Audi RS5 TDI Concept im Test

Audi RS5 TDI Concept im Test
Der erste richtig sportliche Diesel

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Ein E-Verdichter, zwei Turbos, 2,4 bar Ladedruck und seine bullige Agilität machen das Audi RS5 TDI Concept zum ersten richtig sportlichen Diesel. Exklusiver Test des Technikträgers.

Audi RS5 TDI Concept, Kühlergrill
Foto: Rossen Gargolov

Turbos können einem wirklich leidtun heutzutage: Da rennen sie sich schwindelig, schaufeln newtonkilometerweise Drehmoment – um am Ende dann doch wieder nur auf den Deckel zu bekommen. Für ihr verzögertes Ansprechverhalten etwa, für ihren verwaschenen Klang und für ihre Drehunlust – völlig wurst, wie ausgeprägt das eine oder andere tatsächlich ist. Ganz im Ernst: Manchmal fragt man sich, ob man sie nur erfunden hat, um ihnen vorzuhalten, dass sie kein Saugmotor geworden sind.

Grotesk nur, dass sie eben diesem Saugmotor, den sie allein aus physikalischen Gründen gar nicht erreichen können, langsam gefährlich nahe kommen. Seit einiger Zeit flicken alle, die sie einsetzen – und das sind mittlerweile einige – mit Feuereifer am Turboloch. Kleine Lader, zwei Lader, zwei unterschiedlich große Lader, drei Lader, variable Turbinengeometrie, kürzere Gaslaufwege – und so weiter.

Adi RS5 TDI mit elektrisch angetriebenem Verdichter

Ergebnis: Vom einstigen Krater zwischen Aktion und Reaktion ist vielerorts nur noch ein klitzekleiner Spalt geblieben. Ganz zunähen lässt sich der – auch wenn das Pressetexte gern mal anders sehen – bislang noch nicht. Audi kommt jetzt mit einer weiteren Lösung. Und die kombiniert man zunächst mit einem Dieselmotor – nicht aus einer technischen Notwendigkeit heraus, sondern weil sich die vermeintlichen Vorzüge damit besser veranschaulichen lassen – heißt es.

Jetzt bitte mal ein paar Zeilen lang aufpassen und auf die Theorie konzentrieren: erst learning, dann doing! Die Grundidee ist weder neu noch sonderlich weit hergeholt: Man stellt einen Lader speziell für die unteren Drehzahlbereiche ab – als Lückenfüller sozusagen. Im VW-Konzern beispielsweise tat man das bereits in Gestalt des sogenannten Twincharger, wie er bis vor Kurzem im VW Polo GTI arbeitete. Ein riemengetriebener, also völlig verzugfrei ansprechender Roots-Kompressor übernahm dort so lange die Aufladung, bis der Turbolader sein Trägheitsmoment überwunden hatte.

Dreiliter-Diesel mit 385 PS und 750 Nm

Das Audi-Prinzip arbeitet nun dreistufig: mit zwei konventionellen Ladern unterschiedlicher Geometrie und Größe auf der heißen Motorseite sowie einem Verdichter, der jedoch weder vom Abgasstrom noch vom Riementrieb, sondern – und das ist der Punkt – elektrisch angetrieben wird. Statt einer Turbine integriert er einen E-Motor, der ihn zwei Sekunden lang auf Maximaldrehzahl halten kann. Ganz wichtig fürs Verständnis: Er besorgt nicht die Aufladung als solche, sondern überbrückt lediglich die Lethargie der beiden Abgasturbos. Zu den 385 PS und 750 Nm des Dreiliter-Diesels im Audi RS5 TDI Concept leistet er also keinen Beitrag. Jedenfalls nicht direkt.

Alle noch da? Prima! Denn eine Begleiterscheinung hat die Hybridaufladung noch. Sie braucht Energie. Viel Energie, sodass das 12-Volt-Bordnetz um ein zweites mit 48 Volt Spannung ergänzt werden musste. Beide Netze laufen in der Reserveradmulde zusammen und werden im Idealfall über die Rückgewinnung von Bremsenergie gespeist. Der Knock-out für die Serienchancen des Audi RS5 TDI? Nein! Die höhere Spannung birgt – mitunter wegen der zusätzlichen Batterie – zwar Kosten- und Gewichtsnachteile, dürfte im Hinblick auf immer weiter reichende Assistenzsysteme mittelfristig aber ohnehin vonnöten sein. Im Klartext: Der electric turbo kommt. Und zwar bald.

Kriegsbemalter Audi RS5

Bis es so weit ist, steckt er im Concept-Car, in einem von aktuell zweien. Und das schaut zunächst verdächtig nach einem kriegsbemalten Audi RS5 aus – und ist im Grunde auch nichts anderes. Heißt: Permanentallrad mit Quersperre im Heck, Bremskeramik vorn und Pirelli P Zero in 20 Zoll. Erst die Akustik demaskiert die Besonderheit – zumindest wenn man auf Höhe der Schnauze steht. Dort werkelt – gut hörbar – ein V6-TDI, dessen Räuspern eine dem S Q5 entlehnte Abgasanlage im weiteren Fahrzeugverlauf aber zu einem vauachtlichen Wummern umvertont. Einhellige Meinung: leider geil.

