Eher unwahrscheinlich, dass wir hier kaufberatend tätig werden müssen. Schließlich sind sowohl das Coupé des Ford Mustang Mach 1 als auch des Porsche 718 Cayman GTS 4.0 für echte Marken-Fans, die sich wohl nie für den jeweils anderen Sportler interessieren würden. Die Rollen sind also klar verteilt – seit Jahren, sogar Jahrzehnten gewachsen, wenn Sie so wollen. Und doch rüttelt der Mustang in Form des Mach 1 kräftig am Klischee des V8-Amis, der nur 1/4 Meile kann. Wobei sich nach wie vor viel um den Drag Strip dreht.
Ja, die Amis sind so verrückt und programmieren dem Mustang einen Line-Lock-Modus ins digitale Gehirn: Die Vorderachse beißt sich also im Asphalt fest, während sich die hinteren Gummis klebend in Rauch auflösen und Brocken aus dem altersschwachen Asphalt reißen. Sachbeschädigung wäre das im besten Fall. Deshalb ersparen wir dem Testwagen dieses Martyrium vor den Messungen. Denn wir sind a) überzeugt, dass die Show die Fahrdynamik-Messwerte torpediert, und b) wäre es nicht der erste Mustang, der einige seiner Bestandteile auf unserer Startbahn hinterlässt.
Mach 1: King of Drag Strip?
But the show must go on. So wird die schmucklose Runway in Lahr zum Drag Strip: Im gleichnamigen Modus, der den mechanischen Bauteilschutz aufgibt und das Magnetic-Ride-Fahrwerk vorspannt, soll es am schnellsten gehen. Dazu inszeniert Ford einen Bandtacho samt Startampel im Digital-Cockpit und installiert eine Launch Control mit variablem Drehzahlmanagement sowie individualisierbarer Schaltpunktanzeige. Also Fuß aufs Gas, Countdown abwarten, während sich der V8 einrollt. Dann schiebt er los und erschüttert das gesamte Rheintal mit den Salven seiner Vierrohr-Abgasanlage. Blöd nur, dass sich die Amis den ganzen Aufwand hätten sparen können, denn richtig schnell ist man so nicht. Um den Mustang wirklich zum Blitzstart zu bewegen, muss man das Gaspedal mit Gefühl modellieren, sonst verpuffen die 460 PS und 529 Nm Drehmoment.
Mit deaktivierter Traktionskontrolle stützt sich der Mach 1 mit leichtem Schlupf auf dem Asphalt ab. Reißt man die Gänge nicht durch, taucht die Drehzahl in die mittleren Untiefen ab. Gut, dass Ford die Schaltung mit verkürzten Wegen aus den Shelby-Modellen nutzt. Doch deren Führung verlangt nach Muskelkraft und Präzision, sonst ist die Zeit dahin. So läuft der Mach 1 nach 5,4 Sekunden über die 100er-Tachomarke. Etwas enttäuschend, verspricht Ford doch Sprintzeiten unter fünf Sekunden. Und trotzdem: ein echtes Erlebnis, das in der alten Welt seinesgleichen sucht. Der 718 Cayman hingegen hakt diese Übung einfach ab.
Er presst die Hinterräder mit dem Gewicht seines tief platzierten Sechszylinder-Boxers auf den Asphalt, loggt die analoge Drehzahlnadel Launch-kontrolliert auf der roten Fünf ein und schnalzt genauso schnell los, wie man den Fuß vom Kupplungspedal lupft. Keines der 400 Pferdchen scharrt hier mit den Hufen, dafür kreischt der Sauger dem Fahrer direkt ins Ohr und brüllt Außenstehende mit der Abgasanlage des GT-4-Modells an.
Der Beschleunigungsakt selbst ist flott erzählt: So schnellt der Ganghebel direkt durch die kurzen Gassen, gerade so, als hinge er nicht an Seilen, sondern wäre eine zur Stange gewordene Verlängerung des rechten Arms. Deshalb fühlt sich das alles kaum weniger brutal an. Zudem ist der GTS 4.0 auf Anhieb, wiederholbar und verlässlich genau eine Sekunde schneller als der Mustang. Ein Vorsprung, den der Porsche bis Tempo zwohundert verdoppelt. Und erst bei 293 statt 270 km/h scheitert der Porsche an der natürlichen Luftmauer.
