Tops und Flops der Redaktion - Franz-Peter Hudek: Schräg und teuer - Techno Classica-Highlights

Tops und Flops der Redaktion - Franz-Peter Hudek
Schräg und teuer - Techno Classica-Highlights

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Beliebte und bezahlbare Standard-Klassiker wie Alfa Spider, 2 CV, MG B und Mercedes W 123 sind sogar auf den Freigeländen und unter den Privat-Angeboten eine Seltenheit. So ist die bisherige für US-Fahrzeuge und einige Clubs reservierte Keller-Halle 1A in einen „Top Salon Exklusiv“ umgetauft, um auch dort 911, E-Type und Co für meiste teures Geld an die Frau oder den Mann zu bringen.

Geld schützt nicht vor schlechtem Geschmack

Dafür überwiegen Fahrzeuge im Hochpreis-Segment, das jedoch nicht immer ein Garant für Qualität und vor allem für einen guten Geschmack ist. Das zeigen die von mir ausgewählten drei Flops. An erster Stelle steht hier ein waschechter, Feuerwehr-roter Bentley-Supersportler im Stil der späten 30er Jahre, der jedoch 2003 von einem gewissenlosen Bob Peterson zusammengeschraubt wurde. Echt historisch sind ein Bentley Continental R-Chassis von 1953 und ein 6,5-Liter-Reihenachtzylinder Bentley-Motor aus einem Armee-Lastwagen, der 195 PS bei 3.750/min leistet. Der Kaufpreis für dieses peinliche Geschoss liegt bei 562.860 Euro.

Flop Nummer zwei ist ein moderner, offener Supersportler. Das ist natürlich kein, wie das Foto vermuten lässt, Saturski, sondern ein Koenigsegg CXX aus dem Jahr 2007 mit 817 PS, Spitze 398 km/h. Innen sieht er aus wie eine Mischung aus Renault Clio und Smart. Ein Gebrauchtwagen also, der immerhin noch schlanke 570.000 Euro bringen soll, aber nicht einmal 400 km/h schafft!

Hinter dem dritten Flopp steh ein berühmter Name: David Brown. Aber auch der ist genauso wie das dazugehörige Auto nicht ganz authentisch. Der britische Geschäftsmann, der mit dem Aston Martin-Neubegründer David Brown überhaupt nicht verwandt ist, lässt auf dem Unterbau eines Jaguar XKR einen neuen DB5 entstehen. Breit, riesig und so charmant wie ein Leopard-Panzer. Da helfen auch Speichenräder und Hölzer aus „nachhaltiger Forstwirtschaft“ nicht weiter, wie das deutschsprachige Prospekt versichert.

Viele, viele bunte Smarties

Dass die meisten von mir ausgewählten Highlights richtig tolle, knallige Farben haben, liegt an der diesjährigen Techno Classica. Hier weden erstaunlich viele gelbe, rote und blaue Autos gezeigt. Das entsetzliche Schwarz und Silber, so scheint es, hat zum Glück auch endlich im Bereich von Klassikern und Oldtimern ausgedient.

Top 1: Ein Bugatti kommt selten allein

Das erste Top. Mein Lieblings-Bugatti, der über viele Jahre vergessene EB 110 des italienischen Investors Romano Artioli, gibt es in Essen gleich zwei Mal zu bewundern: in Blau und Gelb. Sogar Volkswagen bekennt sich jetzt zu dem über Jahre verstoßenen Veyron-Vorgänger, dessen Produktion 1995 in einem Konkurs endete. Das blaue Auto parkt nämlich auf dem offiziellen Bugatti-Stand.

Top 2: Geht denn das? Ein gelber Aston Martin?

Und ob. Es ist ein grandioser Auftritt, dieser DB 2/4 aus dem Jahr 1956 (mein Geburtsjahr!), der in dieser Farbe an den britischen Formel 1-Rennfahrer Richard Attwood ausgeliefert wurde. So kann man diese tolle Farbe genießen und gleichzeitig sagen: Ich war´s nicht!

Einen modernen pinkfarbenen Bentley Continental GT von 2004 würde ich jedoch nicht ständig fahren wollen. Ich würde ihn auch nicht meiner Frau schenken, damit sie darin zu Netto fährt. Vielleicht gerade noch zum Yoga. Auf jeden Fall finde ich das Auto auch innen absolut top. Den Wagen gestaltete die Tuning-Firma Mansory „im Paris Hilton Design“. Und er ist sogar noch günstig: Neupreis 350 000 Euro, jetzt nach 85 000 Kilometer für 99.000 Euro.

Top 3: Und immer wieder galoppiert der Mustang

Das einzige Ami-Modell, das in größeren Mengen auf der Techno Classica herumsteht, ist der Mustang . Und es ist im Prinzip auch der einzige Ford. Sogar auf dem Ford-Stand gibt es nur eine Handvoll Autos, unter anderem Ford Transit und Ford GT 40-Replicas (!). Neben den riesigen, schicken Hallen, in denen BMW, Mercedes und die Volkswagen-Gruppe ihre Schätze auf IAA-Niveau präsentieren, wirkt der Auftritt von anderen renommierten Marken extrem bescheiden. Mein Top-Mustang ist ein einsatzbereiter, verbeulter Shelby-Racer mit H-Kennzeichen für sagenhafte 285.000 Euro. Der parkt übrigens nicht auf dem Ford-Stand.

Top 4: Der Design-Boomerang von Maserati

Beim Axel Schütte steht das Design-Einzelstück Maserati Boomerang von Giorgietto Giugiaro. Dieser reichlich verglaste, nur mit dem Lineal entworfene, messerscharfe Mittelmotor-Renner von 1972 war Vorbild für fast alle Sportwagen aus jener Zeit bis Ende der Achtziger, vom Lotus Esprit bis zum Matra-Simca Bagheera. Eine echte Messe-Entdeckung, über die man sich freut.

Top 5: Roter Porsche-Killer aus Ungarn

In einem Zelt auf einem der Freigelände entdecke ich einen auf Rennsport getrimmten MG GT V8 mit glaubhaften 200 PS. Ein schärfere Nockenwelle, Fächerkrümmer und ein Holley-Vierfach-Vergaser helfen dem Rover-V8 auf die Beine. Dazu gibt es ein Fünfgang-Schaltgetriebe. Der giftige MG wurde in Ungarn ab ziemlich verrosteter und sanierter Karosserie komplett neu aufgebaut. Fotos sind vorhanden. Der Preis: schlanke 35.800 Euro.

Noch weitere sieben Top-Autos sind in der Foto-Show zu entdecken. Klicken Sie sich einfach mal rein! Gleich zur Warnung: Kein 911 und kein R107, bei deren Unmenge in den Messehallen es einem extrem schwer fällt, sich eine Meinung zu bilden. Außerdem vernachlässigt man dabei all die anderen, viel interessanteren Autos.