Audi A6, Jaguar XF und Mercedes E 400: Business-Class mit V6-Power

Audi A6 3.0 TFSI, Jaguar XF 3.0 V6 und Mercedes E 400
Business-Class mit V6-Benziner-Power

Jaguar und Mercedes spendieren ihren Oberklasse-Modellen neue V6-Benziner, der A6 hält mit dem bekannten Kompressor-Triebwerk dagegen. Vielleicht liefern sie alle drei genug Gründe, auf den populären Diesel zu verzichten.

Audi A6 3.0 TFSI, Jaguar XF 3.0 V6, Mercedes E 400, Frontansicht
Foto: Dino Eisele

Stopp! Nicht weiterklicken! Bloß, weil hier gerade einmal nicht die ach so populären Diesel-Kombis oder SUV durchs Bild fahren? Also bitte. Willkommen im automobilen Oberhaus: edel ausgestattete Limousinen von Audi, Jaguar und Mercedes, deren aufgeladene Sechszylinder weit mehr als 300 PS leisten – also wenn das kein Grund zum Weiterlesen ist.

Abgesehen davon findet unter der Haube des Jaguar eine kleine Revolution statt. Ebenso radikal, wie sich die Briten 2007 mit dem Jaguar XF vom traditionellen Design verabschiedeten, verrenten sie nun ihren Fünfliter-V8-Sauger. Ein Kompressor-V6 soll stattdessen den gestiegenen Effizienz-Ansprüchen gerecht werden, unterstützt von einer Achtstufen-Automatik. Doch wie immer beginnt die große Jaguar XF-Show mit den säuselnd um sich selbst drehenden Lüftungsdüsen und dem aus der Versenkung surrenden Drehregler für das Getriebe – auch deshalb unterschreibt mancher Interessent den Kaufvertrag für den Jaguar XF.

Jaguar XF mit wenig Gewicht und wenig Durchzug

Ihn stört es auch nicht, dass die individuelle Formensprache das Raumangebot des Jaguar XF einschränkt und dass sich die Innenausstatter bezüglich Dimensionierung, Ausformung und Polsterung der Jaguar XF-Möbel gerne mal beim Wettbewerb umsehen könnten. Gleiches gilt für ihre Kollegen aus der Infotainment-Abteilung, denn jedes 99-Euro-Nachrüst-Navi arbeitet flexibler bei besserer Kartendarstellung. Also lieber schnell den Startknopf im Jaguar XF ganz durchdrücken.

Vom großen Achtzylinder sei das neue Triebwerk abgeleitet, schwärmt Jaguar, und das hört man – nämlich fast nichts. Dabei sägten die Ingenieure nicht etwa nur zwei Zylinder ab, nein, auch Bohrung und Hub wurden für den Jaguar XF deutlich verkleinert.

Markentypisch dopt ein Kompressor den Dreiliter-V6, der sein maximales Drehmoment von 450 Newtonmeter aber nicht vor 3.500/min preisgeben möchte. Dennoch überrascht es ein wenig, dass der Jaguar XF bei der Beschleunigung in diesem Trio die rote Laterne trägt – wo er doch mit 1.827 Kilogramm entscheidend weniger wiegt als Audi und Mercedes.

Dem Jaguar XF-Aggregat fehlt sowohl das extra Pfund an Durchzug als auch der Wille, Leistung über Drehzahl zu erzeugen. Da hilft selbst das Getriebe nicht, denn die Applikation erscheint nicht besonders gelungen. Selten agierte der ZF-Automat so unentschlossen wie in diesem Jaguar XF, zudem überspringt er selbst bei expliziter Leistungsabfrage kaum Gänge. Und dafür musste der V8 dran glauben? Schließlich wird der neue Motor sicher nicht auf dem Altar aller Minimalverbrauchsjünger aufgebahrt – mit 13,1 L/100 km genehmigt sich der Jaguar XF zu viel.

Mercedes glänzt mit sparsamem Biturbo

Der Mercedes beispielsweise kommt mit 11,5 L/100 km aus – und das bei den besten Fahrleistungen im Vergleich. Sein kurzhubig ausgelegtes Triebwerk holt bereits bei 1.400/min zum rechten Haken aus, dann liegen bereits 480 Nm an – woran auch die subjektive Beschleunigung keinen Zweifel lässt. So wütend wie im E 400 fühlt sich der Schub weder im Audi noch im Jaguar XF an. In 5,6 Sekunden hakt der Mercedes den Standardsprint ab, knurrt dabei, als habe ihm jemand die Maultaschen versalzen, und pfeift herausfordernd wie ein Sportwagen mit den beiden Ladern (1,8 bar Ladedruck).

Wann gab es das zuletzt in einem Mercedes ohne AMG-Bapperl? Eben. Und genau deswegen wirkt der V6 fast ein bisschen so, als habe er sich beim Griff in den Kleiderschrank geirrt, zumal der Direkteinspritzer im Fach Laufkultur gerne noch etwas Nachhilfe nehmen dürfte, um seine Vibrationen besser in den Griff zu bekommen.

