Audi S6 und BMW 550i xDrive im Test: Sportliche Businessmen mit V8-Biturbo

Audi S6 und BMW 550i xDrive im Vergleichstest
Sportliche Businessmen mit V8-Biturbo

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Mit V8-Biturbo, 450 PS und Allradantrieb besetzen BMW 550i xDrive und Audi S6 denselben Posten, interpretieren ihn aber ganz unterschiedlich. Zwei Powerlimousinen im Vergleichstest.

Audi S6, BMW 550i xDrive, Frontansicht
Foto: Rossen Gargolov

Bestimmt erinnern Sie sich noch: Vor nicht allzu langer Zeit war der Vierliter-V8 von Audi schon mal hier – im S7 Sportback. Richtig, das war die Nummer mit dem Porsche Panamera GTS (hier geht es zum Test), von dem es zur Feier der Mehrleistung gleich mal ordentlich was auf die Mütze gab. Und zwar derart, dass es sich so mancher nur mit einer persönlichen Vorliebe des Autors für die Marke Porsche erklären konnte.

Audi S6 mit 1.952 Kilogramm Kampfgewicht

Man habe den Eindruck, hieß es in einem Leserbrief, "hier wurde ein Fiat 500 mit einem überirdischen Auto verglichen". Ganz ehrlich: In einigen Punkten kam es einem tatsächlich so vor. Drei Sekunden trennten die beiden Autos in Hockenheim - und ebenso deftige 40.000 Euro im Preis. Wobei man natürlich geteilter Meinung sein darf, wie bedeutsam das eine oder das andere in dieser Fahrzeugklasse ist.

Uns interessiert primär Ersteres - seit jeher, nomen est omen. Das Zweite ist eher Mittel zum Zweck. Und gerade bei solchen Autos hier, deren Athletik keine körperliche ist, erfordert Ertrag nun mal Einsatz: Torque-Vectoring-Systeme, Keramikbremsen, Fahrwerke - erst durch sie wird das Kraut fett. Will sagen: So ein Panamera ist nicht nur schnell und teuer, sondern vor allem auch deshalb so schnell, weil er so teuer ist.

Dieses Rennen wird demnach ein engeres sein. Sowohl - so viel sei vorweggenommen - im Zieleinlauf als auch in der Startaufstellung, wo Audi S6 und ein BMW 550i mit xDrive und Sportautomatik nur runde 2.000 Euro auseinanderstehen. Auf der einen Seite der Audi S6 im Test: prinzipiell baugleich mit dem S7, mit angesprochenem Vierliter-V8, 550 Nm Drehmoment und 1.952 Kilogramm Kampfgewicht.

Auf der anderen der BMW 550i xDrive: ebenfalls biturbogeladen, ebenfalls achtzylindrig, aber mit 0,4 Litern Hubraum, 100 Nm und 69 Kilo mehr. Kurzum: ein Duell zweier gestandener Businessmen. Fair, hochklassig, niveauvoll - möchte man meinen. Hinter der Fassade jedoch tobt ein regelrechter Kindergarten: zwischen Audi und BMW im Allgemeinen und hier im ganz Speziellen.

Aggressiver Dress für den Audi S6

Vor allem mit den Pferdestärken piesacken sich die beiden permanent: Mit 407 PS hatte der 4,4-Liter-Biturbo des BMW 550i einst angefangen, dann kam Audi mit 420 PS, ehe sich die beiden nun offiziell auf 450 PS einigten. Schiedlich, friedlich? Wo denken Sie hin! Denn mit seinen gut 330 kW liegt der BMW streng genommen eher bei 449 als bei den kommunizierten 450 PS, weswegen Ingolstadt ganz gern mal betont, dass der Audi S6 seit der Modellpflege ja über 331 kW verfügt. Nur mal am Rande: Mein Sohn ist fünf und sagt nach so einem Hickhack in der Regel "Ätschibäääätsch!"

