Gut, dass die beiden viersitzigen Luxus-Cabrios keine Politiker sind. Penibel wären sonst ihre Titel bei einem Plagiats-Finder analysiert worden, mit dem Ergebnis, dass bei den Bezeichnungen wohl einiges nicht stimmt. Die Folgen sind sattsam bekannt: medienwirksame Degradierung und Flucht ins Ausland. Bei diesem gigantischen Sommerwetter – wer hätte das noch im Juni gedacht – wollen wir unsere beiden Open-Air-Protagonisten aber schön im Land behalten. Geflüchtet wird mit den beiden Beaus maximal aus dem Alltag.
Doch es bleibt dabei: Die Bezeichnung Mercedes E-Klasse Cabrio ist streng genommen nicht korrekt. Unter dem aufgehübschten 2013er-Blech und E-Interieur – jetzt mit edlerem Armaturenbrett – steckt die kürzere C-Klasse-Bodengruppe. Daher wird der offene E (Baureihe 207) nicht in Sindelfingen, sondern in Bremen bei seinen C-Brüdern gebaut. Was prinzipiell aber eher eine Info für automobile Pedanten ist, die die Lacknummern aller Mercedes nach dem Zweiten Weltkrieg auswendig können.
Mercedes-Fond ist enger
Außer wenn die Passagiere auf den beiden in feinem Leder ausgeschlagenen Fondsitzen des Mercedes E-Klasse Cabrios Platz nehmen. Dann überrascht die Enge im Vergleich zur Limousine. Sicher, das Stofffaltdach okkupiert Bauraum, aber etwas weniger kuschelig um die Knie wäre auch schön. Wer direkt danach in den Audi hüpft, merkt, dass es geräumiger geht. Wobei der S5 hier klug mit der weniger voluminösen Form der Sitze und dem flacher auslaufenden Handschuhfach agiert.
Dabei kümmert sich der offene Daimler ausgiebig darum, einen guten Eindruck bei seinen Hinterbänklern zu hinterlassen: Automatisch surren die Vordersitze im Mercedes E-Klasse Cabrio in bequeme Einsteigeposition, während der S5 manuelle Hilfe verlangt. Noch größer wird der Komfort-Unterschied während der Fahrt. Der Audi schiebt zwar etwas mehr Auflage unter die Oberschenkel, doch sobald der Fahrtwind stärker weht, schlägt die Stunde des Aircap im Mercedes E-Klasse Cabrio. Das sieht zwar von außen so hübsch aus wie ein Beule auf der Stirn, leitet aber ab 40 km/h die Luft geschickt über die Köpfe. Sitzriesen ausgeschlossen. Es entsteht ein Frischluftsee, in dem die Passagiere ohne orkanartige Frisurverwirbelungen entspannt baden. Der Audi bietet inzwischen optional auch einen Warmluftschal gegen einen Zug-Nacken an.
Es zeigt sich ein grundlegender Charakterunterschied der beiden Open-Air-Stars: Der Mercedes ist eindeutig als Genießer-Cabrio angelegt, das mit seinem 333 PS starken Dreiliter-Sechszylinder bei Bedarf auch sportelt. Nebenbei bemerkt ist E 400 als Bezeichnung für drei Liter Hubraum ebenso ein kleiner Etikettenschwindel. Das Audi Cabrio ist dagegen erst mal ein S5. Dynamisch, bissig und mit Sprotzel-Brabbel-Sound, kommen die Offenfahr-Fähigkeiten gefühlt erst an zweiter Stelle. Doch schauen wir tiefer in den Motorraum hinein. Dort wartet der Guttenberg von Audi.
Sparsam-ruhiger Biturbo im Mercedes E 400 Cabrio
V6 3.0 TFSI prangt in großen Lettern auf dem Motor, was übersetzt für Turbo charged fuel stratified injection, zu deutsch turbo- und schichtgeladene Einspritzung, steht. Der S5 ist jedoch mitnichten ein Turbo-, sondern ein Kompressoragreggat. Den spritsparenden Magerbetrieb (Sauerstoffüberschuss) der Schichtladung benutzt er nur bei Teillast. Etwas aus der hohen Abwärmenot des engen V-Motors geboren, sitzt dort kein heißer Turbolader im Abgasstrang, sondern ein kühler, mechanisch angetriebener Lader. Mercedes hat die riemengetriebene Art der Leistungssteigerung inzwischen aus dem Motorenprogramm verbannt, weil sie zwar exzellentes Ansprechverhalten ohne Ladersekunde verheißt, aber auch Schleppverluste. Die erhöhen den Verbrauch beim NEFZ, und vor dem kuschen die Entwickler.