Und anders herum? Na, was denken Sie? Die äußerst respektablen 33,6 Meter Bremsweg aus Tempo 100 des Mach 1 unterbietet der GTS dank optionaler PCCB – ohne Semislicks oder andere legale Tricks – um 2,1 Meter. Blöd nur, dass die 7.319 Euro teure Option momentan nicht orderbar ist. Doch seien Sie versichert: Auch mit Stahlanlage bremst der 718 überragend, zumindest, solange Sie sich nicht regelmäßig auf irgendwelchen Trackday-Kursen herumtreiben.
Fahrdynamik-Streber
Genau da geht’s jetzt hin. Auf dem Handling-Parcours in Boxberg setzt der Cayman die Party fort: Schier unglaublich, wie präzise der Porsche einlenkt, sich spielerisch in Kurven wickelt wie eine Tänzerin um die Pole-Dance-Stange! Egal welche Radien, egal welches Tempo: einlenken, und der Cayman folgt, klebt sich auf der Ideallinie fest. Das Race-Tex-bespannte Lenkrad wird so zum Dreh-, der Schaltknauf zum Angelpunkt. Dabei lässt sich das Schnellgefahre noch etwas würzen. Einfach kurz das Gaspedal lupfen, dann dreht der Lastwechselimpuls die kurze Schnauze weiter Richtung Scheitelpunkt. Was früher bei einem Mittelmotorsportler ohne Röhrl’sche Fahrergene den sicheren Abflug bedeutete, lässt sich heute vergleichsweise einfach mit einem Gasstoß in einen netten Powerslide überführen. Herrlich, wie blitzschnell der kurzhubige 4,0-Liter-Boxer dabei anspricht! Flotter ist man so nicht unterwegs, dafür befreit man sich aus der streberhaften Schnellfahr-Effizienz.
Von dieser profitiert der Cayman jedoch bei den Fahrdynamik-Messungen: Hier tanzt er mit 146 km/h durch die Pylonengassen und fegt im 18-Meter-Slalom mit 71 km/h ebenfalls zügiger um die Hütchen als der etwas sperrige Mach 1. Klar, der Mustang überragt mit 4,80 Metern den 718 um 39 Zentimeter und wiegt mit 1.757 kg rund sieben Zentner mehr als der Mittelmotorsportler. Klingt nach einer klaren Angelegenheit.
Doch auch der Mach 1 besitzt feine Handling-Qualitäten. Das hier serienmäßige Magnetic-Ride-Fahrwerk straffen die Ford-Performance-Jungs für den Europamarkt, trimmen es aber nicht auf das harte, wenig herzliche 718-Niveau. So bewegt sich der Mach-1-Aufbau beim Kurven mehr als der Porsche. Doch das darf man auch als Kommunikation verstehen. Mit seinen 275er-Hinterrädern sowie dem Shelby-Hinterachssperrdifferenzial baut er jedenfalls viel Traktion auf, selbst dann, wenn hinten Winterreifen einen plötzlichen Wintereinbruch parieren müssen.
Vor allem auf buckeligen, kurvigen Landstraßen verliert man so nicht völlig den Anschluss. Das liegt auch an der Lenkung, die setzt Impulse direkt um. Abseits der Rennstrecke stört zudem kaum, dass sie weniger rückmeldet. Schade nur, dass man haltlos auf den couchigen Seriensitzen herumrutscht. Ja, der bessere Arbeitsplatz ist im Porsche: Das fängt schon mit der tiefen Position in den über 5.355 Euro teuren Schalensitzen an, die sich nur längs und in der Höhe verstellen lassen. Warum? Na, weil andere Positionen schlicht nicht notwendig sind. Noch besser sitzt man wohl nur, wenn man bei Porsche einen 3-D-Körperabdruck machen lässt. Kein Witz: Das geht für noch mal 2.677 Euro.
Nur ein Preis ist heiß
Sie merken schon: Es wird teuer, wenn man in Zuffenhausen einkauft. Der GTS 4.0 kostet als nahezu nackige Basis rund 85.000 Euro; dazu addieren sich bewertungsrelevante Fahrdynamik-Extras von rund 13.000 Euro. Beim Versuch, ihn auf das All-inclusive-Niveau des 67.000-Euro-Mustang zu bringen, durchbricht man schnell die 100.000er-Marke.
Im Gegensatz zum Gut-aber-günstig-US-Interieur stimmt hier jedoch die Verarbeitung des deutschen Ingenieurmobils. Auch die Materialien muten hochwertig an, und die Manufaktur-Abteilung erfüllt wirklich alle Wünsche. So können Sie sich den Cayman auch mit Retro-Streifen bekleben, die den Mach 1 serienmäßig gut aussehen lassen.
