"Was mich an den heutigen Fahrzeugen echt nervt, ist der konstante Trend zu größeren Fahrzeugmaßen", schrieb mir jüngst Leser Marcus Horn. Danke, Marcus, du sprichst mir aus der Seele! Früher waren die meisten Automobile zierlich und kompakt, heute sind es oft fahrende Schrankwände. Trotz der zumeist erstaunlichen Fahrdynamik auf der Rennstrecke muss man spätestens auf der Landstraße froh sein, wenn die Außenspiegel nicht von Gegenverkehr oder Verkehrsschildern inhaliert werden. Doch es gibt sie auch heute noch – diese kompakten, handlichen und spielerischen Sportler: willkommen im BMW M2 CS.
Autobahnausfahrt Wehr in Richtung Nürburgring: Selten hat mich einer zuletzt mit seinem aufgeweckten Fahrverhalten so gierig auf die einsamen Eifel-Landstraßen gemacht. Abgekoppeltes und komfortgefiltertes Fahrverhalten sind dem Hardcore-Zweier fremd. Hier spürst du mal wieder richtig den Kontakt zur Straße. Dass Geraden für den CS nur Mittel zum Zweck sind, zeigt er mit seinem Geradeauslauf. Auswaschungen im Asphalt läuft das auf 2.200 Exemplare limitierte Sondermodell leicht hinterher und lenkt dabei gefühlt von selbst ein. Der CS will erst gar nicht dieser angepasste, gesittete und kompromissbereite Typ sein wie so viele moderne Fahrzeuge.
Was sich heute M2 nennt, war früher als M3 verpackt – zumindest was die Maße betrifft. Mit seinen Außenabmessungen erinnert der M2 CS an eine BMW-Legende – und zwar DIE M-Legende nach der Jahrtausendwende schlechthin. Länge, Breite und Höhe des M2 CS liegen nah am seligen M3 CSL der Baureihe E46 (4.492 mm, 1.780 mm, 1.365 mm).
Hat das Zeug zum Kultstatus
"Legendenstatus" ist seit besagtem CSL von 2003 ein großes Wort. Für die Eingefleischten der M-Gemeinde ist die legendäre Sauger-Trompete bis dato der letzte "echte M". Steigendes Gewicht und wachsende Fahrzeugmaße sowie nicht zuletzt die Umstellung von einzigartigen M-Saugmotoren hin zu den Turbotriebwerken auf BMW-Baukasten-Basis erwärmen nicht die Herzen aller M-Fans.
Nach Eifel-Landstraße kommt Eifel-Rennstrecke – Feuer frei auf der Nordschleife. Hatzenbach, Quiddelbacher Höhe, Flugplatz – der M2 CS macht schon auf den ersten Metern schnell klar, dass auch er das Zeug zum Kultstatus hat.
Topspeed Anfahrt Schwedenkreuz? 260 km/h! Hier war der "normale" M2 Competition 11 km/h langsamer. Im Vergleich zu besagter Basisversion leistet der Dreiliter-Biturbo des Sondermodells 40 PS mehr. Nennleistung? 450 PS.
Und der Sound? Ist ganz okay, mehr aber auch nicht. Man könnte sich die hochdrehende CS-Stimme jetzt schönreden – "OPF" ist und bleibt aber auch hier ein Unwort. Von bassig bis heiser schreiend – so emotional wie einst unser M2-Dauertestwagen (370 PS, ohne OPF) klingen weder Competition noch CS.
Doch man sollte den leistungsstärksten Serien-M2 nicht nur auf seinen kraftvollen und drehfreudigen S55B30-Reihensechser mit weitgehend linearer Leistungsentfaltung reduzieren. Anbremsen, einlenken, Arembergkurve – mit bissigem Gripniveau schnappt der M2 CS die Rechtskurve, bevor er sich in die Fuchsröhre hinabstürzt.
