Einfach großartig, wie Volkswagen selbst mit kleinen Dingen Freude bereitet. Eine Espressomaschine im Auto? Bitte schön, macht 216 Euro. Der passende Thermobecher, 0,4 Liter, blau, ist für 29,50 Euro zu haben, ein Handtuch, ebenfalls blau, für 34,90 Euro. Nicht zu vergessen: zwei Alu-Trittbretter, silbern eloxiert, Traglast 200 Kilogramm, für 928 Euro – plus Einbau, versteht sich. So wird der physische Einstieg in den Touareg deutlich leichter als der finanzielle, denn mit all seinen schönen teuren Extras bleibt der hier getestete eHybrid nur knapp unter der 100.000-Euro-Marke und seinem Rivalen BMW X5 45e.
Trotz Lederpaket und Dekoreinlagen in Walnussholz verströmt das großzügig geschnittene Interieur jedoch wenig Oberklasse-Flair, vor allem im unteren Bereich dominiert schnödes Hartplastik. Zudem ist die Rückfahrkamera nicht wie üblich bei VW vor Spritzwasser geschützt und liefert oft kein brauchbares Bild. Viel Hirnschmalz steckt dagegen in der flexiblen Möblierung, denn die Rückbank lässt sich um fast 20 cm in der Länge verschieben und ihre 40:20:40 geteilte Lehne fünffach in der Neigung verstellen oder fernentriegelt vorklappen. Ebenso praktisch: Beim elektrischen Öffnen und Schließen der Heckklappe per Fußschwenk geht das Laderollo jeweils mit, und dank Luftfederung kann man die Ladehöhe auf Knopfdruck absenken.
Noch mehr Möglichkeiten offenbart das volldigitale TFT-Cockpit, das vom hochauflösenden, zum Fahrer ausgerichteten Touchscreen mit seiner schieren Größe und Funktionsfülle dominiert wird. Egal ob Raumtemperatur oder Luftverteilung, Oberschenkelauflage oder Massagefunktion der Sitze, Navi-Ziele oder Rekuperationsstärke des Antriebs – alles muss über kleine Berührfelder und zum Teil in Untermenüs eingestellt werden. Dabei erfolgt die Umsetzung wie bei den Eingaben per Lenkradtasten oft verzögert, und auch die begriffsstutzige Spracherkennung bietet keine überzeugende Alternative.
Bessere Bedienung im BMW
Wie es besser geht, zeigt der Wechsel in den X5. Neben einer separaten Taste für reinen E-Betrieb erleichtern vier Zugriffsarten für das Infotainment die Bedienung – vom iDrive-Controller über Fingertippen und Gesten bis hin zur äußerst zuverlässigen Sprachsteuerung. So muss man etwa die Einstellungen für Head-up-Display oder Soundsystem nicht erst in den Tiefen des Menüs suchen, sondern kann sie mit einfachen Kommandos aufrufen. Und wer nicht die buchdicke Betriebsanleitung durchlesen will, lässt sich die Funktionen eben per Video an Bord erklären.
Noch einfacher ist es allerdings, wenn die Elektronik mitdenkt und dem Fahrer manche Entscheidungen abnimmt – so wie beim Energiemanagement der Plug-in-Hybride. Natürlich bietet der VW ebenfalls verschiedene Rekuperationsstärken an sowie die Möglichkeit, die Batterieladung für spätere Stadtfahrten zu halten oder zu steigern, aber der BMW kann mehr. Mit aktivierter Routenführung zeigt er die sogenannten eDrive Zones auf dem Bildschirm an und lädt den Akku selbstständig nach, falls dieser vor dem Ziel leer sein sollte. Zudem gibt er im Eco-Pro-Modus nicht nur Tipps zum schonenden Fahren, sondern verzögert vor Kurven, Abbiegungen oder Kreuzungen durch Rekuperation.
Eile mit Weile
So klappt das mit dem Energiesparen, zumal der X5 hier auch die größere Batteriekapazität (24 zu 14,3 kWh) mitbringt und damit elektrisch 27 Kilometer mehr (69 statt 42) schafft. Doch weil er nur ein- statt zweiphasig lädt, hängt er fast eine Stunde länger (125 statt 69 Minuten) an unserer 22kW-Ladestation um Energie für 20 Kilometer zu bunkern. Da beide noch keine Schnellladung an CCS-Säulen erlauben, kann sich das Stromtanken also einige Stunden hinziehen. Nur gut, dass die Benzintanks groß genug bemessen sind, um trotzdem mit rund 650 Kilometer Gesamtreichweite zu planen.
