Nur achtzehn Monate nachdem die Selandia als erstes dieselbetriebenes Hochseeschiff ihre Jungfernfahrt absolviert hatte, beendete eine andere Schifffahrt auf mysteriöse Weise das Leben des Erfinders Rudolf Diesel. Auf dem Ärmelkanal von Antwerpen nach Harwich verschwand er spurlos. Ob es sich um einen Unfall oder Suizid handelte, ist bis heute ungeklärt.
Ähnlich plötzlich fielen die Verkaufszahlen für Dieselmodelle nach dem Abgas-Skandal. Trotz neuer, effektiverer Abgasreinigungstechniken drängt es den Diesel zusehends in die Nische, auch wenn seine zumindest im Verbrennerkontext hohe Effizienz weiterhin gegenüber den CO2-intensiveren Benzinern beim Sparen von Emissionen helfen könnte. Schließlich erlebten Benziner mit der Reduzierung der Elektromobilitäts-Förderung auch ein kleines Revival.
Und so ein Dieselmotor passt ziemlich gut zu einem Kompaktmodell wie der A-Klasse , die sich im Test mit ihren niedrigen Verbräuchen auch gleich den schwäbischen Sparfuchs in Gold abholt. Frisch geliftet im Manufaktur-Lack Patagonienrot steht sie da und empfängt dich im Innenraum erst mal mit gähnender Leere.
Erschwerte Bedienungen
Denn im Zuge des Facelifts strich Mercedes seiner kleinsten Baureihe das Touchpad mit umliegenden Direktwahltasten für Navigation, Medien und Co. Stattdessen: eine flache Ablage, für die ein passendes darin abzulegendes Utensil wohl noch erfunden werden muss. Schließlich hat die A-Klasse bereits eine induktive Ladeschale. Dementsprechend leidet die Intuitivität der Bedienung.
Der Bedienweg für den Wechsel von der Navikarte in die Fahrzeugeinstellungen oder das Medienmenü längt sich deutlich, da man stets nach rechts und links von Menüpunkt zu Menüpunkt wischen muss. Im Gegensatz zum neueren System in C-Klasse und Co. wirkt das A-Klasse-Infotainment nicht sehr geeignet für die vollständige Touchbedienung ohne ergänzende haptische Bedienelemente. Immerhin helfen Shortcuts und die hervorragende Sprachsteuerung bei einigen Einstellungen.
Auch das neue Lenkrad mit seinen kapazitiven Flächen verkompliziert die Bedienung spürbar, da man stets auf das Lenkrad blicken muss, anstatt eine Taste erfühlen zu können. Immerhin bleibt es bei der noblen Anmutung im Innenraum, die jedoch durch ein leichtes Knarzen aus dem Armaturenbrett, das an den Oberschenkelauflagen wellige Leder und die blechern zuknallende Heckklappe leicht getrübt wird.
Tempo hilft
Darüber hinaus transportiert der A das Mercedes-Gefühl auch im kompakten Format höchst erfolgreich. Sein Motor nagelt bei Stadttempo noch ein wenig taximäßig vor sich hin, das Doppelkupplungsgetriebe braucht beim Rangieren und dem Wechsel von "R" auf "D" vergleichsweise lang, und das optionale Adaptivfahrwerk gibt sich noch recht straff. Sobald das Tempo jedoch höher wird, die Straße breiter und das Ziel entfernter, blüht der A 220 d regelrecht auf. Sein Motor verschwindet akustisch im zarten Hintergrundrauschen und bietet stets bulligen Schub, das Getriebe schaltet aufmerksam und präzise, und das Fahrwerk schwebt über Brückenfugen und Fahrbahnunebenheiten hinweg.
Wird es dynamischer, glänzt der Mercedes mehr mit Stabilität als mit Lebendigkeit, handelt Kurven schnell und erwachsen ab statt lastwechselnd und verspielt. Seine Lenkung ist präzise, vertrauenstiftend, aber kein Ausbund an Kommunikativität. Gegenüber neueren Mercedes-Baureihen gefällt das lineare, gut dosierbare Bremspedal ohne Matschkennlinie.
Zu seinem Wesen als diskreter Langstreckenbegleiter passen die bequemen, wenngleich nicht übermäßig stark stützenden Integralsitze, die dank einstellbarer Sitzflächenneigung und ausziehbarer Schenkelauflage selbst zu großen Fahrern sehr gut passen. Spurhalten kann er nun auch, ohne einseitig eine Panikbremsung auszulösen. Kurzum: Bis auf Schwächen bei der Bedienung bringt das Facelift Fortschritte. Auch wenn es am eher beengten Fond mit seiner flachen Rückbank und der mäßigen Übersichtlichkeit nichts ändert.
