Welcher Supersportwagen der 1990er-Jahre war am coolsten? Der Bugatti EB 110 mit vier Turboladern und Kohlefaserchassis? Der Cizeta V16 mit quer eingebautem 16-Zylindermotor und doppelten Klappscheinwerfern? Oder steckte der Vector WX-3 mit Twinturbo-Siebenliter-V8 alle in die Tasche? Eins eint sie mit dem Isdera Imperator, dem 80er-Jahre-Remake des Mercedes-Benz 300 SL Flügeltürers: Die Überzeugung, ein Auto zu bauen, das es bisher nicht gab. Denn wer es nicht versucht, ist schon gescheitert. Also, los.
Quartetthelden-Auktion
RM Sotheby's hat vom 15. bis 17. August im kalifornischen Monterey acht Supersportwagen aus der Turbollection versteigert. Der Schwerpunkt der Sportwagen-Sammlung liegt auf den 80er- und 90er-Jahren – oder lag. Denn die Quartetthelden kamen in Kalifornien unter den Hammer. Direkt während der Auktion fanden drei der acht Autos einen Käufer: Ein Porsche 959 für umgerechnet 1,49 Millionen Euro, ein Bugatti EB 110 Prototyp für umgerechnet 1,9 Millionen Euro und ein Vector M12, der 237.960 Euro kostete. Zwei weitere Autos, ein Vector W8 Twinturbo und ein Cizeta V16T, fanden nach der Auktion einen Käufer. Die Preise zu diesen Verkäufen werden diskret behandelt.
Porsche 959
Hubraum? 2,85 Liter. Zylinder? 6. Leistung? 450 PS. Baujahr? 1985. Dieser Porsche 959 ist der älteste in der Runde – und älter als die meisten anderen 959, deren Serienfertigung 1986 begann. Das Vorserienfahrzeug V5 diente Porsche als Testauto und anschließend Ferdinand Piëch als Privatwagen. Der verkaufte BB-PW 493 im Jahr 1987 bei einem Kilometerstand von 59.100 an den Kitzbüheler Küchenchef Hansi Unterberger.
Der nächste Besitzer, Automobilfotograf René Staud, ließ die Stoffsitze gegen Leder tauschen, fuhr 5.500 Kilometer und verkaufte den Porsche 1999 weiter. Mehrere europäische Sammler folgten und 2019 saß der ehemalige Porsche-Testfahrer Dieter Röscheisen für ein Video wieder am Steuer von V5. Die besondere Geschichte des Vorserienfahrzeugs führt zu einem erwarteten Preis von 1,8 bis 2,3 Millionen US-Dollar, umgerechnet 1,65 bis 2,1 Millionen Euro.
Isdera Imperator
Hubraum? 5 Liter. Zylinder? 8. Leistung? 320 PS. Baujahr? 1991. Eberhard Schulz gründete 1982 Isdera, baute ab 1984 den Imperator 108i mit Gitterrohrrahmen und Mercedes-Motor. Zwischen Hinterachse und Passagierkabine des Serie-2-Modells steckt ein Fünfliter-V8 von Mercedes. Der M119 leistet etwa im 500 SE 326 PS. In leichterer Umgebung reicht das für sportwagenmäßige Fahrleistungen und anders als in der serienmäßig automatisch schaltenden Achtzylinder-S-Klasse überträgt im Isdera ein Fünfgang-Schaltgetriebe von ZF die Kraft an die Hinterachse.
Das 1991er-Exemplar wurde als Neuwagen nach Japan geliefert, hat aber trotzdem das Lenkrad auf der linken Seite. Auf dem Tacho stehen erst 1.912 Kilometer und 2021 erhielt der Isdera eine Teilrestauration. Er soll 800.000 bis 1 Million US-Dollar kosten, umgerechnet 750.000 bis 900.000 Euro.
Cizeta V16T
Hubraum? 6 Liter. Zylinder? 16. Leistung? 540 PS. Baujahr? 1993. Sportwagen mit 16 Zylinder-Motor gibt es alle paar Jahrzehnte. Von Auto Union etwa, oder Bugatti. Und Cizeta, ein Projekt des Musikproduzenten Giorgio Moroder und des Ingenieurs Claudio Zampolli. Das Design zeichnete Miura-Gestalter Marcello Gandini.
Gezeigt wurde der 16-Zylinder-Sportwagen mit den doppelten Klappscheinwerfern auf dem Genfer Autosalon 1993 – genau dieses Exemplar steht Mitte August in Monterey zum Verkauf. Es sollte ursprünglich der Königsfamilie von Brunei geliefert werden, blieb aber stattdessen aus ungeklärten Gründen 25 Jahre bei Hong Seh Motors in Singapur. Den Kilometerstand von 983 führt RM Sotheby's auf Testfahrten des Herstellers zurück.
Vector Avtech WX-3R
Hubraum? 7 Liter. Zylinder? 8. Leistung? 1.000 PS. Baujahr? 1993. Der Vector Avtech WX-3 stand ebenfalls 1993 auf dem Genfer Autosalon. Bis 2019 war der Prototyp im Besitz von Firmengründer Jerry Wiegert. Seine Vision: Einen Kampfflieger für die Straße bauen. Deshalb hat ein Vector-Cockpit schon Anfang der 90er einen Bildschirm, dazu zahlreiche Instrumente und Schalter. Hinter dem Piloten sitzt ein Twinturbo-V8-Motor, im Fall des WX-3R einer mit sieben Liter Hubraum. Wiegert hatte, bevor er sich selbstständig machte, für alle großen drei US-Autohersteller gearbeitet.
Seine Autos sind Wandler zwischen den Welten: Lackiert im harmlosen 90er-Jahre-Türkis Brilliant Aquamarine und massiv motorisiert. Eine General-Motors-Hydramatic 425 überträgt die Kraft des 1.000-PS-Motor auf die Hinterräder. In 3,3 Sekunden soll der WX-3R von null auf 96 km/h beschleunigen und 248 mph (396,8 km/h) erreichen. Anders als geplant, wurde der bis dahin stärkste Vector jedoch nicht für die angekündigten 765.000 US-Dollar verkauft – sondern die ganze Firma. Megatech übernahm den Laden und baute den M12 auf Basis des Lamborghini Diablo. Auch ein solcher gehört zur Turbollection. Doch so spektakulär wie der türkise Doppelturbo-Achtzylinder ist der spätere 12-Zylindeer nicht mehr. RM Sotheby's schätzt den Wert des wenig gefahrenen (2.625 Meilen, 4.200 km) Einzelstücks auf 1,3 bis 1,5 Millionen US-Dollar, umgerechnet 1,2 bis 1,4 Millionen Euro.
Fazit
RM Sotheby's hat Mitte August im kalifornischen Monterey während der Monterey Car Week eine Sammlung von acht coolen Supersportwagen versteigert. Die meisten davon stammen aus Kleinserien der 90er-Jahre – wie zum Beispiel Vector oder Cizeta. Das Interesse war eher mäßig; während der Auktion wurden nur drei Autos verkauft. Zwei weitere fanden im Anschluss einen Käufer. Ob sich bei den anderen drei Sportwagen Verkäufer und Höchstbietender einigen, ist noch offen.