Es gehört ja schon zu den gehobeneren Privilegien, zwischen diesen drei Premium-Kandidaten wählen zu können. Immerhin kosten die über 250 PS starken Diesel-Kombis schon mit den wichtigsten Extras locker über 65.000 Euro, unterscheiden sich aber deutlich in Technik und Charakter.
In den Wochen der Wahlvorbereitung mit Recherchen und Konfiguratorstudium springst du hin und her und gerätst auch mal in Rage, wenn ein Hersteller dir gleich das 5.000-Euro-Sportpaket andrehen will, obwohl du nur das Lenkrad willst. Irgendwann steht dann der Favorit, und ab geht’s zur Probefahrt mit Audi A4 Avant 50 TDI Quattro, BMW 330d Touring xDrive oder Mercedes C 300 d T-Modell. Das sieht nach Ziellinie aus, kann aber auch richtig bitter werden, wenn das Wunschmodell dann ganz anders fährt als gedacht.
Hey Mercedes, was ist los?
Völlig ausschließen lässt sich das bei der neuen C-Klasse nicht. Denn wenn du damit vom Hof rollst und an der sechsten Ampel noch immer nach grobmotorischem Fahrschüler aussiehst, entwickelt sich das hypernervöse Bremspedal zum Nervtöter. Die gute Nachricht lautet: Ja, der geschmeidige Umgang damit erfordert Übung, doch mit gelegentlichen Einschränkungen klappt es nach einigen Tagen zuverlässig, und kurz danach geht der sensible Bewegungsablauf in die Gewohnheit über.
Zum Glück, sonst würden sich wohl Selbstzweifel einstellen. Denn wie plausibel scheint es, dass ein Ingenieurstrupp das Pedalgefühl völlig vergeigt, wenn der Federungskomfort mit den optionalen Adaptivdämpfern so offensichtlich überragt? Unebenheiten kommen zwar speziell bei Stadttempo bis in die Sitze, aber nur weich, und mit höherem Tempo wird immer noch beeindruckender, was das Fahrwerk alles wegbügelt.
Der Komfort geht schon los, wenn du deinen Kram ohne Verrenkungen verstaust, weil die in der Mitte geteilte Armlehne kompakt zu den Seiten öffnet. Dazu die Ambientelichter, die sogar die fein einstellbaren Luftausströmer ausleuchten und die Farbe wechseln, wenn du daran drehst. Griffgünstig sitzt unter dem Startknopf ein weiterer Schalter für die oft überambitionierte Start-Stopp-Automatik – alternativ können mit einem Klick die Individualoptionen der letzten Fahrt bestätigt werden. Nicht so bequem: Hinter den Lenkradspeichen drücken die Schaltwippen leicht gegen die Fingerkuppen.
Wo die Fahrt hingeht, lässt sich locker mit der Infotainment-Frau bequatschen. Die spielt auch ab, wie der Fuchs macht, schaut Einwohnerzahlen bei Wikipedia nach oder erzählt Witze: "Was essen Autos am liebsten? – Parkplätzchen."
Die lassen sich mit den großen und selbst nachts klaren Kamerabildern leicht ansteuern. Noch einfacher wird es mit Parksensor-Visualisierung im Head-up-Display und per Hinterachslenkung reduziertem Wendekreis. Wie bei den Bayern gilt: Wenn es sich besonders nett und clever anhört, dann kostet es auch extra – ja, sogar die Parkpiepser.
Der Sonderklasse-Monitor
Den Innenraum-Look und die Bedienung prägt der große Touchscreen aus der S-Klasse. Statt OLED- steckt im C darin Flüssigkristalltechnik, die trotzdem eine brillante Darstellung erreicht. Einzig die nicht optimale Apple-CarPlay-Skalierung nimmt der Schrift darin leicht die Schärfe.
Doch wegen der niedrigen Positionierung rückt der Blick so weit nach unten, dass die Straße fast ganz aus dem Sichtfeld rutscht. Dafür kann der Arm beim Touchen bequem und stabilisierend abgestützt werden. Die nötige Bedienpräzision für die kleinen Grafik-Buttons des blauen Klima- und Audiomenüs bleibt aber hoch. Das stört besonders, weil es abseits der Sprachsteuerung keine dauerhaft erreichbare Alternative für die Liederwahl gibt.
Leichter klappt es mit großen Symbolen im Haupt- und Favoritenmenü, die über Lenkradtasten erreichbar sind. Das hilft ungemein, denn so geht’s mit wenig Toucherei meist zügig ans Ziel im gut sortierten System. Dagegen verpufft das Potenzial der Steuerung per Lenkrad, weil dafür kein Steuerkreuz, sondern ein rückmeldungsloses und oft unpräzises Mini-Touchpad zum Einsatz kommt, was die Blickdauer auf den Monitor im Zweifel sogar erhöht.
