Natürlich ist es ein wenig Augenwischerei, den zweitürigen BMW 3er einfach 4er zu nennen oder die zweitürige Mercedes C-Klasse als E-Coupé zu bezeichnen. Streng genommen aber auch wieder nicht, denn beide Modelle lassen ihre Eigentümer gefühlt mindestens eine Klasse aufsteigen. Wer sich für ein Coupé entscheidet, zeigt damit: Ich kann es mir leisten, für ein unpraktisches, aber schönes Auto viel zu bezahlen. Ästhetik vor Nutzwert.
Der formvollendete Auftritt war und ist die Stärke der Zweitürer: Egal, welcher technischen Basis sie entspringen – sie wirken immer elitär. Und ihr Äußeres übermittelt eine gewisse Lust am Fahren selbst, welche die automobile Fortbewegung weit über ihren reinen Transportzweck erhöht.
So gehört es zu den besonderen Genüssen, sich an einem sonnigen Nachmittag unterm blauen Himmel über die Landstraße treiben zu lassen und ihre Schwünge mit satten Lenkausschlägen nachzuahmen. Erstaunliche Feststellung dabei: Noch nie hat sich ein Mercedes im positiven Sinne so sehr nach BMW angefühlt. Das E 250 Coupé strömt dem BMW 428i hinterher, lässt auch in kniffligen Passagen nicht abreißen und vermittelt eine erfreulich hohe Lenkpräzision – gekoppelt an eine unbeirrbar leichte Fahrbarkeit.
BMW 4er Coupé ist etwas geräumiger
Da muss der BMW 4er am Kurvenausgang schon übermotiviert mit der Hinterachse zucken, um zumindest einige Meter gutzumachen. Sein quasi mitlenkendes Heck ist für Sportfahrer ein Traum, denn es lässt sich mit Lastwechseln gezielt zum Verkleinern des Kurvenradius einsetzen, weil ESP schon einen wahrnehmbaren Schräglaufwinkel zulässt. Unbedarfte könnte diese Lebendigkeit aber kurzzeitig irritieren.
Sowohl im Mercedes als auch im BMW 4er Coupé können vier Personen der Fahrt genussvolle Momente abgewinnen, wobei Sitzriesen auf der Rückbank mangelnde Kopffreiheit beklagen, im BMW 4er aber eine erstaunliche Weite bemerken werden. Hier zeigt sich deutlich, dass er gegenüber dem 3er in die Breite gegangen ist. Um den unerwartet geräumigen Fond zu entern, drückt man den Taste des Easy Entry kurz, und der Fahrersitz surrt nach vorn, so dass man auf die Rücksitzbank klettern kann. Bei der Qualitätsanmutung enttäuscht der BMW 4er jedoch mit für die gehobene Klasse zu einfachem Kunststoff. Ohnehin fehlt dem Innenraum der Kick des Besonderen: Das Armaturenbrett stammt nahezu unverändert aus dem 3er, hat keine Coupé-spezifischen Besonderheiten.
Beide Zweitürer gehen vorn mit Optionssitzen ins Rennen, der Mercedes mit Memory-Funktion und der BMW 4er im Trimm des M-Pakets mit den Sportsitzen. Beide bieten weite Verstellbereiche und stützen den Rücken hervorragend. Die Polsterung ist straff, aber nicht hart – Gleiches gilt übrigens fürs Fahrwerk.
BMW 4er-Vierzylinder klingt wie ein V6
Sowohl BMW 428i als auch E 250 Coupé treten mit optionalen Verstelldämpfern an. Und erstaunlicherweise nähern sich beide Hersteller in der Abstimmungs-Philosophie stark an. Das hartnäckige Klischee vom behäbigen Mercedes trifft ohnehin längst nicht mehr zu – besternte Zweitürer werden derzeit stark auf Agilität getrimmt. Selbst im Comfort-Modus spurt der Stuttgarter wankarm durch schnelle Wechselkurven.
Freude am Fahren bietet der E 250 kaum weniger als der BMW 428i. Doch das Münchner Dynamik-Imperium schlägt auf einem für viele wohl unvermuteten Feld zurück – beim Federungskomfort. Schon mehrfach profilierten sich BMW-Ingenieure als Meister der Spreizung. Auch beim BMW 4er wird die Stellung Comfort des adaptiven Fahrwerks ihrem Namen gerecht, zeigt sich sogar etwas feinfühliger als diejenige des Mercedes.
Dass der BMW 428i das Komfort-Kapitel nur knapp gewinnt, liegt an seiner ungenügenden Geräuschdämmung; bei hohem Autobahntempo wird aus dem Windsäuseln ein -zischen – eine Belästigung auf Reisen. Zum Teil gleicht der BMW diesen Malus mit seinem Motor wieder aus, der ein akustischer Aufschneider ist: ein Vierzylinder, der auf V6 macht. Und man könnte mit diesem Phänomen Beifahrer glatt in die Irre führen.
