Zwei Ölkrisen haben die neue S-Klasse fünf Zentimeter schmaler und 50 Kilo leichter gemacht. Die Achtzylinder-Typen verloren dank neuer Leichtmetall-Kurbelgehäuse sogar doppelt so viel Gewicht. Nebenbei gewannen sie wegen des gesteigerten Hubraums Leistung, Drehmoment und Souveränität, sparten dabei 10 Prozent Sprit. Einen Anteil daran hatte der von 0,41 auf 0,36 gesenkte Cw-Wert.
Energiekonzept 1981
Für eine gute Aerodynamik opferten die Stern-Stilisten Sacco und Gallitzendörfer die doppelte Stoßstangenpracht. Eine leicht gepfeilte Frontpartie mit flacherem Traditions-Grill und kleineren Schlupflid-Scheinwerfern ersetzt die im Wind stehende, monumentale Kühlerattrappe. Kein Frage, aus dem Machtmensch Mercedes W 116 wurde der Gutmensch W 126 – sparsamer, Ressourcen schonender, sozialverträglicher. Mercedes führte 1981 ein Energiekonzept an, das mit kleinen Einzelmaßnahmen den Verbrauch weiter senkte: Die Verdichtung wurde erhöht, die Steuerzeiten der Nockenwellen geändert, die Leerlaufsteuerung elektronisch geregelt. Der Motor des 380 SE wird in der Bohrung reduziert und im Hub erhöht, beide Achtzylinder bekommen eine längere Hinterachsübersetzung.
Der W 126 verdrängt seinen Vorgänger
Längst haben wir begriffen, dass jede S-Klasse ein treffendes Sittengemälde ihrer Epoche ist. Auch die XXL-Größe W 140, die uns einst als Hybris erschien und heute im Vergleich zu einem Ford Mondeo harmlos wirkt, verkörperte so typisch die Berliner Republik der Neunziger. Mittlerweile mögen wir sogar den, aber lieben tun wir den schlanken, schönen W 126.
In der Oldtimer-Szene ist der Mercedes W 126 längst eine feste Größe, Club-Insider behaupten sogar, dass er seinen Vorgänger W 116 in der Beliebtheit verdrängt, was bei den Preisen für gute Exemplare jetzt schon ablesbar ist. Aber das Angebot ist immer noch riesig, die Auswahl von Typ, Sonderausstattungen und Farbe könnte man fast so individuell ordern wie einst in den Achtzigern, wäre da nicht die hohe Priorität des guten Zustands.
Objektiv die bessere Wahl: 2. Serie
Trotz steigender Preistendenz ist der Mercedes W 126 immer noch ein Luxusauto fürs Volk, wenn man nicht die Unterhaltskosten eines Opel Vectra erwartet. Mit fast zwölf Jahren Bauzeit und über 800.000 Exemplaren brachte er es zur erfolgreichsten S-Klasse aller Zeiten. Vor allem die Modelle der zweiten Serie ab August 1985 erfreuen sich großer Beliebtheit. Sparsame, aber weniger klangvolle Sechszylinder- Motoren des Typs M103 mit nur noch einer obenliegenden Nockenwelle, G-Kat-Ausrüstung auf breiter Ebene, füllige 15-Zoll- Räder und ein neues Topmodell namens 560 SEL sind die Gründe.
Mit 300 PS in der ECE-Variante und dem Sonderausstattungs-Code 215 geadelt, lässt er uns den Phantomschmerz des 6.9 vergessen. Code 215 kostete 5.506 Mark und bedeutet "Hydropneumatische Federung mit automatischer Niveauregulierung und gesteuerter Dämpfung." Noch heute ist das einstmalige Mercedes-Flaggschiff 560 SEL überproportional teuer.
Der besondere Reiz des W 126
Was macht den besonderen Reiz des Mercedes W 126 eigentlich aus? Sein Qualitätsgefühl ist trotz der erwähnten Prise ökologischen Leichtbaus immer noch über jeden Zweifel erhaben. Vor allem die Fondtüren schließen mit unbeschreiblich sattem Klang. Lenkrad, Türgriffe und Bedienelemente fassen sich ungeheuer verlässlich und langlebig an.
