BMW M3 Competition und Cadillac ATS-V im Vergleichstest

BMW M3 Competition und Cadillac ATS-V im Test
6-Zylinder Sportlimousinen im Vergleich

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Den Cadillac ATS-V und den BMW M3 Competition verbinden die Sechszylindrigkeit, ihre zuvorkommenden Hecks, ein Leistungsgewicht von 3,7 kg/PS – und am Ende mehr, als man für möglich hielt. Vergleichstest.

BMW M3 Competition, Cadillac ATS-V, Frontansicht
Foto: Rossen Gargolov

Herrschaftszeiten, dieser M3 ist einfach nicht kleinzukriegen. Wie ein Fels steht er da in der Brandung und trotzt allem, was auf ihn zurollt, ganz gleich, woher es kommt. Seit zig Generationen geht das so, und eigentlich sah alles danach aus, als würde es ewig so weitergehen – wenngleich die Attacken schon zielgerichteter wurden in jüngster Zeit.

Die erste ernsthafte ritt letztes Jahr AMG, die mit der neuesten Fassung des C 63 nicht mehr nur stumpf mit der Drehmomentkeule auf ihn einknüppelten, sondern versuchte, ihn mit seinen eigenen Waffen anzugreifen. Mit Präzision, mit Handlinggeschick – diese Dinge. Doch auch wenn die Nadelstiche saßen, vom Sockel stoßen ließ sich das Dynamikdenkmal nicht. Zumal BMW dessen Standing mithilfe des Competition-Pakets vor Kurzem noch einmal untermauerte: 19 PS mehr, straffere Fahrwerksteile, nachgezurrte Kennlinien, 20-Zöller und 10 Millimeter breitere Reifen rundum.

BMW M3 Competition, Heckansicht
Seit fünf Generationen steht der BMW M3 für das Maß der Dinge, was sportliche Mittelklasselimousinen betrifft.

Alfa Romeo Giulia konnte leider nicht mit antreten

Ausgestanden ist die Sache damit aber noch nicht. Denn soweit man das absehen kann aktuell, kommen da noch ein paar, die dem Bayern nur zu gern die Lederhosen ausziehen würden – und womöglich auch das Zeug dazu haben. Eine davon ist die heiß ersehnte Giulia Quadrifoglio Verde, die mit einem neuen Nordschleifenrekord für Limousinen gerade mächtig für Furore sorgt – mal ungeachtet der Frage, wie die Fabelrunde wirklich zustande kam. Und der Alfa stand dem M3 sogar schon gegenüber, hat mit seinen beiden Turboladern zum Angriff geblasen – sich dann aber, kurz bevor es ernst werden konnte, die Schaltung ausgerenkt. Keine Sorge, es ist wohl nichts Ernstes, und offiziellen Aussagen zufolge befindet sie sich die Signorina auch schon wieder auf dem Weg der Besserung. Für diesen Test hier jedoch war sie einfach nicht mehr rechtzeitig fit zu kriegen.

So muss es der Cadillac allein richten, was sich – eingebrannten Klischees zufolge – zunächst eher nach einem Himmelfahrtskommando anhört als nach dem Kopf-an-Kopf-Duell, das es werden sollte. Hierzulande bewegt sich der ATS -V weitgehend außerhalb der Wahrnehmung, was zur Folge hat, dass man regelmäßig Referate über ihn halten muss. Was er unter der Haube habe und ob er denn was draufhabe, wird statistisch am häufigsten gefragt. Der Reihe nach geantwortet: einen V6-Biturbo mit 470 PS. Und jawoll, drauf hat er so allerhand!

