Faktencheck T&E Diesel-Studie: Warum die Studie flasch liegt

Faktencheck T&E Diesel-Studie
Studie findet hohen Partikelausstoß – und liegt falsch

Eine Studie der Umweltorganisation Transport & Enviroment (T&E) will einen hohen Partikelausstoß bei neuen Euro 6d-Temp-Dieseln nachgewiesen haben. Der Aussagewert der Studie ist jedoch – vorsichtig formuliert – äußerst begrenzt.

11/2018, Auto-Abgase Innenstadt-Stau Auspuff Adobe Stock
Foto: Adobe Stock

"Zu behaupten, Dieselfahrzeuge seien jetzt sauber, ist falsch" zitieren in den vergangenen Tagen mehrere Artikel einen Experten der Umweltorganisation Transport & Enviroment (T&E), die bei der Messung zweier Diesel-Fahrzeuge von Opel und Nissan teils sehr hohe Partikelemissionen nachgewiesen hatten. Vor allem während der Regeneration des Partikelfilters waren die Werte in die Höhe geschossen – was allerdings auch nicht weiter verwundert.

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Ein Diesel muss alle paar hundert Kilometer seinen Partikelfilter freibrennen, sonst droht er zu verstopfen. Dieser Prozess nennt sich Filterregeneration und führt tatsächlich zu wesentlich höheren Werten als im normalen Fahrbetrieb. Den höchsten Ausstoß im T&E-Test verzeichnete ein Opel Astra, bei dem während der Regeneration bis zu 1,3 Billionen Partikel pro Kilometer Fahrstrecke aus dem Auspuff entwichen. Diese Zahl klingt spektakulär hoch, sie lässt sich jedoch aus zwei verschiedenen Gründen nicht vernünftig einordnen.

T&E Dieselstudie zum Nachbrennen
T&E
Die Testergebnisse von Transport & Enviroment (T&E).

Warum die Studie so nicht richtig ist

Zum ersten muss gesagt werden, dass es keine partikelfreie Luft gibt. Die Anzahl der Teilchen in der Umgebungsluft schwankt von Tag zu Tag enorm, wie verschiedene Messungen von auto motor und sport zusammen mit dem britischen Abgasspezialisten Emissions Analytics in Stuttgart ergeben haben. An Tagen mit hoher Feinstaubbelastung lagen rund 50.000 Teilchen pro Kubikzentimeter in der Luft. Doch selbst Luft, die in medizinischen Studien als sauber deklariert wird, enthält noch sehr viele Partikel. Pro Kubikzentimeter Luftvolumen können dies 10.000 Teilchen sein. In einem Würfel aus Luft mit einer Kantenlänge von gerade einmal einem Zentimeter schwirren also 10.000 Partikel. Auf einen Kubikmeter hochgerechnet sind dies zehn Milliarden Partikel. Und wir sprechen immer noch von partikelarmer, sprich sauberer Luft. Selbst in Reinst-Räumen, in denen Mikrochips gefertigt werden, fliegen Teilchen umher, obwohl die Chip-Hersteller einen riesigen Aufwand bei der Filterung betreiben. Je mehr Partikel in der Luft, desto höher die Ausschussquote bei der Chip-Produktion.

Um einordnen zu können, wie sauber ein Diesel tatsächlich ist, muss daher die Luft, die vorn eingesaugt wird, mit der aus dem Auspuff ausgestoßenen Luft verglichen werden.

Und hier offenbart sich die zweite Schwäche der T&E-Studie. Laut des Medienberichts gibt T&E die Partikelmenge pro Kilometer Fahrt an. Doch auf wieviel Liter Luft verteilen sich die bei einem Kilometer Fahrt austretenden Partikel? Darüber finden sich leider keine Angaben.

Eigener Test mit Vorher-Nachher-Messungen

auto motor und sport hat Mitte 2019 bei einem ähnlichen Test die eingesaugte mit der hinten ausgestoßenen Luft verglichen. Und hier gab es tatsächlich viele Fahrsituationen, in denen aus dem Auspuff wesentlich partikelärmere Luft entwich als vorn angesaugt wurde. Warum dies so ist, hat zwei Gründe: Teils verbrennen eingesaugte Partikel zusammen mit dem Kraftstoff im Motor, teils bleiben sie in den inzwischen sehr wirkungsvollen Partikelfiltern hängen.

Filter-Regeneration muss auf Fahrstrecke bezogen sein

Auch bei unseren Messungen lag der Partikelausstoß während der Filterregeneration um das zehn bis 15-fache über dem Normalbetrieb. Doch die Regeneration findet nur in einem Teil der Betriebszeit statt. Bei einer 300 Kilometer-Fahrt, die auch eine Regenerationsphase des Filters einschloss, kamen an Tagen mit hoher Feinstaubbelastung in der Luft unter dem Strich deutlich weniger Partikel aus dem Auspuff als vorn eingesaugt wurden. Wir haben die Messungen mit vier verschiedenen Fahrzeugen von BMW, Citroën, Kia und VW durchgeführt und kamen dabei jeweils auf ähnlich Ergebnisse. Am wirkungsvollsten reinigte ein VW Tiguan 2.0 TDI: Bei ihm reduzierte sich der Wert von den eingesaugten 50.000 Teilchen pro Kubikzentimeter auf rund 16.000 Teilchen am Auspuff. An Tagen mit hoher Feinstaubbelastung in der Umgebungsluft wirkt ein Diesel also tatsächlich als Luft-Wäscher.