Im Fokus: die Siebensitzer
Sie werden immer seltener, aber es gibt sie noch – kompakte Vans, die auf einer Länge von rund 4,5 Metern möglichst viel Raum unterbringen, der sich zudem außergewöhnlich variabel an die unterschiedlichsten Transportbedürfnisse anpassen lässt. Staufächer und Ablagen an allen Sitzplätzen, eine dritte Sitzreihe oder Klapptische an den Rückseiten der Vordersitze zeugen davon, dass die Bedürfnisse von Familien hier noch mehr im Mittelpunkt stehen als etwa bei SUV im vergleichbaren Format. Das gilt auch für die Preise. Dazu nur ein Beispiel: VW verlangt für einen Touran 1.4 TSI mit 150 PS in der Comfortline-Ausführung 28.875 Euro, für einen ebenso starken, etwas kürzeren Tiguan Comfortline jedoch bereits 30.150 Euro. Zugleich ist dieser mit einem Ladevolumen von 615 bis 1.655 Litern dem fünfsitzigen Touran (834 bis 1.980) deutlich unterlegen.
Auf eine dynamische Optik müssen Van-Interessenten ebenfalls nicht verzichten. Der Touran lässt sich beispielsweise im sportlichen Look der R-Line ordern; der Opel Zafira lässt sich mit OPC-Insignien schmücken, und BMW liefert den Zweier Gran Tourer auf Wunsch in einer M-Sport-Variante aus, die dem Van unter anderem ein Sportfahrwerk und Aktivlenkung beschert.
Ein weiterer Vorzug gegenüber SUV und Kombis: Dank ihrer üppigen Innenbreite und Einzelsitzen lassen sich oftmals drei Kindersitze nebeneinander installieren.
Zu diesem Praxisvergleich, bei dem es in erster Linie um Alltagstauglichkeit und weniger um Messwerte ging, bestellten wir uns den Zweier Gran Tourer von BMW, den Ford Grand C-Max , den Kia Carens und den VW Touran, alle vier angetrieben von rund 150 PS starken Dieselmotoren. Und alle mit zwei zusätzlichen Sitzen im Kofferraum. Na dann, alle Türen auf. Mal sehen, wer von den vieren tatsächlich am meisten zu bieten hat.
Was war das für eine Aufregung, als BMW mit dem 2er Active Tourer vor drei Jahren sein erstes Modell mit Frontantrieb präsentierte. Von einem unverzeihlichen Bruch mit der Tradition, gar von Kunden, die sich abwenden, war die Rede. Doch inzwischen sind der Active und der 21 Zentimeter längere Gran Tourer im Markt etabliert. Sicherlich mit ein Grund: BMW hat sich die Bestseller im Segment sehr genau angeschaut und vieles gekonnt adaptiert. Es mangelt also weder an Laderaum noch an Fächern unter den Sitzen, 12-Volt-Anschlüssen, einzeln aufstellbaren Zusatzsitzen (790 Euro) im Laderaum oder einer Innenbeleuchtung für alle Insassen. Ins 100 Liter große Unterbodenfach passt sogar ein faltbarer Fahrradträger (beim Fünfsitzer). Nur für drei Einzelsitze in Reihe zwei hat es nicht gereicht. Die optional um 13 Zentimeter verschiebbare Bank ist im Verhältnis 60 : 40 geteilt, die verstellbare Fondlehne im Verhältnis 40 : 20 : 40. Sie klappt zudem via Tastendruck selbstständig vor.
Das Raumangebot ist auf den Sitzen eins bis fünf sehr ordentlich. Im Heck fehlt es Sitzriesen an Kopffreiheit, für Knie und Füße ist hingegen erstaunlich viel Platz, selbst wenn es sich die Insassen vorn sehr gemütlich machen. Nett hier hinten: die zusätzliche Konsole mit Getränkehalter und Ablagen zwischen den Sitzen.
Dazu liegt die Material- und Verarbeitungsqualität auf hohem Niveau. Angesichts der gesalzenen Preise – ein Gran Tourer mit 102 PS und Minimalausstattung kostet 28.600 Euro, der Testwagen mindestens 34.690 Euro – wäre alles andere auch höchst unerfreulich. Ein weiterer Vorteil des Zweier ist seine umfangreiche Liste an Extras – so man sie sich leisten kann. Der Van lässt sich mit fast allen BMW-typischen Nettigkeiten ausstaffieren. Angefangen beim intuitiv bedienbaren Navi- und Infotainment-System über exzellente Sportsitze, Achtgangautomatik bis hin zu einer variablen Sportlenkung und verstellbaren Dämpfern – das Angebot ist üppig. Als einziges Modell in diesem Segment bietet er seine Dieselvarianten auch mit Allradantrieb an (2.000 Euro).
