Auf der welligen Komfortstrecke des Bridgestone-Testgeländes in der Nähe von Rom rumpelt es heftig. Genauer: Fahrwerke mancher Modelle kommen im Wortsinn an ihre Grenzen. Hier, wo sich unterschiedliche Wellen – mal hoch, mal lang, mal beides – hinterlistig aneinanderreihen, regen sich Federn und Dämpfer gern auf. Anders bei der Mercedes C-Klasse : Egal ob nur mit Fahrer besetzt oder bis zur maximalen Kapazität von 504 Kilogramm beladen, huscht sie ziemlich gelassen über das kariöse Pflaster.
Nur ein leichtes Poltern lässt die Anstrengung der optionalen Luftfederung (erstmals in dieser Klasse!) samt adaptiven Dämpfern erahnen. Selbst größte Verwerfungen bringen die Mercedes C-Klasse nicht nennenswert aus der Ruhe, außer dass seine Karosseriebewegungen etwas ausladender, die Fahrwerksgeräusche eindringlicher ausfallen – das war’s. Und die Konkurrenz? Das adaptive M-Fahrwerk des BMW 3er geht schon früher in die Progression, reicht Stöße härter durch. Im Gegensatz zum Audi A4 . Er federt straff, aber tapfer, schüttelt seine Passagiere in etwa so durch wie ein Airbus bei leichten Turbulenzen – spürbar zwar, aber akzeptabel, zumal unter der Berücksichtigung, dass der A4, der im kommenden Jahr abgelöst wird, auf Adaptivdämpfer verzichtet.
Volvo mit zu weicher Dämpfung
Im Volvo mit dem sogenannten Four-C-Fahrwerk herrscht da schon mehr Seegang, die Dämpfung wirkt – obwohl variabel – ein wenig zu weich, aus dem Fond kommen erste Testerklagen: Augen auf bei der Berufswahl. An das Fahrwerk der Mercedes C-Klasse reicht jedenfalls keines der Konkurrenten heran, zumindest nicht in dieser Disziplin. Da das Autoleben jedoch mehr Aufgaben bereithält als löchrige Fahrbahnen, die sich vors Auto werfen, wenn es beladen darauf zurollt, sollten Mercedes-Fans noch nicht gleich jubelnd die Flaggen mit dem Stern auspacken.
Schon auf dem kniffligen Handlingparcours mit Slalom, Ausweichtest und sich hinterlistig zuziehenden Kurven huscht ein erster Anflug von Ernüchterung durch die Besatzungen im Mercedes C-Klasse-Cockpit. Dort taucht bald die Frage auf, wo der Mehrwert des 1.416 Euro teuren Luftfeder-Fahrwerks steckt. Klar, die Limousine spricht zuverlässig auf jegliche Unebenheit an und verarbeitet sie bestmöglich, doch das kann der 320i beinahe genauso gut, rollt lediglich bei niedrigem Tempo trockener ab. Nochmals straffer: der A4, der sich offenbar als Sportsfreund andienen möchte, so humorlos, wie er über kurze Unebenheiten holpert. Einzig der S60 mag sich nicht so recht entscheiden, er federt straff und trocken an, beginnt dann jedoch unangenehm zu wanken.
Für die drei Kandidaten mit verschiedenen Fahrwerks-Kennlinien gilt: Finger weg vom Sport-Modus, denn dann wird es bestenfalls ungemütlich (Mercedes, BMW), schlimmstenfalls knüppelhart (Volvo). Ähnliches gilt für die Lenkungen, deren Unterstützung in allen vier Mittelklasse-Limousinen variiert werden kann – was in allen vier ohne erkennbaren Vorteil bleibt. Das Lenkgefühl im S60 muss allerdings aufgrund des hektischen Ansprechens bei gleichzeitiger Gefühllosigkeit – wie beim Ruder eines alten Schoners etwa – abgewatscht werden, dagegen wirkt sogar der A4 präzise wie ein R8.
