BMW M5 Competition im Supertest: Leistungsexplosion der Sportlimousine

BMW M5 Competition im Supertest
Leistungsexplosion der Sportlimousine

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Es ist ja nicht so, dass ein BMW M5 von Haus aus schlecht bei Kräften wäre. Und der 575 PS starke M5 Competition schon gar nicht. Oder kann die Sportlimousine sogar noch mehr? Supertest.

BMW M5 Competition, Frontansicht
Foto: Rossen Gargolov

Die moderne Leistungsgesellschaft pflegt sich – nomen est omen – an der Leistung zu orientieren. Aber wie sieht sie aus, die Leistung, was und woran wird sie eigentlich gemessen? Am Engagement, am Einsatz oder doch nur am EBIT? Vielleicht auch am Aussehen oder gar an der Musikalität?

Competition-Paket kostet 8.800 Euro Aufpreis für M5

Die TV-Formate "Germany's Next Topmodel" und "The Voice of Germany" sind scheinbar drauf und dran, das Leistungsprinzip neu zu formulieren. Dabei ist die Leistung grundsätzlich eine Eigenschaft, die sich aus einem ganzen Spektrum von Handlungen beziehungsweise Kriterien zusammensetzt. Und zwar laut Wikipedia "nach Maßgabe gesellschaftlich gegebener Konventionen oder Nützlichkeitserwägungen".

Bevor es bei der Definition von Leistung jedoch gar zu kompliziert wird, schließen wir uns der Einfachheit halber doch lieber bekannten Bonmot des Altkanzlers Helmut Kohl an: "Entscheidend ist, was hinten rauskommt." Übersetzt heißt das: Unterm Strich sind es die Fahrleistungen, in letzter Konsequenz sogar die Rundenzeiten, die bei der Leistungsbemessung eines sportlichen Automobils ausschlaggebend sind.

So gesehen ist es mit der Wirkung des von der BMW M GmbH auch für die M6-Modelle zum Preis von rund 8.000 Euro angebotenen Competition-Pakets nicht sonderlich weit her: Die Fahrleistungen des aktuellen, mit ebendiesem Competition-Paket ausgestatteten Supertest-M5 sind nämlich mit denen des vor gut zwei Jahren gemessenen Basis-M5 (Heft 9/2012) so gut wie identisch.

Nun, angesichts der serienmäßig schon recht beeindruckenden Konstitution der kultverdächtigen Power-Limousine darauf zu spekulieren, dass eine zusätzliche Leistungsspritze von gerade mal 15 PS eine berauschende Wirkung zeigt, ist in etwa so, als erhoffe man sich durch eine einmalige Verabreichung von Globuli-Pillen signifikante Gesundheitsschübe.

BMW M5 Competition bringt 649 PS auf die Rolle

Der theoretisch mögliche Tempozuwachs geht auf diesem extrem hohen PS-Niveau nicht nur in den sich laufend verändernden äußeren Bedingungen unter – Stichwort: Temperatur und Luftdruck. Auch die Regelalgorithmen der Launch Control beziehungsweise der elektronisch gemanagten Differenzialsperre lassen in Abhängigkeit von sich laufend verändernden Reibkoeffizienten nur gewisse Spielräume zu. Unterm Strich sind demnach sie es, die in dieser hohen Leistungsklasse ausschlaggebend für die Bewertung – besser oder schlechter – sind.

Außerdem sind in Sachen Serienstreuung scheinbar Dinge drin, von denen nach Leistung suchende Konstrukteure der traditionellen Saugmotor-Fraktion früher und bisher nicht einmal zu träumen wagten. Das aufblühende Turbo-Zeitalter macht scheinbar alles möglich. Auch auf die Gefahr hin, energischen Widerspruch vonseiten BMWs auf uns zu ziehen, erlauben wir uns zu konstatieren, dass der strahlend blaue Supertest-Kandidat BMW M5 Competition mit dem Kennzeichen M-WK 9235 mit nicht weniger als 649 PS auf der Rolle stand.

Wohlgemerkt auf der Rolle jenes Maha-Leistungsprüfstands, auf dem seit Ende 2012 jeder Supertest-Kandidat gezwungen ist, seine motorischen Ressourcen offenzulegen. Manche landen einen Treffer, andere bleiben leistungsmäßig unterhalb der Werksangabe, andere wiederum streuen geringfügig nach oben.

