Autos im Format eines VW Polo gelten heute als vollwertig – mit Platz für vier Erwachsene samt Gepäck sowie den zeitgemäßen Standards an Sicherheit und Komfort. Allerdings kostet ein neuer Basis-Polo heute fast 16.000 Euro.
Es geht aber auch erheblich günstiger, denn Dacia bietet den Sandero schon ab 8.690 Euro an. Trotzdem verspricht die neue, dritte Generation deutliche Fortschritte in allen Bereichen. Und wirft so die Frage auf, ob man sich den Mehrpreis für die teureren Konkurrenten nicht einfach schenken kann.
Zum Vergleichstest mit Kia Rio und Renault Clio schickt Dacia aber nicht die günstigste Variante mit dem 67 PS starken Saugmotor, denn die hat außer LED-Scheinwerfern und sechs Airbags so gut wie nichts an Bord. Stattdessen tritt der Sandero mit Dreizylinder-Turbo (91 PS) und Essential-Ausstattung an, die neben lackierten Stoßfängern auch ein Radio und eine Zentralverriegelung inklusive Funkschlüssel umfasst. Fast 2.000 Euro extra werden dafür fällig, doch mit 10.790 Euro kostet der Sandero trotzdem deutlich weniger als seine Kontrahenten.
So startet der Clio von Dacia-Konzernmutter Renault bei 14.250 Euro (67 PS), doch mit dem gleichen Turbo-Dreizylinder wird er erst in der Zen-Version ab 17.700 Euro angeboten. Günstiger ist der Kia Rio, der mit 84 PS als Edition 7 ab 14.590 Euro zu haben ist.
Renault: moderne Extras
Der Clio rechtfertigt einen Teil seines höheren Preises mit einer umfangreicheren Serienausstattung, die zum Beispiel LED-Scheinwerfer, elektrisch einstellbare Spiegel, eine Verkehrszeichenerkennung sowie einen Spurhalteassistenten enthält. Der Testwagen in der Topversion Intens (19.450 Euro) bringt außerdem noch eine Klimaautomatik, Handsfree-Schlüsselkarte, Parkpiepser hinten sowie Apple CarPlay und Android Auto mit.
In diesem Testfeld ist er sogar der Einzige mit automatisch abblendendem Innenspiegel und Impulsschaltungen für alle Fensterheber. Ebenfalls exklusiv sind optionale Extras wie das große Hochkant-Display und der Digitaltacho, der neben einer Navi-Ansicht beispielsweise auch eine mit zentralem Drehzahlmesser darstellen kann.
Unter der Haube steckt der gleiche Einlitermotor wie im Dacia, der sich im Clio einen kleinen Moment länger Zeit für den Ladedruckaufbau lässt. Für beide gilt jedoch, dass sie mit ihren 91 PS zwar keineswegs schnell, aber ausreichend flott unterwegs sind, um auf der Autobahn halbwegs vernünftig im Verkehr mitschwimmen zu können. Auf Landstraßen ziehen sich Überholvorgänge jedoch reichlich hin.
Kurven handelt der Clio mit nur geringer Wankneigung sicher und zügig ab, wobei die Lenkung nicht mehr als notwendig kommuniziert. Gleichwohl wirkt ihre Abstimmung dank passender Haltekräfte sauber und komfortabel. Eine Besonderheit ist die hohe Positionierung des Schalthebels, womit die Wege zum Lenkrad kürzer als bei den Rivalen ausfallen. Zu kurz ist hingegen die Mittelarmlehne, um das Lenkrad mit abgestütztem Ellenbogen greifen zu können.
Insgesamt überzeugt der Renault aber mit gutem Fahrkomfort: Die Sitze sind auch auf längeren Strecken ausreichend bequem, die Innengeräusche hier am niedrigsten, und das nicht unangenehm straffe Fahrwerk hält den Aufbau ruhig. Auch die Grundbedienung funktioniert weitestgehend stressfrei, nur fehlen dem Infotainment ein Dreh-Drück-Steller und Direktwahlknöpfe. Trotzdem ist das Touchsystem ungleich besser als die träge Variante im Vorgänger.