Mercedes und BMW unterscheiden sich kaum, die elektromechanische Konstruktion der Mercedes C-Klasse agiert jedoch eine Spur gelassener als die dynamisch-direktere Auslegung der BMW-Lenkung, bekommt daher einen Punkt mehr. Beide helfen jedoch stets mit hervorragender Rückmeldung dem Fahrer, das Auto auf der gewünschten Linie zu platzieren. Ob das in der Mittelklasse eine Rolle spielt? Wieso nicht? Ist in diesem Segment Fahrspaß verboten?
Vorhang auf, Tusch, Auftritt BMW 320i. Bestens mit Doppelgelenk-Zugstreben-Vorderachse und Fünflenker-Hinterachse konditioniert, legt er die Zurückhaltung ab und scheucht, ohne groß Luft zu holen, los. Selbst ohne große 18-Zoll-Räder, wie sie der C 200 nutzt, erobert er Kurven, Pylonen-, Ausweichgassen und Sonstiges engagiert wie kein anderer in diesem Test.
BMW 3er mit hoher Präzision
Der 3er lässt sich präzise dirigieren, untersteuert am späten Ende seiner Kurventalente sacht, wird beim Überschreiten der Haftgrenze von einem geschickt regelnden ESP eingebremst. Bei der Mercedes C-Klasse agiert die Elektronik in der Nähe des Grenzbereichs spürbar ungehaltener, an dessen Ende es trotzdem mal ungemütlich werden kann. Allerdings pustet das neue Fahrwerk mit Vierlenker- vorn und Raumlenkerachse hinten das Handling der C-Klasse ordentlich durch, beschert ihr eine Dynamik, die der Vorgänger bestenfalls erreichte, wenn er aus dem AMG-Training kam. Lange bleibt der C 200 unerschütterlich neutral, wankt nicht, rollt kaum und beginnt erst spät durch schubbernde Vorderräder anzukündigen, das nun Schluss mit lustig ist.
Blöd nur, dass der A4 sich so gar nicht aus dem Rückspiegel entfernen mag. Der Audi bleibt trotz Untersteuer-Neigung stets locker dran, bietet ganz ohne Fahrwerks-Chichi kein packendes, aber dynamisches Handling, fährt flott, präzise und sicher. Bei den Fahrversuchen allerdings wirft die Elektronik früh und rigide den Anker, beschert ihm so Punktabzug.
In jedem Fall geriet die Abstimmung von Fünflenker-Vorderachse und der hinteren Trapezlenkerachse ausgewogen mit Einschränkungen beim Federungskomfort. Bei den Fahrdynamikprüfungen rückt dem Audi der Volvo dicht auf das schlichte Heck, denn endlich zahlt sich auf dem ebenen Belag die kompromisslose Härte des Advanced-Modus aus – und der gelungene ESP-Algorithmus. Wenn es dem S60 zu bunt wird, beginnt auch er zu untersteuern. Davon macht er auf der Landstraße wiederum zu häufig Gebrauch. Es fällt ziemlich schwer, mit der ständig zwischen Wanken und straffem Anfedern irrlichternden Abstimmung warm zu werden, ergänzt um die taube Lenkung – und den zähen Motor.
Die Triebwerke – durchweg per Turbo aufgeladene Vierzylinder – müssen niemanden mit großen Gefühlen begeistern, sondern als effiziente Antriebsquelle im Alltag dienen. Dafür hat der 1,6-Liter des Volvo das schlechteste Blatt in der Hand – um dieses auch umgehend auszuspielen. Der durchzugsschwache und drehfaule Direkteinspritzer verleiht seinen Talenten durch die mäßigsten Fahrleistungen und den höchsten Verbrauch Ausdruck. Auch deshalb, weil er mit 1.532 Kilogramm so schwer zu schleppen hat wie kein anderer in diesem Test.
