Aston Martin V8 Vantage N430 im Test

Aston Martin V8 Vantage N430 im Test
436-PS-Sondermodell auf der Rennstrecke

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Mit Knutschmund, Wahnsinns- Body, Hardcore-Abstimmung und verruchtem Klang spricht der Aston Martin V8 Vantage N430 noch die niederen Triebe an. Ein Test zwischen Liebe, Lust und Ehrlichkeit.

Aston Martin V8 Vantage N430, Motorhaube
Foto: Rossen Gargolov

Anglophilie ist eine Krankheit. Keine allzu ernste vielleicht, aber eine besorgniserregende. Und eine, die einem stetes Mitleid einbringt. Von Freunden, Angehörigen und sogar von Leidensgenossen. Meistens beginnt sie schleichend: mit einer gewissen Gleichgültigkeit gegenüber Nieselregen, Minzsaucen oder Spaltmaßen zum Beispiel. Offen gesagt: Der Autor gehört auch zu diesen englischen Patienten. Und auch wenn das bei Ihnen jetzt womöglich tiefe Betroffenheit auslöst, sehen Sie bitte von Genesungskarten ab. Denn zwischendurch kann es in der Tat ganz hilfreich sein. Zum Beispiel dabei, Sportwagen zu verstehen. Vor allem jene, die sich nicht primär über Scheitelpunkte und G-Kräfte definieren.

Aston Martin Vantage ein Sportwagen aus Fleisch und Blut

Bestimmt ahnen Sie schon, worauf dieses Gerede um den heißen Brei hinausläuft. Das Tragische daran: Sie haben Recht. Mal wieder. Denn nein, der Aston Martin Vantage war und ist kein Um-jeden-Preis-Performer, kein – wie die Engländer so schön sagen – Thoroughbred, und beileibe kein Neun-Elf. Nicht als V12 S, und auch nicht als GT3, der auf dem Genfer Salon die Baureihe noch mal zuspitzte. Was seine Kritiker dabei gern mal übersehen: Er wollte es auch niemals sein.

Und selbst wenn er es – wie im konkreten Fall – so ein bisschen versucht, es gelingt ihm nicht. Das liegt zum einen daran, dass er trotz Karosseriekomponenten aus Alu und Magnesium 1.625 Kilo auf nicht mal 4,40 Metern vereint – also mal eben runde 150 mehr als ein ähnlich potenter, aber deutlich weitläufigerer Porsche Carrera GTS. Zum anderen steht ihm schlicht und einfach sein Alter im Weg. Runde zehn Jahre ist es her, dass Aston Martin den Vantage unterhalb der DB-Familie ansiedelte. Zur Erinnerung: Der 911 steckte damals stellenweise noch in Generation 996.

Klar hat sich seither auch etwas getan: 2008 wird das Modell umfassend gepflegt, der anfangs 4,3 Liter große V8-Sauger von Grund auf überarbeitet, in den Grundzügen bleibt er aber immer ganz der Alte – mit allen Vor- und allen Nachteilen, die das mit sich bringt. Gimmicks wie Wankausgleich oder Torque-Vectoring-Systeme, die heute selbst aus Elefanten eine Mücke machen, sind ihm jedenfalls völlig fremd. Kurzum: Der Aston Martin Vantage ist eine grundehrliche Haut mit minimaler Servounterstützung, minimalem Federweg, minimaler Geräuschdämmung und damit einer der letzten Sportwagen – man möchte schreiben – aus Fleisch und Blut. Und um sich so dazu hingezogen zu fühlen, braucht es keinerlei krankhafte Neigungen zum Königreich.

Aston Martin V8 Vantage N430 mit 4,7-Liter-V8

Schade nur, dass die Special Edition N430, die sich als Clubsportler der Vantage-Baureihe begreift, mit ihren Stitchings, Alcantara-Bezügen und Bodypaintings in den meisten Details recht oberflächlich bleibt – vor allem oberflächlicher als die N-Modelle 400 und 420 bisher. Das N steht übrigens für Astons Testcenter am Nürburgring, das die Entwicklungsarbeit federführte, die 430 repräsentiert die Leistung in bhp – was kontinentaleuropäischen 436 PS und damit exakt dem Wert des V8 Vantage S entspricht, der Ausgangsbasis des N430.

Wirklich neu sind jedenfalls nur die einteiligen Kevlar-Kohlefaser-Sitze und die geschmiedeten 19-Zöller des Aston Martin V8 Vantage N430. Beides zusammen soll 20 Kilo einsparen, von denen auf der Waage allerdings nur deren vier geblieben sind. Im Gegensatz zum konventionellen S-Modell lässt sich der Aston Martin V8 Vantage N430 auch mit Handschaltung ordern. Die kostet zwar Sprintperformance, dürfte aber – obwohl man ihr eine gewisse Sperrigkeit nachsagt – besser zum analogen Gesamtcharakter passen als das automatisierte Siebenganggetriebe des Testwagens.

