Alfa Romeo Stelvio, Audi Q5 und BMW X3 im Test

Alfa Romeo Stelvio, Audi Q5, BMW X3
Oldschool-Diesel-SUV ohne Stecker

Mit hoher Schlagzahl bringen die Hersteller elektrifizierte Sport Utility Vehicles auf den Markt und treffen damit den Zeitgeist. Doch der nahezu klassische SUV ganz ohne Stecker, dafür mit Diesel, ist noch nicht tot. Wie im Falle dieser drei. Denn sie alle sind praktisch, sparsam, flott und gut.

Alfa Romeo Stelvio, Audi Q5, BMW X3
Foto: Achim Hartmann

Wie massiv die Elektromobilität Einzug in unser Leben hält, verrät auch ein Blick in unsere Tiefgarage. Konnten an den Wallbox-Plätzen vor wenigen Monaten noch Verbrenner stehen, ohne dass es Gemecker gegeben hätte, ist das nun anders: Immer mehr Testwagen sind elektrifiziert – sei es als Plug-in-Hybrid oder als reines Elektroauto. Und für die sind diese Ladeplätze mit Stecker bitte freizuhalten.

Die drei Sport Utility Vehicles dieses Vergleichstests gehören auch auf die Oldschool-Plätze. Sie brauchen kein Kabel, weil sich die Elektrifizierung ihrer Antriebe auf eine sanfte Hybridisierung durch Starter-Generatoren beschränkt – jedenfalls bei den deutschen Vertretern. Der des Audi Q5 40 TDI Quattro ist ins normale Zwölf-Volt-Netz integriert und boostet nur verhalten; der des BMW X3 xDrive 20d arbeitet auf 48-Volt-Basis und schiebt dadurch beim Beschleunigen ein wenig energischer. Ganz klassisch gibt sich der Alfa Romeo Stelvio 2.2 Diesel 16V Q4: vier Zylinder und 16 Ventile (wie bei der Konkurrenz), allerdings verteilt auf 2,2 statt zwei Liter Hubraum. Mit neuerdings 210 PS und 470 Newtonmetern ist der Stelvio sogar am kräftigsten geraten – ohne große Nachteile beim Verbrauch übrigens.

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Alfa Romeo: einfach schön

Die 20 zusätzlichen Cavalli gegenüber dem 190-PS-Diesel, der nur noch in der Einstiegsversion Super für 51.500 Euro angeboten wird, beschert dem Langhuber in der Hauptsache ein wassergekühlter Ladeluftkühler. Und da der Stelvio nicht nur das stärkste Auto des Feldes ist, sondern mit 1.850 kg auch das leichteste, beschleunigt er ein wenig flotter als die deutschen Konkurrenten.

Alfa Romeo Stelvio
Achim Hartmann
Alfa Romeo Stelvio 2.2 D Q4: 210 PS, 470 Nm, Eco-Verbrauch 6,1 l, ab 60.000 Euro, Basispreis Baureihe 49.500 Euro.

Damit wird er den Versprechungen seines elegant-dynamischen Designs vom Kühlergrill bis zu nachts sehr auffälligen Rückleuchten vollauf gerecht. Der Stelvio wirkt neben seinen Konkurrenten fast zierlich, was angesichts seiner Dimensionen durchaus ein Kunststück ist. Aber man kommt doch am beschwerlichsten auf die Rücksitze? Wen juckt’s, sagen die Alfisti und verweisen auf die Messwerte, die dem Stelvio konstant am meisten Punch bescheinigen. Das dürfte in der Praxis allerdings ebenso wenig relevant sein wie die Fähigkeit der drei, den Feldweg zum Pferdehof oder die Wasserdurchfahrt kurz vor der Alm zu meistern.