Daher verwundert es nicht, dass der S5 mit 11,9 Liter pro 100 Kilometer 0,8 Liter mehr verbraucht als der exakt gleich starke Biturbo im Mercedes E-Klasse Cabrio. Der strahlgeführte Direkteinspritzer ist nicht nur das neuere Aggregat, sondern er muss mit gut 1,8 Tonnen auch rund zwei Zentner weniger schleppen als der in die Jahre gekommene Vertreter der Leichtbau-Lobbyisten aus Niederbayern. Außerdem darf seine Siebengang-Automatik aus der Fülle des 1.500/min tiefer und 40 Nm höher liegenden Drehmoments schöpfen. Was prinzipiell niedrigere und damit sparsamere Drehzahlen verheißt.
So cruist das Mercedes E 400 Cabrio mit kleiner Ansprechpause locker aus 1.400 Touren heraus, wo der Audi schon mal im kleineren Gang des Doppelkupplungsgetriebes zappelt. Das Kraftpotenzial des Mercedes E-Klasse Cabrios lauert, aber es muss nicht zwangsläufig gekitzelt werden. Dazu erklingt ein angenehmer zart kehliger V6-Bariton. Einfach ein wunderbares Aggregat, das mit seiner elastisch-lässigen Art perfekt zu einem Cabrio passt. Der Audi-V6 wirkt viel direkter, aber auch drängelnder – passionierte Sportfahrer lieben ihn dafür.
Trotz Mehrgewichts geht der Spurt von null auf 100 km/h dank seiner serienmäßigen Allradtraktion (rein mechanisches Kronenraddifferenzial) mit 5,5 Sekunden knapp an den Audi. Subjektiv fährt sich der S5 leichtfüßiger und die hinterradgetriebene Mercedes E-Klasse gepflegter. Was vor allem eine Frage der Abstimmung der beiden elektromechanischen Lenkungen ist: beim Audi etwas synthetisch und plakativ leichtgängig (in Komfort), beim Mercedes E-Klasse Cabrio perfekt passend und mit richtig dosierter Handkraft. Der Sternträger bremst auch durch die Bank etwas besser.
Mercedes E-Klasse Cabrio cruist besser
Wer einfach über Land fließen will, tut das am besten im Mercedes E-Klasse Cabrio. Das Cabriofeeling lässt sich per Aircap perfekt anpassen, die adaptive Dämpfung spricht exzellent an und saugt leicht wiegend harte Verwerfungen auf. Bei geschlossenem Akustikdach liegt das Geräuschniveau bis zu vier Dezibel (72 dB bei 160 km/h) niedriger als im Audi – da sind wenig Vollblechdächer leiser.
Der S5 wirkt etwas straffer, präziser und wankt weniger. Aber auch er spricht mit seinen optionalen adaptiven Dämpfern auf höchstem Niveau an. Beim reinen Handling liegt er subjektiv wie objektiv (Fahrdyamik-Messungen) vorne. Beim Cruisen muss er sich jedoch dem schwäbischen Cabrio geschlagen geben. Zu sehr hat dieses die genussvolle, unhektische, der Weg-ist-das-Ziel-Seite des Offenfahrens verinnerlicht.
Die Mercedes E-Klasse profiliert sich seit dem Facelift wie die Limousine als allumfassender Kümmerer. Mit ihrem Lenkassistenten beherrscht sie nicht nur teilautonomes Staufolgefahren, sondern bremst auch autonom für Fußgänger und bei brenzligen Kreuzungssituationen. Das kann der Audi nicht, besitzt er doch keine optionale Stereokamera für 3D-Sicht nach vorne. Zumindest bietet er bei geöffnetem Dach mit 320 Liter etwas mehr Kofferraumvolumen. Was am verdienten Sieg des zudem noch günstigeren Mercedes E-Klasse-Cabrios nichts mehr ändert.
Mercedes E 400 Cabrio | Audi S5 Cabrio 3.0 TFSI Quattro | |
Grundpreis | 60.869 € | 63.600 € |
Außenmaße | 4703 x 1786 x 1398 mm | 4640 x 1854 x 1380 mm |
Kofferraumvolumen | 300 bis 390 l | 320 bis 750 l |
Hubraum / Motor | 2996 cm³ / 6-Zylinder | 2995 cm³ / 6-Zylinder |
Leistung | 245 kW / 333 PS bei 5500 U/min | 245 kW / 333 PS bei 5500 U/min |
Höchstgeschwindigkeit | 250 km/h | 250 km/h |
0-100 km/h | 5,8 s | 5,5 s |
Verbrauch | 7,6 l/100 km | 8,5 l/100 km |
Testverbrauch | 11,1 l/100 km | 11,9 l/100 km |