Kia: gut, aber schwach
Umsteigen in den Kia Rio. Der kann in der Basisversion zwar nicht mit den Assistenzsystemen des Clio dienen, dafür ebenfalls mit elektrisch einstellbaren Spiegeln, einer Klimaanlage und einem Radio mit DAB+ sowie Bluetooth – und natürlich mit der markentypischen Garantie über sieben Jahre. Der Testwagen bietet mit der Ausstattungslinie Vision (ab 16.490 Euro) noch weitere Annehmlichkeiten wie eine Klimaautomatik, Parksensoren, Sitzheizung und einen Spurhalteassistenten.
Unter dem optionalen Touchscreen erleichtern eine Reihe an Direktwahltasten die Bedienung. Zudem steckt am Monitor ein kleiner Dreh-Drück-Steller, der aber die Menüführung ohne erkennbaren Grund nicht unterstützt. Dennoch ist das Bedienkonzept das beste in dieser Gruppe. Gleiches gilt für praktische Details wie die zweistöckige Mittelkonsolen-Ablage oder die niedrige Kofferraum-Innenkante. Außerdem hat nur der Rio einen verstellbaren Ladeboden, während eine Mittelarmlehne erst ab Spirit-Ausstattung dazugehört.
Grundsätzlich ist der Rio komfortabel mit einer dem Clio ähnlichen Fahrwerksabstimmung: Er lässt etwas stärkere Karosseriebewegungen zu, rollt aber einen Hauch weicher ab. Bei zügiger Kurvenfahrt über Land fallen die Unterschiede gering aus, auf der Teststrecke fährt der Kia hingegen deutlich schneller um die Hütchen, weil sein ESP mehr Querdynamik zulässt, ohne die Sicherheit im Alltag einzuschränken. Darüber hinaus liefert die Lenkung etwas mehr Rückmeldung an den Fahrer, fühlt sich jedoch nicht ganz so geschmeidig an wie die des Franzosen.
Im Fond bietet nur der Rio eine Beleuchtung, im Vergleich zum Clio außerdem etwas mehr seitliche Kopffreiheit und Fußraum unter den Vordersitzen. Weitere Spezialitäten in dieser Runde sind der Sonnenbrillenhalter am Dachhimmel und die separaten Verschlussräder an den somit präziser einstellbaren Luftausströmern. In Renault und Dacia muss man die Luftleiter dagegen vollständig in eine Richtung schieben, um sie zu schließen.
Allerdings erleidet der bislang so positive Eindruck vom Rio einen kräftigen Dämpfer, sobald es um den Antrieb geht. Denn sein 1,2-Liter-Vierzylinder verzichtet als Einziger auf Turboaufladung, was ihm deutlich weniger Drehmoment (118 zu 160 Nm) beschert, das zudem erst bei 4.000 statt rund 2.000/min anliegt. Für die Stadt passt der Antrieb, aber außerorts muss man dem Sauger dann alles abverlangen, um irgendwie an den beiden anderen dranzubleiben. Das wird schnell lästig, ergo sollten lieber weitere 1.860 Euro für den 100-PS-Turbodreizylinder einkalkuliert werden.
Dacia: solide und günstig
Im Sandero ist man wie im Clio deutlich entspannter unterwegs. Der gegenüber dem Renault 44 Kilogramm leichtere Dacia schafft den Spurt auf Tempo 100 in 12,2 Sekunden, ist also eine knappe Sekunde schneller als sein Konzernbruder (Kia: 14,3 s). Außerdem reagiert er eben eine Idee zackiger auf Gaspedalbefehle, hin und wieder jedoch verbunden mit kleinen Rucklern. Trotzdem verbraucht er mit 6,0 Litern pro 100 km etwas weniger als der Rio (6,2 l) und der Clio (6,3 l).
