Integrierte Solarzellen
wegen großer verfügbarer Fläche auf Lkw, brauchbare Energiequelle für Nutzfahrzeug-Standkühlung
auch im Pkw zur Standklimatisierung nutzbar
geringe spezifische Leistung, dadurch kaum Reichweitengewinn
hoher technischer Aufwand (in der Folge steigen Fahrzeugpreis und Amortisationszeit)
teure Reparaturen nach einem Unfall
Fahrzeug muss unbeschattet draußen stehen
Gewichtsnachteil
Verschmutzungsempfindlichkeit
Ein Solarauto, das wäre doch etwas. Ein Auto, dessen Akku immer geladen wird, sobald die Sonne scheint, weil in seiner Karosserie Solarzellen integriert sind – auf Wiedersehen Reichweitenangst. Wer im Jahr 2009 auf dem Genfer Salon war, konnte dort bereits so ein Auto sehen: den NLV Quant. Ein E-Sportcoupé, das seine Energie durch eine beinahe unsichtbare Schicht Dünnfilm-Solarzellen gewinnen sollte. Sie überzogen nahezu die gesamte Fahrzeugkarosserie und würden den Quant bei Sonne permanent mit großen Mengen Ladestrom versorgen, so lautete das Messe-Versprechen. 14 Jahre später ist der NLV Quant immer noch nicht auf der Straße, möglicherweise ist der Ansatz Photovoltaik ins Auto zu integrieren doch kein so guter. Fisker verfolgt ihn zwar beim Ocean weiter, aber Sono Motors und Lightyear sind mit ihren als Solarautos postulierten Fahrzeugen gescheitert. Wobei die integrierten Solarzellen sicher nicht der einzige Grund waren.
Aber sie machen die Fahrzeuge unnötig teuer, ohne dem Kunden einen echten Nutzen, also deutlich mehr Reichweite, zu bringen. Sono Motors sprach von zusätzlichen 112 km Reichweite in der Woche, die die Zellen generieren würden. Allerdings nur, wenn die Sonne scheint und das Auto nicht im Schatten steht. Nachteile bringen die Zellen aber nicht nur bei den Anschaffungskosten. Auch Reparaturen an Teilen, in die sie integriert sind, werden teuer. Die Leistung der Zellen nimmt bei einer verschmutzten Außenhaut weiter ab und das Gewicht des Autos erhöht sich. Experten wie Prof. Markus Lienkamp, Leiter des Lehrstuhls für Fahrzeugtechnik der TU München, hält die integrierten Zellen nur für Anwendungen in Nischenfahrzeugen für sinnvoll. Beispielsweise um Kühlschränke in Wohnmobilen zu versorgen oder auf Lkw-Anhängern montiert, um den Frachtraum zu klimatisieren.
Das Hauptproblem der Solarzellen ist ein zu geringer Wirkungsgrad. Er liegt bei rund 20 Prozent. Die Zellen wandeln also nur ein Fünftel der Sonnenenergie in elektrische Energie um. Darum reicht die Fläche, die ein Pkw für Solarzellen bietet, nicht aus, um seinen Akku in vertretbarer Zeit zu laden. Die Alternative: eine Solaranlage auf dem Hausdach. Sie ist größer und erzeugt tatsächlich den Strom, der benötigt wird, um die Batterie eines BEV aufzuladen. Ein Quadratmeter bringt pro Jahr etwa 150 kWh. Dabei muss die Verbindung nicht unbedingt aus einem Kabel bestehen. Schließlich gibt es die Möglichkeit der induktiven Ladung, wie sie bei aktuellen Handys längst zum Einsatz kommt.
Induktives Laden (statisch)
bidirektionales Laden jederzeit möglich (weil nicht auf eingesteckte Kabel angewiesen)
keine verschleißenden Teile am Fahrzeug (keine Ladebuchse, Ladekabel)
Standardisierung nötig (derzeit noch nicht angegangen)
exaktes Parken nötig
schmutzempfindlich, kritisch bei Gegenständen zwischen Primär- und Sekundärspule
beeinträchtigte Ladeeffizienz (derzeit bei 85 bis 92 %)
bei Ladeleistungen über 22 kW kann eine aktive Kühlung notwendig werden
Halo nennt der amerikanische Hersteller Witricity sein induktives Ladesystem. Es ist so ausgelegt, dass es in der Serienproduktion eines Autos direkt eingebaut oder auch nachgerüstet werden kann. In Deutschland haben die Amerikaner die Firma Abt e-line GmbH in Kempten als Partner für solche Nachrüstlösungen gewonnen. Im Normalfall soll Halo mit 11 kW laden und auf eine Effizienz von 92 Prozent bei der Stromübertragung kommen. In einem Feldversuch mit Bussen werden bereits 200 kW erprobt. Nach Aussagen von Witricity wäre das induktive Laden so effektiv wie das Stromzapfen per Kabel. Allerdings sehen Experten die Effizienz solcher Systeme aktuell eher um 85 Prozent und sie weisen auf fehlende Standards hin. In den USA immerhin betreibt Witricity bereits größere Testflotten und denkt an eine zeitnahe Markteinführung.