ATS-V trotz gleichem Leistungsgewicht 1,5 Sekunden langsamer

Denn im Gegensatz zur uramerikanischen Tradition, fahrdynamische Problemstellungen mit Mehrleistung oder noch mehr Leistung anzugehen, bearbeitet er sie mit technischer Raffinesse. Motto: spitze Klinge statt Vorschlaghammer – oder zumindest eine recht gleichgewichtige Mischung daraus. Fürs Zuhauen ist der 3,6-Liter zuständig, der mit Titankomponenten der Rotationsmassenträgheit zu Leibe rückt und mal eben 53 Nm mehr zusammentrommelt als so ein BMW M3 Competition. Gleichzeitig wurden das Fahrwerk und dessen Anbindung so optimiert, dass aus der Faust beim Einlenken eine Handkante wird. Um 25 Prozent versteifte Karosserie, breitere Spur, spezielle Fünflenker-Hinterachse, Brembo-Bremsen mit Sechs- beziehungsweise Vierkolbensätteln, höhere Federraten und quer versteifte Stabis rundum, dazu eine stramme Abstimmung der ZF-Servolenkung, die das muskelsehnige Fahrgefühl regelrecht greifbar macht.

Und das Ergebnis überzeugt. Insgesamt wirkt der Cadillac ATS-V so ein bisschen wie das Mittelding aus M3 und C 63. Fleischiger als der BMW, drahtiger als der Mercedes-AMG und auf seine eigene Art genauso stimmungsvoll. Die Abgasanlage hebt in den sportlichen Modi etwas Volumen unter das Sechszylinder-Schnauben, ohne dass der Klang aufgebauscht rüberkomme dadurch; im Innenraum vermengen sich sehenswerte Materialien mit optimaler Sitzergonomie und pfiffigen Features, wie zum Beispiel jenem, das die Fahrersitzfläche mit der Parksensorik rückkoppelt und vibriert, wenn man sich einem Hindernis nähert. Und dann geht der Apparat natürlich auch richtig voran – zumindest isoliert betrachtet. Im Vergleich zum M3 hingegen kriegt er trotz Pari im Leistungsgewicht ganz schön eingeschenkt. Bis 100 ist es noch eine recht enge Kiste zwischen den beiden, auch weil die Launch Control des Caddy Drehmoment und Traktion sehr gut austariert bekommt. Danach jedoch brät der M3 ziemlich gnadenlos davon. Aus zwei Zehnteln Rückstand bis 100 sind 60 km/h später deren sieben geworden, bei 200 km/h hängt der ATS-V sogar bereits 1,5 Sekunden hinterher – was schon eine Menge ist.

BMW M3 Competition, Cadillac ATS-V, Frontansicht
Der Cadillac bringt mal eben 53 Nm mehr aufs Papier als der BMW.

In dieser Klasse entscheiden Feinheiten

Und der Unterschied fühlt sich vom Fahrersitz aus sogar noch drastischer an. Die Kraftentfaltung des BMW gleicht einem Feuerwerk. Sie entsteht nicht, sie entzündet sich, jedes Drehzahlband brennt wie eine Lunte nieder und selbst am hintersten Zipfel bei 7.500/min noch lichterloh. Anders der Caddy: Sein Drehmoment lodert anstatt abzufackeln, wirkt eher komprimiert als zelebriert und auch aufgrund des tranigen Getriebes nie ganz so spektakulär. Statt wie der Doppelkuppler des BMW die Gänge in Echtzeit nachzuladen, zappt sie der Wandlerautomat des ATS-V eher gelangweilt durch. Die Reaktionen auf Paddelbefehle werden mit leichter Verzögerung umgesetzt, fast so als schwächele die Batterie in der Fernbedienung. Und auch das Umschalten zwischen den einzelnen Übersetzungen geschieht längst nicht so motiviert. Mag sein, dass wir hier über Feinheiten reden. Doch in einer Klasse, die so ausgereizt ist mittlerweile, sind die nun mal ausschlaggebend.

Zumal sie auf das jeweilige Fahrverhalten abzufärben scheinen. Keine Frage, auch der Cadillac bearbeitet jede Kurve mit allerhöchstem Engagement, schraubt sich mit seiner strammen Kinematik richtig fest rein in die Querbeschleunigung und drückt unter Last wunderbar aus der Hüfte nach. Allerdings erreicht er dabei nie den Feuereifer des BMW M3, diese Kombination aus Spielfreude und Ergebnisorientierung, die sowohl die Performance anstachelt als auch die Lust darauf.