Damit liegen die Otto-Hybride ebenso auf dem Niveau großer Diesel wie beim Drehmoment, denn die Kombination aus Verbrennungs- und Elektromotor türmt jeweils mächtige 600 Nm auf und schiebt die 2,5-Tonner souverän voran. Die Systemleistung von 381 (VW) und 394 PS (BMW) ermöglicht sogar sportliches Temperament, wobei der Touareg trotz kleinerer Akkus mehr Energie für Spurts und Vmax (250 statt 235 km/h) bereitstellt. Doch obwohl die E-Unterstützung jede Anfahrschwäche des Dreiliter-V6 perfekt kaschiert, ist das Zusammenspiel mit der Achtgangautomatik nicht ganz so treffsicher und harmonisch wie im X5.
Dessen gleich großer Reihensechszylinder wirkt schon akustisch präsenter, begeistert mit Drehfreude sowie sehr gutem Ansprechverhalten und versteht sich blind mit der sogenannten Sport-Wandlerautomatik. Da kommt Freude am Fahren auf, zumal auch das Fahrwerk mit einer für Größe und Gewicht beachtlichen Dynamik aufwartet. Die präzise und direkte Lenkung vermittelt jedenfalls guten Fahrbahnkontakt und ein sattes Gefühl, während der heckbetonte Vierradantrieb zusammen mit der optionalen Allradlenkung ein Untersteuern fast gänzlich verhindert.
So meistert der BMW den Slalom und doppelten Spurwechsel rund fünf km/h schneller als der VW, wirkt dabei allerdings etwas künstlich agilisiert und gerät spürbar ins Wanken. Also die Wankstabilisierung bestellen? Gibt’s nicht für den Plug-in-Hybrid. Auf der Autobahn beeinträchtigt die um die Mittellage etwas nervöse Lenkung den Geradeauslauf, doch ansonsten trüben nur die straffe Grundabstimmung und die steif abrollenden 21-Zoll-Räder des Testwagens (Extra) den guten Gesamtkomfort. Zum Ausgleich hilft die extrabreite Mischbereifung bei der exzellenten Bremsverzögerung.
Der 19-Zoll-serienbereifte Touareg kommt hingegen stets deutlich später zum Stillstand und unterstreicht damit sein eher sanftmütiges Wesen. Positiv macht sich das vor allem in der feinfühliger ansprechenden Luftfederung und dem geschmeidig wiegenden Abrollen bemerkbar, außerdem im niedrigeren Geräuschniveau (beide Testwagen mit aufpreispflichtiger Akustikverglasung) und in den bequemeren, besser ausgeformten Rücksitzen. Insgesamt fühlt sich der VW auf allen Plätzen Pkw-hafter an, obwohl man in ihm ähnlich hoch sitzt wie im BMW.
Noch einmal mit Gefühl
Die Kehrseite der Medaille zeigt sich nicht nur in stärkeren Aufbaubewegungen, sondern vor allem auch im behäbigeren Handling. Bei den Ausweichtests lenkt er indirekter ein, schiebt über die Vorderräder und wird vom ESP mit teils rigiden Eingriffen an der kurzen Leine gehalten.
Obwohl auch im Touareg sämtliche Fahrwerksoptionen verbaut sind, bewegt er sich auf kurvigen, Landstraßen stark. Speziell in engem Geläuf fordert er mehr Fingerspitzengefühl und einen runden Fahrstil. Nachdem er beim Thema Fahrverhalten bereits sieben Punkte auf den X5 verloren hat, werden bei der Sicherheitsausstattung weitere Defizite erkennbar – etwa die fehlenden Ausweich- und Seitensichtassistenten oder seine LED-Matrix-Scheinwerfer (BMW: Laserlicht). Im Alltag stören dagegen vor allem die vielen kleinen Eingriffe der Elektronik in Lenkung und Bremse sowie der deutlich spürbare Übergang von der Rekuperations- zur Funktionsbremse. Zusammen mit der schwachen Verzögerung wirft das den VW in der Eigenschaftswertung weiter zurück, und auch bei den Kosten kann er nicht viel Boden gutmachen.
Immerhin eröffnet das bei ihm serienmäßige Panorama-Schiebedach frische Aussichten und bisweilen sogar ein Gefühl für die Weite des Kosmos, die unsere menschlichen Maßstäbe ja durchaus relativieren kann. Was allerdings nichts daran ändert, dass der X5 im Hier und Jetzt klar der bessere Hybrid-SUV ist.
Fazit
In vier von sieben Kapiteln liegt der engere, teurere X5 vorn, besonders deutlich bei Sicherheit und Fahrverhalten. Zudem ist sein Hybridantrieb etwas stärker und sparsamer.
Nur bei Komfort und Kosten hat der geräumige, variable Touareg die Nase vorn, er schwächelt dagegen bei der Bedienung und vor allem bei den Bremsen. Geringe E-Reichweite.