Dem Wagen fehlt die eigentlich erhältliche Fernentriegelung für die im Testfeld gemütlichste Rückbank, auf der es die größte Beinfreiheit gibt. Das Kofferraumrollo passt nicht unter den Ladeboden, dafür liegt dort in einer Aussparung eine Klappbox. Wie die anderen schluckt der Mercedes rund 500 Liter Gepäck, eine E-Heckklappe gibt es serienmäßig.
Wie bei den Rivalen elektrifiziert ein 48-Volt-Startergenerator die C-Klasse, die selbst in der künftigen AMG-Version nur noch mit Vierzylindermotoren antritt. Über eine ordentliche Laufkultur kommt der 300 d so nicht hinaus, doch obwohl ihm 21 PS und bis zu 100 Nm auf die Sechszylinder-Rivalen fehlen, sprintet er mit ihnen auf Augenhöhe. Die beiden aufgeweckten VTG-Turbos (variable Turbinengeometrie) pressen 265 PS aus 1.993 cm3, und der Oelmotor verbraucht mit 6,9 l/100 km am wenigsten Diesel (BMW: 7,2 l, Audi: 7,8 l).
Aus dem Drehzahlkeller zerrt er sich souverän ohne Schaltvorgänge der Neungangautomatik. Beim Ausrollen vor einer Ampel kommt es mitunter zu minimalen Rucken, die aber stark genug sind, um den Fuß leicht zu bewegen – und das reicht bei der Bremspedalabstimmung, um sie ordentlich zu verstärken. Wie gesagt: Das kriegt man unter Kontrolle.
Die hat besonders über Land Priorität und zeigt sich beim Fahren als gekonnter Mix aus Tempo und Gelassenheit. Auf Dynamiker macht der etwas intensiver wankende C 300 d nie, bietet zudem auf 73 Seiten Preisliste weder Allradantrieb (T-Modell: nur C 220 d) noch Sperrdifferenzial an. Dafür passt die Komfortlenkung super, die Straßenschäden effizient filtert, wichtige Infos hingegen deutlich weitergibt. Ein Sport-ESP lässt sich im Assistenzmenü aktivieren, das sich jedoch oft als Spielverderber erweist – etwa auf einem Flickenteppich in spitzen Kurven.
BMW-DNA plus Topdiesel
Ganz anders der 330d Touring mit M-Sportpaket, der in solchen Situationen das Heck leicht raushängt, den Aufbau per Adaptivdämpfern stramm hält und sich per xDrive sicher und wuchtig rauszieht. Die Lenkung versteht sich als Berichterstatter mit Detailanspruch, lenkt aus der Mittellage spitz an, erlaubt sich vereinzelt aber auch mal etwas Synthetik im Lenkgefühl.
Der Allradantrieb setzt auf leichte Fahrbarkeit mit spürbarer BMW-Auslegung, aber trotz optionalem Sportdiff nur einem Schuss M, also weniger als etwa beim M340i xDrive. Die Hinterachse via Gaspedal kurvenauswärts zu treiben, klappt dennoch ohne große Überredungskunst.
M heißt in diesem Fall etwas weniger Nachgiebigkeit im Fahrwerk, aber hart federt der BMW nicht, Rumpelei liegt ihm fern. Allerdings rollt der Audi etwas weicher ab. Überall top sind die Sitze, im BMW sogar mit einstellbaren Lehnenwangen.
Ganz egal wo und mit welchem Tempo: Der Reihensechser liefert Freude und Komfort mit grandioser Reaktionsstärke und Elastizität sowie richtig Dampf (650 Nm, 286 PS) plus elektronisch dezent verfeinertem Klang. Die Start-Stopp-Automatik deaktivieren mangels Knopf nur der Sport-Getriebemodus oder die -Gaspedalkennlinie, die via Individualmodus mit der weichen Dämpferstellung kombiniert werden kann: Gut geht anders, aber als Behelf passt’s.
Dagegen vereint die Achtgangautomatik alle denkbaren Positiveigenschaften, sie reagiert geschmeidig, schnell und auf Schaltwippenbefehle willig – selbst bei mehreren Klicks in Folge. Als einziger im Test verrät der Digitaltacho des BMW den eingelegten Gang im D-Modus nicht.
Der 330d überragt hier nicht nur beim Handling, sondern auch mit leicht handzuhabenden Rollo- und Netzmodulen, die unter den Kofferraumboden passen. Dazu hat er eine aufschwingende Heckscheibe, ein System zur Gepäckstabilisierung und elektrische Fernentriegelungen.
Vor allem hat er als BMW das Referenz-Bedienkonzept, was auch für die Spracheingabe gilt, mit der vieles geht, was die anderen nicht können: Öltemperatur ansagen lassen, Head-up-Display steuern oder Klangeinstellungen aufrufen. Auf acht Favoritentasten können die meisten Funktionen abgelegt werden. Dazu kommen der Drehdrücker plus Direktwahltasten und eine gute Lenkradsteuerung. Ach so, Witze kennt die BMW-Lady auch: "Was ist ein Keks unter einem Baum? Ein Schattenplätzchen."