Dabei liegt der Unterschied ohnehin gar nicht in der Leistung, sondern in der jeweiligen Ausrichtung – und im Auftreten, das daraus resultiert. BMW versteht den 550i eher konservativ: Typ Geschäftsführer, Einreiher, Schlips, etwas untersetzt vielleicht, durchaus selbstbewusst und souverän, aber mit Respektabstand zur M GmbH. Ganz anders der Audi S6. Als zweitstärkster V8 der A6 -Baureihe bekleidet er grundsätzlich zwar dieselbe Stellung, lebt sie aber sichtlich offensiver aus: aggressiver Dress, unmissverständliche Aussprache und wesentlich mehr Härte im Umgang mit anderen und sich selbst. Motto: Tschakka statt Schalala.

Und das zieht der Audi S6 eiskalt durch. Auch im Innenraum: Rautensteppsitze, Alcantara-Dachhimmel, Lochleder-Lenkrad, Einlagen aus Carbon und Kontrastnähte in Mondsilber, besser als Hellgrau bekannt. Alles wirkt modern, schick, lädt letztlich aber eher zum Fahren als zum Verweilen ein. Kaum hinterm Steuer des Audi S6, tastest du wie ferngesteuert nach der Starttaste und willst los. Gurt vorfummeln, runter vom Hof, um dir den Tag erst mal so richtig aus den Knochen zu fahren.

Vollanimierte Instrumente stören im BMW 550i

Im BMW 550 i xDrive verläuft Stressbewältigung genau entgegengesetzt. Er ist weniger Fluchtwagen als Ruhepol. Sacht schmatzt die Tür per Soft-Close ins Schloss – schon ist man raus aus der Hektik. Und da sitzt man dann, abgeschottet durch Heckrollo und Akustikglas, und zupft an den Schiebereglern der Zig-Wege-Sitze herum, ehe der V8 mit einem zarten Knurren im Test zum Dienst antritt. Gasannahme, Kraftentfaltung, Schalttaktik – alles harmoniert perfekt im BMW 550i xDrive, wirkt sämig, entschleunigt restlos und reißt trotzdem mit.

Bis Viertelgas ruht der Motor als stille Reserve in der Hinterhand, bei Kickdown schnellt er ansatzlos empor und überschüttet alles um sich herum mit Drehmoment. Üppige 650 Nm strömen fortan ins Allradsystem. Lang anhaltend und ebenso soft wie feist. Tipp: Bestellen Sie den BMW 550i ohne Typenemblem, dann erregt er kaum Aufsehen, die Gemüter dafür umso mehr.

Doch selbst wenn man so dahinströmt - Hemdsärmel aufgeknöpft, Easy Listening aus der B & O-Anlage, Tacho auf Anschlag -, mag sich Glückseligkeit nicht ganz einstellen. Vor allem stören die vollanimierten, gottlob optionalen Instrumente. Sie passen weder zum Cockpit-Ambiente mit Klavierlack, Zimtbraun-Leder und Applikationen aus Keramik noch zur Auffassung der traditionsverliebten BMW-Klientel, die bis heute an der Digitalisierung der Verbrauchsanzeige zu knabbern hat.

Audi S6 dynamischer und direkter

Außerdem quält man sich als Autor dieser Geschichte permanent mit dem Gedanken herum, wie man einem wahrhaftigen Alleskönner beibringen soll, dass er hier nicht gewinnen kann. Machen wir's kurz, weil es schmerzlos nicht gehen wird: Der BMW 550i xDrive mag ein herausragendes Auto sein, ein schnelles dazu und kein wirklich behäbiges, dennoch liegt der Audi S6 im Test in allen Belangen vorn. Zumindest in allen, die hier eine Rolle spielen. Nomen est omen - Sie wissen ja.

Im Prinzip ist es dieselbe Geschichte wie vor zwei Monaten zwischen Panamera und S7. Wie damals macht der Zweitplatzierte für sich genommen eigentlich gar nichts falsch. Und wie damals werden die grundsätzlichen Unterschiede in der Fahrdynamik erst durch die Performance-Extras groß. Zwei Dinge sind elementar für die Dominanz des Audi S6: erstens die Dynamiklenkung und zweitens das Sportdifferenzial, das die variable Kraftverteilung des Allradantriebs um eine radselektive entlang der Hinterachse ergänzt.

