Manchen Paaren macht nicht nur die Paarung Freude, sondern auch ihr Ergebnis. So präsentieren die Mercedes-Entwickler voller Stolz bereits das siebte Mitglied ihrer facettenreichen Kompaktwagen-Familie, zu der sogar ein Van, zwei SUV und das Coupé CLA gehören – die A-Klasse Limousine. Sie hat die gleichen Gene wie das Schrägheckmodell und ist bis zu den Fondtüren praktisch identisch, nur das Dach läuft hinten sanfter aus und mündet harmonisch in einem um 13 cm gestreckten Heck.
Ob die neue Variante besser aussieht als die Basis oder gar der niedrigere, 14 cm längere, aber engere und 3.000 Euro teurere CLA, bleibt Geschmackssache. Fakt ist: Die Limousine hat nichts Improvisiertes oder Piefiges an sich, wirkt wohlproportioniert und harmonisch. Mit 4,55 Metern Länge hält sie zwar noch einen kleinen Respektabstand zur C-Klasse (4,69 m), bietet jedoch dank Frontantrieb und Quermotor innen kaum weniger Platz. Außerdem kostet sie als A 200 d nur rund 650 Euro mehr als die Schrägheckversion, aber fast 5.400 Euro weniger als ein vergleichbarer C 200 d mit Automatikgetriebe.
Das Ladevolumen (395 Liter) liegt dagegen genau zwischen dem des kleineren und des größeren Bruders und lässt sich durch Umklappen der geteilten Fond- sowie der Beifahrerlehne (179 Euro extra) nach Bedarf erweitern. Sperriges wie ein Kühlschrank scheitert allerdings an der kleinen Ladeluke und der hohen Innenstufe zum Gepäckboden, was einen zusätzlichen Kombi durchaus als sinnvolle Ergänzung erscheinen lässt. Also nur Mut, liebe Eltern!
Der Reiz der frühen Geburt
Mehr Handlungsbedarf gibt es indes bei Audi, wo die A3 -Familie inzwischen auf Stufenheck-Limousine und Cabrio reduziert wurde. Die neue Generation des Kompaktmodells zeigt sich erstmals im März, sukzessive folgen Derivate. Umso beachtlicher ist, dass das noch aktuelle Modell in seiner schlichten, zeitlosen Eleganz keineswegs überholt und das Interieur hochwertiger und klarer wirkt als bei manchem jüngeren Audi. Auch gegenüber der A-Klasse steht der neun Zentimeter kürzere A3 beim Platzangebot für Passagiere und Gepäck gut da, punktet zudem mit etwas besserer Rundumsicht sowie 118 kg weniger Leergewicht.
Das klassisch-funktionale Cockpit mit strikter Trennung von Instrumenten und Infotainment samt MMI-Controller wirkt sogar klarer und eingängiger in der Bedienung, denn damit lassen sich viele Funktionen sicher und ohne große Ablenkung abrufen. Mit dem Touchpad der A-Klasse gelingt das auf Anhieb nicht ganz so gut, sodass man schnell zur verständigen, zuverlässigen Spracheingabe wechselt. Um die vielfältigen Möglichkeiten des MBUX-Systems bei Information, Telefonie und Musik nutzen zu können, muss man allerdings zuvor das Display-Paket mit Breitbandbildschirm (10,25 Zoll, 1.535 Euro) oder das Navigations-Premium-Paket für 3.076 Euro geordert haben.
Überhaupt steckt die vertrackte, 106 Seiten dicke Mercedes-Preisliste voller Fußangeln und Versuchungen, den Grundpreis um fünfstellige Beträge aufzustocken. So schlagen beim Testwagen neben der Progressive-Ausstattung (1.868 Euro) mit 17-Zoll-Alufelgen und diversem Zierrat vor allem das 3.522 Euro teure Technik-Paket (LED-Multibeam-Licht, Keyless-Go, Adaptivdämpfer, größere Bremsscheiben) sowie das dazu erforderliche Fahrerassistenz-Paket (1.797 Euro) zu Buche, dazu das Energizing-Paket Plus mit Soundsystem, Multikontursitzen und Ambientebeleuchtung (2.975 Euro). Selbst der 51-Liter-Tank (Serie: 43 Liter) kostet 59,50 Euro, und zum gleichen Preis gibt es sogar eine Vorrüstung für Carsharing mit App und Zweitschlüssel.
Die Fülle der Möglichkeiten
Mit diesem Angebot auf Oberklasse-Niveau liegt der Mercedes klar vor dem Audi, der speziell bei der Sicherheits-, Assistenz- und Multimedia-Ausstattung Lücken zeigt – vom Head-up-Display über Ausstiegs- und Querverkehrswarnung bis hin zum Seitensicht- und Ausweichassistenten. Bei der A-Klasse irritieren dagegen die zum Teil heftigen Brems- und Lenkeingriffe der aktiven Spurhaltung samt Gurtstraffung, falls der Wagen mal etwas abdriftet und einem anderen nahe zu kommen droht. Doch zusammen mit den zupackenden Bremsen und der hohen Fahrsicherheit untermauern sie den Mercedes-Vorsprung auf diesem Gebiet.
Gleichwohl kann er sich in den sonstigen Fahreigenschaften nicht so deutlich absetzen, wie es die schnelleren Zeiten bei den Fahrdynamiktests nahelegen. Denn der A3 drängt zwar in Kurven stärker mit dem Heck und wird vom ESP spürbar eingebremst, fühlt sich aber beim Einlenken agiler und leichtfüßiger an. Nur im Grenzbereich erfordert er etwas mehr Aufmerksamkeit und entschlossenes Zupacken, wo die A-Klasse noch ruhig ihres Weges zieht und selbst bei schnellen Kurswechseln sicher in der Spur bleibt.
