Ray4Tesla, ein Fan des US-Herstellers und Beobachter des chinesischen Marktes, postete auf Twitter Videos von Menschen, die auf der aktuell stattfindenden Beijing Auto Show Schlange stehen, um Bestellungen für das Tesla Model 3 platzierenzu können. Zur Illustration postete er außerdem Fotos vom Tesla-Stand vor und nach einer rund acht prozentigen Preissenkung am 1. Oktober 2020.
Wie Teslamag berichtete, änderten sich die Preise im Konfigurator auf der chinesischen Tesla-Website und die Reichweiten-Angaben für die kleinste Variante SR+ (Standard-Reichweite plus) aus der chinesischen Gigafactory. Statt umgerechnet 36.700 Euro kostet das Basismodell demzufolge jetzt rund 33.800 Euro. Nirgends sonst ist das Model 3 so günstig.
Erstmals Lithium-Eisen-Phosphat-Akkus
Vor allem aber nahm die Reichweite leicht auf jetzt 468 Kilometer zu (nach einem Zyklus vergleichbar mit dem NEFZ). Ursprünglich gab der Hersteller keinen Grund dafür an, aber am 2. Oktober war dann dem WeChat-Post über die Reichweitensteigerung zu entnehmen, dass das mit einer neuen Lithium-Eisen-Phosphat-Batterie (LiFePO4) zusammenhänge, die sich wie ein größerer Tank auswirke. Die Zellen mit einer Chemie, die sich komplett von der bisheriger Tesla-Batterien unterscheidet, stellt Teslas neuer chinesischer Partner Contemporary Amperex Technology (CATL) her.
Mit dem chinesischen Zellhersteller hat beispielsweise auch BMW eine Kooperation über den Bezug von Batteriezellen im Wert von 1,3 Milliarden abgeschlossen. CATL baut zudem nahe Erfurt ein Batteriewerk, in das die Chinesen bis 2022 gut 240 Millionen Euro investieren wollen. Großabnehmer der Batteriezellen made in Germany wird BMW. Die Bayern wollen 30 Prozent ihrer E-Autos mit Akkus aus deutscher Produktion ausrüsten.
Haben nur Chinesen die brandsicheren Billig-Batterien
Ob BMW dann auch LiFePO4-Batterien bekommt? Die Technologie gab es im Automobilbereich schon Ende der 2000er-Jahre: Als 2008 das KERS in der Formel 1 startet, wurde Lewis Hamilton Weltmeister – mit einer Lithium-Eisen-Phosphat-Batterie im Rücken. Auch in China hatten Batteriehersteller damals damit gearbeitet. Mit der Zeit schienen sie dann aber der internationalen Gemeinde gefolgt zu sein und haben auf die überall – auch bei Tesla – gängigen Lithium-Ionen-Akkus mit Nickel-Mangan-Kobalt (NMC) an den Elektroden geschwenkt. LiFePO4-Akkus sind im Gegensatz zu Li-NMC-Batterien nicht brandgefährlich, für den mobilen Anwendungsfall hatten sie aber lange eine zu geringe Speicherkapazität. Ganz offensichtlich hat man in China jedoch nie ganz aufgehört, sich mit Eisen-Phosphat-Zellen zu beschäftigen und es offensichtlich geschafft, die Batterien klein, kompakt und leistungsfähig zu bekommen.
Als erstes kam kürzlich der chinesische Auto- und Batteriehersteller BYD mit der neuen alten Batterie-Technologie in einem Auto: Die Limousine BYD Han mit LiFePO4-Akku soll damit in rund vier Sekunden auf 100 km/h beschleunigen und mit voller Batterie 600 Kilometer weit kommen. Und das mit einem Akku, der selbst dann nicht Brand geriete, wenn man einen Nagel durch die Zellen stoßen würde und dem das schwer löschbare, thermische Durchgehen herkömmlicher Li-NMC-Akkus fremd ist. Dass nun auch CATL die Technik beherrscht, ist neu.
Auch das Tesla Model 3 Long Range wird billiger
Lithium-Eisen-Phosphat sind nicht nur unempfindlich gegen mechanische Einflüsse, sondern auch erheblich günstiger als Li-NMC-Zellen. Allerdings ist ihr Gewicht pro Kilowattstunde höher. Offenbar genügt die Energie-Dichte inzwischen selbst für die kleineren Modelle von Tesla. Bislang verwendete Elon Musk für die in China Li-NMC-Zellen von LG Chem. Schon im Juni hatte er allerdings über LiFePO4-Batterien gesagt, sie seien schon in Ordnung, bräuchten aber noch ein paar Tesla-Tricks. Am Battery-Day tauchten die Eisen-Phosphat-Zellen in Slides der Präsentation auf, die erklärten, dass unterschiedliche Akku-Technologien für verschiedene Anwendungsfälle im Automobilbereich geeignet seien. Die Zellchemie mit Eisen ist dort dem Model 3 zugewiesen und als besonders langlebig beschrieben. Im WeChat-Kanal von Tesla China heißt es: Beide Batterien (LiFePO4 und Li-NMC) erfüllten die Tesla-Standards für Produktion und Lebensdauer und hätten jeweils ihre eigenen Vorteile, "die ein außergewöhnliches Fahrerlebnis bieten" könnten.
Fazit
Lithium-Eisen-Phosphat-Batterien könnten den E-Automarkt nachhaltig durcheinander wirbeln. Ihre Verwendung im BYD Han ist bislang noch schwer zu prüfen. Aber dass Tesla sie jetzt auch in chinesische Model 3 einbaut und das offiziell bestätigt, macht klar: Die Technik ist nicht nur serienreif, sondern in Serie. Ihr spürbar niedriger Preis und ihre Brandungefährlichkeit könnten europäische Hersteller bald alt aussehen lassen.
Dass selbst Tesla sie von einem chinesischen Hersteller bezieht oder sie zumindest mit CATL zusammen produziert, legt außerdem nahe, dass China in der Batterietechnologie längst führend ist.