Das BMW 8er Gran Coupé ist das Ungewöhnliche unter dem Besonderen: die Limousinen-Ausführung der Coupé-Variante einer Limousine der automobilen Oberschicht. Weniger vertrackt lässt sich der Audi A7 Sportback einordnen, als Fließheck-Ableger einer Limousine der Businessklasse. Beide Modelle leistet man sich nicht, weil man sie braucht, sondern weil man sie will. Rein für die Glückseligkeit. Da sollten wir nicht mit schnöden Anhaltewegen ankommen. Eigentlich.
Uneigentlich ist dieser Vergleichstest zwischen dem Audi A7 55 TFSI Quattro und dem BMW 840i xDrive freilich eine Revanche. Beim Hinspiel der gleichen Motorisierungen pirschte der Sportback aus dem toten Winkel vorbei. Dank günstigerem Preis. Ärgerlich fürs Gran Coupé, das vornweg die Eigenschaftswertung geholt hatte – äußerst knapp nur, denn die Bremsleistung war so lala. Zwischenzeitlich erhielt es ein mildes Facelift; ob das grundsätzlich etwas am Verzögerungs-Vermögen verbessert?
Zunächst erkennen aufmerksame Betrachter einen Hauch Schminke und Glitzer rund um den Kühlergrill. Das mag wenig erscheinen, doch auf diese Weise lässt der Neue die jungen Gebrauchten nicht vergreist aussehen – vielleicht findet sich ja ein jugendliches Exemplar weit unter dem Neupreis. Also dem damaligen; BMW hat seit Erscheinen Ende 2019 fleißig nachkalkuliert: Statt bei 94.800 wie damals startet das hier getestete Gran Coupé aktuell bei 102.300 Euro. Mit Blick aufs Kostenkapitel im Vergleichstest dürfte bei den Fanboys vorauseilend der Blutdruck steigen.
BMW 8er Gran Coupé: Um einen Audi A1 teurer
Für den sechsstelligen Betrag gibt es eine Art Glamour-Version des Siebener, die garantiert nicht über jede Promenade flaniert. Und die mit der unterschwelligen Pracht ihrer ausbalancierten Proportionen begeistert. Dem stellt der Audi A7 Sportback die Gravität seines Fließhecks entgegen, das dem Anderssein sogar noch ein Ausrufezeichen anhängt. Ein Modell, das kaum weniger exklusive Aura als den etwas größeren Konkurrenten umweht – gleichwohl umgerechnet um einen topmotorisierten Audi A1 günstiger.
BMW unterfüttert die jüngste Preissteigerung mit dem nun serienmäßigen M Sportpaket: Multifunktionssitze, Fahrerfußstütze samt metallenen Pedalen und Sportbremse gehören dazu. Letztere hatte übrigens bereits der Testwagen im vergangenen Jahr unter den Felgen – auf ihnen allerdings noch die Potenza S007 von Bridgestone. In Verbindung mit dem M Sportpaket Pro packen jetzt auf Wunsch die neuen Potenza Sport mit weicherer Mischung zu. Damit gelingt ein Quantensprung bei der Performance, und das Gran Coupé bremst den Sportback aus.
Vorteile des Fließheck verspielt
Schon ankern wir im Punkte-Kleinklein, das der Charaktergröße von Traumwagen unwürdig erscheint. Doch weil wir gerade im Alltags-Schlick feststecken, folgt der Verweis auf den Nutzwert des Fließhecks samt seinem Kofferraum, der sich für Sperriges sperrangelweit öffnet. Und das hohe Dach, welches Mitreisenden geschmeidiges In-den-Fond-Gleiten gestattet.
Der 8er ignoriert Sperriges – es passt nicht durch seine Ladeluke. Somit lässt sich die theoretisch hohe Zuladung praktisch kaum nutzen. Mitreisende werden immerhin toleriert, indes nicht ohne Bückling im Fond aufgenommen: Kopf und Füße einziehen, zusammenfalten, hineinsacken in die Rückbank-Kuhlen. Cocooning. Dennoch hat die etwas zudringliche Geborgenheit zuweilen Vorteile: Sie dient als Stütze, wenn es in der Welt der Querkräfte einmal heiß hergeht. Was vorkommt.
