Als BMW-Enthusiast haben Sie gerade runtergescrollt und das Ergebnis über der Datentabelle registriert. Daraufhin haben Sie in gerechtem Zorn den Initial-Post zum Start eines Shitstorms registriert formuliert – schicken Sie ihn noch nicht ab. Warten Sie bis ans Ende des Textes, möglicherweise senkt sich Ihr Bluthochdruck wieder, weil Sie verstehen: Hier vergleichen wir zwei völlig unterschiedliche automobile Delikatessen, zwei edle Traumwagen, grundlegend verschieden interpretiert: den Audi A7 Sportback und das BMW 8er Gran Coupé.
Was an ihnen so unterschiedlich sein soll, zumal 55 TFSI Quattro und 840i xDrive als Allradler mit aufgeladenen Sechszylinder-Benzinern an den Start gehen? Es ist zum einen das Konzept: Gegen den Praxisnutzen des Fließheck-Audis samt großer Heckklappe und deutlich mehr Laderaum kann der limousinenartige BMW nach Punkten nur den Kürzeren ziehen. Das schlägt sich im Karosseriekapitel nieder.
Die tragende Rolle spielt jedoch der eklatante Preisunterschied der beiden Testwagen; er entscheidet die Kostenwertung – und damit letztendlich den Vergleichstest. Falls Sie nun unwirsch entgegnen, dass Ihnen Kosten und Kofferraum egal seien, dann ignorieren Sie am besten den ersten und letzten Block der Punktewertung.
Wobei, das darf man nicht kleinreden, der hohe Preisunterschied einfach Fakt ist. Und er wird noch höher, weil BMW dem Testwagen mit allerlei Optionen zur optimalen Performance verhelfen will.
Alles wird eingerechnet
So steht der 840i xDrive mit seiner Sportbremse als Teil des M-Technik-Pakets für 3.800 Euro auf der Teststrecke nach 34,3 Metern aus Tempo 100. Hervorragend. Doch der A7 55 TFSI Quattro kann es sogar noch besser, braucht für die gleiche Prüfung 1,3 Meter weniger. Und der Unterschied vergrößert sich aus 130 km/h bei kalter Bremsanlage auf fast drei Meter. Allerdings gleicht das Gran Coupé mit seiner umfangreicheren Sicherheitsausstattung das entsprechende Kapitel nahezu wieder aus. Anders übrigens beim Wendekreis: Dank seiner mitlenkenden Hinterachse benötigt der Sportback zum Wenden deutlich weniger Platz – wenn einem das 1.900 Euro wert ist.
Warum wir hier so dezidiert die Optionen aufführen? Weil alle, die im Vergleichstest bewertet werden – etwa bei der Fahrdynamik –, bei der Berechnung des Preises im Kostenkapitel einfließen. Mittlerweile gehört etwa auch die Sitzverstellung dazu; wir bewerten sie im Unterpunkt Bedienung. Und da erlaubt sich Audi beim Konfigurieren eine Kuriosität: Die Ledersessel wollen manuell eingerichtet werden. Spart Gewicht, jaja, verbilligt den Testwagenpreis, schon klar, wirkt in dieser exquisiten Klasse aber, nun äh – skurril.
Kein Flachdach-7er
Abgesehen davon bietet der Audi kaum weniger Glamour als der BMW. Beide Modelle sind außen Eyecatcher und innen Luxuslounges aus Lack und Leder. Ob man die eine oder die andere lieber mag, ist reine Geschmackssache. In beiden Fällen fiel den Designern jedenfalls deutlich mehr ein, als nur einen riesigen Bildschirm hochkant ans Armaturenbrett zu heften.
Objektive Unterschiede finden sich vor allem bei den Infotainment-Systemen: Im A7 muss man vorwiegend über den Touchscreen kritzeln, was streng genommen während der Fahrt untersagt ist. Dank seines Dreh-Drück-Stellers ist der 840i xDrive deutlich ablenkungsfreier zu bedienen – das bringt ihm einige Pluspunkte im Komfortkapitel unter "Multimedia" ein.
Wer übrigens annimmt, dass es sich beim Gran Coupé einfach um die Flachdach-Variante des 7ers handelt, dringt nicht ganz zum Charakter des 8ers durch. Das viertürige Coupé schmiegt sich enger an den Fahrer, umgarnt ihn mehr, fordert ihn stärker heraus als die Luxuslimousine.
Denn eigentlich will der 840i xDrive vor allem vorsätzlich und absichtsvoll dahinströmen, was er unmissverständlich vom Chassis ins Lenkrad meldet. Beim Fahrer löst das eine Art Achtsamkeit aus: Man erspäht eine Kurvenpassage, taxiert sie, visiert sie an, lenkt konzentriert ein und zirkelt den großen Wagen voll durchs Schwarze. Fast wie beim Zen-Bogenschießen.
Das Gran Coupé nimmt Passagen geläufig statt beiläufig, pariert nicht nur, sondern involviert. Das geht deutlich über die kultivierte Gewandtheit des Sportback hinaus, zumal sich der BMW energischer in Kurven abstützt; hier helfen die entschieden haftenden Bridgestone Potenza S007 mit. Andererseits lässt sich der 8er dank hecklastig ausgelegtem Allradantrieb sogar leicht über Drehmoment lenken, so wie man das eher von Sportcoupés kennt. Auch das dürfte die Fahraktiven unter uns bis tief hinein in die Magengrube erwärmen.
