Das Elektroauto als Stabilisator für die Stromnetze

E-Autos als Energiespeicher
Puffer für grünen Strom

Mehr erzeugte erneuerbare Energie bedeutet auch stärkere Schwankungen in der Auslastung der Stromnetze. Elektroautos können als Speicher dienen. In Italien entsteht die weltweit größte Versuchsanlage für intelligente Netzstrukturen.

FCA-Werk Mirafiorl, 32 V2G-Ladesäulen
Foto: FCA

Nie wurde in Deutschland so viel grüner Strom erzeugt wie im vergangenen Jahr: 244 Terawattstunden, das sind 244 Milliarden Kilowattstunden, produzierten Windräder, Wasserkraftwerke, Biomasse- oder Fotovoltaikanlagen. Damit entstammen gut 42 Prozent der produzierten Strommenge dem Sektor erneuerbare Energien. Der Löwenanteil kommt aus Windkraft- und Solaranlagen, und damit stellt sich – nicht nur in Deutschland – die Herausforderung für die Stabilität der Stromnetze: Ob der Wind weht oder die Sonne scheint, lässt sich nicht planen. Bei Stromspitzen müssen Anlagen abgeschaltet werden, der erzeugte Strom wird in ausländische Netze mehr oder weniger verschenkt – oder für die Abnahme gar bezahlt.

Unsere Highlights

Elektrofahrzeuge werden durch den steigenden Strombedarf die Ansprüche an die Netze weiter steigern – bieten aber auch einen Lösungsansatz: Vehicle-toGrid, kurz V2G, bindet E-Autos in die Stromnetze ein. Denn die meisten Autos stehen den größten Teil des Tages, also kann man sie auch als Puffer verwenden: Sie nehmen dann an der Ladestation Strom aus dem Netz, wenn große Mengen zur Verfügung stehen, und sie speisen Strom ins Netz ein, wenn andernorts Bedarf besteht.

Im Fiat-Werk Mirafiori in Norditalien entsteht die in der Endausbaustufe größte Versuchsanlage für V2G. Engie EPS, ein auf elektrische Speichersysteme und E-Mobilität spezialisiertes Unternehmen, realisiert die Anlage mit Fiat Chrysler Automobiles.

Virtuelles Kraftwerk

Aktuell laufen die Bauarbeiten für Phase 1 des Projekts, die in den nächsten Wochen abgeschlossen sein sollen. Dabei werden zunächst 32 V2G-Säulen installiert, an die bis zu 64 Elektrofahrzeuge gleichzeitig angeschlossen werden können. Bis Ende 2021 wird die Infrastruktur auf bis zu 700 Elektrofahrzeuge erweitert. Sie können über die Säulen aufgeladen werden und stellen im Gegenzug dem Stromnetzbetreiber Netzdienste zur Verfügung.

Mit Phase 2 ist das Projekt aber noch lange nicht abgeschlossen. In ihrer endgültigen Konfiguration soll die Anlage eine Regulierungskapazität von bis zu 25 Megawatt bereitstellen. Damit wäre das V2G-System in Mirafiori das größte weltweit. In Kombination mit der fünf Megawatt leistenden Solarstromanlage auf dem Fabrikgelände wird die neue V2G-Infrastruktur zum virtuellen Kraftwerk.

Die Pläne gehen dabei über Italien hinaus: "Hochrechnungen gehen davon aus, dass europaweit die gesamte Speicherkapazität von Batterien in Elektrofahrzeugen im Jahr 2025 bei 300 Gigawattstunden liegen wird. Das wäre die größte dezentrale Ressource, die dem europäischen Energiesystem zur Verfügung stehen könnte", sagt Carlalberto Guglielminotti, CEO von Engie EPS.

Autobesitzer könnten von den Pufferdiensten ihres Fahrzeugs durch Ausgleichszahlungen oder kostenlosen Strom profitieren – wenn erst einmal überall die regulatorischen Rahmenbedingungen für V2G geschaffen sind.