Und der Zustieg nach vorn? Der Sitz wirkt tiefer installiert, als er ist, man gleitet widerstandsarm hinein, weil sich die Wangen im unteren Bereich kaum auffalten. Erst die oberen greifen bestimmt nach dem Fahrer, saugen ihn ins Cockpit. Eine klare Aufforderung an die Ernsthaftigkeit: Absichtsloses Dahindödeln verbittet sich das Gran Coupé – es will gefordert werden. Wer dem Fahrwerk nichts abverlangt, wird durchgerüttelt. Oder wach gerüttelt? Jedenfalls verbindet sich der 8er mit der Straße so entschlossen, dass seine Lenkung nach ebenso entschlossenem Zupacken verlangt.
Sie lotet zuweilen aus, ob der Fahrer seine Richtlinienkompetenz beansprucht. Etwa wenn in lang gezogenen Radien die Rückstellkräfte subtil variieren, zum Nachlenken zwingen. Da sollte man achtsam sein. Auch deshalb, weil der 8er viel zu berichten hat. Er gibt Tipps, in welcher Kurvenpassage ein Schlagabtausch lohnt: gerade dort, wo das Gelände anspruchsvoll wird. Nur hier läuft der 8er zur Höchstform auf, kauert sich scheinbar zusammen, wirkt kleiner, als er ist.
Straffheit statt Komfort
Die doppelquerlenkende Vorderachse stürzt sich ins Vergnügen, die kohlefaserverstärkte Karosserie verzieht keine Miene, die optionalen 20-Zöller pulsieren im Beat der Straße, ihre warm gewalkten Bridgestones werden anhänglich.
Im Verbund mit dem heckbetonten Allradantrieb liefern die weichen Potenza Sport willensstarke Traktion. Ein aufreibender Einsatz, wie der Blick aufs Profil zeigt. Im Feld halten sich die Niederquerschnittsreifen nicht lange mit dem Wegstecken von Unebenheiten auf, leiten sie an die adaptiven Dämpfer weiter. Doch die sympathisieren damit ebenso wenig. Trotz technischer Möglichkeiten spreizt BMW nicht in Richtung Komfort – obwohl man bei einem GT dieses Zusatzangebot zur charakterbildenden Straffheit erwartet.
Audi A7 Sportback: Komfortabel und entspannt reisen
Und man erhält es beim Audi; seinem optionalen Luftfahrwerk (2000 Euro) lässt sich zwar gelegentlich ein Wummern entlocken. Dafür verstoffwechselt es Ballaststoffe des Asphalts leicht bekömmlich, inhaliert Schroffheiten, nimmt Kurven in weiten Schwüngen, durchmisst Geraden mit langen Schritten und hält detaillierte Schilderungen zum Reibwert für überflüssig – im Zweifelsfall verlangsamt der Allradler die Pace besonnen über die Vorderachse. Einzelne Abschnitte verdichtet der A7 zu Passagen, und ehe man sich’s versieht, rückt der Zielort ins Blickfeld.
Passend dazu steht das ausgeruhte Ankommen auf den bequemen Rücksitzen im Fokus der Bemühungen. Generell umsorgt der Sportback seine Passagiere mit zurückhaltender Gelassenheit. Allein das Bedienkonzept bettelt um Aufmerksamkeit – bevor endlich das gesuchte Untermenü auftaucht, verklickt man sich zuweilen auf den tief angeordneten Touchscreens; wegen der hohen Ablenkungsgefahr sollte man während der Fahrt die Finger davonlassen.
Langsam ansprechendes, aber sparsames Aggregat
In den Bann ziehen lassen würde man sich viel lieber von der Kraftentfaltung des V6. Allein sein lau loslegender Turbolader könnte gut eine Boost-Unterstützung des Startergenerators gebrauchen – das 48-Volt-System beschränkt sich indessen aufs häufige Segeln mit abgestelltem Triebwerk und aufs Rekuperieren.