Wobei: Auch das braucht nicht zu fürchten, im Test als digital empfunden zu werden. Im Teillastbereich pappen seine ausgedehnten Gangwechsel wie Kaugummi zwischen den Drehzahlbändern. Erst wenn man den kernigen 4,7-Liter ausdreht, diesen klitzekleinen Moment zwischen Schaltlampe und Begrenzer erwischt, schaltet er so rassig, wie es sich gehört. Apropos gehören: Motor und Getriebe sitzen sich im Aston Martin V8 Vantage N430 transaxial gegenüber, wodurch sich die Achslasten fast optimal verteilen.

Alles am Aston Martin V8 Vantage N430 wirkt angespannt

Auch ansonsten stimmen die Vorzeichen: Man sitzt schön tief im Aston Martin V8 Vantage N430, dank des eng geschnittenen Cockpits unabhängig von Sitzwangen mit Seitenhalt, und vor einem Instrumententräger mit viel Kunst, etwas Kitsch und ein wenig Krempel: gegenläufige Runduhren, steil stehendes Volant; Schaltpaddel an der Lenksäule; ein Kristallglasblock als Zündschlüssel; Metalltasten, die ihre Echtheit damit beweisen, dass einem im Winter die Finger daran festfrieren; und – als Krönung sozusagen – die vorsintflutliche Navigation, an der das Beste noch die Tatsache ist, dass sie sich samt Bildschirm in der Mittelkonsole versenken lässt.

Spätestens der Akustik-Orkan fegt solche Sorgen aber einfach weg. Im Aston Martin V8 Vantage N430 klingt der Vantage-V8 wie Braveheart nach einer durchzechten Nacht: heiser, verraucht, brünftig und bronchial beim Kaltstart, im unteren Drehzahlbereich dann für einen Augenblick mechanisch-zivilisiert, ehe die Abgasanlage bei 3.000/min ihre Klappen aufreißt und sich die Kulisse zusammen mit der Drehzahl ins Rennsportdramatische hochschaukelt. Gentleman-Sportler? Von wegen: Das Ding hier ist die automobile Übersetzung der Never-Walk-Alone-Sprechchöre, die Liverpool-Fans Woche für Woche durchs Anfield-Stadion grölen.

Zarte Drifts im Aston Martin V8 Vantage N430

Und das Beste daran: Der Aston Martin V8 Vantage N430 fühlt sich im Test genauso inbrünstig an. Trotz zackiger 4,6 Sekunden auf 100 fehlt unseren turbovernebelten Sinnen geradeaus vielleicht etwas der Kick, auf der Runde wirken die 490 Nm aber genauso wohldosiert wie (fast) der gesamte Rest: Alles ist angespannt, weicht nicht zurück, selbst wenn man mal richtig hinlangt, und hält kräftig dagegen.

Die geriffelten Oberflächen der Randsteine rattern im Test direkt ins Rückenmark, in den Handflächen spürt man den Übergang zur Gleitreibung punktgenau, und selbst das Getriebe scheint zu wissen, wann es sich zusammenzureißen hat. Seine zarte Untersteuertendenz lässt sich über Gaseinsatz in zarte Drifts umbiegen, die man dank der bombigen Traktion seiner mechanisch gesperrten Hinterachse und der straffen Kraftentfaltung wunschgemäß ziehen oder geraderücken kann.

Nur die Bremse will nicht so recht zur Handfestigkeit des Aston Martin V8 Vantage N430 passen. Sie verzögert im Test wenig berühmt und konzentriert ihre Kraft zu sehr auf die Vorderräder. Effekt: Die Front sackt vor Kurven jedes Mal tief in die Federbeine, sodass sie vor dem Einlenken immer erst wieder auftauchen muss. Eine mittlere 1:13 ringt er Hockenheim schlussendlich ab. Anständig, aber – bei aller eingangs begründeten Liebe – nicht ganz so stramm wie das Fahrgefühl.

Technische Daten
Aston Martin V8 Vantage N430 N430
Außenmaße4385 x 1865 x 1260 mm
Kofferraumvolumen300 l
Hubraum / Motor4735 cm³ / 8-Zylinder
Leistung321 kW / 436 PS bei 7300 U/min
Höchstgeschwindigkeit305 km/h
0-100 km/h4,6 s
Verbrauch13,8 l/100 km