Was war das für ein Hallo damals, 1998, als Audi den TT wie Kai aus der Kiste holte. Wie ein Pin-up stand er in einer noch ziemlich biederen Modellfamilie, war gewagt, anders und – wegen seiner heiklen Aerodynamik – sogar aufsehenerregender als gewollt. Doch das ist längst Geschichte – mit allen Vor- und Nachteilen, die es mit sich bringt.
Audi TT eine Design-Ikone
Einerseits darf man – Abrisskante und ESP sei Dank – mittlerweile auch in schnellen Autobahnkurven vom Gas gehen, ohne gleich Heck voraus in die Planken zu zwirbeln. Andererseits fehlt seit der zweiten Generation ein bisschen der Wow-Effekt. Woran das liegt? Sind Audi die Ideen ausgegangen? Oder hat sie der Mut verlassen? Weder noch! Denn im Gegensatz zu all den regulären A-Modellen, denen für die anhaltende Eintönigkeit jetzt so langsam mal die Alibis ausgehen, versteht sich der Audi TT als Design-Ikone, an deren rotem Faden immer nur ganz behutsam gezupft werden darf. Im Klartext: Das Styling steht unter Denkmalschutz, im Prinzip wie beim 911, den Porsche ja auch nicht einfach ummodeln darf – zumindest nicht ohne dass sie ihnen danach die Werkshallen einreißen.
Dementsprechend ging es für den neuen Audi TT auch diesmal eher im Schongang durch die Zeitmaschine. Die Ringe finden sich – wie künftig bei allen Audi-Sportwagen – oberhalb des neuen Sechskantgrills wieder, der Radstand wurde um 37 Millimeter gestreckt, die LEDScheinwerfer wurden dramatisiert.
Ansonsten könnte der Neue – vor allem von schräg hinten – auch sein eigener Vorgänger sein. Die Revolution jedenfalls tobt – einmal mehr – unterhalb der Spaceframe-Karosserie aus Aluminium und Hochfeststahl. Eckpunkte: höhere Steifigkeit, mehr Leistung für jede der drei Motorisierungen und – damit die Sensationslust nicht völlig unbefriedigt bleibt – ein komplett neu sortierter Innenraum mit voll aufgedrehter Zukunftsmusik.
Digitalisierung mit Verstand im neuen Audi TT
Nun mag man über die Digitalisierung von Instrumenten ja geteilter Meinung sein. In der Radikalität, mit der sie Audi im neuen TT praktiziert, ergibt sie jedoch endlich Sinn. Denn statt wie manch anderer namhafte Konkurrent einfach nur Runduhren samt Chromrändern zu animieren, packt sich der Audi TT gleich das komplette Infotainment in den Instrumentenschacht.
Navi, Audio, Fahrdynamik-Systeme, Connect-Content – alles ist in einer Reiterstruktur direkt im Blickfeld des Fahrers abgelegt und steuert sich entweder an den Lenkradspeichen, lingual, über Gesten am Touchpad oder – ganz altmodisch – mit dem Zentralrad auf der Mittelkonsole. Klingt kompliziert, zugegeben, klappt mit ein bisschen MMI-Erfahrung aber recht fix. Dennoch: Die eigentliche Innovation ist die Bedienung der Klimaautomatik im Audi TT.
Deren Funktionen verteilen sich nun über kleine, dreh- und drückbare Displays inmitten der fünf Ausströmerdüsen und lassen sich so quasi direkt dort bedienen, wo sie passieren. Ein konventionelles Bedienpult ist im Audi TT dadurch obsolet, was zusammen mit dem Wegfall des Bildschirms einen wunderbar flachen Armaturenträger ergibt.
Neuer Audi TT nicht leichter
Und auch das Fahrverhalten des Audi TT wirkt auf Anhieb luftiger. Ursache? Vermeintlich die intensivierten Leichtbaubemühungen. Von wegen! Auf 45 bis 50 Kilogramm beziffert Audi die Einsparungen gegenüber der Vorgängergeneration. Tatsächlich rangiert der Neue nun aber sogar leicht oberhalb des gleichfalls frontgetriebenen Supertest-Kandidaten von vor acht Jahren (vgl. sport auto 2/2007). Trotz vergleichbarer Ausstattung, wohlgemerkt. Auch in der angeblich ausgewogeneren Balance liegt das Geheimnis nicht. 60,4 Prozent der 1.339 Kilo lasten auf der Vorderachse – auf die Nachkommastelle genauso viel wie einst.