Auch das BMW-typische Fahrspaßpotenzial kommt nicht zu kurz – falls die Familie mal nicht an Bord ist. Gerüstet mit einer präzisen und rückmeldungsstarken Lenkung, lässt sich der durchzugsstarke, leichtgewichtige 218d vortrefflich flott und exakt durch Kurven zirkeln und bleibt bei gerader Fahrt dennoch stoisch auf Linie. Vom kräftigen und genügsamen Diesel (150 PS, 330 Nm, 6,9 l/100 km im Test) ist derweil kaum ein Ton zu hören.
Das Adaptivfahrwerk des Testwagens fällt allerdings zu straff aus – aber darauf kann man ja verzichten. Und dann erhält man einen rundum gelungenen Van.
Das soll jetzt nicht beleidigend klingen, aber zu den größten Vorzügen des seit 2010 angebotenen Grand C-Max zählen seine beiden Schiebetüren. Einfacher und schneller kann man in einen Van, insbesondere mit sieben Sitzen, gar nicht einsteigen. Von den Vorteilen in Parkbuchten oder engen Straßen ganz zu schweigen.
Zu den weiteren Spezialitäten des 4,52 Meter langen Vans zählt sein ungewöhnliches Sitzkonzept in der zweiten Reihe. Eigentlich handelt es sich um drei einzeln verschiebbare Sitze, doch der mittlere lässt sich komplett in der Sitzfläche des rechten versenken. Clever, so freuen sich die Fondpassagiere über mehr Bewegungsfreiheit und es entsteht ein schmaler Durchgang zur dritten Sitzreihe (760 Euro).
Hier geht es allerdings weniger gemütlich zu. Leider, denn Platz ist vergleichsweise viel da, zumal man ein Bein in den Durchgang ausstrecken kann. Da aber die Rückenlehne viel zu kurz gehalten ist, fehlt es ab den Schulterblättern an Rückhalt. Auf langen Strecken sind hier nur kleine Kinder gut untergebracht.
Das gilt übrigens auch für den mittleren, sehr schlanken Sitz in der zweiten Reihe. So gesehen ist der Ford eher ein gemütlicher 2+2-Van mit viel Laderaum. Klappt man alle Sitze um, entsteht ein zerklüfteter Ladeboden, den man mit einer mehrfach ausklappbaren Matte einebnen kann. Das maximale Volumen von 1.867 Litern kann sich aber sehen lassen. Doch Achtung: Da sich unter dem Kofferraumboden nur ein Styroporeinsatz für Reifenreparatur und Verbandskasten befindet, muss das Rollo in der Garage bleiben. Überhaupt merkt man dem Ford sein Alter an, die Materialien wirken teils wenig wertig und lieblos verbaut.
Sobald man mit dem Grand C-Max aber das erste Mal durch eine Kurve biegt, und sei sie noch so rumpelig, ist vieles wieder vergessen. Der Ford lässt sich noch lustvoller als der BMW dirigieren, vergisst aber nicht, manierlich zu federn. Im Zusammenspiel mit dem kräftigen TDCi und dem präzisen Sechsgang-Schaltgetriebe ergibt sich so ein agiler und doch komfortabler Van.
Das alles zusammen kostet bei Ford gerade mal 28.460 Euro, selbst das Topmodell belässt es bei 30.860 Euro. Da sollte sich das im Vergleich zum BMW weniger edle Interieur verschmerzen lassen.
Besonders für Kunden, die ein möglichst gutes Preis-Leistungs-Verhältnis schätzen, ist der 4,53 Meter lange Koreaner ein interessantes Angebot. Schließlich bietet er nicht nur sieben Jahre Garantie, zum Preis von 30.590 Euro rollt ein Carens 1.7 CRDi Spirit auch noch fast vollausgestattet vom Hof. Während beim Zweier nicht einmal eine Klimaautomatik Serie ist, sind beim Kia vier beheizte Sitzplätze, Sound-System, DAB, Navigation mit Webanbindung, viele Fahrerassistenzsysteme und sogar die Zusatzsitze schon an Bord.
Weniger üppig fällt der Laderaum aus. Nur zwei Millimeter kürzer als der sehr geräumige Touran, kann der Kia an Gepäck nur 103 bis 1.650 Liter aufnehmen. Standardmäßig sind lediglich 589 Liter möglich. Immerhin lässt sich das Gepäckrollo bequem unter dem Ladeboden verstauen, und ein umklappbarer Beifahrersitz ermöglicht das Einladen von bis zu 2,15 Meter langen Gegenständen.
Sind alle Sitze aufgeklappt, kommen fünf Passagiere sehr bequem unter, ganz hinten hält sich die Kopffreiheit aber sehr in Grenzen. Dafür spendiert Kia selbst hier große Ab- lagen über dem Radhaus, und ein um 24 Zentimeter verschiebbarer Außensitz auf der Beifahrerseite erleichtert den Zustieg.