Leistungsorgie erreicht jenseits der 200 km/h ihren Höhepunkt

649 PS – das sind laut Prüfstandsprotokoll 74 Pferdestärken mehr, als der Hersteller dem Achtzylinder-Biturbo im Performance-Trimm offiziell eingehaucht haben will. Die M GmbH ist sich insofern keiner Schuld bewusst, als sie verlautbaren lässt, mithilfe regelmäßiger Testläufe auf den werkseigenen Motorenprüfständen stets den Beweis dafür antreten zu können, leistungsmäßig innerhalb des vom Homologationsblatt zugelassenen Toleranzbereichs zu liegen.

Danach darf die vom Hersteller angegebene Nominalleistung maximal um fünf Prozent nach oben und nach unten variieren. Wir rechnen an dieser Stelle lieber nicht nach, um wie viel unser BMW M5 Competition im Supertest nach oben streut, und ergötzen uns stattdessen an seiner extrem freizügig und dabei bemerkenswert kultiviert vorgetragenen Leistungsbereitschaft.

Wenngleich sich die aktuellen Messwerte in den Standardprogrammen bis 180 km/h (Elastizität) beziehungsweise 200 km/h (Beschleunigung) kaum von den bisherigen unterscheiden: Die schiere Gewalt im Tempobereich jenseits der 200-km/h-Marke treibt einem Tränen der Begeisterung in die Augen – erst hier erreicht die Leistungsorgie subjektiv ihren Höhepunkt.

BMW M5 Competition wiegt 1.895 kg

Dass sich die im attraktiven Limousinen-Kleid untergebrachte motorische Herrlichkeit von über 600 PS nicht auf den ersten Kilometern, sondern erst in den dafür vorgesehenen Regionen und Refugien in ganzer Pracht entfaltet, liegt nicht nur an den verkehrstechnischen Gegebenheiten. Auch die konzeptionellen Rahmenbedingungen tragen das Ihre dazu bei, dass Typen wie der BMW M5 und seinesgleichen es schwer haben, ihr Leistungsspektrum im Alltag zur Gänze und vor allem auch nachhaltig unter Beweis zu stellen.

Auch wenn es ein sattes PS-Kontingent ist, das hier zusätzlich zur Disposition steht: Zugewinne dieser Art sind bekanntlich weder der Traktion eines Hecktrieblers förderlich, noch können damit die Gesetze der Masse umgangen werden – eher ist das Gegenteil der Fall. Auch im Fall des mit Competition- Paket bestückten BMW M5 steht eine unverändert hohe Masse auf der Habenseite – mit den aus fahrdynamischer Sicht bekannten Konsequenzen hinsichtlich Reifen, Bremsen und Fahrwerk.

BMW M5 im Grenzbereich spürbar freundlicher

Laut M GmbH geht es darum, "die Fahrwerkstechnologie detailliert auf die Leistungscharakteristik des Antriebs abzustimmen, um maximale Performance mit souveränen und auch in hochdynamischen Fahrsituationen exakt kontrollierbaren Reaktionen in Einklang zu bringen". Nun, dieser Anspruch darf als überwiegend erfüllt angesehen werden.

Abgesehen von der zusätzlichen Stabilisierung des um zehn Millimeter tiefergelegten Fahrwerks durch stärkere Stabis, straffere Dämpferkennlinien, einer präziser ausgelegten Elastokinematik und erstmals fest mit der Karosserie verschraubtem Hinterachsträger, ist es der pfleglichen Überarbeitung des elektronisch geregelten Hinterachsdifferenzials zu verdanken, dass der BMW M5 Competition im Grenzbereich nun spürbar freundlicher agiert.

Bisher war es so, dass die abrupte Wirkung des E-Diffs dem geschmeidigen Übergang der Antriebsräder von der Haft- in die Gleitreibung etwas im Wege stand. Die Ausbruchsversuche des Hecks gingen folglich eher schlagartig vonstatten. Die nun sanfter einsetzende Drehmomentzuweisung auf das kurvenäußere Antriebsrad bei gleichzeitigem Einbremsen des kurveninneren Rades erleichtert dem Fahrer des BMW M5 die Kontrolle und verbessert damit indirekt auch die Traktion.

ABS regelt vergleichsweise früh

Leider bilden sich diese konstruktiven und daher in Summe auch wohltuenden Veränderungen nicht in besseren Rundenzeiten ab. Zumindest nicht auf dem Kleinen Kurs in Hockenheim, auf dem die Reifen speziell auch im Zusammenwirken mit der Bremsanlage eine maßgeblichere Rolle spielen als etwa auf der Nordschleife des Nürburgrings. Womit wir bei einem zentralen Kritikpunkt angelangt wären.