Zu antiquiert? Wirkt nur das tastenreiche, etwas grobpixelige Porsche-Infotainment, das sich bloß mit Apple verbindet, Android-Smartphones immerhin induktiv lädt und sich zielsicher bedienen lässt. Konfusion herrscht dagegen im Ford: Zahllose Tasten für den Tempomaten, vielschichtigen Bordcomputer oder Pony-Modus heften die Ingenieure dem Mustang einfach ans Lenkrad. Und in der Mittelkonsole regiert das betagte Sync-3-Infotainment, das vornehmlich betatscht werden will, da es Sprachbefehle ignoriert.
Praktikabler ist das Raumangebot: Wo beim 718 der Motor sitzt, machen sich im Mustang Kinder auf Isofix-Sitzen breit. Dazu verstaut der Fastback hinter der schmalen Klappe nicht nur Wochenend-Einkäufe, sondern legt die zweiteilige Rücksitzlehne für Sperrigeres um, das niemals in den zwei Kofferräumen des 718 unterkäme. Zudem empfiehlt sich der Mustang eher als Daily Driver, der im Nachbarschaftsmodus die Auspuffklappe beim Kaltstart geschlossen hält. Apropos Alltag. Hier sind die Coupés sogar sparsam: Beide realisieren auf der Eco-Runde einstellige Verbrauchswerte. Womit wir die Mär vom durstigen V8 und Boxer nicht widerlegen wollen, denn bewegt man die Sportler artgerecht, pendelt der Verbrauch meist um zwölf Liter pro 100 km und mehr. Wobei der Boxer stets etwas weniger Super verbrennt – so viel Kaufberatung muss sein.
Das Saugmotor-Konzert
Klar gibt es Mustang und Cayman auch mit turbogeladenen Vierzylinder-Motoren. Doch wer will die schon, wenn er stattdessen hubraumstarke Saugmotoren fahren kann.
So schön kann ein Baukasten klingen: Tatsächlich basiert der B6S 4,0l auf dem Porsche 9A2Evo.
Der Sauger teilt sich somit viele Teile mit den Turbo-Vier- und Sechszylindern (zwei Bohrungsvarianten: 91 mm und 102 mm). Der Boxer profitiert vom bauarttypischen, vollständigen Massenausgleich sowie kurzhubiger Auslegung – mit zwei Hub-Varianten: 76,4 mm und 81,5 mm. Dabei spritzt er Kraftstoff mit 200 bar über Piezoinjektoren ein, zündet im Takt 1-6-2-4-3-5 oder schaltet bei Teillast eine Zylinderbank ab. Daneben wirkt Fords Coyote-V8-Sauger fast antiquiert.
Doch, auch wenn der Fünflitermotor dank Cross-Plane-Kurbelwelle in der Folge 1-5-4-8-6-3-7-2 zündet und deshalb wunderbar blubbert, gehört der Small Block nicht zum Alteisen: Vier obenliegende variable Nockenwellen, plasmabeschichtete Zylinderlaufbahnen sowie eine kombinierte Saugrohr- und Direkteinspritzung steigern die Effizienz, während die 87-mm-Drosselklappe des Shelby GT350 samt CMC-Ventil – eine Art zweite Drosselklappe mit einer kleinen, asymmetrischen Öffnung – den Luftstrom bei niedrigen Drehzahlen optimiert. So spricht der Alu-V8 direkt an und dreht bis 7.500 Touren.
Ford Mustang Coupé 5.0 Ti-VCT V8 MACH 1 | Porsche 718 Cayman GTS 4.0 Cayman GTS | |
Grundpreis | 67.000 € | 90.958 € |
Außenmaße | 4797 x 1916 x 1403 mm | 4405 x 1801 x 1276 mm |
Kofferraumvolumen | 408 l | 425 l |
Hubraum / Motor | 5038 cm³ / 8-Zylinder | 3995 cm³ / 6-Zylinder |
Leistung | 338 kW / 460 PS bei 7250 U/min | 294 kW / 400 PS bei 7000 U/min |
Höchstgeschwindigkeit | 267 km/h | 293 km/h |
0-100 km/h | 5,4 s | 4,4 s |
Verbrauch | 13,6 l/100 km | 10,8 l/100 km |
Testverbrauch | 12,2 l/100 km | 10,5 l/100 km |