So ähnlich muss das damals auch ausgesehen haben: erste Fahrstunde, die Kupplung, das unbekannte Wesen. Der Fahrlehrer nickt energisch mit dem Kopf, ein Zeichen der Zustimmung ist es nicht. Jahre später, erste Fahrversuche mit dem Nissan Leaf und aktiviertem e-Pedal: Das Anfahren geht dynamisch und ganz weich, nur den Fuß sollte man nicht zu ruckartig vom Fahrpedal nehmen. Denn dann verzögert der Leaf mit Vehemenz. Fahrer und Beifahrer werden in die Gurte gepresst und mutieren zum Wackeldackel.
Es braucht ein wenig Zeit, sich an das e-Pedal-Fahren zu gewöhnen. Die Technik, die jeder Leaf serienmäßig mitbringt, klingt bestechend: Der Fahrer lässt in fast allen Fahrsituationen, die der Verkehr mit sich bringt, den Fuß nur auf dem Pedal ganz rechts. Für den einen ist das auch in Elektrozeiten immer noch das Gaspedal, für den anderen das Fahrpedal. Egal wie man es nennt: Der Fahrer steuert damit alle Fahrfunktionen außer Lenken. Er startet, beschleunigt und bremst das Auto, und er hält es so auch an Steigungen im Stand.
Bei der Bedienung des e-Pedals ist Feingefühl gefragt, das man sich aber schnell aneignet: Lupft man den Fuß vom Pedal, setzt im elektrischen Antriebsstrang die Rekuperation ein. Statt über die Bremsen nur Wärme zu erzeugen, lädt die Motorbremse die Batterie mit Strom. Nimmt der Fahrer den Fuß komplett vom Pedal, verzögert der Leaf mit bis zu 0,2 g. Das ist schon ein ordentlicher Bremsvorgang, der das Auto je nach Ausgangsgeschwindigkeit schnell bis zum Stillstand bringt. Deshalb steuert bei dieser maximalen Verzögerung das System die Bremslichter an, damit nachfolgende Autofahrer die Chance haben, rechtzeitig zu reagieren. Die Ladeleistung durch Rekuperation erreicht in solchen Situationen Höchstleistungen: Bis zu 90 kW werden kurzzeitig in die Lithium-Ionen-Zellen gedrückt.
Weniger Verschleiß
Will man es im Leaf auf kurvigen Landstraßen mal etwas sportlicher angehen, ist das e-Pedal mit ein wenig Übung ein feines Instrument: Kurve anfahren, anbremsen und herausbeschleunigen, ohne den Fuß mehr als ein paar Zentimeter zu bewegen.
Haupteinsatzgebiet dürfte jedoch der Stadtverkehr sein. Hier erspart der virtuose Umgang mit dem rechten Fuß eine Unzahl an Bremsvorgängen. Studien in den USA und Japan haben laut Nissan ergeben, dass die Fahrer rund 90 Prozent der Fahrzeit im dichten Stadtverkehr auf das Bremspedal verzichten können, wenn sie e-Pedal aktiviert haben und dazu noch vorausschauend fahren. Für Gefahrenbremsungen ist das elektrische Pedal nicht gedacht, da muss die konventionelle Bremse her. Der konsequente Einsatz der Motorbremse bringt deutliche Reichweitenvorteile. Für den rein innerstädtischen Einsatz gibt Nissan beim Leaf mehr als 400 Kilometer Reichweite als WLTP-Messwert an. Materialschonend ist es überdies, Bremsscheiben und -beläge werden weit weniger belastet.
Bei Bundesstraßentempo oder auf der Autobahn ist das e-Pedal nicht unbedingt erste Wahl. Vor allem dann, wenn der Fahrer auf leicht abschüssiger Strecke lieber den Fuß vom Gas nimmt, um das Fahrzeug segeln zu lassen und so bei nahezu null Verbrauch größtmögliche Strecke zu machen. In solchen Fällen tut man sich am leichtesten, das e-Pedal auszuschalten und bei Bedarf, etwa bei einer Ampel auf der Bundesstraße, manuell als Motorbremse zu aktivieren.
Eco- und B-Modus
Die Ladeleistung durch verstärkte Rekuperation kann man auch erhöhen, wenn man den Gangwahlhebel vom D- in den B-Modus schiebt, etwa auf Bergabstrecken. Beim Stromsparen hilft der Eco-Modus des Nissan Leaf. In diesem Betriebszustand werden nicht nur die Verbraucher im Fahrzeug optimiert, auch die Leistung des Antriebsstrangs wird gedrosselt. Das bringt bis zu zehn Prozent mehr Reichweite.
Wer die Agilität des Leaf nutzen will, lässt die Eco-Taste unberührt und die 150 PS des Elektromotors ihre Arbeit ungebremst tun – bis zu dem Moment, wenn der Gasfuß nach oben geht und der Fahrer zustimmend mit dem Kopf nickt.