Audi mit kräftigem Motor
Audi und BMW konsumieren überschaubar weniger Kraftstoff als die Mercedes C-Klasse, beschleunigen andererseits deutlich vehementer. Mehr noch: Mit ihnen ist es eine echte Gaudi. So drückt das Zweiliter-Triebwerk des BMW nicht nur aus dem Drehzahlkeller heraus, es jubelt zudem noch willig und mit kernigem Klang über die 6.500/min-Marke hinaus. Dabei bekommt der 3er als Einziger Hilfe von einem Automatikgetriebe, mit acht Stufen obendrein, was natürlich umgehend bei den Kosten draufgeschlagen wird. Dennoch wiegt er mit 1.514 Kilogramm relativ wenig, und sein Motor bietet beeindruckende Leistungsreserven. Okay, der 1,8-Liter-TFSI im Audi muss seine Liebe zu hohen Drehzahlen noch entdecken, zerrt den 1.518 Kilogramm schweren A4 dank des höchsten Drehmoments im Vergleich aber regelrecht trotzig vom Fleck, legt dabei beste Manieren an den Tag, läuft leise und vibrationsarm. Sein Sechsganggetriebe lässt sich leicht, wenngleich ein wenig knorpelig bedienen, die Gassen liegen eng beieinander, die Übersetzungsstufen passen.
Beim Volvo-Getriebe vermisst die rechte Hand bei Gangwechseln ein wenig Führung, zudem fallen die Wege länger aus. Das Übersetzungsverhältnis harmoniert dagegen gut mit dem Motor. Moment mal, da war doch noch …richtig, die Mercedes C-Klasse! Ihr langhubig ausgelegter Zweilitermotor leistet sich weder besondere Stärken noch Schwächen, zumindest bei Ansprechverhalten, Laufkultur und Fahrleistungen. In Verbindung mit dem leicht zu bedienenden Sechsganggetriebe ließen sich ihm subjektiv sogar Dynamikambitionen unterstellen, obwohl die Beschleunigung im Vergleich zur Automatikvariante schlechter ausfällt. Übrigens: Schwäbische Ingenieure leiden doch nicht an akutem Humormangel, denn im Sport-Modus gibt der Mercedes beim Herunterschalten tatsächlich Zwischengas.
Mercedes C-Klasse beeindruckt mit guten Verbrauchswerten
Andererseits knausert er wie kein anderer in diesem Fahrstil, benötigt durchweg einen halben Liter weniger Super auf 100 Kilometer als die Konkurrenten – Szenenapplaus. Jedenfalls verhilft der Mercedes C-Klasse neben dem effizienten Triebwerk der aerodynamische Feinschliff an der Karosserie zu den beeindruckenden Verbrauchswerten. Um das mit 41 Litern sehr knapp bemessene Tankvolumen auszugleichen, fallen sie allerdings nicht beeindruckend genug aus. Dass der C 200 dennoch bei der Reichweite die volle Punktzahl kassiert, liegt an Sonderausstattungscode 916, Kraftstofftank mit größerem Volumen (66 l) für 59,50 Euro – der Testwagen war damit ausgerüstet.
Natürlich quellen noch viele weitere verlockende Optionen aus der Preisliste, egal ob aus den Themenfeldern Infotainment (Burmester-Audioanlage), Assistenten (Head-up-Display), Sicherheit (Pre-Safe-System), Komfort (elektrisch verstell- und beheizbare sowie belüftete Sitze, die die Mercedes C-Klasse bei hemmungslosem Kreuzeln auf das Doppelte des Grundpreises verteuern.
Klar, das geht bei den anderen ebenso leicht, vor allem bei Audi und BMW, wenngleich dort der Umfang der Optionen etwas geringer ausfällt. Bringt man alle vier auf ein ähnliches und vor allem vernünftiges Ausstattungsniveau, kostet der C 200 dennoch mindestens 3.000 Euro mehr. Hinzu kommt, dass einige der teuren Extras das Leben mit der Mercedes C-Klasse nicht unbedingt vereinfachen. So hinkt auch das neue Navigationssystem mit seiner teils wirren Menüstruktur sowie den optisch schicken, jedoch redundanten Bedienelementen auf der Mittelkonsole weiterhin dem des durchdachten BMW hinterher.
Selbst das angegraute MMI-Menü des Audi erschließt sich dem Fahrer schneller, das Tasten-Wirrwarr des Volvo dagegen erst nach langer Eingewöhnung. Bei den Basisfunktionen nehmen sich Mercedes C-Klasse, Audi A4 und 3er nichts, ihre Instrumente lassen sich einfach ablesen, liefern die Informationen unmissverständlich. Der S60 leistet sich die Eigenheit von in drei Modi konfigurierbaren Instrumenten. Doch bei jedem bleibt irgendetwas auf der Strecke, zum Teil nicht Unerhebliches wie die eindeutige Indikation der Motordrehzahl.
