Es ist ernst, als der Porsche-Aufsichtsrat im Februar 1992 Entwicklung und Bau des neuen Porsche 911 und des Boxster beschließt. Der Absatz ist von etwa 40.000 auf 20.000 bis 25.000 Autos im Jahr eingebrochen, ein ungünstiger Dollarkurs macht der Firma finanziell zusätzlich zu schaffen. In Zuffenhausen laufen 911, 968 und 928 vom Band – drei Baureihen mit relativ wenigen Gleichteilen und niedrigen Stückzahlen.
Porsche kurz vor dem Ende
"Wir haben die rote Fahne schon gesehen", erinnert sich Horst Marchart an die kritischen Jahre von Porsche. Streit zwischen den beiden Eigentümerfamilien und dem Vorstand sowie schnelle Vorstandswechsel machen die Situation nicht unbedingt besser. Gleichzeitig ist ein Viertürer in Arbeit, der keinen Ausweg aus der schwierigen Situation verspricht.
Marchart schlägt dem Aufsichtsrat ein Gleichteilekonzept mit einem Mittelmotor-Roadster und dem 911 vor. Er bekommt das Go und darf das Konzept als Entwicklungsvorstand verantworten. Er achtet streng auf die Kosten: 30 Prozent günstiger als der 993 soll sein Nachfolger 996 zu fertigen sein. Anstelle von Arno Bohn wird Wendelin Wiedeking Porsche-Chef. Wiedeking stoppt das Projekt 989 und trimmt die Produktion auf Effizienz.
Gleichteile und eine Atem raubende Studie
Die Gleichteilestrategie ist radikal: Bis zur B-Säule sind Boxster und 911 identisch. Dazu kommt: Der Boxster kommt ein Jahr vor dem 911. Das erfordert völlig neues Arbeiten: Den Vorderwagen für beide Autos macht ein Team.
Designer Grant Larson zeichnet eine Konzeptstudie, die ein erfahrener Modellbauer direkt aus der Zeichnung in ein Modell übersetzt. Im Januar 1993 während der Detroiter Automesse überrascht die Studie Fachwelt und Autofans: "Bis Detroit hat keiner gedacht, was wir vorhaben", erinnert sich Larson. Es gibt viel Lob und Applaus für den Mittelmotor-Zweisitzer, der eine moderne Interpretation des 550 Spyder ist und einen Ausblick auf den Boxster gibt. "Dann ging es los mit der Arbeit", erzählt Larson heute.
Der Erfolg und eine Schattenseite
Die Rettung von Porsche gelingt: Der Boxster kommt 1996 auf den Markt, der 996 ein Jahr später. Beide sorgen dafür, dass Porsche so viele Autos baut wie nie zuvor. Trotz Debatten über die Form der Scheinwerfer, die bis heute "Spiegeleier" heißen und teils billig wirkende Kunststoffe im Innenraum, die schon für ein 70.000-Mark-Auto wie den Boxster nicht passend sind; und für einen 911, der etwa 100.000 Mark kostet, erst recht nicht. Später kommen sogar die Motoren ins Gerede: ablösende Beschichtungen auf den Zylinderlaufflächen und brechende Zwischenwellen sorgen ebenso für Ärger wie undichte Kurbelwellen-Simmerringe. Doch das kann vorkommen, muss aber nicht. Die kleineren Motoren des Basis-Boxster gelten in der Szene übrigens als am wenigsten anfällig.