Markus Röhrle war zur richtigen Zeit am richtigen Ort. Schon vor einer Weile war ihm dieser seltene Opel Omega Evolution 500 in seinem Wohnort Schechingen im Ostalbkreis aufgefallen. Als er ihn diesmal wiedersah, "war die Motorhaube geöffnet und Leute mit langen Gesichtern standen um das Auto", erinnert sich der 38-Jährige an jenen Tag im Sommer 2003. Kurz entschlossen hielt er an und machte sich kundig.
Schnell war der Grund für die schlechte Stimmung klar: Ein kapitaler Motorschaden hatte den Evo ins Aus gekickt. Der Besitzer war stinksauer: "Die Mistkarre kommt weg." Markus zögerte nicht lange und kaufte den Wagen auf der Stelle.
Nun besaß er einen von nur 509 bei Irmscher gebauten Evo 500 (inoffiziell waren es wohl nur 321 Exemplare). Sein Auto war 1991 nach Göppingen geliefert worden und hatte insgesamt vier Vorbesitzer, darunter ein Opel-Autohaus. Laut Papieren wurde der Opel nur einen Winter gefahren, was die überschaubaren Rostschäden erklärte, doch an eine Restaurierung war vorerst schon aus Kostengründen nicht zu denken.
Erst mal Teile sammeln
Aber für Markus war klar, dass er den Opel wieder auf die Straße bringen würde. Als langjähriger Opel-Fan, dessen Vater schon diese Marke bevorzugte, hatte er sich nach bestandener Führerscheinprüfung sofort einen Manta gekauft. Aber dieser Evo 500 war für ihn ein Traum.
Doch zunächst war Geduld gefragt. Über die Jahre hinweg sammelte er fleißig Teile, um den Wagen wiederbeleben zu können. So besorgte er sich zum Beispiel in Rüsselsheim einen neuen Dreiliter-Rumpfmotor, im Ruhrgebiet konnte er günstig zwei gebrauchte hintere Türen ergattern, und von einem anderen Evo, der sich überschlagen hatte, legte er die vorderen Kotflügel auf Lager.
Irgendwann fiel dann der Startschuss für das Projekt. Markus wollte viel selbst machen. Schließlich hatte er schon als Jugendlicher an Zweirädern und später an Autos geschraubt. Durch seinen Beruf als Industriemechaniker war ihm Technisches nicht fremd, und für Blecharbeiten besaß er auch einiges an Routine.
Zunächst baute er den drei Liter großen Sechszylinder-Vierventiler wieder auf, der damals von Irmscher durch Erleichtern des Kurbeltriebs um sechs Kilogramm und weitere Feinarbeiten zu einem 230 PS starken, drehfreudigen Triebwerk erzogen worden war. Nur wenige Arbeiten wie etwa das Bearbeiten des Motorblocks gab Markus außer Haus. Alles klappte wunderbar, "nur später stellte sich leider heraus, dass der mit neuen Ventilen bestückte Zylinderkopf einen feinen Riss hatte und komplett erneuert werden musste", erzählt Markus.
Zu den weiteren Arbeiten an der Technik gehörten der Einbau eines KW-Fahrwerks der Variante 2 (mit einstellbarer Zugstufendämpfung) sowie die Aufrüstung der Scheibenbremsen. "Vorne vom Mercedes-AMG C 43, hinten innenbelüftete und im Durchmesser größere vom Omega B samt den größeren Sätteln", so Markus.
An der Karosserie demontierte er vor der Lackierung alle Anbauteile. Die beiden hinteren Türen mit Rostansatz ersetzte er durch die besser erhaltenen gebrauchten, aber da die mit einem Kurbelmechanismus für die Fenster ausgerüstet waren, musste er die elektrischen Fensterheber umbauen.
Von den gebraucht erworbenen Vorderkotflügeln war nur einer brauchbar, der andere war verformt, aber die Verbreiterung konnte er retten und sie gegen die rostige an seinem Wagen tauschen. Das Einschweißen übernahm er ebenfalls selbst.
Gerne aus der Hand gab er das Schleifen des Autos vor dem Lackieren, dazu hatte er schon genügend Gelegenheit beim Herrichten eines anderen Youngtimers gehabt und gemerkt, dass ihm diese Arbeit nicht lag. Auch das Lackieren übernahm ein Profi.
Im Rahmen der Montage erneuerte Markus zudem den Dachhimmel. Allerdings wählte er statt des Originalstoffs Alcantara, das mit Sprühkleber auf die Dachschale geklebt wurde.
Zu den Besonderheiten des Evo zählt der sich geschwindigkeitsabhängig verstellende Heckflügel – eine Kreation von Irmscher aus diversen Bauteilen, von denen einige defekt waren. Da Irmscher die Bauteilnummern entfernt hatte, ließ sich die Quelle dieser Teile nicht mehr nachvollziehen, außerdem war das Steuergerät defekt. Kurzerhand baute Markus alles um und bedient nun den Elektromotor zur Spoilerverstellung von Hand.
Mehr als zehn Jahre nach dem Kauf konnte Markus seinem Evo endlich die Sporen geben. Doch die Mehrleistung gegenüber dem normalen Omega 3000 24V machte sich wenig bemerkbar, was schon zeitgenössische Testfahrer bemängelten. "Da ich mich aber schon lange mit dem Thema Evo beschäftigt hatte, wusste ich, dass es auch einige Exemplare mit Vierlitermotor gab", erzählt Markus, wie er auf die Idee des Aufrüstens kam.
Über einen Kumpel erfuhr er, dass es bei Irmscher noch Kurbelwellen und Vierliter-Blöcke gab, Letztere mussten aber noch gebohrt und gehont werden. Markus griff zu, in Kooperation mit einem Motorinstandsetzer baute er einen neuen Motor auf. Fehlende Teile der Peripherie sowie Dinge wie Ölwanne und Steuergehäuse übernahm er von einem ausrangierten Dreilitermotor, Kolben und Nockenwellen ließ er anfertigen.
Hinzu kam der Zylinderkopf eines Omega 3000 24V, dessen Brennräume ein Bekannter nach Vorbild der Omega-DTM-Motoren fräste. Nach der Montage aller Teile erfolgte die Einstellung der Motronic auf einem Prüfstand, die Einspritzdüsen kamen aus dem Porsche-Regal. Das Ergebnis konnte sich sehen lassen: Während es der Irmscher-Vierliter damals auf 271 PS brachte, konnte sich Markus über exakt 320,4 PS bei 6.200/min freuen.
Neues Getrag-Getriebe
Dieses Kraftwerk, das es auf ein stattliches Drehmoment von 422,4 Nm bei 3.900/min brachte, wollte Markus mit einem robusten Getrag-Fünfganggetriebe kombinieren, das er ebenfalls noch über Irmscher beziehen konnte. Allerdings war nicht mehr die passende Abtriebswelle aufzutreiben, um das eigentlich im BMW E34 M5 verwendete Getriebe mit dem Antriebsstrang des Omega zu koppeln, und so musste er eine Adapter-Hardyscheibe anfertigen lassen.
Auch für das Problem des Tachoantriebs unter Verwendung eines Wegstreckensensors war Hirnschmalz gefragt. Letztlich wurden aber alle Probleme gelöst. Markus hat nun einen ungewöhnlich schnellen Evo, und im Nachhinein wurde ihm immer wieder klar, dass er damals zur richtigen Zeit am richtigen Ort war: "Der Vorbesitzer hat mehrmals gefragt, ob er den Evo wieder zurückkaufen könne."