BMW M3 Competition 100 kg leichter

Die große Frage: Wie um alles in der Welt macht er das? Nun, zum einen hängt seine Unbeschwertheit natürlich mit dem geringeren Gewicht zusammen. Über 100 Kilo sind es, und die merkst du einfach: beim Einlenken, beim Rausbeschleunigen, dazwischen und insbesondere danach. Zum anderen ist er mit seinem aktiven Sperrdifferenzial insgesamt offensiver ausgelegt. Oder besser gesagt: Er ist jetzt wieder so offensiv ausgelegt, wie er gehört.

Womit wir beim Thema Fahrverhaltensforschung wären, die uns zuletzt das ein oder andere Rätsel aufgegeben hat. Auslöser war Mitte des Jahres der M4 Competition, der gemessen an unserem Erfahrungsschatz überraschend gesittet umging mit seinem Hinterteil. Zwar schwänzelte er kurveneingangs gewohnt geschickt ums Untersteuern herum, beim Herausbeschleunigen jedoch hatte man den Eindruck, als drossle ihm irgendwas das Drehmoment. Sprich: Dort, wo seine Modellkollegen noch so bereitwillig ins Übersteuern powerten, wurde er auf einmal wie von einer unsichtbaren Leitplanke in der Spur gehalten.

Doch auch wenn dadurch ein bisschen die Gaudi verloren ging, objektiv zu kritisieren gab es nichts. Denn BMW hatte es geschafft, diese künstliche Begrenzung derart exakt am Limit entlangzuziehen, dass es die Querdynamik eher unterstützte, als sie einzuschränken. Umso verwunderlicher nun, dass dieser BMW M3 Competition zurückkehrt zur Zügellosigkeit. Keine automatisierte Kraftschröpfung mehr, kein elektronisch abrasierter Grenzbereich, sondern wieder der M-typische Kurvenverlauf. Alles schön, alles gut, bloß woher kommt's?

Neuer Datenstand löst die elektronische Fußfessel im M3

Laut BMW liegt die Verschiedenartigkeit der Verhaltensmuster an unterschiedlichen Software-Ständen – und dieser mineralweiße Testwagen sei auf dem neuesten. Bedeutet im Umkehrschluss: Die Zeit der elektronischen Fußfessel war ein Kurzintermezzo und ist hiermit offiziell passé – was in der Redaktion übrigens nicht die ganz große Trauer auslöste.

BMW M3 Competition, Cadillac ATS-V, Rundenzeit, Hockenheim
Am Ende ist das Competition-Paket des M3 das entscheidende Zünglein an der Waage.

Und das Update hat sogar noch einen positiven Effekt. Man widmete sich nämlich endlich der Launch Control, die ihren Namen eher nicht verdiente. Jedenfalls trat der Kraftfluss beim Beschleunigen bislang immer derart über die Ufer, dass Feinheiten wie das Leistungsspritzerle so einer Competition-Version buchstäblich in Rauch aufgingen. Jetzt jedoch haben sie offensichtlich eine Abstimmung gefunden, die den Vortrieb in geordnete Bahnen lenkt: So schlupft dieser M3 weniger als alle zuvor, grippt gleichzeitig mehr und sprintet somit auf einmal in die Nähe seiner ach so fern scheinenden Werksangabe. In Zahlen ausgedrückt: 4,0 soll die Competition-Variante auf 100 gehen, 4,4 Sekunden ging sie unseren Messungen zufolge bisher, 4,1 geht sie nun.

Und Sie ahnen ja nicht, wie wichtig diese paar Zehntel gewesen sind – für den Ruf des M3 im Allgemeinen und für jenen hier im ganz Speziellen. Denn obwohl dem Cadillac in seinem Bewegungsapparat überall etwas Pomade pappt, heizt er dem BMW brutal ein. Im Slalom zum Beispiel: Die gut 71 km/h, die der BMW M3 auch diesmal bestätigte, stehen sinnbildlich für seine fahrdynamische Unerreichbarkeit. Und dann kommt ein Cadillac ATS-V daher, hangelt sich mit seinem mitpendelnden Heck um die Hütchen herum und kommt am Ende ganz dicht heran – viel dichter als jeder zuvor. 70,8 km/h schafft er im Schnitt. Und nur zum Verständnis: Das entspricht umgerechnet exakt acht Hundertstelsekunden Differenz.