Auch im BMW: besser vorne sitzen
Im Skyscraper-grauen BMW 120d dürfen Fondpassagiere ebenfalls keine Sitzriesen sein. Der Kopf berührt oberhalb von 1,85 Metern den Dachhimmel, die Sitzbank gehört zu den härteren im Segment. Dabei wollte BMW das Platzangebot mit der Umstellung von Längsmotor und Heckantrieb auf Quermotor plus Frontantrieb eigentlich verbessern. Sei’s drum, der 1er erfüllt hier die typischen Erwartungen an einen BMW im kompakten Format. Vor allem sein Bedienkonzept mit Dreh-Drück-Steller, Touchscreen und hochkompetenter Sprachsteuerung ist und bleibt ein Musterbeispiel für anwendungsgerechte und damit ablenkungsarme Nutzung der vielen Funktionen.
In der teuren Ausstattungslinie M Sport macht er mit seinen griffigen, allerdings recht schmal geschnittenen Optionssitzen mit elektrisch einstellbaren Wangen auf Sportler, kann diesen Eindruck jedoch nicht lange aufrechterhalten. Denn außer blauen Nähten und Fahrwerkshärte bietet er nicht so richtig viel, was auf die Anwesenheit von dynamischen, BMW-typischen Fahreigenschaften schließen ließe. Die Vorderachse wirkt auf schlechtem Asphalt wenig verbunden mit der Straße, hoppelt über Unebenheiten und gibt die Stöße spürbar in die Lenkung weiter, was jedoch das nahezu einzige Feedback ist, das von den Vorderrädern in den Händen des Fahrers ankommt.
Profi-Wedler ohne Gefühl
Ansonsten bleibt das Handling zwar recht neutral, mit der um die Mittellage etwas hibbeligen, schwer zu lesenden Lenkung aber immer etwas uninspiriert. Das Grip-Limit des Michelin Pilot Sport 4 – den Mercedes auch auf die A-Klasse steckt – ist schnell erreicht, das Untersteuern stets sehr nah. Nur im Slalom agilisieren die Lastwechsel den BMW auf ein auf offener Straße nicht herauszufahrendes Niveau. Mit 68,6 km/h tanzt er schneller als manche Hot Hatches zwischen den Pylonen hindurch. Beim Spurwechsel fällt er im Vergleich zu Golf und A-Klasse wieder auf das Niveau, nach dem er sich anfühlt. Gleichzeitig schmälern die harten, zweistufig verstellbaren Stoßdämpfer und die recht hohen Abroll- und Windgeräusche das Komfortniveau.
Den Antrieb trifft da keine Schuld, denn ruhiger, gesitteter und souveräner als der B47-Diesel tritt keine Antriebskombination in diesem Vergleich auf. Die Achtgangautomatik von Aisin lässt den BMW sauber anfahren und schaltet auf den Punkt, auf Wunsch via Wippenbefehl. Nur fehlt es dem Zweiliter-Vierzylinder selbst etwas an Durchschlagskraft, was die schlechteren Sprint- und Zwischenspurtzeiten belegen. Gleichzeitig verbraucht er in allen Testzyklen ein paar Tröpfchen mehr Diesel und muss seinen knapp 12,5 Liter großen AdBlue-Behälter öfter füllen als die A-Klasse, die auf 23,8 Liter Harnstoffgemisch zur Abgasreinigung zurückgreifen kann.
Der Golf hat nutzbaren Platz im Heck
Der Tank im Golf GTD fasst nur zwölf Liter AdBlue, sein Kofferraum mit 374 Litern hingegen deutlich mehr. Auf dem Papier unterliegt der VW dem BMW knapp beim Standardvolumen, im echten Leben bietet er mit seinem variablen Ladeboden, der für Skifahrer wichtigen Durchlade am hinteren Mittelplatz und dem großen Unterflurfach deutlich mehr Praxisnutzen.
In der zweiten Reihe empfängt er trotz der kompaktesten Außenmaße selbst große Mitfahrer nicht als ungebetene Gäste, sondern als vollwertige Passagiere. Die Rückbank ist gut ausgeformt, bietet etwas Seitenhalt, der Kniewinkel ist angenehmer als in BMW und Mercedes, und selbst bei der Kopffreiheit lässt der Golf nichts anbrennen. Er war schon immer einer, der den vorhandenen Platz zu nutzen wusste.
Digitales Scheuland
Die Probleme der achten Golf-Generation liegen ja bekannterweise eine Reihe weiter vorn. Etwa bei den großartig stützenden und sehr bequemen Stoffsitzen mit Karomuster? Keineswegs. Doch egal wie viele Updates VW noch "over the Air" installiert: Die Bedienung wird nicht intuitiver, die kapazitiven Flächen der Lenkradbedienung nicht reaktiver. Während man sich auf den Flächen des Mercedes zumeist noch das erwischt und erdrückt, was man erwartet, verändert beim Golf ein Druck auf die Fläche zur Geschwindigkeitserhöhung des adaptiven Tempomaten gern mal den Abstand zum vorausfahrenden Fahrzeug.
