Zumindest der Wetterbericht führt uns täglich vor Augen, dass die Zukunft trotz aller Erfahrungen und modernster Computersimulation noch immer im Verborgenen liegt. Dennoch hatten Propheten zu allen Zeiten Konjunktur, wie ein Blick in alte Ausgaben dieses Blattes zeigt. Nach Ansicht der Auguren müsste heute jeder in futuristisch anmutenden Mobilen fahren, die wie eine Kreuzung aus Starfighter und Raumschiff Enterprise aussehen und von Gasturbinen oder Atomreaktoren angetrieben werden.
Doch die schöne neue Autowelt sieht gar nicht so anders aus, denn der größte Fortschritt findet meist im Verborgenen statt. Das gilt für den VW Lupo 3 L TDI und den Opel Astra Eco 4. Aber das gilt auch für den neuen Toyota Prius , der mit seinem braven, den 70-er Jahren entlehnten Stufenheck-Design geradewegs in die Herzen und Garagen der mobilen Generation von Silberhaarträgern und Spazierstocknutzern zu fahren scheint.
Bei 160 km/h ist Schluss
Dabei hätte der kompakte Viertürer mehr Beachtung verdient. Er ist das erste Hybridauto in Großserie, sozusagen Öko direkt vom Band. Angetrieben wird er von einem 1,5-Liter-Vierzylinder-Benziner mit 72 PS und einem 33 kW (45 PS) starken Elektromotor; Planetengetriebe, Generator, Nickel-Metallhydrid-Akku im Heck und eine aufwendige Steuerungselektronik komplettieren das Doppelaggregat.
Die Elektronik regelt das Zusammenspiel der Kräfte von E- und Verbrennungsmotor. Sie bestimmt also, wie viel der maximal verfügbaren Leistung (117 PS) genutzt wird, um den Fahrakku zu laden, oder wie viel Zusatz-Power aus ihm entnommen wird. Die Elektronik begrenzt auch die Höchstgeschwindigkeit auf 160 km/h. Höhere Geschwindigkeiten muten dem Generator zu viel Drehzahl zu und beschädigen ihn.
Monitor informiert über Hybridkomponenten
Ansonsten verrichtet die Elektronik ihre Arbeit so geschickt, dass der Prius-Akku nicht an einer Steckdose geladen werden muss. Beim Fahren vergisst man übrigens schnell, welch aufwendige Technik für den Vortrieb sorgt: Der tägliche Umgang mit dem Prius unterscheidet sich nicht von herkömmlichen Autos mit Verbrennungsmotor – ein echter Vorteil gegenüber anderen Sparmobilen.
Der Fahrer kann das Zusammenspiel der Motoren nicht beeinflussen, aber beobachten, denn ein zentral im Armaturenträger angeordneter Monitor informiert über die Bemühungen der Hybridkomponenten. Wer sich an dieser Darstellung satt gesehen hat, kann direkt am berührsensiblen Bildschirm umschalten und sich den Verbrauch anzeigen lassen. Die automatische Klimaanlage, das Radio und das einwandfrei arbeitende Navigationssystem – alles serienmäßig – werden über den gleichen Monitor gesteuert.
392 Liter Kofferraumvolumen
Sein Manko sind zum einen die vielen Fingerabdrücke, die ihn nach kurzer Zeit zieren, und zum anderen die schlechte Ablesbarkeit bei schräg von hinten einfallendem Licht. Schaltet man diese Multi-Informations-Einheit ab, deutet im Innenraum nichts auf die ungewöhnliche Technik des Prius hin. Er wirkt dann wie ein konventioneller Kompaktwagen, wenn da nicht der Automatikwählhebel am Armaturenbrett wäre, der einen Teil der Radiobedieneinheit verdeckt. Ein weiterer Kritikpunkt ist die mittig im Cockpit angeordnete Tachoanzeige, die wie der Kilometerzähler und die Tankuhr nicht direkt im Blickfeld des Fahrers liegt. Ansonsten wartet das Interieur weder mit negativen noch positiven Überraschungen auf.
Ein weiterer Vorteil des Prius gegenüber anderen Benzinsparmobilen ist sein Platzangebot. Vier Erwachsene sitzen in ihm selbst auf längeren Strecken bequem, und für das Gepäck bleibt im Stufenheck ein Volumen von 392 Litern, das sich durch die umklappbare Rückbanklehne noch vergrößern lässt. Ein Zugeständnis fordert der im Kofferraum verborgene Fahrakku, der für eine Stufe im Boden verantwortlich ist.
Kopfstützen ja, ESP nein
Obwohl Toyota serienmäßig Kopfstützen und Dreipunktgurte auf allen fünf Sitzplätzen sowie Isofix-Kindersitzbefestigungsbügel liefert, fehlen wichtige Sicherheitsmerkmale wie Seiten- und Kopfairbags sowie ESP. Nicht gelungen ist außerdem die rein elektrische Servounterstützung der Lenkung, die gefühllos und ohne Rückmeldung arbeitet. Auf der Autobahn lässt sich ohne ständige Lenkkorrekturen kaum geradeaus fahren. Dafür machen seine Leichtigkeit und der kleine Wendekreis den Prius in der Stadt sehr handlich.
Gewöhnung erfordern hingegen seine Bremsen, weil ein konkreter Druckpunkt fehlt. Beim leichten Verzögern arbeitet nur die Motorbremse. Wird aber der Bremsdruck erhöht, beißen auch die Radbremsen zu. Die ersten Versuche lassen die Passagiere kräftig mit dem Kopf nicken. Insgesamt rangiert die Bremsanlage mit Verzögerungswerten von neun m/s2 auf einem akzeptablen Niveau und erweist sich unter hoher Belastung als standfest.
Nordschleife? Besser nicht
Allerdings resultiert ihre Standfestigkeit nicht aus üppiger Dimensionierung, sondern aus der geringen Belastung durch die schmalen Ener- giesparreifen, die nur wenig Bremsleistung auf die Straße übertragen können. Zudem setzen die 14-Zoll-Reifen allzu zügiger Fahrweise enge Grenzen, weil sie relativ geringe Kurvengeschwindigkeiten erlauben. Weitere Schwächen zeigen sie beim Komfort, speziell beim Überrollen von Kanaldeckeln und kleinen Fahrbahnunebenheiten. Obwohl Federn und Dämpfer diesen Mangel nicht kompensieren können, liegt der Gesamtkomfort des Prius ansonsten auf Klassenniveau.
Auch der Antrieb hat Kritik verdient. Der Vierzylinder stört mit kernigem Lauf und Brummfrequenzen. Eine Menge Pluspunkte sammelt der Hybridantrieb im Verbrauchskapitel. Der Prius ist zwar nicht für die Nordschleife gedacht, aber auch bei forcierter Fahrt schlägt er sich mit einem Verbrauch von 8,2 Litern Super auf l00 km noch wacker. Konkurrenten mit Ottomotoren und ähnlichen Fahrleistungen liegen hier eher über zehn Liter.
4,4 Liter auf 100 Kilometer sind rekordverdächtig
Dem Maximal- steht ein rekordverdächtig niedriger Minimalverbrauch von 4,4 l/100 km bei gemütlicher Landstraßenfahrt gegenüber. In der Stadt sind Werte um sechs Liter die Regel, die sich noch ein wenig drücken lassen. Dazu muss man aber schon in der flachen norddeutschen Tiefebene unterwegs sein, denn die bergige Topografie des Stuttgarter Umlands hat sich im Test als Gift für den Verbrauch des Hybridautos erwiesen.