Gegenwärtiger als das Temperaments-Plus ist das knurrige Laufgeräusch des Motors, der serienmäßig nicht nur mit dem Allradantrieb Q4 verkoppelt ist, sondern auch mit einer Achtstufen-Wandlerautomatik. Und die leistet sich manchen italienischen Moment: Beim Ausrollen vor dem Ortseingang etwa ruckelt es schon mal beim automatischen Runterschalten ebenso wie beim Cruisen mit konstantem Tempo. Wird der Gasfuß nur ein wenig leicht, setzt Freilauf-Segeln ein, aus dem der Stelvio dann oft nur mit leichtem Schluckauf rausfindet.

Die Applikation des Antriebsstranges darf also nicht als komplett gelungen gelten. Doch nach und nach lernt der Fahrer, diese Eigenheiten vorherzusehen und mit ein wenig Aufmerksamkeit zu mildern. Hilfreich ist dabei der Gebrauch der Schaltpaddel, die sich – Stichwort Blinken – störend zwischen Lenkradkranz und Lenkradhebel quetschen. Dafür fassen sie sich – gefertigt aus kühlem Aluminium – sensationell gut an und schlagen mit ihrer schieren Größe eine emotionale Brücke zum Stelvio Quadrifoglio mit seinen 510 Biturbo-PS.

Alfa Romeo Stelvio
Achim Hartmann
20,6 Sekunden braucht der Stelvio, um aus dem Stand auf 160 km/h zu beschleunigen. Im Audi vergehen für diese Übung 23,5 Sekunden, im BMW noch einmal 0,2 Sekunden mehr.

Von solchen sinnlichen Details hat der Stelvio einige auf Lager. Gegen Aufpreis etwa sind Türtafeln und Armaturenbrett mit weichem Leder bezogen, der Startknopf im Lenkrad zitiert Ferrari, und der praktische Dreh-Drück-Steller zwischen den mit extraweichem Leder bezogenen Sitzen fühlt sich so solide an wie das Zahlenschloss eines teuren Tresors. Auch sonst ist dieser Alfa bis in die hinterste Ecke sehr sauber verarbeitet und hält damit reichlich Abstand zum inoffiziellen Alfa-Credo vergangener Tage: Bewundere die Schönheit der Idee und lerne, mit der Mittelmäßigkeit der Ausführung zu leben.

Mittelmäßig – gutes Stichwort. Trotz Verstelldämpfern (Serie in der Ausstattung Veloce, bei Audi und BMW Aufpreis) begegnet der Stelvio schlechten Straßen am wenigsten entgegenkommend. Er plumpst auch im Comfort-Modus schroff in Schlaglöcher und torkelt auf welligem Geläuf. Wegen der extrem spitz ansprechenden Lenkung kann das zuweilen zulasten des Geradeauslaufs gehen, dynamisch gestimmte Fahrer werden mit dem Alfa allerdings glücklich: Wer gefühlvoll einlenkt, jagt den Stelvio nicht ins Untersteuern, sondern fühlt sich verstanden. Ja, dieses Auto mag das Fahren so sehr wie der Fahrer, und an dem Spaß dürfen gern drei andere bei genügend Platz und gutem Sitzkomfort teilnehmen.

Platz fürs Gepäck gibt es auch zur Genüge. Da spielt der in Sachen Assistenz- und Bremsen-Performance (deutliches Fading) nicht sehr brillante Alfa die italienische Karte mit Grandezza und Sinn fürs Praktische. Recht teuer geraten ist er im Vergleich, da fällt ein Anachronismus doppelt ins Gewicht: Während der Q5 und der X3 serienmäßig mit LED-Scheinwerfern kommen, gibt es für den Stelvio lediglich Bi-Xenon. Wieder so ein italienischer Moment, für den wohl niemand eine wirkliche Erklärung hat.

Audi: unaufgeregt effizient

Auch beim Q5 irritiert so ein erklärungsbedürftiges Detail. Denn das MMI-Drehrad, über viele Jahre in der Funktion perfektioniert, gibt es nicht mehr. Nun muss getoucht, geschrieben und gewischt werden auf dem Monitor. Ob das stört? Natürlich. Stellen Sie sich einfach die Frage, ob Sie auf die Fernbedienung Ihres Fernsehers verzichten wollten. Ein ebenso entschiedenes Nein gilt dieser Weiterentwicklung, die wohl eher eine Sparmaßnahme ist.

