Wir haben hier zwei unterschiedlich große BMW-Kombis mit der nahezu gleichen Spritspartechnik unter der Fronthaube, nämlich der Kombination aus Verbrenner und E-Maschine. Da scheint der naheliegende Tipp auf der Hand zu liegen: Nehmen Sie statt des 520e Touring lieber den etwas kleineren 320e Touring, denn er ist günstiger und sparsamer – oder lesen Sie den Artikel bis zum Ende.
Schon beim hybridischen Verbrauch bröckelt die Basis des wohlfeilen Tipps. Nehmen wir an, Sie legen 15.000 Kilometer im Jahr zurück und sind fleißiger Wallbox-Nutzer, starten also Ihre Fahrten stets mit gefülltem Akku. Nehmen wir weiterhin an, Sie surren zwei Drittel Ihrer Strecken ohne Verbrenner. Dann wäre der 5er einen Hauch sparsamer – er stromert 59 statt 55 Kilometer weit.
Wer rein elektrisch weiter kommt, fährt auf 100 Kilometer gerechnet billiger. Denn ein Kilometer Wegstrecke lässt sich prinzipiell mit Strom günstiger zurücklegen als mit Benzin. Bei der maximalen Reichweite bietet der 520e Touring ebenso einen Vorteil, kommt dank 46 statt 40 Liter großem Tank auf eine Schlagdistanz von 581 statt 514 Kilometern.
Dabei setzen beide auf sehr ähnliche Antriebsstränge, kombinieren einen Zweiliter-Benziner mit 163 PS und 300 Nm Drehmoment mit einer E-Maschine. Jene liefert beim 520e 80 kW und drei mehr beim 320e und bezieht ihren Kraftstoff aus einer Lithium-Ionen-Batterie. Als Systemleistung bringen beide Kombis 204 PS sowie 350 Nm, leiten diese via Achtgang-Wandlerautomat von ZF an die Hinterräder.
Gerade für Kombi-Nutzer interessant: Weil der Akku unter dem Rücksitz montiert ist, fällt ein Teil des Ladevolumens weg. Beim 3er bleiben 410 bis 1.420 Liter, beim 5er immerhin 430 bis 1.560 Liter. Zudem darf das größere Modell 576 statt 468 Kilogramm zuladen und gebremst 200 Kilogramm mehr an den Haken nehmen.
Bescheidener Durchzug
Zum Ziehen von Lasten steht auf dem Papier ausreichend Drehmoment zur Verfügung, doch die 350 Nm respektive 204 PS fühlen sich keineswegs nach Antriebsluxus an. Schon wer zügig überholen will, bemüht bei beiden Modellen den Kick-down, was den Vierzylinder aufbrüllen lässt.
Auch beim Dahingleiten überzeugt der Antriebsstrang nicht durchweg. Immer wieder irritiert leichtes Rucken – Verbrenner und E-Maschine arbeiten nicht so geschmeidig Hand in Hand, wie man sich das wünschen würde.
Dazu kommt, dass das rein elektrische Anfahren nur mit Mühe ruckfrei gelingt. Das entschlossene Initial-Drehmoment der E-Maschine im Vergleich zum etwas phlegmatischen Startverhalten des Verbrenners überrascht den Gasfuß ein ums andere Mal, und er muss sich ständig umgewöhnen. Antriebe der Bayerischen Motoren Werke stellt man sich gemeinhin kultivierter vor.
Was zudem im 320e erstaunt: Er ist erschreckend hart gefedert, poltert durch Löcher, trampelt über Unebenheiten hinweg – obwohl der Testwagen mit den aufpreispflichtigen adaptiven Stoßdämpfern samt drei Grund-Set-ups ausgerüstet ist. Wobei bei der ersten Stufe die Bezeichnung "Comfort" gehörig in die Irre führt: "Sport" wäre unser Vorschlag, gefolgt von "Sport plus" und anschließend "Sport Superplus" für die härteste Einstellung.