Uhrenvergleich in der Arembergkurve? 99 km/h Midcornerspeed im CS. Der M2 Competition erreichte hier nur 89 km/h. Grund für den spürbar höheren mechanischen Grip? Vor allem die Reifenwahl. Anders als der M2 Competition trägt der CS nicht Pneus vom Typ Michelin Pilot Super Sport, sondern setzt mit dem Michelin Pilot Sport Cup 2 auf eine Bereifung, bei der der Trockengrip noch mehr im Fokus steht.
Im Vergleich zum Cup-2-Reifen, den bereits der M4 CS trug, wurde laut BMW M die Mischung hinsichtlich der thermischen Stabilität weiterentwickelt. Außerdem wurde der Aufbau der Karkasse optimiert. Im Vergleich zu anderen Semi-Slicks zeigt auch dieser Cup 2 einen ausgeprägten Peak mit sehr hohem Grip im Neuzustand. Anschließend arbeitet der Reifen erstaunlich lange auf einem konstanten Gripniveau, bevor die Haftung nachlässt.
Für den gesteigerten mechanischen Grip des M2 CS sind jedoch nicht nur der neue Cup-Reifen, sondern auch Fahrwerksmodifikationen verantwortlich. Anders als die bisherigen M2-Versionen trägt der CS nun das aus den M4-Modellen bekannte Adaptivfahrwerk mit den drei Modi Comfort, Sport und Sport Plus. Das CS-Fahrwerk ist ein Bauteilmix von Neuentwicklungen sowie Übernahmen aus dem M2/M4-Baukasten.
Die Dämpfer-Hardware stammt genauso wie der Hinterachsstabi aus dem M4 Competition, während der Vorderachsstabi aus dem M4 CS übernommen wurde. Die Federn an der Vorder- und Hinterachse wurden unverändert aus dem M2 Competition übernommen, während die Zusatzfedern vorne und hinten neu abgestimmt wurden. Die geregelte Hinterachssperre entstammt hardwareseitig unverändert den bisher bekannten M2/M4-Modellen. Die softwareseitige Bedatung sämtlicher Systeme (Dämpferregelung, Lenkung, geregelte Sperre) wurde jedoch speziell auf den M2 CS abgestimmt.
Unabhängig von der Dämpfereinstellung federt der CS subjektiv etwas kerniger im Alltag als sein Competition-Bruder. Dadurch wirkt er auf der Rennstrecke sofort fokussierter. Empfehlung der M-Mannschaft für die Dämpferhärte? Hockenheim in "Sport Plus", Nordschleife im Sport-Modus. Besagte Einstellung passt jetzt auf den Eifel-Bodenwellen sehr gut.
Grip, Grip, hurra?
Und wie fühlt sich die elektromechanische Lenkung an? Die Gesamtübersetzung der EPS-Lenkung blieb mit 15,0 : 1 im Vergleich zum M2 Competition unverändert, während die Lenkunterstützung weiterhin in drei unterschiedlichen Kennlinien variiert werden kann. Der Comfort-Modus spielt auf der Rennstrecke ob seiner Leichtgängigkeit keine Rolle. Im Modus Sport Plus nimmt das sehr hohe Handmoment der Lenkung etwas das Gefühl um die Mittellage. Die Sport-Einstellung eignet sich für die aus der Mitte präzise, aber nicht überspitzt ansprechende Lenkung hingegen perfekt.
Fuchsröhre, Adenauer Forst, Metzgesfeld, Kallenhard, Wehrseifen, Ex-Mühle – im zweiten Nordschleifen-Sektor zählt nicht nur die Leistung, sondern speziell auf verwinkelten Bergabpassagen die Lenkpräzision sowie die Fahrstabilität. Und dieser zweite Sektor charakterisiert den M2 CS besser als kein anderer Sektor am Ring. Satte 5,5 Sekunden nimmt der CS dem M2 Competition auf den 4.235 Metern dieses Sektors ab. Wow!
In der fixen Metzgesfeld-Links macht der CS seinen Competition-Bruder deutlich nass. Kurventempo im Vergleich: 164 zu 152 km/h. In mittelschnellen und schnellen Kurven überzeugt der CS mit mehr Fahrstabilität. Während die bisherigen M2-Modelle eher mit einer über die Hinterachse definierten "Drift-Abstimmung" antraten, stimmten die M-Entwickler das Fahrverhalten der CS-Hinterachse nun etwas stabiler ab.