Der solide und im Vergleich zum Ford hochwertigere Kia wiegt vollausgestattet etwas über 1,7 Tonnen. Untermotorisiert ist der Carens als 1.7 CRDi dennoch nicht. Kraft seiner 340 Nm zieht er sehr anständig an und strebt ohne Zögern gen Höchstgeschwindigkeit (189 km/h). Dabei bleibt der Diesel angenehm kultiviert und leise. Den gelungenen Auftritt rundet das angeflanschte Doppelkupplungsgetriebe (1.800 Euro) ab. Es arbeitet schnell, ruckarm und sortiert seine sieben Gänge immer passend. Angesichts der Schubkraft und des Gewichts Weniger stimmig fällt hingegen der gebotene Komfort aus. Vergleichsweise straff abgestimmt, teilt der Van auf schlechten Straßen schon mal gehörig aus und neigt zum Poltern. Forcierte Kurvenfahrt liegt dem Kia gleichfalls nicht, dafür mangelt es der Lenkung an Präzision. BMW und Ford fahren sich agiler. Wen das nicht weiter stört, der macht mit dem Kia überhaupt nichts falsch. Mehr Extras und Platz zu diesem Preis bietet schließlich kaum einer.
VW Touran 2.0 TDI
Kein anderer Van verkauft sich noch so erfolgreich. Über 43.000 Stück konnte VW 2017 bis zum November schon absetzen. C-Max und Carens knacken zusammen nicht einmal die 7.000er-Marke.
Offensichtlich erfüllt der 4,53 Meter lange Wolfsburger viele Ansprüche, die an einen Van gestellt werden. Schon mal gut: Dank seiner effizient genutzten Kastenform ist der Touran auffällig luftig; selbst auf den breiten Zusatzsitzen (hier 640 Euro) lässt es sich vergleichsweise gut reisen, und mit einem Ladevolumen von 137 bis 1.857 Litern übertrumpft er sogar den BMW. Selbstverständlich passt die Gepäckraumabdeckung in den Unterboden.
Aber der Touran kann noch mehr. Als Einziger in diesem Vergleich wartet er in der zweiten Reihe mit Einzelsitzen auf, die mit einem Handgriff gleichzeitig vorfahren und vorklappen – so gelingt der Zustieg nach hinten sehr einfach. Zudem lassen sich auf allen (!) Fondsitzen Kindersitze via Isofix montieren.
Ebenfalls nur im Touran zu finden: große Dachfächer, eine Dreizonen-Klimaautomatik, Seitenairbags in der zweiten Sitzreihe und solide ausgeführte Klapptische mit integrierten Cupholdern. Als wären dies noch nicht genügend Kaufgründe, beeindruckt der 150 PS starke Touran auch noch mit einem komfortbetonten Fahrwerk (dank optionaler Adaptivdämpfer) sowie einem leisen und kraftvollen Diesel, der gute Fahrleistungen ermöglicht.
Ein rundum gelungener Wagen also, der sich mit 32.440 Euro sogar preislich im Rahmen hält.
Fazit
Der VW Touran ist und bleibt der beste Kompakt-Van. Während der konservative VW alle Anforderungen an einen Van perfekt erfüllt, lockt der teure, aber genauso geräumige BMW mit sichtbar mehr Qualität und Agilität. Der Ford ist ähnlich sportlich unterwegs, aber komfortabler. Und er punktet mit Schiebetüren – sein Sitzkonzept und die Interieur-Anmutung sind aber nicht mehr zeitgemäß. Der unspektakuläre Kia bietet weniger Platz und Agilität, besticht aber mit leichter Bedienung, üppiger Ausstattung und seiner lang währenden Garantie.
BMW 218d Gran Tourer | Ford Grand C-Max 2.0 TDCi Trend | Kia Carens 1.7 CRDI Spirit | VW Touran 2.0 TDI SCR Comfortline | |
Grundpreis | 33.900 € | 27.700 € | 32.390 € | 32.575 € |
Außenmaße | 4556 x 1800 x 1641 mm | 4519 x 1828 x 1642 mm | 4525 x 1805 x 1610 mm | 4527 x 1829 x 1674 mm |
Kofferraumvolumen | 805 bis 1905 l | 600 bis 1867 l | 103 bis 1650 l | 834 bis 1980 l |
Hubraum / Motor | 1995 cm³ / 4-Zylinder | 1997 cm³ / 4-Zylinder | 1685 cm³ / 4-Zylinder | 1968 cm³ / 4-Zylinder |
Leistung | 110 kW / 150 PS bei 4000 U/min | 110 kW / 150 PS bei 3500 U/min | 104 kW / 141 PS bei 4000 U/min | 110 kW / 150 PS bei 3500 U/min |
Höchstgeschwindigkeit | 205 km/h | 202 km/h | 189 km/h | 208 km/h |
Verbrauch | 4,5 l/100 km | 4,6 l/100 km | 4,8 l/100 km | 4,5 l/100 km |