Der gelbe Planet brennt ganz ordentlich. Fast zu arg für diese Jahreszeit. Die Sonne taucht die Landschaft in goldenes Licht. Herbstlaub flattert von den Bäumen und fällt auf sattgrüne Wiesen, auf denen Pferde grasen. Wie lieblich! Location? Die Eifel. Wo genau? Nicht weit vom Ring entfernt. Die Straßen? Kurvig und hügelig, ideal für Sportwagen aller Art. Verkehr? Gering, die meisten PS-Junkies parken ihre Boliden wohl entlang der Nordschleife. Der Grund? Bald startet der vorletzte VLN-Lauf. Gut für uns und für drei Besitzer, die ihre RS 4 zum Fototermin mit sport auto ausführen.
Marc Hengesbach, Dominic Surges und Volker Brzezinski leben alle in der Eifel, und sie kennen sich über das Audi-RS-Forum www.rs246.de. Volker, der B8-Fahrer, hat es 2006 gegründet. Damals gab es nur die drei Modelle RS 2, 4 und 6. Mittlerweile finden dort auch Fahrer eines RS 3, 5 und 7, TT RS, RS Q3 sowie S1 eine Heimat. Doch zurück zum RS 4, Start mit dem Urmodell: Der B5 Avant von Marc Hengesbach glänzt in Avussilber, hat 150.000 Kilometer runter, und beglückt seinen Besitzer seit 2013. Angefixt durch eine Probefahrt mit einem 420 PS starken Abt RS 4 beim Porsche Zentrum Koblenz, war es nur ein Frage der Zeit, wann der eigene Kraft-Kombi hermusste. "Die Fahrt ging mir nicht mehr aus dem Kopf! Der Sound, die Kraftentfaltung! Und auch die Optik finde ich einfach super", so Marc.
Audi RS 4 B5: Dramatik und Wollust
2013 war es dann so weit: Bei Damm Fahrzeugtechnik im hessischen Langenselbold stand das Objekt der Begierde. Ein Leistungs-Kit von 380 auf 450 PS, eine verstärkte Kupplung und die standfestere Bremse des Nachfolgers B7 – so wechselte der Avant den Besitzer. "Später habe ich dann noch die Ledersitze gegen originale Stoffsitze tauschen lassen. Da Audi für Leder keinen Aufpreis verlangt hat, ist Stoff sehr selten zu finden", so der Besitzer, dem die Variante dank der Carbon-Optik besser gefällt.
Apropos Optik: Wollüstig spannt sich das Karosseriekleid über die aufreizenden Rundungen. Kühlluftöffnungen sorgen für das richtige Maß an Dramatik. Für die Blicke der Betrachter wirken die fetten Räder wie Magnete. Okay, zugegeben, Marc hat die originalen Alus gegen 19-Zöller des B8 ausgetauscht und seinem Baby eine leichte Tieferlegung spendiert. Der B7 von Dominic macht kaum weniger an: Auch bei ihm quellen die Kotflügel hervor, seitliche Kiemen an der Frontschürze, das Netz und die ovalen Ofenrohre am strammen Hintern lassen niemanden kalt.
Filigrane 19-Zoll-Alus ermöglichen unerhörte Einblicke auf die Unterwäsche, sorry Bremsanlage. Auch der B8 sorgt für Stielaugen. Kantige Kotflügelverbreiterungen à la Ur-Quattro als Dessous, dazu 20 Zoll große Rotorfelgen mit sündig roten Zierstreifen – sie wirken wie knalliger Lippenstift und passen perfekt zum misanoroten Lack. Ein klarer Fall von Reizüberflutung.
Also: Perspektivwechsel und rein ins Cockpit, und zwar in das älteste. Testfahrt mit dem Youngtimer B5. Sein Innenraum gefällt mit hoher Qualität, offensichtlich haben die Vorbesitzer auch immer schön auf das im Juli 2001 zugelassene Auto aufgepasst.
Kinder, wie die Zeit vergeht! Der Kombi wirkt klein, leicht und kompakt, er nimmt dich mit auf eine Zeitreise in die späten Nineties. Mit 1.661 Kilogramm war er um 60 kg leichter als der B7 und um 200 kg als der B8.
Der Motor ist warm, Marc gibt grünes Licht, also Feuer frei! Bis zur 3.000er-Grenze hängt der 2,7-Liter-V6 durch, brummelt sympathisch aus den beiden Endrohren. Vollgas. Man wartet und weiß, jetzt gleich passiert es. Die Turbos nehmen Drehzahl auf, pressen Gemisch in die Brennräume, und der Motor wacht auf. Die Nadel des Drehzahlmessers zuckt über die Ziffer 3, der Avant schießt nach vorn.
