Maserati Gran Cabrio im Einzeltest: Offen und viesitzig

Maserati Gran Cabrio im Test
Rassiger Stoffdach-Viersitzer mit 440 PS

Offen und viersitzig - bitte schön, das Angebot ist groß. Aber wer fast alles zu profan findet, landet zwangsläufig in Italien: beim Gran Cabrio der Traditionsmarke Maserati.

Maserati Gran Cabrio
Foto: Achim Hartmann

Würden Sie einen Leyrer GT kaufen? Wohl kaum, das Verständnis des Autors ist Ihnen sicher. Die Nachfahren der alten Römer haben es da besser.

Ferrari und Maserati in einem Konzern

Wer auf dem italienischen Stiefel zur Welt kommt und den Namen Maserati trägt, der ist praktisch dazu verpflichtet, Autos zu bauen. Maserati. Da schwingt ein bisschen Macho und ein bisschen Racing mit. Das klingt. Die Brüder Maserati - fünf waren es insgesamt - haben was draus gemacht. In den Hochzeiten der Marke steht ihr Name gleichwertig neben dem Leuchtturm Ferrari. 5.000 GT und Superamerica heißen die Traumboliden des Auto-Quartetts, die in den sechziger Jahren mit Höchstgeschwindigkeiten um 300 km/h für ehrfürchtiges Staunen bei kleinen und großen Jungs sorgten. Heute stecken Ferrari und Maserati in einem Konzern, was zwangsläufig dafür sorgt, dass sich der Charakter der beiden Italo-Ikonen differenzierte. Ferrari vertritt wie immer die Lehre der reinen Sportlichkeit, Maserati ist in die Luxus- Ecke abgedriftet. Dezenter, weniger extrovertiert. Wer Maserati fährt, beweist damit nicht nur, dass er Geld hat, sondern auch einen erlesenen Geschmack.

Das neue Maserati Gran Cabrio ist ein besonderer Blickfang

Da passt es perfekt, das neue Maserati Gran Cabrio. Es sichert seinem Besitzer ungeteilte Aufmerksamkeit, kleine Jungs kriegen den Mund nicht mehr zu, und selbst ältere Damen riskieren einen Blick. Das große, fast fünf Meter lange Automobil hat Pininfarina in gewohnter Eleganz eingekleidet. Das mächtige Maul mit dem Dreizack des Meeresgottes Neptun krönt die Skulptur des Meisters. Das Cabrio spricht nicht die Liebhaber reinrassiger Sportwagen an, eher die Gourmets, die gern im Luxus schwelgen. Obwohl es durchaus Sportwagenmerkmale aufweist: Die hinteren Sitze taugen mehr zum Ablegen von Gepäck als zum längerfristigen Transport geschätzter Zweibeiner. Und der Kofferraum darf sich geschmeichelt fühlen, wenn man ihn als großzügig dimensioniertes Handschuhfach bezeichnet. Das riesige Verdeck, klassisch aus hochwertigstem Stoff, braucht eben viel Platz, wenn es sich hinter den Sitzen zusammenfaltet. Dafür ist es auch dick gepolstert und mit einem feinen Innenhimmel versehen.

Edler Innenraum im Maserati Gran Cabrio

Geschlossen wird aus dem Gran Cabrio ein kuscheliges Gran Coupé. Für zwei ist der Innenraum großzügig bemessen, und er besticht durch edle Materialien. Leder, Chrom, die ganze Upper-Class-Palette. Die Wahlmöglichkeiten für den Kunden erscheinen unerschöpflich, weshalb es praktisch nicht vorkommt, dass zwei identische Maserati das Werk in Modena verlassen. Holz bietet der Testwagen natürlich auch, aber nicht in der längst ins Gewöhnliche abgerutschten Nusswurzel-Maserung. Es heißt Carphalo, und weil jede Beifahrerin danach fragt, sollte man sich diesen Namen merken. Ganz oldfashioned dagegen: Es gibt einen herkömmlichen Zündschlüssel, den man einfach herumdreht, um den Motor zu starten. Der tut das spontan und mit einem Brunftschrei, der auch dem Unbedarftesten klar macht, dass hier eine italienische macchina aufwacht.