Starker A4 mit Turbosorgen
2015 kam der Avant auf den Markt, vier Jahre später umfangreich unters Messer. Gesprächiger sind die anderen, Navi-Ziele und Radiosender versteht er dennoch gut und hat im Test die beste Klimasteuerung, ein großer Bedienvorteil im Vergleich mit den Doppel-Touchscreen-Audi.
Im A4 gibt es nur einen hoch positionierten Screen mit Individualisierungsmöglichkeiten für die Direktwahlleiste und das Hauptmenü. Allerdings lassen sich manche Elemente nicht auf der ersten Menü-Ebene ablegen, wo sie eigentlich hingehören. Dafür gibt es einen kippbaren Lautstärkeregler für die Liederwahl und wie bei BMW einen Drehregler für die Cockpitbeleuchtung (Mercedes: sieben Bedienschritte am Touchscreen). Zudem hat der A4 die leichteste Spurhalterbedienung per Taste am Blinkerhebel, aber leider keinen Dreh- drücker.
So weit, so anständig. Nur, wie sieht es mit dem V6-Diesel aus, der im A6 50 TDI mit enormer Anfahrschwäche auffiel? Hier spricht er erheblich besser an, bleibt aber so zögerlich, dass man von der schnellsten Start-Stopp-Automatik hier nicht profitiert. Besser klappt es, wenn du leicht Gas anlegst, dem Turbo so auf die Sprünge hilfst und dann berechenbar Leistung abrufen kannst.
Die Reaktionsstärke der Konkurrenten erreicht der Audi aber nicht ansatzweise, schon gar nicht die des BMW. Per manueller Launch Control liefert er dafür Top-Beschleunigungswerte, und auf der Autobahn fallen die Defizite kaum ins Gewicht. Dort rennt er sogar bis zu 267 (3 km/h Tachoabweichung bei 180). Wie alle hier bremst er heftig, auch die optionale Sportlenkung arbeitet ordentlich.
Über Land drückt der V6 den Fahrspaß ebenso, weil es selbst bei hohen Drehzahlen am Kurvenausgang nie sofort richtig abgeht. So lässt sich das Sportdifferenzial per Gaspedal kaum auskosten, obwohl es in forsch gefahrenen Kurven mit dem adaptiven Sportfahrwerk durchaus Fahrspaß bereitet. Das geschmeidigste Getriebe der Gruppe verweigert häufig Runterschaltbefehle oder setzt sie verzögert um. Abseits der Sportfahrerei hat das keine Auswirkung, zudem klappt das Zwischenbeschleunigen auf "D" besser als im A6, weil die Achtgangautomatik dafür nicht zwei Gänge nach unten schaltet.
Im Alltag überzeugt das Audi-Matrixlicht mit zuverlässigem Adaptiv-Dauerfernlicht und Dimmfunktion für Schilder. Der Mercedes wirft in Baustellen zusätzlich ein Baggerbild und anschließend ein Spurlicht auf die Fahrbahn, der BMW leuchtet mit Lasertechnik in die Ferne.
Beides vermisst man im A4 weniger als ein zusätzliches Fach unter dem Ladeboden, denn dort wohnt die 48-Volt-Hardware. Außerdem geht es im Fond etwas enger zu. Fernentriegelung, Sonnenschutzrollos und eine elektrisch betätigte Ladeabdeckung hat er hingegen.
Wer überwiegend Autobahn fährt, kann also durchaus zum Audi greifen. Doch wer sich auf Probefahrten ein umfassendes Bild macht, wird in der starken Dieselklasse viel eher den BMW oder Mercedes wählen.
Audi A4 Avant 50 TDI Quattro Advanced | BMW 330d Touring xDrive M Sport | Mercedes C 300 d T | |
Grundpreis | 56.400 € | 62.500 € | 64.671 € |
Außenmaße | 4762 x 1847 x 1435 mm | 4709 x 1827 x 1445 mm | 4793 x 1820 x 1462 mm |
Kofferraumvolumen | 495 bis 1495 l | 500 bis 1510 l | 490 bis 1510 l |
Hubraum / Motor | 2967 cm³ / 6-Zylinder | 2993 cm³ / 6-Zylinder | 1993 cm³ / 4-Zylinder |
Leistung | 210 kW / 286 PS bei 3500 U/min | 210 kW / 286 PS bei 4000 U/min | 195 kW / 265 PS bei 4200 U/min |
Höchstgeschwindigkeit | 250 km/h | 250 km/h | 250 km/h |
0-100 km/h | 5,7 s | 5,3 s | 6,1 s |
Verbrauch | 4,8 l/100 km | ||
Testverbrauch | 7,8 l/100 km | 7,2 l/100 km | 6,9 l/100 km |