Natürlich lenkt der 3er damit spontan ein, natürlich lässt er den 5er bei den Fahrdynamiktests hinter sich. Offenbar sieht sich der 320e als Sportkombi – ohne Zugeständnisse an Alltagsbedürfnisse.
Reuefreie Agilität
Umso mehr hinterfragt man diese eindimensionale Auslegung, als die BMW-Techniker beim 520e zeigen, dass sie es sehr wohl verstehen, Fahrwerke alltagsgerecht abzustimmen. Der 5er paart genau jene reuefreie Agilität mit souveränem Langstreckenkomfort, für die der Hersteller lange Jahre geradezu vorbildlich stand und die auch der 3er beherrschte – bevor er sich in einem stetigen Auf und Ab zwischen Komfort und Härte verlor.
Derzeit ist wieder Härte angesagt, und das passt nicht zum großen und vergleichsweise schweren Wagen, welcher der 3er Touring mittlerweile geworden ist. Immerhin bringt der Testwagen vollgetankt, aber unbesetzt 1.887 Kilogramm auf die Waage. Der 5er legt nochmals 87 Kilogramm drauf – nur, möchte man fast schreiben.
Deshalb hier ein kurzes Zwischenfazit: Wer sich schon immer einen geräumigen Mittelklassekombi samt dezidiertem Sportfahrwerk erträumt hat, kann den 3er mit gutem Gewissen in Erwägung ziehen. Er erhält dann übrigens auch den Wagen mit der besseren Bremsleistung. Denn das wollen wir nicht verschweigen: Der 5er benötigt 80 Zentimeter mehr, um bei einer Vollbremsung aus Tempo 100 zum Stehen zu kommen.
Vorzeitiges Erbe, bitte
Dennoch lautet unser Rat: Sparen Sie weiter, stocken Sie den Kreditrahmen auf, betteln Sie Oma ums vorzeitige Erbe an. Was auch immer. Aber leisten Sie sich den 520e.
Rechnet man die Hybrid-Förderung von insgesamt 5.981 Euro für Modelle über 40.000 Euro (ohne Mehrwertsteuer) ein, so ergibt sich ein Preisunterschied von 6.600 Euro. Das ist viel, keine Frage. Doch wer diese Summe investiert, fährt anschließend in der Oberklasse, genießt zusätzlich zum luxuriöseren Ambiente den deutlich besseren Federungskomfort samt niedrigeren Innengeräuschen und kann zu alledem mehr transportieren.
Da Sie offensichtlich nicht auf den naheliegenden Tipp zu Beginn hereingefallen sind, stattdessen bis zum Ende weitergelesen haben, gehören Sie nun zu den Glücklichen – den Glücklichen, die wissen, dass sich der Aufstieg zum 520e Touring auf jeden Fall lohnt.
Fazit
Die Größe macht sehr wohl einen Unterschied: zum einen beim Laderaum, der im 5er bis zu 140 Liter mehr als im 3er fasst. Vor allem aber federt der 5er oberklassig, ohne tumb um die Ecken zu taumeln. Im Gegenteil – das Fahrwerk kann Kurven und Komfort. Alleine das ist den hohen Aufpreis zum viel zu straffen 3er Touring wert.
BMW 320e Touring M Sport | BMW 520e Touring Luxury Line | |
Grundpreis | 56.800 € | 61.350 € |
Außenmaße | 4709 x 1827 x 1442 mm | 4963 x 1868 x 1483 mm |
Kofferraumvolumen | 410 bis 1420 l | 430 bis 1560 l |
Hubraum / Motor | 1998 cm³ / 4-Zylinder | 1998 cm³ / 4-Zylinder |
Leistung | 120 kW / 163 PS bei 5000 U/min | 120 kW / 163 PS bei 5000 U/min |
Höchstgeschwindigkeit | 220 km/h | 218 km/h |
0-100 km/h | 8,1 s | 8,2 s |
Verbrauch | 1,4 kWh/100 km | 1,8 l/100 km |
Testverbrauch | 8,7 kWh/100 km | 8,8 l/100 km |