Genügend Power für das Maserati Gran Cabrio bietet der V8-Motor

Der V8 ist eine Ferrari-Konstruktion, aber er unterscheidet sich in einem wesentlichen Punkt: Ferrari verwendet eine flache Rennmotoren-Kurbelwelle, Maserati bedient sich der sanfteren 90-Grad-Welle. Nur 4,7 Liter groß ist der V8, und er muss ohne Turbolader auskommen. Der Dampf kommt aus der Drehzahl, und zwar in einer Menge, die mit einem historischen Rolls-Royce- Statement am besten beschrieben ist: genügend. Die drehzahlorientierte Auslegung bedeutet nicht, dass untenrum die Kraft fehlt. Der Schub setzt bei 2000/min ein und entwickelt sich mit faszinierender Gleichmäßigkeit bis über 7.000/min. Dabei spielt der Auspuff ein wahres Konzert: brummelnd, grollend, schreiend. Der Gaspedal-Dirigent empfindet es als eine Hymne an den Hubkolbenmotor, bevor wir ins Elektro-Zeitalter wechseln. Obwohl der Maserati-Motor eine wahre Sportskanone ist, passt die als Kraftübertragung vorgesehene Getriebe- Automatik vorzüglich dazu. Sie stammt von ZF, womit schon genug gelobt ist. Treffsicher und geschmeidig wechselt sie die sechs Gänge und zeigt, dass dieses Getriebe up to date ist, obwohl des Herstellers jüngstes Kind bereits über acht Fahrstufen verfügt. Normalerweise genügt es, die Automatik in D zu belassen.

Viel Spaß auf Kurvenstrecken im Test

Über einen Mangel an Temperament wird man sich nicht beklagen müssen. Aber weil beim sportlichen Fahren das Schalten von Hand kein Fehler ist, steht diese Möglichkeit offen - auf Wunsch mit Paddeln hinter dem Lenkrad. Ein Auge auf dem Drehzahlmesser und die Finger auf den Tasten katapulieren das Fahrvergnügen auf das Niveau der italienischen Bestenliste, wobei der sauber dosierte Stoß Zwischengas beim Zurückschalten den engagierten Fahrer verrät. Per Sport-Taste kann man das Ganze nachwürzen. Dann spricht der Motor noch giftiger an, und das Getriebe hält ihn konsequent in Drehzahlbereichen, in denen die meiste Kraft bereitgehalten wird. Das steht zwar im Gegensatz zu den Gesetzen der Ökonomie, aber hier gebührt dem Maserati ohnehin kein Lorbeerkranz (Testverbrauch 16,9 L/100 km). Dafür verdoppelt sich auf Kurvenstrecken der Spaß, wenn das Potenzial des Motors auf diese Weise genutzt wird. Sport verhärtet auch die Stoßdämpferkennung.

Damit wird das noble Cabrio, das normalerweise einen ausgewogenen Federungskomfort bereithält, zum harten Burschen, was gar nicht zu seinem Charakter passt. Es wäre besser gewesen, die Funktionen auf getrennte Knöpfe zu verteilen. Zumal die auf hart justierte Dämpfung der Karosserie auf schlechten Straßen dezente Geräusche entlockt. Das ist ein Cabrio, knistern sie ins Ohr, ein in Kleinstserie von Hand gefertigtes. Als ob wir nicht wüssten, worin der Reiz eines solchen Autos besteht.  

Vor- und Nachteile
Karosserie

Für Menschen, die das Besonders lieben. Der Maserati vereint
geschmackssicheren Auftritt mit der faszinierenden Technik eines italienischen
Hochleistungs-Triebwerks. Ein GT im klassischen Sinn.

gutes Platzangebot für zwei Personen
hochwertiges und geschmackvolles Interieur
gut schallisoliertes Verdeck
gute Verarbeitungsqualität
zu kleiner Kofferraum
Fahrkomfort
harmonischer Federungskomfort
übersichtliche Bedienung
hart gepolsterte Sitze
sehr straffe Dämpfung in Position Sport
Antrieb
temperamentvoller, hoch drehender Sportmotor
sehr gute Fahrleistungen
eindrucksvoller Auspuffsound
gut abgestimmtes Automatikgetriebe
Fahreigenschaften
sicheres Kurvenverhalten
stabiler Geradeauslauf bei hohem Tempo
exakte Lenkung
gut angepasstes ESP
mäßige Handlichkeit
Sicherheit
gute Sicherheitsausstattung
ungewöhnlich leistungsstarke, gegen hohe Beanspruchung unempfindliche Bremsen
Bremse bei leichter Verzögerung schlecht dosierbar
Umwelt
hoher Verbrauch und CO2-Ausstoß
Kosten
hoher Preis
teuer im Unterhalt

Fazit

1.
Maserati Gran Cabrio von 1000 Punkte

Für Menschen, die das Besonders lieben. Der Maserati vereint
geschmackssicheren Auftritt mit der faszinierenden Technik eines italienischen
Hochleistungs-Triebwerks. Ein GT im klassischen Sinn.

Technische Daten
Maserati GranCabrio 4.7 V8
Grundpreis132.770 €
Außenmaße4881 x 1915 x 1380 mm
Kofferraumvolumen173 l
Hubraum / Motor4691 cm³ / 8-Zylinder
Leistung323 kW / 440 PS bei 7000 U/min
Höchstgeschwindigkeit283 km/h
0-100 km/h5,5 s
Verbrauch15,4 l/100 km
Testverbrauch16,9 l/100 km