Der ganz große Moment der Mercedes C-Klasse diesseits der Furchenpiste bleibt also noch immer aus. Kommt er beim Platzangebot? Schließlich verfügt sie mit 2,84 Metern über den längsten Radstand. Das bringt zwar den Knien der Fondpassagiere etwas mehr Luft als in den anderen dreien, die Kopffreiheit fällt aber wiederum nicht besonders üppig aus. Schuld daran trägt der Dacheinzug, wofür die Rückbank mit ihrer angenehmen Polsterung entschädigt. Ziemlich straff: die vorderen Seriensitze mit ihrem weiten Verstellbereich, jedoch überschaubarem Seitenhalt. Die optionalen Sportsitze von Audi und BMW fallen etwas schmaler aus, bieten aber gleichzeitig mehr Seitenhalt bei gleichzeitig tiefer Sitzposition.
Ganz anders der Volvo, wo Fahrer und Beifahrer zu hoch thronen, wenn auch auf schön fluffigen Möbeln. Dafür mussten sie beim Beladen des Kofferraums durch den schmalen Öffnungsschlitz schwitzen, mehr noch als die Audi-Mannschaft. Wer in den BMW und vor allem den Mercedes Koffer packen muss, hat es deutlich leichter. Bei der Mercedes C-Klasse kommt noch die eingangs erwähnte hohe Zuladung dazu.
Weitere Höhepunkte im noch jungen Leben der neuen Mercedes C-Klasse fehlen vor allem beim Antrieb. Dafür hamstert sie an fast jeder Ecke wenige, am Ende jedoch entscheidende Punkte. Und weil sie sich zudem weder von kurzen noch langen Unebenheiten aus der Bahn werfen lässt, gewinnt sie diesen ersten Vergleichstest.
Mercedes C-Klasse mit Automatikgetriebe?
Mercedes? Nur mit Automatik – zumindest hält sich dieses Klischee hartnäckig. In einer parallel zur handgeschalteten Mercedes C-Klasse getesteten Automatikvariante fiel die 7G-Tronic (Aufpreis 2.499 Euro) allerdings nicht besonders positiv auf. Vor allem beim Ausrollen vor einer Ampel durchzuckten deutliche Schaltrucke die Limousine, speziell in den niedrigen Gängen. Während die Verbrauchswerte in etwa auf gleichem Niveau lagen, beschleunigte der Automatik-Benz vier Zehntel schneller von null auf 100 km/h als der handgeschaltete. Dennoch: Die Perfektion der BMW-Achtgangautomatik erreicht das Mercedes-Getriebe längst nicht. Das Klischee ist also passé.
Audi A4 1.8 TFSI Ambition | BMW 320i | Mercedes C 200 Exclusive | Volvo S60 T4 Momentum | |
Grundpreis | 34.900 € | 36.400 € | 39.008 € | 35.400 € |
Außenmaße | 4701 x 1826 x 1427 mm | 4624 x 1811 x 1429 mm | 4686 x 1810 x 1442 mm | 4635 x 1865 x 1484 mm |
Kofferraumvolumen | 480 bis 962 l | 480 l | 480 l | 380 l |
Hubraum / Motor | 1798 cm³ / 4-Zylinder | 1997 cm³ / 4-Zylinder | 1991 cm³ / 4-Zylinder | 1596 cm³ / 4-Zylinder |
Leistung | 125 kW / 170 PS bei 3800 U/min | 135 kW / 184 PS bei 5000 U/min | 135 kW / 184 PS bei 5500 U/min | 132 kW / 180 PS bei 5700 U/min |
Höchstgeschwindigkeit | 230 km/h | 235 km/h | 237 km/h | 225 km/h |
0-100 km/h | 7,8 s | 7,6 s | 7,8 s | 8,8 s |
Verbrauch | 5,7 l/100 km | 5,9 l/100 km | 5,3 l/100 km | 5,8 l/100 km |
Testverbrauch | 8,7 l/100 km | 8,8 l/100 km | 9,0 l/100 km |