Konduktives Laden
hoher Wirkungsgrad möglich
bidirektionales Laden möglich (weil nicht auf manuell eingesteckte Kabel angewiesen)
sehr exaktes Parken nötig
schmutzempfindlich, kritisch bei Gegenständen zwischen Bodenelement und Fahrzeuggegenstück
mechanische Bauteile können verschleißen
zusätzliches Gewicht im Fahrzeug
Mehrkosten
Nahezu serienreif sollen auch die Systeme Easelink und Volterio sein, die konduktiv, also mit einem festen Leiter, laden. Bei Volterio engagiert sich Zulieferer Continental und gibt an, dass die Lademöglichkeit 2025 in Serie geht. Zum System von Volterio gehört ein auf dem Boden montierter Roboterarm, während im Auto das Gegenstück in Form einer Buchse montiert ist. Sie stellt den elektrischen Kontakt her, vorausgesetzt das Auto parkt einigermaßen treffend über der Bodenplatte. Abweichungen von bis zu 40 Zentimetern kann das System ausgleichen. Easelink geht den umgekehrten Weg. Hier ist der Ladearm unter dem Auto montiert, die Ladeplatte dagegen am Boden. Das Matrix Charging genannte System ist in Österreich bereits in der Erprobung, eine Taxiflotte von 60 Fahrzeugen nutzt es. Auch hier fehlen noch Standards, aber Easelink arbeitet daran, Matrix Charging als einen internationalen Standard zu etablieren. Einen Preis gibt es bereits. Die Komponenten kosten um 2.500 Euro und für einen Einbau am Auto fallen noch einmal etwa 400 Euro an.
Konduktives Laden (dynamisch)
erprobt, wird bei Bahn und Straßenbahn eingesetzt, teilweise auch bei ÖPNV-Bussen
an Bord nur kleiner Akku nötig
hohe Ladeleistung möglich
attraktiv bei autonom fahrenden Lkw ohne Fahrer (sind nicht auf Lenkzeit-/Ladepausen angewiesen)
Oberleitung nur auf bestimmten Teilstrecken möglich
extreme Kosten für die Infrastruktur (200 Milliarden Euro plus), für den Güterverkehr
extremer Materialaufwand für die Infrastruktur
erst wirtschaftlich nutzbar bei großflächigem Ausbau (Henne-Ei-Problem)
bei Ausfall der Oberleitung sehr hohe Staugefahr
nur für Nutzfahrzeuge möglich
So weit, so statisch. Konduktives Laden lässt sich allerdings auch dynamisch darstellen, per Oberleitung. Erprobt sind Oberleitungssysteme seit Jahrzehnten, jeder ICE nutzt sie und in der Vergangenheit waren viele Busse des ÖPNV damit ausgerüstet. Jetzt scheint ihnen eine Renaissance im Güterverkehr bevorzustehen. Erprobt wird der Einsatz auf wenigen Kilometer kurzen Teilstrecken der A1 und der A5, ein Autobahnabschnitt in Bayern soll in Kürze folgen. Aber Experten wie Michael Stapelbroek, Vice President Electric Powertrain, beim Entwicklungsdienstleister FEV, sind skeptisch. Nach seiner Einschätzung sind Oberleitungen für den Güterverkehr nur auf definierten Teilstrecken möglich. Darum würden O-Lkw für die übrigen Abschnitte der Route zusätzliche Energie an Bord benötigen. Sie müsste auf ein Worst-Case-Szenario ausgelegt sein (die Oberleitung fällt aus) und würde damit weiterhin eine große Batteriekapazität oder einen Wasserstoff-, E-Fuels- oder Dieselantrieb an Bord erforderlich machen. Professor Lienkamp von der TU München weist zudem auf die extremen Kosten hin. Er geht von einer Investition von rund 200 Milliarden Euro aus, um ein nutzbares Oberleitungsnetz für Lkw aufzubauen. Ein Netz, das dann nicht von Pkw genutzt werden könnte.