Die Betonung liegt auf "etwas". Den Hang zum Leistungsübersteuern kann auch der M2 CS nicht ganz verheimlichen. Im Alltag auf der Landstraße und auf ebenen GP-Kursen à la Hockenheim ist der Fahrspaß dadurch groß, während auf der Nordschleife teilweise besondere Aufmerksamkeit gefordert ist. Dies gilt vor allem in langsamen Kurven, in denen Traktion zählt, oder in bergab führenden, leicht nach außen hängenden Passagen, in denen die Hinterachse entlastet ist.
Ein modernes "Fahrerauto"
Die Bergauf-Rechts Ex-Mühle ist so ein kniffliger Fall. Wenn man diese Kurve zu spitz anfährt und anschließend versucht, früh auf dem Gas zu sein, keilt das CS-Heck teils überfallartig aus. Statt einer engen Linienwahl sollte man einen weiteren Kurvenradius wählen und beim Herausbeschleunigen schön progressiv den Gaspedalwinkel steigern.
Nicht falsch verstehen: Die Traktion des CS ist klar besser als beim M2 Competition, aber den leistungsübersteuernden Grundcharakter behält auch das Sondermodell bei. Und das macht den M2 CS auch so liebenswert. Um im Grenzbereich richtig schnell zu sein, muss man hier noch über jede Prise Gaspedalwinkel nachdenken. Kurz: Das Gaspedal will als Teil der Lenkung verstanden werden.
Mit dem M Dynamic Mode (MDM) gibt es zwar eine Art Traktionskontrolle, bei der das DSC nicht komplett deaktiviert ist, die Regeleingriffe dienen aber eher für sichere Drifts mit Rettungsanker, als dass sie im Grenzbereich schneller machen. Kurz: Der CS ist noch ein echtes "Fahrerauto", das mit komplett deaktiviertem ESP geritten werden muss und dabei auch mal Gegenlenkreflexe erfordert.
Wie man den CS von "übersteuernd" in Richtung "neutral" trimmen kann? Um die Balance etwas mehr zur Hinterachse zu verlagern, hilft eine Justierung des Reifenfülldrucks mit deutlich höheren Fülldrücken in den Vorderrädern im Vergleich zu den Hinterrädern. Die präzise Vorderachse wird so etwas entschärft, gleichzeitig gewinnt die Hinterachse an mechanischem Grip.
Zu einem "Fahrerauto" gehört auch, dass man noch selbst schalten muss. Über eine autonome Bedienstrategie, bei der die Gänge im Grenzbereich punktgenau autonom hoch- und runtergeschaltet werden, verfügt das Siebengang-DKG auch im M2 CS nicht. Der Automatikmodus versteht sich als helfender Alltagskumpel. Die Schaltwippen am Lenkrad sind ein zwingender Begleiter, um am Limit auf der Rennstrecke schnell unterwegs zu sein. Auf Wippenzug folgt Gangwechsel, und zwar verzugsfrei.
Alle bisherigen CS-Modelle (F80-M3/F82-M4) gab’s ausschließlich mit DKG, den M2 CS jetzt übrigens auch mit Sechsgang-Handschalter. Ein Traum wird wahr, den nicht einmal der ausschließlich mit SMG gelieferte M3 CSL erfüllte. Wenn aus Traum Realität wird, steigt zwar die Beschleunigungszeit (plus 0,2 Sekunden auf 100 km/h), aber auch der Fahrspaß. Und: Das manuelle Getriebe wiegt 25 Kilo weniger als das DKG.
Jetzt: Lauda-Links mit über 200 km/h "voll", dann anbremsen auf die Bergwerk-Rechts. Dank des höheren Gripniveaus der Cup-Bereifung kann man mit dem M2 CS später als im M2 Competition den Anker werfen. "Spät, aber nicht zu spät" lautet das Motto für die Bremspunkte, ansonsten überfordert man das ABS, und der CS will dann beim Verzögern leicht über die Vorderachse schieben.
