Eine lange Vorrede sparen wir uns. Denn der längst etablierte Hyundai Tucson sowie der altbekannte Seat Ateca bekommen es heute mit dem neuen Renault Austral zu tun. Und der darf gleich als Erster ran. Mit dem Austral erfinden die Franzosen den Kadjar völlig neu und nutzen nun die CMD-CD-Plattform – wie auch der aktuelle Nissan Qashqai. Dabei wächst der Australkörper gegenüber dem Vorgänger kaum, überragt mit 4,51 Metern nur knapp den Hyundai Tucson, aber recht deutlich den Seat Ateca: um 13 Zentimeter. Übersichtlicher macht ihn das nicht, zumal die schmale Fensterlinie die Rundumsicht beeinträchtigt.
Schon hocken wir drin, zunächst auf den etwas seitenhaltarmen optional elektrisch verstellbaren Sitzen mit weit mach vorn ragenden Kopfstützen. Erster Eindruck: Wirklich schick. Weiche Kunststoffe werten das futuristisch anmutende Interieur spürbar auf. Und Alcantara findet sich sogar noch in den hinteren Türen – kein Vergleich zum günstig anmutenden Seat Ateca.
Das gilt auch für die Bedienung: Tatsächlich finden Sie sich im Austral leichter zurecht, wenn Sie vorher mal im neuen Elektro-Megane saßen. Und das hat durchaus seine guten Seiten, denn hier sorgt nun Google für Unterhaltung. Dabei lernt das Infotainment immer weiter dazu, kann nicht nur online navigieren und vom Wetter berichten, sondern auch Fahrzeugfunktionen via Sprachbefehl steuern. Der Fahrer fingert, gestützt von der verschiebbaren Armauflage aber auch gern auf dem Hochkant-Display herum. Das gefällt mit reaktionsfreudiger Geschwindigkeit und hoher Auflösung – zumindest solange die Monitore nicht spiegeln, was bei starker Sonneneinstrahlung der Fall ist. Weniger Klarheit herrscht hinter dem Lenkrad. Denn auf der rechten Seite beharrt Renault auf seinen markentypischen Radiosatelliten. Das wäre nicht weiter schlimm, käme nicht zusätzlich zur Scheibenwischerbedienung noch Mercedes-like ein Automatikwählhebel hinzu. Da vergreifen Sie sich fast so schnell wie in Peugeots i-Cockpit. Immerhin sorgt Renault mit großen Tasten auf dem Lenkrad für Ordnung.
Verrückt und abgestuft
Praktisch: Mit dem konvexen Spiegel im Brillenfach am Dachhimmel haben Sie die Jüngsten auf der Rückbank stets im Blick. Dort sitzen Erwachsene bequemer als im Ateca, jedoch weniger luftig als im Tucson. Optional verschiebt nur der Austral die Bank um 16 Zentimeter. Allerdings verschwinden kleinere Gegenstände gern auf Nimmerwiedersehen in der sich auftuenden Spalte. Die zweigeteilte Rücksitzlehne (60 : 40) fällt fernentriegelt um, wodurch sich eine zweite Stufe im Kofferraum erhebt, die beim Beladen stört.
Sobald alles sicher verstaut ist, kann es losgehen. Im Unterschied zu den Konkurrenten schickt Renault seinen 158 PS starken Vierzylinder nicht mit Doppelkupplungsgetriebe, sondern mit einem stufenlosen CVT-Getriebe ins Rennen. Doch wer angesichts von 270 Nm Drehmoment flottes Vorankommen erwartet, wird enttäuscht. Dem Mildhybrid mangelt es nicht nur an Kultiviertheit, sondern auch an Spontaneität und Durchzugskraft. So zaudert der 1,6- Tonner beim Anfahren und nimmt sich mehr als zehn Sekunden, um auf Tempo 100 zu beschleunigen.