Blitzschnell dreht der V6 bis zur 7.000er-Marke. Der Sound? Melodisch, trompetig, posaunig. Also schlicht göttlich. Natürlich spürt man die 70 Extra-PS von Marcs Kombi – mit 450 PS ist der gut 1,6 Tonnen schwere B5 fix unterwegs. Krafteinsatz verlangt die manchmal knorpelige Sechsgang-Schaltbox – völlig normal beim ersten RS 4. Sänfte will der tiefergelegte und größer besohlte Kombi keine sein, man kann aber mit der Härte leben.
Auf den Eifelsträßchen fühlt sich der Allradler pudelwohl, zackig schnalzt man von Kurve zu Kurve. Eine Wonne ist die schmale Karosse. Ja, so war das damals! Worauf müssen B5-Fans achten? Wichtig ist das Warm- und Kaltfahren, sonst kann der V6-Biturbo frühzeitig sein Leben aushauchen. Pfeifende Turbos weisen auf eine Unwucht der Lader hin. Zerlegen, reinigen und neu lagern hilft. Neue Turbos müssen nicht sein, im Zweifel hilft es, den Experten zu fragen, etwa die RS Klinik oder Damm Fahrzeugtechnik. Dort kann auch mittels OBD gecheckt werden, ob die Nockenwellen eingelaufen sind und die Nockenwellensteller in Ordnung sind. Nach 120.000 Kilometern werden sie in der Regel fällig. Die Verwendung von Longlife-Öl kann zu eingelaufenen Nockenwellen führen.
Die Lima hält selten länger als 180.000 Kilometer. Benzinpumpe und die elektrische Zusatzwasserpumpe machen meist nach 15 Jahren die Grätsche. Wenn der erste Gang singt, wurden oft Kavalierstarts zelebriert. Weitere B5-Spezialitäten: brechende Federn an der Hinterachse oder auch unrund laufende Alufelgen – sie sind schlicht zu weich. Für den englischen Markt und die dort schlechteren Straßen goss Audi übrigens stabilere Räder. An dem bis zu 20 Jahre alten Auto können auch Rost, defekte Navi-Antennen, Pixelfehler, verschlissene Radlager und ein pulsierendes Bremspedal nerven. Und: "Leider sind nicht mehr alle Karosserieteile lieferbar", weiß Marc, "für gebrauchte Frontstoßstangen wurden auch schon 1.000 Euro aufgerufen."
Audi RS 4 B7: Klar erwachsener
Gedankenstopp und Umstieg in die nächste RS-4-Generation. Zündung an, S-Taste am Lenkrad gedrückt und Finger auf den Startknopf. Mit offenen Auspuffklappen und erhöhtem Standgas wummert der Hochdrehzahl-V8 los. Die Werkstattwände reflektieren den Schall. Sofort stehen alle Härchen senkrecht. Beim Warmfahren fällt auf: Dominic Surges’ B7 fühlt sich moderner, schwerer aber auch erwachsener als der filigran wirkende Vorgänger an. "Ich habe ihn mit 148.000 Kilometern in Schwerin gekauft. Kupplung und Bremsen waren fällig, dafür konnte ich den Preis drücken", so der Kfz-Meister, der natürlich alles selbst erledigt hat. Jetzt stehen 187.000 km auf der Digitalanzeige – und drei Minuten später ist der Motor warm.
Metallica bei 8.300
Vollgas? "Logo", lächelt Dominic. Souverän stürmt der 2007er Kombi in Daytonagrau die Steigung hinauf. Klar fehlt der Turbobums des Vorgängers, dafür reagiert der 4,2-Liter Sauger mit seinem spontanen Ansprechen auf kleine Zuckungen des Gasfußes. Und bei 5.000 Touren kommt richtig Leben in die Bude! Jetzt erlebt der Sauger seinen zweiten Frühling, dreht locker-flockig bis über 8.300 – trotz langhubiger Auslegung. Der Klang des Direkteinspritzers dreht ins Metallische und sorgt dafür, dass die Gänsehaut bleibt.
Wie beim B5 gewährt ein manuelles Sechsganggetriebe passgenaue Anschlüsse beim Gangwechsel, doch es schaltet sich müheloser. Vertrauen auch bei scharfer Gangart schafft die Kombination Quattro-Antrieb plus Dynamic-Ride-Fahrwerk. Links, rechts, anbremsen, beschleunigen, nächster Gang. Auch der B7 fährt mühelos schnell, nur in engen Biegungen führt seine kopflastige Gewichtsverteilung zu Untersteuern. Motor aus und ein Blick unter die Haube. Der erste Hochdrehzahl-V8 ist bekannt dafür, dass er selten auf 420 PS kommt, viele Motoren haben nur 370 bis 380 PS. Das Problem für den Schwund liegt an der Abgasrückführung und den Öldämpfen der Kurbelgehäuseentlüftung: Ablagerungen an den Einlasskanälen stören die Gemischbildung. Generell gilt: Wer viel Volllast fährt, hat länger Ruhe, denn dann ist die Abgasrückführung inaktiv.