Das Fahrgefühl hinter dem großen Lenkrad der W 126-S-Klasse ist erhaben und macht glücklich. Es beruhigt ungemein, wenn sich die lange Motorhaube samt Stern vornedrauf ihren Weg durchs Verkehrsgewühl sucht und die Lieblingsmusik leise aus dem Becker Mexico säuselt. Cocooning nennt man es auf neudeutsch, dieses wohlige Ein-Igeln in seine vertraute Umgebung.
Tatsächlich ersetzt so eine S-Klasse der Baureihe W 126 vor allem in der SEL-Version das heimische Wohnzimmer. In Velours oder Leder ist es geschmackvoll gepolstert und hübsch dekoriert. Die drehmomentstarken V8-Motoren entfalten zum lässigen Komfort des 126ers jene Überschussleistung samt bassigem Wohlklang, die das Erlebnis S-Klasse so genüsslich steigern.
Auch ein Sechszylinder kann glücklich machen
Aber dazu braucht es keinen 560er, ein Mercedes 380 SE reicht schon, und der rangiert in der Preisskala zu Unrecht unten. Wenn ich zum Schluss einen Rat für Preisbewusste geben darf – warum nicht ein 280 SE?
Karosserie-Check
Die Erstserien-Modelle der Mercedes W 126-S-Klasse bis 8/1985 sind deutlich rostanfälliger als ihre werksseitig besser konservierten Nachfolger. Doch sollte man jedes Exemplar am besten auf einer Hebebühne inspizieren. Rost findet sich im gut sichtbaren Bereich häufig an der Oberkante der Saccobretter, unter den vorderen Blinkergehäusen und an den Seitenteilen über der hinteren Stoßstange. Der Heckscheibenrahmen rostet kofferraumseitig durch, die Radläufe hinten erwischt es häufig.
Technik-Check
Die robuste Mercedes-Technik samt hoher Laufleistungen sollte nicht darüber hinwegtäuschen, dass sich ein Wartungsstau bei der Mercedes W 126-S-Klasse bitter rächt. Der DOHC-Sechszylinder M110 macht dann durch Klappergeräusche im Ventiltrieb auf sich aufmerksam, der leisere und sparsamere M103-Sechszylinder (ab 1985) leidet unter eingelaufenen Nockenwellen und defekten Zylinderkopfdichtungen. Die Achtzylinder sterben plötzlich an gebrochenen Kunststoffgleitschienen der Steuerkette. Vorsichtshalber erneuern!
Ersatzteile
Die Ersatzteilversorgung für die Mercedes W126-S-Klasse ist nicht mehr so vorbildlich wie noch vor einigen Jahren. Doch das Wichtigste ist am nächsten Tag beim örtlichen Stern-Repräsentanten verfügbar. Das Preisniveau ist vor allem für elektronische Bauteile inzwischen empfindlich hoch.
Preise
Classic Analytics listet die Mercedes S-Klasse (500 SE, W126) in Zustand 2 mit 15.800 Euro. Etwa 8.900 Euro sind für mäßige Exemplare zu zahlen. Das Coupé kommt teurer: 20.900 Euro im Zustand 2 und 11.700 Euro im Zustand 3.
- Bei Einführung 1980
- 42.300 Mark
- Bei Produktionsende 1991 Mercedes-Benz 300 SE
- 74.400 Mark
Schwachpunkte
- Kotflügel, Sacco-Bretter
- Radläufe, hinteres Seitenteil
- Heckscheibenrahmen
- Schweller, Wagenheberaufnahmen
- Zylinderkopfdichtung
Wertungen
Fazit
Passen Sie auf den Rost auf, der kann heftig wüten und vergessen sie die Automatik nicht! Ohne die gibt es kein S-Klasse -Feeling. Wer es individuell mag, der greife zum seltenen Erstserien-Mercedes 280 SEL, davon gab es nur 21.000 Exemplare. Dazu noch eine modische Lackierung wie Petrol, Silberdistel oder Champagner, gern kombiniert mit Velours Creme und fertig ist die 80er-Jahre-Zeitmaschine.