Induktives Laden (dynamisch)
nur kleiner Akku im Fahrzeug nötig (Kosten- und Gewichtsvorteil)
extreme Kosten für die Infrastruktur (300 Milliarden Euro plus)
extremer Materialeinsatz für Infrastruktur (Kupfer- oder Aluminiumleiter in der Straße)
weltweite Standardisierung der Systeme off- und onboard nötig (bislang nicht angegangen)
erst nutzbar bei großflächigem Ausbau (Henne-Ei-Problem)
Ladeeffizienz deutlich niedriger als bei Laden per Kabel
hohe Ladeverluste auf Nichtfahrzeugseite, bei Ladeleistungen oberhalb von 22 kWh
Abrechnung ohne enges Fahrzeugtracking und Erstellung von Bewegungsprofil kaum möglich (Datenschutz)
Noch teurer käme nur noch das dynamische, induktive Laden. Bei ihm wäre die Stromversorgung in Form von Spulen aus Kupfer oder Aluminium, in die Straße eingearbeitet. Prof. Markus Lienkamp sieht dafür überschlägig ein Investitionsvolumen von 300 Milliarden Euro. Michael Stapelbroek nennt als gravierenden Nachteil, neben dem immensen Materialaufwand für die Leiter in der Straße, auch einen schlechten Wirkungsgrad. Einig sind sich die Experten allerdings darin, dass diese Technik auf gewissen Strecken vielversprechend ist, sobald autonome Robo-E-Lkws auf ihnen fahren. Denn sie sind nicht mehr auf die Ruhepausen der Fahrer angewiesen, die genutzt werden können, um den Akku des Lkw aufzuladen. Folgerichtig wird an dieser Technologie geforscht. So fördert der Bund das eCharge genannte Forschungsprojekt der TU Braunschweig in Zusammenarbeit der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt). Auch das Karlsruher Institut für Technologie (KIT) arbeitet gemeinsam mit dem israelischen Unternehmen Electreon an einer Teststrecke, auf der Busse beim Fahren geladen werden können.
Statisches konduktives Laden
in vorhandene Infrastruktur integrierbar (Bushaltestellen, Busbahnhöfe, Betriebshöfe)
hohe Ladeleistung möglich
relativ hohe Investitionen in Aufbau, Betrieb und Wartung von mechanischen Pantografen
Fahrzeuge müssen auf Worstcase-Szenarion ausgelegt sein (konduktives Laden fällt aus), benötigen zusätzliche Energieversorgung an Bord
Aber warum so aufwendig? In Schweden und in der Schweiz ist mittlerweile ein System im Betrieb, das e-Busse von Scania mittels Pantografen an bestimmten Haltestellen lädt. Die übertragbaren Leistungen liegen im Megawatt-Bereich, sind ungleich höher als jene, die beim dynamischen induktiven Laden möglich sind und gleichzeitig liegen die Ladeverluste niedriger. Allerdings sind die Pantografen nicht wartungsfrei und ihre Integration in die Bushaltestellen oder Betriebshöfe erfordert nicht geringe Investitionen. Es bleibt daher fraglich, ob sich dieses System durchsetzen wird.
Ohnehin lassen zwei Entwicklungen all die vorgestellten Möglichkeiten, bei denen die Nach- die Vorteile in der Regel überwiegen, wenig zukunftsträchtig aussehen. Ein wachsendes Netz aus Superfast-Chargern und eine sich stetig verbessernde Schnellladefähigkeit der Akkus, scheinen der Weg zu sein, um den Reichweitenproblemen und dem häufigen Nachladen ein Ende zu bereiten. Oder, wie es Prof. Markus Lienkamp formuliert: "Ist es wirklich so schlimm, ein Kabel einzustecken? Mit immer billiger und leistungsfähiger werdenden Speichern ist konduktives Laden im Stand mit Abstand die wirtschaftlichste und netzverträglichste Lösung." Die Fortschritte beim Laden werden wohl eher evolutionär ausfallen, während revolutionäre Ideen Messe- und Showveranstaltungen vorbehalten bleiben dürften.
Fazit
Die Möglichkeiten, ein Elektroauto mit Fahrstrom zu versorgen, scheinen vielfältig zu sein und einige wirken auf den ersten Blick sehr vielversprechend, so wie die Solarzellen auf dem Dach. Und trotzdem hat sich bislang nur das Ladekabel als Nabelschnur zum Energieversorger durchsetzen können. Denn es mag zwar unhandlich sein, aber es lädt nahezu verlustfrei, ist weitgehend standardisiert und vor allem ist es billig. An diesen drei Eigenschaften müssen sich alle Ladealternativen messen lassen und bislang scheitern sie alle an einer oder mehr. Für Nischenanwendungen mögen einzelne Technologien mittelfristig kommen, so wie der Pantograph bei Bussen oder das induktive Laden bei Premium-Fahrzeugen. Dennoch wird uns das Laden per Kabel so in Fleisch und Blut übergehen, wie das Benzinzapfen an der Säule. Das ist zwar auch nicht angenehm, aber verlustfrei, standardisiert, allerdings nicht mehr ganz billig.