Audi Q5
Achim Hartmann
Audi Q5 40 TDI Quattro: 204 PS, 400 Nm, Eco-Verbrauch 6,3 l, ab 49.500 Euro, Basispreis Baureihe 46.600 Euro.

Davon abgesehen schmeichelt der Q5 mit sehr vielen guten Eigenschaften. Seine 204 PS sind zwar am wenigsten sprintstark und genehmigen sich trotz der milden Hybridisierung ein Schlückchen mehr als die 210 Pferde des Alfa (Testverbrauch 7,9 statt 7,8 Liter; BMW: 7,6 Liter). Doch dafür hüllen sie sich in Samt und Seide und laufen in jedem Drehzahlbereich und bei jeder Last so leise und wohl klingend, dass auch der Zweiliter des BMW da nicht herankommt.

Das Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe passt zu diesem feinen Motor mit schnellen und weichen Gangwechseln zur rechten Zeit, und das Fahrwerk adelt diesen Antriebsstrang: Trotz der immensen 21-Zoll-Bereifung (2.550 Euro) bietet es nicht nur bis ins Extrem neutrales Handling, sondern flauscht über Bodenwellen und Teerflicken und samtpfotet über Kanaldeckel, wo es den Alfa schon rüttelt und schüttelt. Das kann auch der BMW, dessen Dämpfer-Modi am weitesten gespreizt sind, nicht besser.

Hinzu kommen beim Q5 Advanced sehr übersichtliche, vielfältig darstellbare Instrumente (Virtual Cockpit, 600 Euro) sowie ein hohes Maß an Alltagsnützlichkeit. Nur er verfügt über eine verschiebbare Rückbank (350 Euro), die den ausreichend großen, in dieser Runde aber kleinsten Kofferraum bestens nutzbar macht. Zudem erlaubt er es wie der BMW, ein Gepäcknetz hinter den Vordersitzen aufzuspannen. Der Stelvio könnte bei dieser Frage der Ladungssicherheit aus der Zeit stammen, als Alfa Romeo noch keinen Fahrerairbag anbot und der Pressesprecher, ein charmanter Wiener, auf die Frage nach dem Warum lakonisch antwortete: "In oam Oafa sterbst halt wie a Moan."

Ein hocheffizientes Auto ist der Q5, dessen Interieur ohne Zuzahlung allerdings einen ziemlich nüchternen, von tristen Hartplastik-Türverkleidungen geprägten Eindruck macht. Dass er nicht so emotional zur Sache geht wie der Alfa, sehen ihm viele da sicher gern nach, zumal auch Preis und Ausstattung zueinander passen.

BMW: nicht richtig glänzend

Beim X3 20d ist das nur eingeschränkt der Fall: Als Modell xLine kostet er schon mal einige Tausender mehr als der Audi – und vergleichbar ausgestattet, wächst der Unterschied noch einmal um ein paar große Scheine. Nur der Alfa Romeo kostet unterm Strich nochmals deutlich mehr – ein eher schwacher Trost.

BMW X3
Achim Hartmann
BMW X3 xDrive 20d: 190 PS, 400 Nm, Eco-Verbrauch 5,8 Liter, ab 50.800 Euro, Basispreis Baureihe 47.800 Euro.

Denn der X3 tut sich schwer damit, das historisch gewachsene Bild des fahraktiven, auf den Punkt konstruierten BMW wie gewohnt auszufüllen. Das liegt nicht nur an den in tristen Fronleichnamsfarben gehaltenen Instrumenten mit gegenläufig angeordneten Skalen für Tempo und Drehzahl. Die machen gegen die klassischen Uhren mitsamt Eisbecher-Zitat des Stelvio in puncto Stil ebenso wenig einen Stich wie gegen das Info-Feuerwerk des Audi.