Starke Bremsen im günstigeren ATS-V

Dazu bremst der Cadillac schlicht sensationell – auf der Runde ebenso wie von 100 auf null. Und: Er kostet erheblich weniger, schon grundsätzlich, und vor allem, wenn man die fahrdynamisch relevanten Extras des BMW miteinkalkuliert. Will sagen: Der M3 Competition stand mit dem Rücken zur Wand, als es nach Hockenheim ging, wo er – die BMW-Fans dürfen weiteratmen – die Nummer dann aber doch noch halbwegs umgebogen bekam.

Denn obwohl Kurven aufgrund der deinstallierten Übersteuerbegrenzung wieder mehr fahrerischen Einsatz erfordern, bestätigt er die Zeit des gezähmten M4 Competition aus der August-Ausgabe aufs Zehntel genau. Und an die kommt der Caddy nicht ganz ran. Bemerkenswert jedoch: Trotz der weitaus schmächtigeren Raddimensionen turnt er mit seiner griffigeren Hinterachse fleißig mit. Auch er weigert sich zu untersteuern, und auch er treibt quer, wenn man alles rausholt aus ihm. Heißt: Rein querdynamisch wäre er nicht zu knacken gewesen, geradeaus jedoch – das hatte sich bei den Standardmessungen ja schon abgezeichnet – fällt er deutlich ab, sodass sich über die Runde doch noch sechs Zehntel Rückstand zusammenläppern. Und auch wenn die am Ende verhindern, dass der ATS-V das hiesige Dynamikdenkmal stürzt, hat er sich zumindest nach Punkten ein genauso großes danebengesetzt. Caddyleck mich fett!

Fazit

Cadillac verfolgt mit der V-Version des ATS dieselbe Philosophie wie BMWs M3: Sechszylinder mit Doppelaufladung, gesperrter Hinterradantrieb, reichlich Querstabilität im Fahrwerk, Michelin- Super-Sport-Bereifung und eine ordentliche Achslastbalance. Sagen wir's so: Es ist nicht die ganz große Überraschung, dass die Handlingveranlagung der beiden sehr, sehr ähnlich ist. Dass die Sensation am Ende nur eine kleine wird und nicht die ganz, ganz riesengroße, hat zwei Gründe. Erstens stand der US-V6 irgendwie nicht voll im Saft, das heißt, zumindest wurde man diesen Eindruck nie so richtig los. Denn trotz nomineller Überlegenheit schob er untenrum nicht halb so gallig los wie das BMW-Organ, schlaffte obenraus früher ab und drückte dazwischen nicht ganz so fulminant. Und dann hatte der ATS-V – zweitens – einfach mal gut 100 Kilo mehr herumzuschleppen. In Kurven bekam er die zur kollektiven Verwunderung zwar kompensiert, geradeaus aber hingen sie an ihm wie Blei. Am Ende steht ein Remis, das sich trotzdem eher nach einem Sieg des ATS-V anfühlt. Schließlich braucht BMW schon die Competition-Version des M3, um mit ihm klarzukommen.

Technische Daten
BMW M3 M Competition PaketCadillac ATS-V 3.6 V6 V
Grundpreis87.590 €83.700 €
Außenmaße4671 x 1877 x 1424 mm4695 x 1828 x 1425 mm
Kofferraumvolumen480 l295 l
Hubraum / Motor2979 cm³ / 6-Zylinder3564 cm³ / 6-Zylinder
Leistung331 kW / 450 PS bei 5500 U/min346 kW / 470 PS bei 5850 U/min
Höchstgeschwindigkeit250 km/h304 km/h
0-100 km/h4,1 s4,3 s
Verbrauch8,3 l/100 km11,6 l/100 km