Die Beschäftigung mit dem E39 mutet an wie der Blick in die gute alte Zeit. Da wurde noch nicht gecrossovert und versuvt, was das Zeug hielt. Da wurde ein gutes Modell einfach in vielerlei Beziehung verbessert, ohne die bekannten Klassengrenzen zu verlassen. War nicht alles schlecht damals, oder?
Günstiger cW-Wert: 0,27
Der E34, heute kultisch verehrter Fünfer mit dem klassischen Vier-Augen-Gesicht, bekam schlicht einen Nachfolger, der durch cleveres Design windschlüpfiger wurde (cW-Wert ab 0,27), an Karosserie und Fahrwerk (alle Fahrwerkslenker aus Leichtmetall) einige Kilogramm abspeckte und sich zentrale Technikkomponenten vom 7er E38 lieh. Drei Fingerbreit mehr Länge, Breite und Radstand, etwas mehr Höhe, dazu einiges an neuer Technik und sonst: Bewährtes besser machen. So einfach war das Erfolgsrezept der Ingenieure um den jungen Entwicklungsvorstand Wolfgang Reitzle.
Premiere auf der IAA 1995
Dem war es nicht so wichtig, den Fünfer zu einem richtig geräumigen Auto zu machen. Der E39 gleicht gewissermaßen den Maßanzügen, wie Reitzle sie gern trug: körpernah und figurbetont geschnitten. Im Fond gibt es zwar etwas mehr Beinraum als im E34, mit der Raumfülle der neuen Mercedes E-Klasse W210, die wie der E39 auf der IAA 1995 Premiere hatte, kann der BMW aber nicht aufwarten. Erst recht nicht übrigens der Touring, der im März 1997 an den Start ging: 410 bis 1.525 Liter Gepäck passen ins Heck – keine Heldentat für ein so großes Auto.
Immerhin übernahm der E39 die separat zu öffnende Heckscheibe vom E34 – und dessen bekannte Krankheiten, den gebrochenen Heckklappen-Kabelbaum und Rost am Scheibenrahmen und an der Kante der Heckklappe. Den Verkaufserfolg des E39 hat das nie gefährdet, denn als die Limousine 2003 und der Touring Anfang 2004 ausliefen, waren knapp 1,5 Millionen E39 verkauft worden.
Ausstattung: Navi, Xenon, etc.
Zu bestechend war einfach seine gute Allrounder-Qualität, zumal BMW ihm – natürlich gegen Aufpreis – einige tolle Dinge mit auf den Weg gegeben hatte. Multifunktionslenkrad, Doppelverglasung, Navigationssystem, später dann Xenon-Scheinwerfer, Parksensoren, elektrisch einstellbare Komfort- oder gar Aktivsitze mit Massagefunktion, schalldämmende Doppelverglasung: Das waren damals hochattraktive Extras, die trotz zum Teil heftiger Aufpreise gern genommen wurden, wie auch die tolle ZF-Automatik, die als Steptronic – bei den schwächeren Motoren nicht von Beginn an – über eine zweite Wählhebelgasse für manuelle Eingriffe verfügt.
Heute macht die Ausstattung, neben dem Zustand von Technik, Innenraum und Blech, den Unterschied zwischen einem gut gebrauchten Daily Driver und einer Youngtimer-Perle aus, die man bei Eis und Schnee im Stall lässt, um sich lieber mit dem billigen Winterauto auf die gesalzenen Straßen zu wagen.
Vierzylinder? Baut Mercedes
Was macht denn nun den Reiz des E39 aus, der mit seinem aufwendigen Fahrwerk und der komplexen Integrallenker-Hinterachse aus dem E38 (der Touring bekam aus Platzgründen eine modifizierte Version) bei sehr angenehmem Federungskomfort so wunderbar leicht und fluffig in der Hand liegt? Es sind, wie so oft bei BMW, die Motoren.
