In seinem ersten Leben war der Opel Kadett C einfach nur das, wonach er auf den ersten Blick und abgesehen von den bunten Aufklebern auch heute noch aussieht: eine biedere Stufenhecklimousine mit einem Nähmaschinen-1.200er auf der Vorderachse. Eben die Sorte Auto, die in einem zweiten Leben breiter, tiefer und lauter wurden.
Und oft bei allem Aufwand nicht nennenswert schneller. Angesichts dieses Exemplars dürfte den meisten in irgendeiner Weise überarbeiteten Kadett die Schamesröte in den Zylinderkopf steigen. Viel ist beim Opel Kadett 3.0 Turbo nicht übrig geblieben von der Ausgangsbasis, einem 1979er Kadett C mit 1,2-Liter-Vierzylinder.
Dreiliter-Zweiventiler unter der Opel Kadett C-Haube
Dabei hatte alles ganz harmlos angefangen. Besitzer Volker Brüchle und ein paar Freunde aus dem idyllischen Ottobeuren im Allgäu pflegten seit Jahren eine spezielle Art von Wintersport: Driften, am liebsten mit Fahrzeugen vom Typ Opel Kadett C, in stillen Winternächten und auf einsamen verschneiten Feldwegen. Die Opel Kadett C waren dabei schon mit der Basismotorisierung einfach die schnellsten Autos, erinnert sich Brüchle, der auch heute noch immer mal wieder beim Schneepflügen rund um Ottobeuren anzutreffen ist.
Weil es so viel Spaß machte, reichte der Winter bald nicht mehr aus – man könnte ja auch aus der Übung kommen. Deshalb ist Brüchle heute regelmäßig bei Sportveranstaltungen zu sehen, etwa der vom Schwesterblatt sport auto organisierten Drift Challenge, natürlich noch immer in einem Opel Kadett C. Doch zum Driften auf hartem Asphalt war der 1.200er-Motor als Basis dann doch etwas schwächlich.
Und so begann vor rund sechs Jahren der Umbau eines grünen Opel Kadett C. Da ein wirklich einzigartiges Exemplar entstehen sollte, fiel die Wahl auf einen Sechszylindermotor als Antrieb. Auch dieser im Prinzip preiswerte Massenware der in der Serienversion 177 PS starke Dreiliter-Zweiventiler aus dem Omega A. Um eine zu vorderlastige Gewichtsverteilung zu vermeiden, verlegte Brüchle die Motoraufnahme im Opel Kadett C im Gegensatz zu anderen Umbauten ähnlicher Art sehr weit nach hinten, wodurch auch die Spritzwand sowie der Getriebetunnel komplett neu geschweißt werden mussten. Die Verdichtung des Aggregats nahm der Betreiber einer Kfz-Werkstatt von 10,5 auf 8,1 zurück und pflanzte einen Garret-Lader auf.
Eigenbau-Abgasanlage für den Turbo-Kadett C
Der Ladedruck kann mittels eines Ventils zwischen rund 0,5 und 1 bar reguliert werden. Die Höchstleistung gibt Brüchle bescheiden mit je nach Einstellung etwa 300 PS an. Gut möglich, dass sie tatsächlich sogar einige Einheiten höher liegt. Die Abgasanlage wurde in Eigenregie komplett aus Edelstahl gefertigt. Für die gesunden thermischen Verhältnisse garantiert ein großer Kühler aus einem Sechszylinder-BMW. Für Verzögerung sorgen vorn 300er-Zimmermann-Sportbremsscheiben, die eigentlich für den Opel Omega A 24V angeboten werden, hinten ist eine 3,44er-Achse des Opel Kadett C GTE samt serienmäßiger Trommeln montiert.
Den Gangwechsel im Opel Kadett 3.0 Turbo übernimmt ein Fünfganggetriebe von Getrag, wobei sich der Schalthebel gewöhnungsbedürftig wegen der weit nach hinten gerückten Antriebseinheit etwa auf Höhe der Fahrerhüfte befindet. Um das Gewicht gering zu halten, insgesamt bringt der Wagen fahrfertig inklusive kräftigem Überrollbügel 1170 Kilogramm auf die Waage, flog alles Überflüssige raus. Als Folge sitzen Fahrer sowie der eine mögliche Passagier auf dem Beifahrerplatz im nackten grünen Blechraum.
Geplante Leistungssteigerung bis zu 500 PS
Während der Klang beim ruhigen Dahinrollen des noch beinahe zivilisiert erscheint, wird beim Hochdrehen der einzelnen Gänge zwecks zügigerer Fortbewegung doch deutlich, dass zurückhaltende Manieren im Verlauf des Umbaus irgendwann auf der Strecke geblieben sind: Laut brüllend marschiert der Opel Kadett C 3.0 Turbo mit einem derartigen Nachdruck voran, dass selbst Sportwagen-Piloten ins Grübeln geraten. Und genau darin liegt das spezielle Vergnügen, mit diesem Fahrzeug unterwegs zu sein: Wer ihn nicht kennt, könnte den grünen Kompaktsportler auf den ersten Blick glatt mit einem lediglich äußerlich aufgemotzten 55-PS-Exemplar verwechseln.
Dennoch will sich Brüchle mit dem Erreichten auf Dauer nicht zufrieden geben. Die Pläne für die nächste Ausbaustufe sind bereits weit gediehen: Der altehrwürdige Zweiventiler wird dem Vierventilmotor des Omega A weichen. Mit Biturbo-Aufladung dürfte sich damit eine Leistung zwischen 400 und 500 PS realisieren lassen, hofft Brüchle. Dann sollten noch weniger Fahrzeuge dem Opel Kadett C Turbo Paroli bieten können. Ein kräftiges Allradauto im Schnee vielleicht.
Opel Kadett 3.0 | |
Außenmaße | 4124 x 1570 x 1325 mm |
Höchstgeschwindigkeit | 240 km/h |