Stehen beide Systeme auf "Comfort", reduziert sich der Vorsprung des Audi S6 noch weitgehend aufs Feeling - auf die straffere Gesamtabstimmung und die intensivere, wenngleich nicht sonderlich gefühlsechte Rückmeldung. Schaltet man auf "Dynamic", löst der Audi S6 im Test ein, was seine Ausstrahlung verspricht: Ausspielen lassen sich die fast zwei Tonnen Leergewicht und ihre kopflastige Verteilung zwar nur bis zu einem gewissen Punkt, im Vergleich zum BMW 550i xDrive hechtet der Audi jedoch nicht nur weitaus elanvoller ins Eck, sondern baut im Kurvenverlauf auch deutlich mehr Körperspannung auf. Mit anderen Worten: Der Audi nimmt Kurven, der BMW bringt sie hinter sich.

BMW 550i xDrive in 1.16,8 min auf dem Kleinen Kurs

Das Paradoxe am BMW 550i xDrive: Wie im normalen Leben, wo einem die beiläufige Kraftentfaltung schon mal unbemerkt ein, zwei Dutzend km/h unterjubelt, fühlt sich auch die schnelle Runde in ihrer Entstehung gedämpfter an, als sie faktisch ist. Einlullend wirkt in erster Linie die Lenkung – oder besser gesagt ihre völlig indirekte Übersetzung. Im Gegensatz zum Audi S6, den man gewissermaßen aus dem Handgelenk in Kurven zupft, kommt man sich im BMW 550i bisweilen wie beim Blättern einer aufgefalteten Tageszeitung vor.

Tun Sie mal so, als ob, dann verstehen Sie, was ich meine. Um auf den Punkt zu kommen: Gemessen am pomadigen Einlenkverhalten, am Hang zum Untersteuern und an den rollwiderstandsoptimierten Michelin ist die 1.16,8 auf dem Kleinen Kurs mehr als anständig für den BMW 550i. Zumal – berechtigter Einwand – der Wagen keineswegs in M-Montur in den Ring gestiegen ist. Allerdings bietet BMW für den 550i so viel fahrdynamisch Relevantes auch nicht an. Mischbereifung und 19-Zöller waren montiert, blieben nur die spitzere Integral-Hinterachslenkung und das M-Sportfahrwerk. Ersteres erübrigt der Allradantrieb; und Letzteres hätte – optimistisch gerechnet – vielleicht eine halbe Sekunde gebracht, sodass der Audi S6 mit seinen 1.15,2 so oder so recht ungefährdet im Test siegt.

Mehr noch: Nach Punkten gelingt Audi durch ihn sogar die Revanche für das vermurkste Auftaktspiel gegen den Panamera GTS. Auf der Strecke kann er den Porsche zwar nicht angreifen, jedoch bringt er sich mit seinem – im Vergleich zum S7 – fokussierteren Kurvenverhalten in den Dynamikdisziplinen nun nah genug ran, um sich übers Preiskapitel vorbeizuquetschen. Dabei zählt der Audi S6 nicht zu den Karrieregeilen, die Erfolg über alles stellen. Im Gegenteil: Er weiß, wie man Performance auch in lockerer Atmosphäre rüberbringt, röhrt, rockt und poltert wunderbar ungeniert durch die optionale Sportabgasanlage und lässt einen trotz der bauschigen Aufladung noch den Rhythmus der Kolben spüren.

Die Vorliebe des Autors dürfte sich damit jeder ausmalen können, obwohl sie wie schon beim kolportierten Techtelmechtel mit dem Panamera keine persönliche, sondern eine von Berufs wegen ist.

Technische Daten
BMW 550i xDrive Luxury LineAudi S6 4.0 TFSI Quattro
Grundpreis77.100 €77.650 €
Außenmaße4907 x 1860 x 1475 mm4931 x 1874 x 1468 mm
Kofferraumvolumen520 l530 bis 995 l
Hubraum / Motor4395 cm³ / 8-Zylinder3993 cm³ / 8-Zylinder
Leistung330 kW / 450 PS bei 5500 U/min331 kW / 450 PS bei 5800 U/min
Höchstgeschwindigkeit250 km/h250 km/h
0-100 km/h4,6 s4,4 s
Verbrauch9,3 l/100 km9,2 l/100 km