Serienmäßig trägt der M2 CS die sogenannte M-Sportbremse, die es für den M2 Competition nur gegen Aufpreis gab. Selbstredend nutzt der Extrem-M2 heute aber die ausschließlich für den CS optional erhältliche Carbon-Keramik-Bremsanlage, die den Ritt auf der Nordschleife und in Hockenheim standfest erträgt.
Vorteil der CS-Optionsbremse ist nicht nur die noch höhere Standfestigkeit beim Rennstreckeneinsatz, sondern vor allem die Gewichtsersparnis gegenüber der M-Sportbremse. An der Vorderachse ist die Carbon-Keramik-Bremse 14,3 Kilo leichter. An der Hinterachse beträgt das Delta-Gewicht 8,7 Kilo. Macht zusammen eine Gewichtsreduzierung von satten 23 Kilo gegenüber der besagten M-Sportbremse.
Während das Kürzel des gehuldigten M3 CSL für "Coupé, Sport, Leichtbau" steht, haben die Macher des M2 CS nicht etwa das "L" für "Leichtbau" weggelassen. Nein, "CS" steht heute für "Clubsport". Auch wenn der M2 CS das Leichtbau-Thema nicht annähernd so exzessiv auslebt wie einst der M3 CSL, begeistert auch er mit Diätmaßnahmen.
Immerhin wiegt der CS 43 Kilo weniger als der M2 Competition. Eine respektable Gewichtseinsparung in der heutigen Zeit, die allgemein geprägt ist von viel zu schweren Automobilen. Mit 1.588 Kilo ist der M2 CS unfassbare 167 Kilo schwerer als der heilige M3 CSL – ohne Worte.
Bergwerk, Kesselchen, Mutkurve – während der M2 CS durch den Eifelwald stürmt, nehmen wir uns kurz Zeit, seine Diätmaßnahmen zu beleuchten. Neben der Carbon-Keramik-Bremsanlage wären da: die Leichtbau-Mittelkonsole, die wir bereits aus dem M4 CS kennen (spart 2,5 Kilo gegenüber der herkömmlichen Mittelkonsole des M2 Competition), die Carbon-Motorhaube (spart 7,5 Kilo zur Competition-Motorhaube) und das erstmals bei einem M2-Serienmodell verbaute Carbon-Dach (spart 4 Kilo). Rund fünf Millimeter sinkt der Fahrzeugschwerpunkt durch die beschriebenen Modifikationen im Vergleich zur Competition-Version, während sich die Achslastverteilung um 0,2 Prozent gen Hinterachse verlagert.
Karussell und Hohe Acht sind bereits Geschichte. Auf der technisch anspruchsvollen Passage durch Wippermann über Brünnchen und Pflanzgarten bis zum Schwalbenschwanz glänzt der CS nochmals mit Lenkpräzision und mechanischem Grip.
Schneller als 991 Carrera S
Döttinger Höhe, Tiergarten, T13 – nach exakt 7.42,99 Minuten rennt der M2 CS über die Ziellinie. Damit ist er nicht nur deutlich schneller als die Legende M3 CSL (7.50 min), sondern auch als so mancher Sportwagen aus dem letzten Jahrzehnt (2013: Audi R8 V10 Plus 7.45 min, 2011: Porsche 991.1 Carrera S 7.44 min).
Meine Prognose: Nicht nur wegen seiner fixen Rundenzeit wird der M2 CS ein Kultklassiker von übermorgen – vor allem als seltener Handschalter. Tipp: Zuschlagen, und zwar jetzt!
BMW M2 CS M2 CS | |
Grundpreis | 96.407 € |
Außenmaße | 4461 x 1871 x 1414 mm |
Kofferraumvolumen | 390 l |
Hubraum / Motor | 2979 cm³ / 6-Zylinder |
Leistung | 331 kW / 450 PS bei 6250 U/min |
Höchstgeschwindigkeit | 280 km/h |
0-100 km/h | 4,1 s |
Verbrauch | 9,4 l/100 km |