Vielmehr ist es das Fahrverhalten, das nicht mehr die leichte, elegante Präzision von einst verströmt, sondern trotz optionaler Sportlenkung mit variabler Übersetzung ins Beliebige abrutscht. Nicht nur bei Slalom und Ausweichtest zeigt der X3 das stärkste Karosseriewanken, verbunden mit irritierenden Gierbewegungen. Im echten Landstraßen-Leben leistet er sich öfter einen störenden Wechsel zwischen Untersteuern und einem unerwartet nach außen drängenden Heck. Das dürfte für die Mehrheit der Käufer kein Killer-Kriterium sein. Es schmälert aber durchaus die gefühlte Fahrsicherheit und auch den Fahrspaß, der sich durch das sehr geschliffene Miteinander des kräftigen Motors und der unauffällig-guten Achtgang-Automatik nicht nur beim Angasen, sondern auch beim Cruisen schnell einstellt.

BMW X3
Achim Hartmann
56,3 Meter reichen dem BMW, um mit heißer Bremse aus 130 km/h zum Stillstand zu kommen. Der Audi benötigt 58,8 Meter, der Alfa zeigt mit einem Bremsweg von 63,9 Metern klares Fading.

Das klingt nun womöglich etwas arg kritisch, doch wir können ja auch loben: Die Bedienung per iDrive sowie die Multimedia- und Komfortassistenz-Ausstattung sind nach wie vor spitze, die Funktionalität ist es ebenso. Und beim Bremsen schiebt sich der BMW am nachdrücklichsten auf Platz eins – wo er auch beim Verbrauch steht. Am meisten Kraftstoff bunkern kann er obendrein, sodass man auf Basis des Testverbrauchs von nur 7,6 Litern knapp 900 Kilometer weit kommt – und womöglich schon lange vor dem dann nötigen Tankstopp darüber sinniert, wieso die Sitze – vor allem die hinteren – so hart gepolstert sein müssen.

Für den ersten Platz reicht es dem BMW so nicht. Doch er hält sich den Alfa sicher vom Leib und ist nah dran am Audi. Und vereint beweist dieses Trio, dass auch heute noch viel für ein Diesel-SUV ganz ohne Stecker spricht. Noch gibt es sie ja.

Fazit

1. Audi Q5 40 TDI Quattro
651 von 1000 Punkte

Mit seinem kultivierten Motor und dem besten Fahrwerk profiliert sich der geräumige Audi als Rundum-sorglos-SUV. Er punktet auf allen Themenfeldern konstant gut.

2. BMW X3 xDrive 20d
647 von 1000 Punkte

Der knappe Rückstand zum Audi zeigt: So richtig kann man dem X3 außer dem Preis nichts vorwerfen. Das spezielle BMW-Feeling verströmt er allerdings nicht wie früher.

3. Alfa Romeo Stelvio 2.2D 16V Q4
598 von 1000 Punkte

Ein durch und durch erfreuliches Auto, dieser Stelvio. Denn er ist ein Alfa, ohne mit alfaesken Kapriolen zu nerven. Nicht perfekt, aber gut und emotional – und ziemlich teuer.

Technische Daten
Alfa Romeo Stelvio 2.2 Diesel 16V Q4 VeloceAudi Q5 Sportback 40 TDI Quattro Advanced
Grundpreis62.650 €56.550 €
Außenmaße4687 x 1903 x 1693 mm4689 x 1893 x 1660 mm
Kofferraumvolumen525 bis 1600 l505 bis 1475 l
Hubraum / Motor2143 cm³ / 4-Zylinder1968 cm³ / 4-Zylinder
Leistung154 kW / 210 PS bei 3500 U/min150 kW / 204 PS bei 3800 U/min
Höchstgeschwindigkeit215 km/h222 km/h
0-100 km/h7,5 s
Verbrauch5,5 l/100 km
Testverbrauch7,8 l/100 km