Auch das siebenstufige Doppelkupplungsgetriebe ist beim Gängesortieren nicht recht auf Zack, fällt andererseits gelegentlich mit unfeinem Rucken auf. Wie geschmeidig zappt sich hingegen der Wandlerautomat des Konkurrenten durch seine acht Gänge. Generell ist der Antrieb wacher bei der Sache: Zwar verfügt der Reihensechser des 8er genauso wenig über einen E-Boost, startet sogar ausschließlich per Anlasser; dennoch verleiht ihm der zackige Ladungswechsel seines Twin-Scroll-Laders mit den getrennten Strömungskanälen summende Machtfülle samt schmetternder Tatkraft.
BMW: Pluspunkte im Sicherheitskapitel
500 Nm fühlen sich im Audi schwächer als im BMW an, was unter anderem am Gewichtsunterschied liegt: Der 840i xDrive bringt knapp 50 Kilogramm weniger auf die Waage, obwohl er deutlich größer ist – und dem eigentümlich spartanisch ausgestatteten Audi elektrische Sitz- sowie Lenkradverstellung, außerdem ein Head-up-Display voraushat. Plus einem größeren Angebot an Assistenzsystemen. Letztere bewerten wir, ebenso wie die Bremswege, im Sicherheitskapitel; dieses geht entsprechend mit großem Vorsprung ans 8er Gran Coupé – auf die seit dem vergangenen Vergleichstest stimulierte Verzögerungsleistung sind wir ja längst ausführlich eingegangen.
Damit räumt der BMW so viele Punkte ab, dass er sich mit deutlichem Abstand die Eigenschaftswertung sichert. Trotz der schlechteren Variabilität. Trotz des etwas höheren Verbrauchs. Trotz der gehemmteren Federung. Und trotz des deutlich größeren Wendekreises – die serienmäßige Hinterachslenkung unterstützt vor allem die Fahrstabilität, weniger das Einparken.
Dass er das Kostenkapitel verlieren würde, war mit einem Blick auf den immens hohen Preis von Beginn an klar. Allerdings spielt im abschließenden Abschnitt der Bewertung auch die serienmäßige Ausstattung eine maßgebliche Rolle. Und die ist im Gran Coupé durchaus üppig, umfasst Belederung, Vierzonen-Klimatisierung und Rückfahrkamera bis hin zu den bereits erwähnten Sitzen, den adaptiven Stoßdämpfern, der Hinterachslenkung sowie dem Head-up-Display. Somit ist das Punkte-Plus des Audi diesmal nicht ausreichend, um den BMW vom Thron zu stoßen.
Kurz: Revanche gelungen.
Fazit
Federungskomfort muss hinter Agilität zurückstehen – ganz im Sinne der Kurvenkompetenz. Gripstarke Sportreifen und stabile Brems-Performance sichern Platz eins.
Geschmeidig durchmisst der A7 weite Strecken, bringt seine Passagiere so schnell wie ausgeruht ans Ziel, bietet im Alltag hilfreiche Variabilität – und ist günstiger als der BMW.
Audi A7 Sportback 55 TFSI Quattro | BMW 840i Gran Coupé xDrive | |
Grundpreis | 72.400 € | 107.000 € |
Außenmaße | 4969 x 1908 x 1422 mm | 5082 x 1932 x 1407 mm |
Kofferraumvolumen | 535 bis 1390 l | 440 l |
Hubraum / Motor | 2995 cm³ / 6-Zylinder | 2998 cm³ / 6-Zylinder |
Leistung | 250 kW / 340 PS bei 5000 U/min | 245 kW / 333 PS bei 5500 U/min |
Höchstgeschwindigkeit | 250 km/h | 250 km/h |
0-100 km/h | 5,2 s | 5,0 s |
Testverbrauch | 9,9 l/100 km | 10,1 l/100 km |