Wieso er trotz ähnlichen Formats und gleichen Motors leichter als der Clio ist, erschließt sich beim Einsteigen sofort. Zum einen bietet der Kleinwagen aus Rumänien nicht ansatzweise die schicke Material- und Verarbeitungsqualität seiner Rivalen. Zum anderen fällt selbst die Essential-Ausstattung eher mager aus. Das Wichtigste gibt es aber zu geringen Mehrkosten: Die manuelle Klimaanlage schlägt mit 800 Euro zu Buche, 180 werden für einen höhenverstellbaren Fahrersitz plus Lenksäulenverstellung fällig. Weitere 350 Euro kostet der Touchscreen samt Apple CarPlay und Android Auto, wobei die Smartphone-Halterung und eine Bluetooth-Freisprecheinrichtung sogar zum Serienumfang gehören.
Die Außenspiegel müssen jedoch wenig präzise über kleine Knubbel verstellt werden, was beim Parken an Bordsteinen stört. Außerdem muss man den Tankverschluss mit dem Schlüssel entriegeln und die hinteren Fenster über leichtgängige Kurbeln bedienen. Vorne sind elektrische Fensterheber verbaut, eine Tippfunktion fehlt aber sogar der Fahrerseite. Zudem beschränkt sich die Fahrerunterstützung auf einen Notbremsassistenten und eine Notrufautomatik bei Airbag-Auslösung – ab Comfort sind Parkpiepser ringsum plus Totwinkelwarner erhältlich (700 Euro).
Genau wie beim Clio muss das Gepäck über eine hohe Innenkante gehievt werden. Im Fond bietet der Sandero hingegen die größte Kopf- und Fußfreiheit – vorne allerdings kaum ausgeformte, simple Sitze mit trotzdem akzeptablem Komfort. Zudem wirkt die Geräuschkulisse im Dacia am aufdringlichsten. Dafür federt er am weichsten, was jedoch zu starken Karosseriebewegungen führen kann und bei zügigem Fahren eher irritiert. Mit der stark servounterstützten Lenkung kann man insgesamt zufrieden sein.
Wie viel günstiger ist er?
Der Preis für den Sandero steigt mit den erwähnten Optionen auf 11.490 Euro. Aufgrund der unterschiedlichen Verfügbarkeit bestimmter Extras ist ein exakter Preisvergleich zwischen den dreien schwierig. Dennoch lässt sich der Kostenvorteil des Dacia gegenüber Rio und Clio auf rund 3.500 und 5.000 Euro beziffern.
Unberücksichtigt bleibt in unserer Kalkulation, dass Dacia-Händler ihre Preise üblicherweise kaum rabattieren, Kia und Renault hingegen schon. Gleichwohl bleibt dem Sandero immer ein Preisvorteil, aber auch weiterhin spürbare Qualitätsnachteile.
Fazit
Trotz des schwachen Motors gewinnt der Rio mit gelungenen Komfort- und Fahreigenschaften sowie guter Verarbeitung zu einem angemessenen Preis.
Der teurere Clio fährt mit dem ausreichenden TCe 90 komfortabel, bietet neben schicken Materialien die modernste Technik und die meisten Assistenten.
Der neue Sandero verzichtet auf umfangreiche Assistenz und hohe Materialqualität, schlägt sich aber sonst in allen Belangen ordentlich – zum günstigsten Preis.
Dacia Sandero Stepway TCe 90 Stepway Essential | Kia Rio 1.2 Vision | Renault Clio TCe 90 Intens | |
Grundpreis | 14.800 € | 17.590 € | 19.750 € |
Außenmaße | 4099 x 1848 x 1587 mm | 4065 x 1725 x 1450 mm | 4050 x 1798 x 1440 mm |
Kofferraumvolumen | 328 bis 1108 l | 325 bis 1103 l | 340 bis 1069 l |
Hubraum / Motor | 999 cm³ / 3-Zylinder | 1197 cm³ / 4-Zylinder | 999 cm³ / 3-Zylinder |
Leistung | 67 kW / 91 PS bei 4600 U/min | 62 kW / 84 PS bei 6000 U/min | 67 kW / 91 PS bei 5000 U/min |
Höchstgeschwindigkeit | 172 km/h | 173 km/h | 180 km/h |
0-100 km/h | 14,3 s | 13,1 s | |
Verbrauch | 5,2 l/100 km | 4,9 l/100 km | |
Testverbrauch | 6,2 l/100 km | 6,3 l/100 km |