Na, auch erst die Bilderstrecke angeschaut und sich schon mal mental in die Autos reinversetzt? Oder zuerst nach den Preisen und Ergebnissen gesucht? Sorry, den Kurs „In zwei Wochen zum Millionär“ müssen Sie woanders buchen. Und auf eine Punktewertung haben wir bewusst verzichtet, weil das neue 8er Cabrio und die offene S-Klasse für kleinliche Rechenspiele einfach zu groß und zu großartig sind. Selbst ein Bild beider Luxuscruiser mit geschlossenem Verdeck hielt der Fotograf für entbehrlich, denn wer zieht schon bei Bilderbuchwetter in der Bilderbuchlandschaft des Schwarzwalds eine Kapuze auf?
Dabei sind sie natürlich an Bord, und wie: formvollendet straff, dick gepolstert und vollelektrisch betätigt – selbst während der Fahrt bis 50 km/h. Und immer wieder faszinierend zu sehen, mit welch anmutiger Choreografie sich die Hüllen hinter den Rücksitzen ohne aufzutragen unter ihrem Deckel zusammenfalten. Dass der Verdeckkasten einige Liter vom Coupé-Kofferraum abzwackt, nehmen Cabriojünger ebenso lässig hin wie das kleinere Fondabteil und das höhere Gewicht durch die Verstärkungen im Rohbau. Dafür sind beide berückend steif und bis in den letzten Winkel edel gemacht.
Beim Ausblenden lästiger Begleiterscheinungen des Offenfahrens lassen sich beide Hersteller ohnehin von niemandem etwas vormachen. Mit Sitz-, Lenkrad- und Nackenheizung verhätscheln sie ihre Passagiere, und auf Wunsch werden selbst die Armauflagen elektrisch temperiert. Da hat BMW inzwischen mit Mercedes gleichgezogen; nur dessen Aircap, das den Wind mit einem ausfahrbaren Spoiler oberhalb der Frontscheibe verblüffend effizient über die Köpfe leitet, gibt es für ihn nicht.
Ein 8er für zwei
Deshalb müssen vor allem die Fondpassagiere stärkeren Turbulenzen trotzen, wenn sie denn überhaupt ihre Gliedmaßen in den engen Sitznischen mit den steilen Rückenlehnen unterbringen können. Und während beim offenen 6er-Vorgänger noch die separat hochfahrbare Heckscheibe als Windschott diente, übernimmt heute ein sperriges Klappgestell über dem Fondbereich diese Funktion. In der ersten Reihe des 4,85 Meter langen 8er sitzt man dagegen gut geschützt und integriert, hadert höchstens mit den umlaufenden TFT-Instrumentenskalen und freut sich trotz der Überfülle an elektronischen Fahrassistenten auf das Erlebnis des Selberfahrens.
Also Startknopf drücken, den gläsernen Wählhebel auf D, und los geht’s. Der 4,4-Liter-V8 legt homogen und motiviert los, reißt im Sport-Plus-Modus die Klappen auf und den Fahrer gleich mit. Sobald der Hammer fällt, zerren 530 PS und 750 Newtonmeter derart an den 20-Zoll-Reifen, dass man sich Sorgen um den Asphalt machen muss. Wie der Biturbo dreht und geht, ist einfach grandios, zumal die Achtgangautomatik auch dank ihres Zugriffs auf Navi-Daten immer die passende Stufe bereithält.
Doch obwohl sich der BMW M850i xDrive für einen 2,1-Tonner bemerkenswert agil und leichtfüßig fährt, wechselt man nach ein paar flotten Landstraßenkurven lieber wieder in den Gleitermodus. Die 2,14 Meter Breite (mit Außenspiegeln) sind eben arg sperrig, und die geballte Technik von Allradantrieb und -lenkung über das Sperrdifferenzial bis hin zum Adaptivfahrwerk mit Wankstabilisierung machen das Fahren zwar enorm mühelos und sicher, aber zugleich etwas virtuell und synthetisch. Dabei meistert der BMW M850i xDrive Unebenheiten straff gedämpft und keineswegs bockhart, nur kurze Stöße dringen sogar in Comfort Plus bis in die Lenkung durch und sorgen für Unruhe, wo der Mercedes S 560 stets tiefenentspannt bleibt.