Drinnen mischt sich dann Vertrautheit unter die ungewohnte Klangkulisse. Zwei Notfallknöpfe glimmen zusammen mit einem illuminierten Schriftzug aus dem Aschenbecher, das TDI-Logo im Drehzahlmesser ist mit der roten Sportraute signiert, ansonsten bleibt alles beim Alten: gute, wenngleich nicht sonderlich spartanische Ledersitze, abgeflachtes Lenkrad mit strammer Anbindung und als Deko die unvermeidlichen Kohlefasereinlagen, mit denen man „Leichtbau sichtbar macht“.

Nun ja: 1.860 Kilo wiegt das Audi RS5 TDI Concept, gemessene 83 mehr als sein Serienpendant mit 4,2-Liter-V8-Sauger. Noch ist das letzte Wort dazu aber noch nicht gesprochen. Laut Audi durchläuft das Concept derzeit diverse Entwicklungsprozesse. Im Klartext: Da geht noch was.

Audi RS5 TDI Concept mit bis zu 2,4 Ladedruck

Die Spannung steigt beim Anfahren – in doppelter Hinsicht. Und tatsächlich: Der TDI spritzt spontan los, spontaner als die meisten, vielleicht spontaner als jeder Diesel zuvor, aber eben nicht unmittelbar. Gut 200 Millisekunden braucht der E-Verdichter, um seine Höchstdrehzahl von 72.000/min zu erreichen – und die spürt man eben. Unterdessen setzt jedoch auch die konventionelle Aufladung ein – und mit ihr die Sensation.

Der springende Punkt: Dadurch dass sich die Abgasturbos des Audi RS5 TDI nicht mehr ums Ansprechverhalten kümmern müssen, konzentrieren sie sich voll und ganz auf das, wofür man sie einst erfunden hat. Genau: Dampf zu machen. Mit bis zu 2,4 bar – Atmosphärendruck bereits abgezogen – blasen sie im Test voran, ohne Initialzünder ergäbe sich davor ein tiefschwarzes Turboloch wie weiland im Ur-Quattro. Allermindestens. Stattdessen tobt der Audi RS5 TDi im Test derart vom Fleck, dass alle vier Räder erst mal kurz die Fassung verlieren.

Kraft ist überall: untenrum, in der Mitte sowieso, aber vor allem obenraus, wo Selbstzünder ja gern auch mal einknicken. Unter Volllast zieht das Audi RS5 TDI Concept die kleinen Gänge ohne Durchhänger bis über 5.500/min – und am Ende allem davon, was es mit Selbstzündung gab, gibt und in naher Zukunft geben wird. Denn auch auf der Strecke zahlen sich die langen Drehzahlbänder aus.

Turbo-Diesel stellt V8 in Frage

Normalerweise bewegen sich Diesel dort immer auf der Kippe zwischen Leistungsgipfel und dem Ladeluftloch danach, müssen shortshiften, um an Kraft zu gelangen. Der im Audi RS5 TDI jedoch muskelt mächtig aus engen Kurven und zerrt gallig aus weiteren – obwohl man sich drehzahlbedingt dann weit jenseits des Einsatzgebiets des E-Boosters bewegt.

Nun ist der V8 des serienmäßigen Audi RS5 bestimmt nicht das Musterbeispiel eines Saugmotors. Dass man ihn einmal wegen eines TDI infrage stellt, hätten wir aber nie gedacht. Nicht mal eine Sekunde rettet er im imaginären Vergleich über den Start-Ziel-Strich – trotz Gewichtsvorteil, trotz Mehrleistung, trotz des schärferen Getriebes und obwohl der e-TDI wegen des klammen Wetters noch ein, zwei Zehntel auf der Strecke liegen gelassen haben könnte. Halleluja.

Dennoch: Das Turboloch – Quatsch: das Turbolöchchen – hat auch diesen Test überlebt, wenn auch nur mit knapper Not. Die Vorurteile dem Diesel gegenüber erklären wir hiermit jedoch offiziell für tot.

Audi electric turbo

Wie im Serientrimm verfügt der Dreiliter-V6-TDI über zwei Abgasturbos: einen kleineren mit variabler Turbinengeometrie und einen mit größerem Querschnitt und starren Laderschaufeln. Die Innovation liegt im elektrisch über ein 48-Volt-Netz betriebenen Verdichter. Er sitzt, wo der Luftstrom am kältesten ist, nämlich unmittelbar hinter dem Ladeluftkühler des RS5 TDI, und wirkt positiv auf die beiden konventionellen Lader – sowohl direkt, indem er deren Trägheitsmoment überbrückt, als auch indirekt, da er es ermöglicht, die Biturbo-Einheit konsequent für höhere Druckzustände auszulegen. Wann er eingreift, regelt eine Software je nach Lastanforderung und Ladedruckverhältnis. Herrscht kein Bedarf, rotiert er – genau wie die beiden Lader – im Ruhepuls.

Technische Daten
Audi RS5 TDI Concept
Außenmaße4649 x 1860 x 1366 mm
Kofferraumvolumen455 l
Hubraum / Motor2967 cm³ / 6-Zylinder
Leistung283 kW / 385 PS bei 4200 U/min
Höchstgeschwindigkeit280 km/h
0-100 km/h4,6 s
Verbrauch5,7 l/100 km