Einen Vierzylinder-518i gab es zwar für einige wenige Exportmärkte, und auch der 520d, der im Frühjahr 2000 als später Nicht-Common-Rail-Diesel kam, zählte nur bis vier. Doch sonst beherrschten diesseits der Vollfettstufen-V8 des 535i und 540i sechs in Reihe positionierte Zylinder das Bild selbst im 520i, der den Mercedes E200 auf ganzer Front deklassierte: zwei Zylinder und 14 PS mehr, dafür aber über 1.700 Mark billiger. Alle Reihensechser aus München verfügten über vier wichtige Tugenden: vibrationsfreier Lauf, seidiger Klang, fröhliche Drehfreude, sehr angemessener Verbrauch – alles da, was Freude macht, inklusive eines leicht schaltbaren, perfekt abgestuften Fünfganggetriebes.
Motoren von 150 bis 400 PS
BMW ruhte sich auf diesen Lorbeeren nicht aus, besserte immer wieder nach. Im Herbst 1998 bekamen 520i, der deutlich kräftigere 523i und auch der 528i mit sehr souveränen 192 PS eine doppelte Nockenwellenverstellung (Doppel-Vanos), und mit dem ersten Direkteinspritzer-Turbodiesel 530d lieferten die Münchener sogleich ihr Meisterstück ab. Schwächeleien auch im Alter sind ihm und dem kleineren, 2000 eingeführten 525d fremd, sodass 500.000 problemlose Kilometer keine Seltenheit sind. Wie bei den Benzinern gilt es nur, dem Automatikgetriebe alle 100.000 Kilometer frisches Öl zu gönnen.
Überhaupt macht der Antrieb wenige Probleme beim E39. Der im Herbst 2002 eingeführte, fulminante 530i verlangt zwar wie auch der Hochdrehzahl-V8 des M5 irgendwann nach neuen Pleuellagern, und schwächelnde Wasserpumpen oder spinnende Thermostate können alle Motoren mal außer Betrieb setzen. Doch bis es so weit ist, hat man hinterm Lenkrad schon sehr viel Fahrfreude erlebt und bucht die entstehenden Kosten gern als Vergnügungssteuer ab. Das befriedigende Gefühl, für überschaubar viel Geld ein hochklassiges Auto gekauft zu haben, können daher im Grunde nur wenige Dinge kurzzeitig stören.
Schwächen: Ölverlust und Wassereinbruch
Da sind zum einen kleine Elektronik-Nickeligkeiten wie ein defekter Widerstand des Heizgebläses – das saugt dann bei verschlossenem Auto die Batterie leer. Oder die Leitungen der Servolenkung härten mit den Jahren aus und werden undicht wie auch die Dichtungen von Ölfiltergehäuse, Ventildeckel und Ölwanne (vor allem bei den Sechszylinder-Benzinern). Steht im Innenraum Wasser, haben die Dichtungen hinter den Türverkleidungen das Zeitliche gesegnet, federt die Hinterachse des Touring nicht mehr, wie sie soll, sind sicher die Bälge der optionalen Luftfederung hinüber oder der Kompressor – ein teurer Spaß.
Rost an Schwellern, Hauben- und Türkanten kommt früher oder später, ist aber kein Grund zum Verkauf. Den macht man dann einmal gründlich weg und hat wieder einen klassisch-schönen BMW vor der Tür stehen, mit dem man sich überall sehen lassen kann.
Preise
Die Zeit der billigen E39 ist vorbei. Gute Autos gibt’s nicht mehr für ein Butterbrot. Kauftipps: 530i Limo, 540i Touring und der beste M5, den man bezahlen kann.
Ein 520i kostet in gutem Zustand rund 5.600 Euro. Classic Analytics notiert 528i und 530i mit 7.300 und 7.800 Euro. Touring-Modelle kosten einen kleinen Aufschlag. Ein einstmals 103.600 Mark teurer 540i Touring ist heute für 12.800 Euro zu haben. Der M5 notiert in gutem Zustand bei 39.000 Euro.
- Bei Einführung 1995
- 60.700 Mark
Wertungen
Fazit
Es hat sich herumgesprochen, dass der E39 technisch solide und fahrerisch freudvoll ist. Meine Wahl wäre ein handgeschalteter 530i Touring mit Xenon-Scheinwerfern, Aktivsitzen, Doppelverglasung und dem HiFi-System Professional DSP. Oder eine 540i Limousine, der kompakte Siebener.