Mit Fingerspitzengefühl fahren muss man also nach wie vor. Mit dem Unterschied, dass sich der Audi TT nun eher nach Seidenhandschuh als nach Fäustling anfühlt. Porentief ist der Fahrbahnkontakt der serienmäßigen Progressivlenkung (variable Übersetzung, variable Festigkeit) im Test zwar noch immer nicht, Aktion und Reaktion verzahnen sich deutlich inniger.
Geheimwaffen à la Wanktilgung setzt Audi keine ein. Und doch schießt man dem Vorgänger auf der Rennstrecke gnadenlos davon. Mit 1.17,5 Minuten ringt der Basis-TT inzwischen durch Hockenheim – 1,4 Sekunden schneller als die 200-PS-Fassung seinerzeit. Spurensuche: Das Gewicht und dessen Verteilung scheiden als Gründe aus, das straffe Fahrwerk alleine ebenso – zumal der aktuelle Testwagen sogar auf die Adaptivdämpfer mit schärferer Sportabstimmung verzichtet.
Audi TT klammert sich an Ideallinie
Die Reifen? Guter Punkt! Audi stülpt den 19-Zöllern nach Werksvorgaben abgeschmeckte Hankooks über, was schon bei der Präsentation die eine oder andere Stirn zum Runzeln brachte. Im Endeffekt pappen die koreanischen 245er aber tadellos, wenngleich sie angesichts der über jeden Zweifel erhabenen Michelin Pilot Supersport des damaligen Supertestwagens sicherlich nicht imstande sind, einen derartigen Vorsprung rauszufahren.
Stark tatverdächtig ist hingegen das Handling insgesamt. Audi TT Nummer drei wirkt wie ein Aspirin auf frühere Fronttrieb-Traumata. Statt beim Einlenken kopfüber von der Ideallinie zu taumeln, huscht er ihr nun leichtfüßig hinterher, hüftelt beim Abwinkeln willig mit, klammert sich länger an ihr fest und lässt sich nicht gleich abschütteln, wenn sie mal einen Haken schlägt. Kurvenausgangs versandet der Elan jedoch im ESP.
Auch im Off-Modus bleibt es hintergründig aktiv, hilft mit minimalen Bremsimpulsen einerseits zwar, die Vorderräder auf Grip zu halten, drosselt andererseits aber so lange die Motorkraft, bis die Lenkung wieder geöffnet ist. Die defensive Taktik fruchtet, keine Frage, Wunder bewirkt sie nicht – sodass sich am Ende vor allem der Motor für die schnellere Rundenzeit verantworten muss.
Der Motor macht das Kraut fett
230 PS legt der Zweiliter-Direkteinspritzer der Motorengeneration EA888 zwischen 4.500 und 6.200/min auf – 30 mehr als der gleich große EA113 des indirekten Vorgängers. Doch es ist nicht die Leistung, die den Unterschied macht, es ist das Drehmoment. Mit zähflüssigen 280 Newtonmetern pumpte der Alte noch durch Hockenheim, jetzt schaufelt der Lader deren 370 herbei – früher, spontaner, fluffiger und 2.700 Touren weit.
Entsprechend kraftvoll klimmt sich der Audi TT an seinen Gängen empor, erreicht vor der Nordkurve stolze 176 km/h statt wie damals nur 168 und unterstreicht auch im Sprint – mit beinahe sechs Sekunden Vorsprung bis 200 km/h – überaus eindrucksvoll, dass er sich von seiner Vergangenheit nicht mehr einholen lässt – außer im Styling natürlich.
Audi TT Coupé 2.0 TFSI | |
Grundpreis | 37.150 € |
Außenmaße | 4177 x 1832 x 1353 mm |
Kofferraumvolumen | 305 bis 712 l |
Hubraum / Motor | 1984 cm³ / 4-Zylinder |
Leistung | 169 kW / 230 PS bei 4500 U/min |
Höchstgeschwindigkeit | 250 km/h |
0-100 km/h | 6,2 s |
Verbrauch | 5,9 l/100 km |