Immerhin fährt das System mittlerweile zügig hoch und blieb im Test absturzfrei, ohne mit außergewöhnlicher Rechengeschwindigkeit zu glänzen. Sein Tachodisplay bietet viele Ansichtsmodi, ohne so gestochen scharf darzustellen wie das der A-Klasse. Ebenfalls zügig: der Zweiliter-TDI. Er drückt nach einem kurzen Turboloch sauber bis 5.000 Umdrehungen und hängt kraft seiner 200 PS 1er und A-Klasse beim Topspeed deutlich ab. Gleichzeitig bleibt er im Testverbrauch so sparsam wie die A-Klasse und muss sich lediglich auf der gemächlichen Eco-Runde dem schwäbischen Oelmotor geschlagen geben.
Der EA288 evo im Golf GTD macht keinen Hehl aus seinem Arbeitsprinzip und inszeniert es als dumpfes, sattes Gebrumme mit elektronischer Klangverstärkung, ohne dabei einen Benziner zu imitieren. So bleibt er authentisch, aber rumort stets etwas lauter als die Konkurrenz in den Innenraum. Dabei hätte er ein fixeres Getriebe als das im Comfort-Modus so schläfrige DSG verdient. Es braucht immer fast einen Kick-down, bis es sich zum Runterschalten bequemt, während der Diesel bei 1.400 Umdrehungen noch im Turboloch verweilt. Dabei geschehen die Gangwechsel selbst präzise und zackig.
König des Kompromisses
Beim Handling dagegen macht dem VW niemand etwas vor. An die Präzision seiner hochdirekten Lenkung mit variabler Übersetzung kommen der Mercedes und erst recht der BMW nicht ran. Feedback ist – in geringen Dosen, aber immerhin -vorhanden. Trotzdem tobt der GTD erfreulich engagiert über Landstraßen, bleibt lange neutral, giert auf Provokation ganz sanft mit dem Heck. Obwohl er auf die mechanische Differenzialsperre aus dem Golf GTI verzichten muss und seine Traktion nur mit dem elektronischen Pendant XDS via Bremseingriffen regelt, ist die Traktion erstaunlich sattelfest. Der GTD holt sich reichlich Punkte beim Fahrspaß, ohne – und jetzt kommt’s – die Insassen ständig durchzurütteln. Denn sein Adaptivfahrwerk federt je nach Einstellung straff, aber noch manierlich. 15 Stufen können im Individualmodus gewählt werden, bei Mercedes und BMW gerade mal zwei.
Vor allem auf schlechten Landstraßen bleibt der Golf stets stabil. Auf der Autobahn kommt er jedoch nicht an die A-Klasse mit ihrem satten Geradeauslauf und dem niedrigen Geräuschniveau bei hohem Tempo heran. Indes kann er im Sicherheitskapitel mit seiner guten Ausstattung und den besten Bremsen glänzen. Trotz des tristen Interieurs bleibt er in der Eigenschaftswertung vor BMW und Mercedes. Im Umweltkapitel liegen alle drei mit niedrigen Verbräuchen, hoher Recyclingquote und deutscher Produktion mit kurzen Transportwegen eng beieinander. Der Golf vertritt seinen Markennamen zumindest durch preiswertere Extras und die etwas bessere Serienausstattung, die jedoch lange nicht üppig ist.
BMW 120d M Sport | Mercedes A 220 d Kompaktlimousine | VW Golf GTD GTD | |
Grundpreis | 46.900 € | 43.697 € | 43.815 € |
Außenmaße | 4319 x 1799 x 1434 mm | 4419 x 1796 x 1440 mm | 4287 x 1789 x 1478 mm |
Kofferraumvolumen | 380 bis 1200 l | 345 bis 1185 l | 374 bis 1230 l |
Hubraum / Motor | 1995 cm³ / 4-Zylinder | 1950 cm³ / 4-Zylinder | 1968 cm³ / 4-Zylinder |
Leistung | 140 kW / 190 PS bei 4000 U/min | 140 kW / 190 PS bei 3800 U/min | 147 kW / 200 PS bei 3500 U/min |
Höchstgeschwindigkeit | 231 km/h | 235 km/h | 245 km/h |
0-100 km/h | 7,4 s | 6,8 s | 6,8 s |
Verbrauch | 4,3 l/100 km | ||
Testverbrauch | 6,3 l/100 km | 6,1 l/100 km | 6,1 l/100 km |