Dabei verrinnt die meiste Zeit im CVT-Getriebe. Auf der Autobahn ruckelt es zudem ständig im Antriebsstrang, gerade so, als ob ständig Schaltvorgänge passieren würden, obwohl wir hier ein stufenloses Getriebe haben. Die Aufregung legt sich erst, wenn der Fahrer den Gasfuß zurücknimmt. Dann nähert sich der Verbrauch auf der behutsam gefahrenen Eco-Runde mit 6,4 l/100 km dem des Ateca an (6,1 l/100 km; Hyundai: 6,5 l/100 km).
Auch auf der Landstraße will der SUV schonend bewegt werden. Denn die Frage nach Kurven beantwortet schon das eckige Lenkrad: So meldet die Lenkung wenig an den Fahrer zurück, und flottes Einlenken endet meist in Untersteuern. Auf der Teststrecke muss der Austral ebenfalls mit Gefühl um die Hütchen gefahren werden. Dabei profitiert er hier vom hohen Gripniveau der Michelin-Pilot-Sport-4-S-Bereifung.
Dennoch: Vom Esprit einer Alpine, den die üppig bestückte Techno-Ausstattungslinie namentlich suggeriert, ist jedenfalls nichts zu spüren. Immerhin packt die Bremse mit Werten unter 35 Metern aus 100 km/h genauso kräftig zu wie die des Tucson. Die zwei nehmen dem Ateca somit mehr als einen Meter Bremsweg ab. Dabei muss man sich im Alltag jedoch an das weiche Pedalgefühl gewöhnen. Und apropos soft: Zunächst entsteht der Eindruck, der Austral sei betont komfortabel abgestimmt. Doch je größer die Anregungen, desto schlechter sprechen Federung und Dämpfer an.
Unaufgeregte Normalität
Ja, das Federn auf unserer Lieblings- Buckelpiste gelingt dem Tucson in diesem Trio am besten, wenngleich viel Bewegung in den Aufbau kommt. Vor allem, wenn es kurvig wird, taucht er stärker ein und kontert fahrerischen Übermut mit sicherem Untersteuern. Sie merken schon: Der Koreaner ist ebenfalls kein Freund von zügiger Kurverei. Im Alltag wirkt sein 1,6-Liter-Turbobenziner zwar weniger angestrengt, fühlt sich aber vor allem beim Zwischenbeschleunigen nicht so kräftig an, wie es 150 PS und früh anliegende 250 Nm Drehmoment suggerieren. Immerhin schaltet der Siebengang-Doppelkuppler unauffällig, und 48-Volt-Technik hilft beim schnellen Motor-On-Off im Stadtverkehr, jedoch ohne dass der SUV besonders sparsam wäre.
Dafür ist der Hyundai sehr aufmerksam: So schließt der Tucson automatisch die Fenster, wenn ein Tunnel für dicke Luft sorgen könnte. Im ansehnlichen Interieur greift der Fahrer intuitiv in Lenkradtasten und -wippen sowie in die separierten Touchfelder der Klimaautomatik. Derweil können Sie sich auf hoch positionierten Sitzen, die Ihren Rücken kühlen oder wärmen, entspannt zurücklehnen, während Sie auf dem etwas zu klein geratenen Display des Infotainment-Systems Naturklänge zur Entspannung auswählen. Den Beifahrersitz verschieben Rückbänkler für noch mehr Beinraum mit Tasten am Sitz auch vom Fond aus, verstellen die eigene Lehne bis hin zur Cargostellung und sorgen für angenehmes Klima mit Dreizonen-Automatik, Sitzheizung und Sonnenrollos. Fehlt nur noch Gepäck, und davon schluckt der Tucson mit 577 bis 1.759 Litern Volumen am meisten (Renault: 500 bis 1.525 l; Seat: 510 bis 1.604 l), obwohl sich 48-Volt-Technik im Ladeboden breitmacht.
Alles gut also? Nun, hin und wieder übertreiben es die Koreaner mit der Fürsorge. So bimmelt es hier ständig: egal ob beim Ein- und Aussteigen, Öffnen der Heckklappe oder assistierten Fahren. Dabei regelt der adaptive Tempomat zuverlässig die Abstände und hält treu die Spur. Allerdings interpretiert die Verkehrszeichenerkennung Tempolimits ebenso frei wie die Konkurrenz – was alle Punkte kostet. Dafür behalten Sie beim Spurwechsel dank Kameraeinblendungen im Digitaldisplay nicht nur den toten Winkel, sondern auch den Ateca im Blick.