Auch die leistungsstärksten Bremskomponenten können keine überragende Wirkung zeigen, wenn die Verzögerungsleistungen nicht zur Gänze übertragen werden – entweder weil die Reifen selbst überfordert sind und/oder weil die Bremskomponenten an der Hinterachse wegen starker dynamischer Radlastverschiebungen nach vorn einen zunehmend geringeren Anteil an der Bremsleistung haben.

In diesem Fall kommt dem ABS der Schwarze Peter zu: Angesichts der hohen Belastung an der Vorderachse beginnt es vergleichsweise früh mit der Regelarbeit, was zwangsläufig zu einer nicht zu unterschätzenden Verlängerung des Bremswegs führt.

Kein erkennbarer Bremsfortschritt

Der Vorsprung, den der werksgetunte BMW M5 durch die bessere Fahrbarkeit im Grenzbereich und möglicherweise auch durch den zusätzlichen PS-Aufschlag generieren kann, wird in den Bremszonen wieder vollständig aufgebraucht. Auch bei den Standardbremsmessungen ist Verbesserungsbedarf erkennbar. Gemessen am Aufpreis, den die auch optisch höchst eindrucksvolle Carbon-Keramik-Bremsanlage mit riesigen, gelb lackierten Bremssätteln an der Vorderachse kostet, stellen die Verzögerungsleistungen von maximal 10,7 m/sÇ keinen wirklich bahnbrechenden Entwicklungsschritt nach vorne dar, das ist klar.

Aber wie gesagt: Die Bremse selbst trifft keine Schuld. Der Grund ist eher in der Bremsbalance sowie in der nicht geglückten Adaption des ABS an die reifentechnischen Vorgaben zu suchen.

Auf der weitläufigeren Nordschleife, die bekanntlich eher die Bedingungen der Landstraße als die eines modernen Grand-Prix-Kurses abbildet, tritt das in Hockenheim beobachtete Phänomen kaum mehr in Erscheinung – aus einem einfachen Grund: Die extrem harten Bremszonen spielen in Bezug auf die Rundenzeiten anteilmäßig keine so große Rolle wie in Hockenheim.

BMW M5 Competition in 7:54 über die Nordschleife

Und siehe da: Die Rundenzeiten purzeln im Supertest nur so nach unten. Die schnellste bisher für den aktuellen M5 im Supertest registrierte Runde – 8.05 Minuten – unterbietet das Modell mit Competition-Paket um ganze elf Sekunden: 7.54 Minuten. Die Fahrbarkeit, sprich das Vertrauen in das Fahrverhalten, wird bei Weitem nicht so früh geschmälert wie in Hockenheim.

Auf der Nordschleife darf der BMW M5 Competition seine motorische Stärke erstmals mit voller Wucht ausspielen: mit 262 km/h in Richtung Schwedenkreuz, mit 230 km/h das Kesselchen hoch und mit knapp 300 km/h auf der ansteigenden Döttinger Höhe – und das beileibe nicht bloß laut Tacho, sondern auf das Komma genau mittels GPS-Daten aufgezeichnet.

Als einem mit ultimativem Ehrgeiz antretenden Biturbo-Achtzylinder ist es dem Antrieb ein Leichtes, die Masse – wir sprechen inklusive Besatzung von gut und gerne zwei Tonnen – über den Ring zu treiben, als wäre sie auf die Hälfte reduziert. Das Gefühl stellt sich auf der Autobahn in ähnlich beeindruckender Form ein – mit den bekannten Konsequenzen: Die Vehemenz, mit der sich die M5-Besatzung in Richtung Horizont zoomen kann, hat in ihrer Lässigkeit etwas süchtig Machendes und Frustrierendes zugleich.

Die laufend auftauchende Frage, warum denn angesichts der schnellen Annäherung niemand auf die Seite fahren will – oder noch besser: sich dort geruhsam und gefahrlos einrichtet –, ist allerdings keine, die M5-Fahrer allein umtreibt. Aber mit 600 und mehr PS unter dem rechten Fuß steigt die Häufigkeit dieser Fragestellung auch bei ihnen exponentiell an.

Technische Daten
BMW M5 Competition M5
Grundpreis112.300 €
Außenmaße4910 x 1891 x 1467 mm
Kofferraumvolumen520 l
Hubraum / Motor4395 cm³ / 8-Zylinder
Leistung423 kW / 575 PS bei 6000 U/min
Höchstgeschwindigkeit250 km/h
0-100 km/h4,1 s
Verbrauch9,9 l/100 km
Testverbrauch14,4 l/100 km