für die chinesische Niederlassung von auto motor und sport.

Drive-In Friedhof

Apropos Niederlassen: Silke gesteht kurz nach der Weiterfahrt ihre Schwäche für Friedhöfe. Sie nimmt den Namen wörtlich und sammelt rund um die Welt Fotos der friedvollsten Orte. In Foster gibt es ein besonders ruhiges Plätzchen auf einer Anhöhe. Weil der Australier wie der Amerikaner nicht allzu gern zu Fuß geht, darf man den Hügel mit dem Auto befahren. Wir haben auch schon einen passenden Namen für diese praktische Einrichtung: Wie wäre es mit „Grave Inn“.
 
Da sind wir wieder beim Humor. Die Leute in Foster haben uns den kleinen Umweg über Fish Creek empfohlen. Lokalfotograf Ken weiß: ein viel schönerer Blick auf Wilsons Prom und außerdem ist Fish Creek mit seinen 200 Seelen rund um eine Straßenkreuzung ein Hort der Kultur. Es gibt allein fünf Gallerien. Eine davon heißt „Reite die wilde Ziege“. Das ist so ziemlich der ausgefallendste Name seit der letzten Neuengland-Reise. In Provincetown auf Cape Cod gibt es einen Laden mit dem Namen: „Hau den Affen“.

Hässliches gelbes Gefährt mit sechs Rädern

Womit wir wieder beim Humor wären. Schräg gegenüber lockt ein Schild zum Besuch im „Fishy Pub“. Dazu ist zu sagen, dass fishy sowohl faul als auch verdächtig heißen kann. Völlig spaßfrei wirkt dagegen die Maschine, die Steve gerade an der Tanke vorgefahren hat. Ein hässlich gelbes Gefährt mit sechs Rädern, einer gepanzerten Kabine und einem riesigen, rotierenden Sägeblatt an der Flanke. Das Ding sieht aus, als ob es zum Set von Mad Max III gehört hat oder mal an der Endausscheidung der Robot Wars teilgenommen hat. Steve lädt ein, ihm ein halbes Stündchen zu folgen. Er schneidet mit seinem Gerät überhängende Äste am Straßenrand ab. „Das macht Spaß“, sagt er. Klar, Steve ist schließlich einer der sehr wenigen Menschen, die für das Hinterlassen einer Schneise der Verwüstung auch noch bezahlt werden. Nur mühsam lässt sich die Bitte vermeiden, das Monstrum mal für einen Tag auszuleihen. In Stuttgart West haben sie doch jetzt überall diese nahezu in die Straßen reinragenden Parkscheinautomaten aufgestellt.

Bikini-Schönheiten helfen Parksündern

Man müsste eben in Melbourne wohnen, was wir heute Nacht auch tun. In der Fünfmillionen-Metropole am Jarra-River werfen zuweilen Bikini-Schönheiten Geld in abgelaufene Parkuhren, damit die säumigen Zahler kein Knöllchen bekommen. Allerdings dürfte es bei 18 Grad und auffrischendem Wind ein bisschen kühl für die Meter Maids sein.
 
Wo wir gerade von Kühle reden: Wo gibt es denn hier ein kühles Blondes? Wir entscheiden uns für ein australisches Bier aus Perth, dem Endziel unserer australischen Etappe. Die Sorte haißt „Little Creatures“, und sie schmeckt auch so, als wäre im Braubottichdas ein oder andere kleine Tierchen geschwommen. Die haben hier wirklich eine seltsame Art von Humor.