Im Steuergerät des Zweiliters sitzt eine Art digitaler Soundgenerator, der je nach Last und Drehzahl über die HiFi-Anlage solche Frequenzen in den BMW 4er-Innenraum überträgt, die zwei zusätzliche Zylinder vorgaukeln. Stellt man den Fahrerlebnisschalter auf Sport, dann simuliert das System über das gesamte Drehzahlband, im Modus Comfort dagegen stimmt es erst bei höheren Touren ein. Wie gesagt: Nach Reihensechszylinder klingt es nicht, aber immerhin nach V6. Damit reagiert BMW auf die lang anhaltende Kritik von auto motor und sport am banalen Klang des Turbo-Triebwerks, das im Zuge des allgemeinen Downsizings die Sechszylinder-Sauger verdrängt hat.
So lässt sich dem Zweiliter im BMW 4er Coupé nicht mehr viel vorwerfen. Schon bei niedrigen Drehzahlen bietet er bullenartigen Schub und dreht trotzdem freudig bis 6.000/min. Die Zeit bis zum Druckaufbau des Turbos verschleift das routiniert und fix schaltende Achtgang-Automatikgetriebe, und so entsteht eine Antriebseinheit, die wirklich Spaß bereitet – zumal sich der BMW 428i mit weniger als sieben Liter auf 100 Kilometer bewegen lässt.
Nur der Mercedes verzichtet auf eine B-Säule
Ähnliches gelingt mit dem Mercedes, auch wenn dessen Zweiliter-Turbo über den gesamten Test im Schnitt drei Zehntel mehr auf 100 Kilometer benötigt. Bei gleichen Drehmoment-Nennwerten leistet der E 250 nur 211 statt 245 PS, was ihn beim Beschleunigen weit hinter den BMW 428i zurückfallen und dabei auch noch angestrengt klingen lässt. Immerhin versteht es die Siebengang-Automatik geschickt, den Vierzylinder im Bereich des maximalen Drehmoments zu halten. Allerdings reagiert sie beim manuellen Eingreifen etwas reserviert auf den Paddelzug.
Das E 250 Coupé hat den Wandlerautomaten serienmäßig, im BMW 4er Coupé kostet die Sportautomatik Aufpreis. Ebenso muss der Kunde für die Zweizonen-Klimaautomatik bezahlen, was in einem so kostspieligen Fahrzeug ärgerlich ist. Das M-Sportpaket, mit dem sich der BMW 428i hier präsentiert, beinhaltet 18-Zoll-Felgen sowie einige zusätzliche Aluminium-Elemente und eigentlich das Sportfahrwerk; im Testwagen ist aber das adaptive M-Setup montiert.
Bringt man den Mercedes auf ein ähnliches Ausstattungsniveau, dann ist er rund 2.000 Euro teurer als der BMW 4er. Das kostet ebenso Punkte wie der etwas höhere Verbrauch. Doch letztendlich wirft den E 250 sein schwächerer Motor zurück. Und so unterliegt er am Ende nach Punkten knapp.
Wir wollen es an dieser Stelle allerdings nicht versäumen, auf einen gravierenden Vorteil hinzuweisen, der den Mercedes trotzdem zur Nummer eins unter Coupé-Liebhaber, machen könnte: Er hat keine B-Säule, und man kann seine hinteren Seitenscheiben bis auf ein kleines Dreieck voll versenken. Das schafft Cinemascope-artigen Rundblick, der fast die Freiheit und die Luftdurchlässigkeit eines Cabrios suggeriert.
Der BMW 4er kann das nicht bieten. Er bleibt, wenn man so will, ein zweitüriger 3er. Auch wenn dieser richtig gut gelungen ist: Vom Vorwurf des Etikettenschwindels kann er sich am Ende doch nicht ganz frei machen.
BMW 428i Coupé M Sportpaket | Mercedes E 250 Coupé | |
Grundpreis | 47.050 € | 47.600 € |
Außenmaße | 4638 x 1825 x 1362 mm | 4703 x 1786 x 1397 mm |
Kofferraumvolumen | 445 l | 450 l |
Hubraum / Motor | 1997 cm³ / 4-Zylinder | 1991 cm³ / 4-Zylinder |
Leistung | 180 kW / 245 PS bei 5000 U/min | 155 kW / 211 PS bei 5500 U/min |
Höchstgeschwindigkeit | 250 km/h | 250 km/h |
0-100 km/h | 5,9 s | 7,8 s |
Verbrauch | 6,3 l/100 km | 5,7 l/100 km |
Testverbrauch | 8,7 l/100 km | 9,0 l/100 km |