Entspannte Mercedes E-Klasse

Denn ansonsten fährt der über 1,9 Tonnen schwere E 400 unbedingt komfortabel, federt gelassen über Unebenheiten aller Art hinweg, und was das Fahrwerk nicht schafft, verpufft in den bequem gepolsterten Sitzen. Erst bei voller Beladung gerät die Abstimmung an ihre Grenzen, kann sich dann nicht mehr von der des Audi absetzen.

Sonstige Grenzen? Das Handling, ganz klar. Trotz vermeintlich sportlicher Avantgarde-Ausstattung schubbert der Mercedes früh über die Vorderräder, wankt dabei gemütlich – ein sicheres Fahrverhalten, was aufgrund seiner Berechenbarkeit großes Vertrauen schafft.

Lastwechselreaktion? Last ... was? Und die Lenkung arbeitet angenehm linear und stoßfrei. Da passt die Siebengang-Automatik prima ins Bild. Sie erlaubt zwar manuelle Eingriffe über die Schaltpaddel, toleriert sie aber nur kurzzeitig. Wer das Getriebe sich selbst überlässt, ahnt warum, denn es wechselt die Übersetzungen sanft und stets passend. Trotz allem Komfort gelingt es dem Mercedes übrigens, den Jaguar auf – minimalem – Abstand zu halten. Deutlich größer dagegen: der Vorsprung beim Platzangebot und der Sicherheitsausstattung.

Allradantrieb verhilft dem Audi A6 zu Agilität

Der A6 legt von beidem noch eine Schippe zusätzlich drauf. Mehr noch: Seine großen Rundinstrumente lassen sich hervorragend ablesen, und sowohl das dazwischen liegende, große Display als auch der versenkbare Bordmonitor bieten eine brillante Auflösung. Allein damit identifiziert sich der Audi als das modernste, weil jüngste Mitglied dieses Oberklasse-Trios. Doch es geht noch weiter: Seine teuren Optionssitze bieten vielfältigste Einstellmöglichkeiten, bei etwas abstruser Bedienung allerdings. Komfort und Seitenhalt überbieten weder E-Klasse noch Jaguar XF, und über Seitenhalt freut sich der A6-Fahrer doch sehr. Warum? Geduld bitte.

Als 3.0 TFSI tritt der Audi mit Allradantrieb an, aufgerüstet mit dem optionalen Sportdifferenzial, das die Antriebskraft zwischen den Hinterrädern aktiv verteilt. Zusammen mit dem luftfedernden und adaptiv dämpfenden Fahrwerk sowie den 19-Zoll-Rädern verhilft das der Limousine zu einer Agilität, nach der sich vermeintlich dynamische Vertreter aus der kleineren und leichteren Mittelklasse ziemlich strecken müssen. Etwa auf Kosten des Federungskomforts? Ein bisschen schon, denn speziell kurze Bodenwellen bekommen die Insassen mit freundlichen Grüßen von den großen Rädern deutlicher zu spüren als im Mercedes.

Gleiches gilt für die Schaltvorgänge, da das Doppelkupplungsgetriebe kein Geheimnis daraus macht, wenn es die sieben Gänge selbst sortiert. Das geschieht allerdings sehr fix, und wenn der Fahrer selbst den Befehl erteilt, erfolgt die Reaktion ebenso unmittelbar. Dem vergleichsweise kultivierten Kompressor-V6 mangelt es dagegen etwas an Spontaneität, ein bisschen lustlos wirkt er gar, doch mit der geschickt gewählten Getriebeabstufung schafft der Audi sehr gute Fahrleistungen bei akzeptablen Verbrauchswerten.

Beim E 400 und beim A6 kommt daher nicht wirklich der Wunsch nach einem Diesel auf, beim günstigen Jaguar XF dagegen schon eher – zumal der großartige 275-PS-Selbstzünder nur 1.000 Euro mehr kostet. Eine Erkenntnis also, für die es sich durchaus gelohnt hat, nicht einfach weiterzuklicken. Oder?

Technische Daten
Audi A6 3.0 TFSI Quattro Mercedes E 400 AvantgardeJaguar XF 3.0 V6
Grundpreis52.850 €58.542 €52.900 €
Außenmaße4915 x 1874 x 1455 mm4879 x 1854 x 1474 mm4961 x 1877 x 1460 mm
Kofferraumvolumen530 bis 995 l540 l540 bis 963 l
Hubraum / Motor2995 cm³ / 6-Zylinder2996 cm³ / 6-Zylinder2995 cm³ / 6-Zylinder
Leistung228 kW / 310 PS bei 5500 U/min245 kW / 333 PS bei 5500 U/min250 kW / 340 PS bei 6500 U/min
Höchstgeschwindigkeit250 km/h250 km/h250 km/h
0-100 km/h5,8 s5,6 s6,5 s
Verbrauch8,2 l/100 km7,5 l/100 km9,3 l/100 km
Testverbrauch12,3 l/100 km11,5 l/100 km13,1 l/100 km