Sie ahnen es: Wie Limousine und Coupé lässt sich die stoffbedeckte S-Klasse selbst auf üblen Bodenwellen oder Kopfsteinpflaster nur zu einem sanften Wiegen hinreißen, landet ohne Gepolter und weiches Nachschwingen auf den Airmatic-Samtpfoten. Letzte Störfaktoren filtern die enorm bequemen Multikontursitze samt Hot-Stone-Active-Work-out-Massage weg, und das Dach hält sich ebenfalls an sein Schweigegelübde. Mit 71 dB(A) bei 160 km/h gehört der Mercedes jedenfalls zu den leisesten Cabrios, die wir je gemessen haben – mit 5,03 Metern Länge allerdings auch zu den größten.
Ein Schiff mit Schliff
In seiner raumgreifenden Opulenz und dem ruhigen Fluss der Linien erinnert er bisweilen an eine Luxusjacht, die mit eleganter Wucht und kalkulierter Ekstase ihres Weges zieht. Wie kaum ein anderes Modell rettet er die glamouröse Vergangenheit der Marke in die Gegenwart der Großserie, und wie einst darf der Besteller diesem Hightech-Juwel seinen ganz persönlichen Schliff geben. So präsentiert sich der Testwagen in mystisch glänzendem Rubellitrot mit dunkelrotem Verdeckstoff und Swarovski-Kristallen in den LED-Scheinwerfern, während das luftige Interieur in weißem, rautengestepptem Nappaleder und dem hellbraunen Holz des asiatischen Sen-Laubbaums schwelgt.
Wenn dann noch das Burmester-Surround-Soundsystem, das Ambientelicht mit 64 Farbvarianten und der „Freeside Mood“ aus dem Duftflakon für Stimmung sorgen, kann aus dem geplanten Abendessen beim Italiener schnell eine Spontanreise nach Italien werden. Der Vierliter-V8 und der 80-Liter-Tank stehen solchen Ansinnen jedenfalls nicht im Wege, bei einem Testverbrauch von 12,8 Liter auf 100 Kilometer sind 600 Kilometer ohne Stopp locker drin. Dabei schiebt der etwas schwächere Biturbo den nochmals 44 Kilo schwereren Mercedes ruckfrei und flüsternd wie ein Elektroantrieb an, erst im Sport-Modus lässt er es auch akustisch knallen.
Überhaupt kann der Mercedes S 560 durchaus Dynamik – getrieben von 469 PS, 700 Newtonmeter und dem Vergnügen, neben ein paar Kavalierstart-Radierungen noch einige Vorurteile zurückzulassen. Etwa das, wonach ein luftgefederter Mercedes untersteuernd um Kurven schubbere. Stattdessen strafft sich die Federung bei forcierter Fahrt, und selbst für eine kleine Quertreiberei ist das nicht komplett abschaltbare ESP immer zu haben. Doch dieser Mercedes lässt sich nicht von Kurven- und Drehgier, sondern vom Drehmoment vorantreiben, ist ein Auto, das die große, gefühlvolle Reise als Kernkompetenz verinnerlicht hat.
Fazit
Das BMW M850i Cabrio scheint sich und dem Fahrer stets seine geballte Kompetenz beweisen zu müssen, zeigt bis ins Design eine sprungbereite, aber etwas nervöse Anspannung, die dem Mercedes S 560 Cabrio völlig abgeht. Sie ist ein Souverän, der in sich ruht und diese Gelassenheit geradezu verschwenderisch ausstrahlt. Und so gibt es doch noch ein Ergebnis – ohne Punkte zwar, aber auf den Punkt gebracht.
BMW M850i Cabriolet xDrive | Mercedes S 560 Cabrio | |
Grundpreis | 136.100 € | 144.645 € |
Außenmaße | 4851 x 1902 x 1345 mm | 5032 x 1899 x 1420 mm |
Kofferraumvolumen | 350 l | 250 l |
Hubraum / Motor | 4395 cm³ / 8-Zylinder | 3982 cm³ / 8-Zylinder |
Leistung | 390 kW / 530 PS bei 5500 U/min | 345 kW / 469 PS bei 5250 U/min |
Höchstgeschwindigkeit | 250 km/h | 250 km/h |
0-100 km/h | 3,9 s | 4,8 s |
Verbrauch | 10,0 l/100 km | 10,0 l/100 km |
Testverbrauch | 12,9 l/100 km | 12,8 l/100 km |