Apropos Ruhe: Obwohl der Mercedes seinen Fahrer niemals zu Agilitätsausbrüchen animiert oder gar herausfordert, lässt er sich mit seiner feinfühligen, unaufgeregten Lenkung durchaus präzise und engagiert bewegen. Speziell im strafferen Sportmodus legt er sich richtig ins Zeug und nicht in die Kurve, während der Aufbau in „Comfort“ oder „Eco“ auf Unebenheiten stärker wankt und nachschwingt. Ganz nach persönlichem Geschmack kann man also entweder den Reiz der Landschaft oder den der Straßenführung genießen.
Egal welche Gangart gerade anliegt – der Federungskomfort bleibt selbst auf üblen Pisten stets bekömmlich. In seinen Nehmerqualitäten erinnert das Adaptivfahrwerk sogar an eine luftgefederte C-Klasse und zeigt, wie gut es einstecken kann. Mit den hier montierten 18-Zöllern (952 Euro) spricht die A Limousine zwar etwas herb an, doch ansonsten scheinen sich alle Störfeuer von der Strecke in Wohlgefallen aufzulösen. Dabei wirft die A-Klasse neben ihrem höheren Eigengewicht auch die jahrzehntelange Erfahrung ihrer Entwickler mit gediegenen Oberklasseautos in die Waagschale, denn die markentypische Geschmeidigkeit und Besonnenheit ist immer mit an Bord.
Gelungene Integration
Der Audi pflegt da seinen durchaus eigenen Charakter, zumal er hier mit dem Serienfahrwerk antritt. Dass Federn und Dämpfer trotzdem sensibel ansprechen und lange Bodenwellen gekonnt meistern, spricht ebenso für die Abstimmungskünste der Techniker wie die geringeren Aufbaubewegungen. Allerdings dringen kleinere Stöße und Anregungen stärker zu den Insassen durch, was die besser konturierten und gepolsterten Vordersitze zumindest teilweise wettmachen. Zudem fühlt man sich auf ihnen besser integriert und im Fond etwas angenehmer, weil höher platziert, kommt jedoch schneller mit dem Dach in Berührung.
Ähnlich klein und fein sind die Unterschiede beim Antrieb, obwohl die A-Klasse selbst mit Stufenheck eine weit größere Auswahl an Motoren bietet – vom 160 d mit schütteren 95 PS (wann gab es zuletzt eine Mercedes-Limousine unter 100 PS?) über den AMG-Typ 35 4Matic bis hin zum Plug-in-Hybrid 250 e mit 218 PS Systemleistung. Zum Vergleichstest treten beide Kandidaten mit 150 PS starkem Zweiliter-Turbodieselmotor und Doppelkupplungsgetriebe an, das beim A3 35 TDI 2.000 Euro extra kostet und seinen Grundpreis bis auf 696 Euro an den des A 200 d (DCT Serie) liftet.
Abgesehen von Gangzahl, Drehmoment und Schadstoffeinstufung – A3 nur mit Euro 6d-Temp – herrscht also praktisch Gleichstand, doch der nominell kräftigere Audi-Vierzylinder wirkt beim Fahren nicht ganz so entschlossen und souverän wie das Mercedes-Triebwerk. Dieses kommt trotz eines leichten Anfahrruckelns druckvoller aus den Puschen und entwickelt bei Bedarf selbst obenrum mächtig Schub, wobei das Achtgang-DCT treffsicherer und geschmeidiger schaltet als das Siebengang-DSG des Rivalen. Mit dem niedrigeren Drehzahlniveau dank zusätzlicher Fahrstufe sinken übrigens nicht nur die Innengeräusche, sondern auch Verbrauch und CO2-Ausstoß.
Zum Kippen zu schade
Bei allen Fahrprofilen konsumiert der A 200 d etwas weniger als der A3 (siehe Kasten), doch wichtiger ist, dass beide sich ohne große Zurückhaltung mit unter fünf Litern auf 100 km bewegen lassen. In dieser kultivierten, kräftigen und abgasgereinigten Form ist der effiziente Dieselmotor viel zu gut zum Ausmustern und stellt zumindest für Vielfahrer eine empfehlenswerte Alternative dar. Schwieriger lässt sich hingegen die Frage beantworten, was vom Glanz des Mercedes ohne die vielen teuren Extras übrig bleibt.
Nach sorgfältiger Abwägung und Summierung aller Pros und Contras auf jeden Fall genug für den Sieg in diesem Vergleich, obwohl wir natürlich die relevanten Extras in die Preisbewertung miteinbezogen haben. Und bei der Neuauflage des A3 dürften sich nicht nur deren Umfänge, sondern auch die geforderten Preise wieder annähern. Schließlich braucht der Nachwuchs fürs gute Gedeihen ja nicht nur liebevolle Eltern.
Audi A3 Limousine 35 TDI Sport | Mercedes A 220 Kompaktlimousine Progressive | |
Grundpreis | 35.900 € | 36.596 € |
Außenmaße | 4458 x 1796 x 1416 mm | 4549 x 1796 x 1446 mm |
Kofferraumvolumen | 425 l | 395 l |
Hubraum / Motor | 1968 cm³ / 4-Zylinder | 1950 cm³ / 4-Zylinder |
Leistung | 110 kW / 150 PS bei 3500 U/min | 110 kW / 150 PS bei 3400 U/min |
Höchstgeschwindigkeit | 224 km/h | 227 km/h |
0-100 km/h | 8,6 s | 8,2 s |
Verbrauch | 4,4 l/100 km | 4,1 l/100 km |
Testverbrauch | 6,2 l/100 km | 6,0 l/100 km |