Dominic rät dazu, alle 50.000 Kilometer eine Reinigung durchzuführen. "Dazu muss die Ansaugbrücke runter. Die ganze Aktion dauert rund einen Tag. Meiner hat echte 410 PS. Geprüft, nachdem ich die Verkokungen entfernt hatte."
Weitere Punkte, die B7-Interessenten wissen sollten: An der haltbaren Edelstahl-Auspuffanlage bleiben gerne mal die unterdruckgesteuerten Klappen hängen. Die aufwendige Fünflenker-Vorderachse des B7 benötigt nach rund 170.000 Kilometern neue Gummis. Wenn die Steuerkette Geräusche macht, wird es teuer. Zum Wechsel muss der Motor raus, denn die Kette sitzt nicht vorn am Kühler, sondern hinten an der Spritzwand. "Longlife-Öl kann die Kette längen, also Finger weg. Besser sind Festintervalle und ein 5W40, etwa von Meguin", empfiehlt B8-Fahrer Volker, von Berufs wegen Spezialist für Motoröle.
Audi RS 4 B8: Wenig Ärger
Volker, gutes Stichwort. Jetzt ist sein roter Quattro-Kombi dran. Die Empfehlung gegen das Longlife-Öl gilt auch für diesen Motor. Dafür scheint das 450-PS-Aggregat erst bei höheren Laufleistungen vom PS-Verlust durch Ablagerungen betroffen zu sein. Sonst was? Wenn die Vorderachse durch Klappern auf sich aufmerksam macht, müssen diverse Gummilager erneuert werden. Jetzt aber fort mit den düsteren Gedanken an Schwächen und Gebrechen – vom 2012 erschienenen B8 RS 4 sind ohnehin nur wenige Ärgernisse bekannt.
Also los. Was sofort auffällt: Der in allen Dimensionen gewachsene B8 fühlt sich nicht ganz so wohl auf den engen Sträßchen, vor allem bei Gegenverkehr. Doch sonst ist man noch müheloser schnell unterwegs als im B7. Dank Adaptivdämpfern liegt der Quattro-Kombi wie ’ne Eins.
Kronenrad- und Sportdifferenzial machen ihn agil und traktionsstark. Die Hände bleiben am Lenkrad, geschaltet wird selbstverständlich manuell. Ein kurzer Zug am Paddel, und zack ist der nächste Gang arretiert. Der Motor tönt dezenter, aber immer noch aggressiv genug, um ein Dauergrinsen ins Gesicht zu zaubern. Locker dreht er bis zum Limit bei 8.500/min hoch.
Trennung? Nein!
Der sonnige Herbsttag neigt sich dem Ende zu. Die VLN läuft noch, ein Unfall sorgt für Verzögerungen. Kein Zögern bei den letzten Fragen an die drei RS-Fans: Seid ihr auch manchmal auf der Nordschleife? Alle drei winken ab. Dafür sind ihnen ihre Power-Kombis einfach zu schade.
Und: Würdet ihr euren schnellen Audi verkaufen? Marc und Dominic schütteln grinsend den Kopf. Und Volker? "Ich fände auch einen RS 6 nicht so schlecht, aber ich kann mich einfach nicht von meinem RS 4 trennen!" Das nennt man wohl einen doppelt-dreifachen Treueschwur.
Audi RS4 | Audi RS 4 Avant | Audi RS 4 Avant | |
Grundpreis | 67.500 € | 73.350 € | 77.900 € |
Außenmaße | 4525 x 1799 x 1386 mm | 4586 x 1816 x 1415 mm | 4719 x 1850 x 1416 mm |
Kofferraumvolumen | 390 bis 1250 l | 442 bis 1184 l | 490 bis 1430 l |
Hubraum / Motor | 2671 cm³ / 6-Zylinder | 4163 cm³ / 8-Zylinder | 4163 cm³ / 8-Zylinder |
Leistung | 280 kW / 381 PS bei 6100 U/min | 309 kW / 420 PS bei 7800 U/min | 331 kW / 450 PS bei 8250 U/min |
Höchstgeschwindigkeit | 250 km/h | 250 km/h | 250 km/h |
Verbrauch | 11,9 l/100 km | 13,6 l/100 km | 10,7 l/100 km |