Beim zügigen Fahren morpht sich der 8er kleiner, wirkt wie ein Coupé der 5er-Reihe. Wobei der A7 mit seinem distinguierten Komfort eben ein Abkömmling des A8 zu sein scheint, was viel über den unterschiedlichen Charakter aussagt.
Unterschwellig abgesoftet
Der Audi deklassiert den BMW beim Anfedern – dieser kontrolliert Karosseriebewegungen fast schon übereifrig, bindet sich sklavisch an die Tektonik der Fahrbahnoberfläche, statt in großen Schwüngen darüber hinwegzuschweben wie der Audi. Jener degradiert Bodenwellen zur Belanglosigkeit. Und er spricht trotz 20-Zöllern verbindlich an: Kanaldeckel, Querfugen, Kanten, egal, alles kommt bis auf ein unterschwelliges Niveau abgesoftet im Sitz an.
Gut, nun vergleichen wir hier das konventionelle Stahlfahrwerk des Gran Coupé mit der optionalen Luftfederung des Sportback für 2.650 Euro. Allerdings hätte BMW die Möglichkeit nutzen können, die adaptiven Dämpfer stärker Richtung Komfort zu spreizen – hat sich aber für eine nachdrückliche Lösung entschieden und kombiniert sie im Testwagen mit der Wankstabilisierung für 2.583 Euro sowie dem M Technik Sportpaket. In diesem enthalten sind 20-Zöller, Sportbremse und Sportdifferenzial.
Anders ausgedrückt: Diese beträchtliche Investition in Zubehör dürfte zu einem wesentlichen Teil ursächlich dafür sein, dass der große Wagen so großartig um die Ecke fährt. Begeistert Sie also die Beschreibung des Fahrverhaltens in einem Maße, dass Sie Kaufabsichten hegen, vergessen Sie nicht, die entsprechenden Häkchen im Konfigurator zu setzen.
Was es dagegen serienmäßig gibt: den Turbo-Reihensechszylinder, der zwar noch nicht über den beeindruckenden 48-Volt-Boost verfügt, dennoch begeisternd dreht – samt treffsicherer Wandlerautomatik, die allenfalls im sportlichsten Modus die niedrigen Gänge etwas lange hält. Jene des A7 gönnt sich beim Schalten den einen oder anderen Stüber, agiert andererseits beim Sortieren der Übersetzungen etwas unentschlossen – ohne dass es deshalb weniger imposant vorwärtsginge. Generell gilt für den Antrieb: Der aufgeladene V6 hält sich dezent im Hintergrund, spielt sich auch akustisch nicht unbedingt nach vorne.
Wie vornehme Zurückhaltung generell zu den Charakterzügen des A7 gehört. Das geht bis hin zur Zwiesprache mit dem Fahrer auf fordernden Strecken, wo sich die Lenkung vorbehält, nur das Wichtigste zu kommunizieren. Ohnehin scheint der Sportback wenig davon zu halten, in angespannter Betriebsamkeit durch Kurven zu stieben. Er liebt stattdessen das offene Feld, durchmisst es eilig, aber ohne Übereiltheit, geht dem Fahrer effektiv zur Hand, ohne ihn zu stimulieren, und lässt dessen Rücken viel Raum zum Rekeln. Außerdem achtet er seine Passagiere im Fond mehr, bietet ihnen im Vergleich zum BMW die bequemere Sitzbank an.
Weiterlesen oder nicht
Diese Ausrichtung auf Komfort ist ähnlich konsequent wie die Sportlichkeit des 840i xDrive. So endet die Eigenschaftswertung fast mit einem salomonischen Gleichstand. Sollten Sie im heißblütigen Zorn unseren Tipp befolgt und das erste sowie das letzte Kapitel außen vor gelassen haben, so heißt Ihr Sieger Gran Coupé. Kein Grund also, den Shitstorm anzuzetteln. Mit diesem Satz endet für Sie der Vergleichstest.
Für alle anderen hätten wir Variante zwei als Ausgang des Rennens anzubieten: Dank Punkteüberschuss schiebt sich der zwar deutlich schlechter ausgestattete, aber eben auch unverkennbar günstigere Audi auf der langen Zielgeraden am BMW vorbei.
Fazit
Der A7 beeindruckt mit geschmeidigem Federungskomfort bei gleichzeitig unaufgeregter Agilität sowie mit hohem Alltagsnutzen. Und er wirft einen niedrigeren Preis in die Waagschale.
Das Gran Coupé kapriziert sich aufs Handling und vernachlässigt damit etwas den klassentypischen Langstreckenkomfort. Der Sechszylinder bietet freudvollen Antriebsluxus.
Audi A7 Sportback 55 TFSI Quattro | BMW 840i Gran Coupé xDrive | |
Grundpreis | 72.400 € | 97.200 € |
Außenmaße | 4969 x 1908 x 1422 mm | 5082 x 1932 x 1407 mm |
Kofferraumvolumen | 535 bis 1390 l | 440 l |
Hubraum / Motor | 2995 cm³ / 6-Zylinder | 2998 cm³ / 6-Zylinder |
Leistung | 250 kW / 340 PS bei 5000 U/min | 245 kW / 333 PS bei 5500 U/min |
Höchstgeschwindigkeit | 250 km/h | 250 km/h |
0-100 km/h | 5,0 s | 5,1 s |
Verbrauch | 7,6 l/100 km | |
Testverbrauch | 10,4 l/100 km | 10,3 l/100 km |