Oldie but Goldie
Ja, den acht Jahre jungen Klassen-Opi sollten Sie immer noch nicht abschreiben, wenngleich die Abwicklung des Seat besiegelt scheint und die Zukunft Cupra heißt. Somit sollten Sie keine Revolutionen mehr erwarten, weder beim Design noch bei der Anmutung. So wirkt der viele Kunststoff hier drinnen fast schon billig – und ist doch solide verarbeitet. Als FR kostet der SUV am wenigsten in dieser Runde, ist jedoch auch eher zweckmäßig ausgestattet und assistiert weniger umfangreich.
Doch wie herrlich vertraut einem das Cockpit vorkommt. Dabei müssen Sie sich hier kaum Gedanken über die Bedienung machen: übersichtliche Lenkradhebel für die Assistenten, Tasten und Walzen auf dem Lenkrad. Für Bordcomputer und Klimaautomatik sowie Licht gibt es Drehregler. Nur das Infotainment-Menü geriet ähnlich kleinteilig wie im Hyundai, und die Sprachsteuerung hilft meist nur beim Navigieren oder der Auswahl des Telefonkontakts.
Zwar spendiert Seat dem Testwagen optional verstellbare Adaptivdämpfer, doch deren Abstimmung fällt eher sportlich-straff und die Spreizung überschaubar aus. Dafür begeistert der SUV mit Lenkpräzision, vergleichsweise agilem Kurven-flair ohne permanente ESP-Eingriffe sowie haltstarken Sitzen samt elektrischer Lordosenstütze. Bei Raumgefühl sowie Raumnutzung liegt der Seat auch im Fond zwischen den Mitstreitern. Die Heckklappe schwingt dazu optional elektrisch auf, der Ladeboden variiert in der Höhe, und die Rücksitzlehne mit Durchlade fällt mit einem Zug an der Fernentriegelung im Verhältnis 40 : 60 um.
Für Beschallung sorgt optional die Beats-Audioanlage – oder der 1,5-Liter-TSI. Mit ebenfalls 150 PS und 250 Nm Drehmoment setzt der sich bei den Messwerten kaum vom Hyundai ab, umso mehr jedoch beim Fahren. Der Turbobenziner arbeitet auch beim Anfahren ruckfrei mit dem Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe zusammen, schaltet schnell und zielsicher. Zudem ist der Benziner mit Zylinderabschaltung im Testschnitt mit 7,7 l/100 km mit Abstand am sparsamsten (Hyundai: 8,9 l/100 km; Renault: 8,6 l/100 km).
Und so entscheidet der Ateca im Umweltkapitel den Test für sich. Und das ist durchaus der Rede wert.
Fazit
Seat Ateca 1.5 TSI ACT FR | Renault Austral Mild Hybrid 160 Techno Esprit Alpine | Hyundai Tucson 1.6 T-GDI MHEV Prime | |
Grundpreis | 35.620 € | 37.550 € | 44.890 € |
Außenmaße | 4381 x 1841 x 1615 mm | 4510 x 1825 x 1618 mm | 4510 x 1865 x 1650 mm |
Kofferraumvolumen | 510 bis 1604 l | 555 bis 1761 l | 577 bis 1756 l |
Hubraum / Motor | 1498 cm³ / 4-Zylinder | 1332 cm³ / 4-Zylinder | 1598 cm³ / 4-Zylinder |
Leistung | 110 kW / 150 PS bei 5000 U/min | 116 kW / 158 PS bei 5250 U/min | 118 kW / 160 PS bei 5500 U/min |
Höchstgeschwindigkeit | 202 km/h | 174 km/h | 192 km/h |
0-100 km/h | 9,1 s | ||
Verbrauch | 5,7 l/100 km | 5,7 l/100 km | |
Testverbrauch | 8,9 l/100 km |