Mercedes GLC 300 4Matic im Test: Teuer, aber auch sehr gut

Mercedes GLC 300 4Matic im Test
Teuer, aber auch sehr gut

Mit dem GLC hat Mercedes einen sehr erfolgreichen SUV im Portfolio, der bisher mit Komfort, hoher Qualität und Agilität lockte. Jetzt kommt die Neuauflage, und wir klären, was sie draufhat.

Mercedes GLC 300 4Matic
Foto: Achim Hartmann

Kürzlich im Büro 528: Wie jetzt, du schreibst einen Einzeltest über einen gemopften GLC? Ne, ne, Kollege. Du irrst dich. Der hier ist neu. Ganz neu, so man das in diesen plattformübergreifenden Zeiten überhaupt noch schreiben kann. Die Damen und Herren in Untertürkheim blieben bei der Formgebung der dritten GLC-Generation lieber in der Defensive. Warum? In Deutschland zählt der Mittelklasse-SUV nach der C-Klasse zu den Topsellern. A-, B-, E-Klasse und GLB, alle dahinter.

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Um die Kundschaft nicht zu verschrecken, sieht der GLC nun mal so aus wie ein: GLC. Sollen sich die Designer mal lieber an den hippen Elektroautos austoben. Wobei die Neuauflage, interner Codename X254, sehr viel Elektrotechnik in sich trägt. Alle Varianten haben Allrad- und 48-Volt-Mildhybridantrieb, dazu gibt es Plug-in-Hybride als Benziner oder Diesel. Zum ersten Test schickte Mercedes den stärksten Benziner (300 4Matic), nur zu haben im AMG Line-Trim für 68.241 Euro. Preislich liegt der Benz damit auf einem sehr hohen Level. Zum Vergleich: Ein GLC 200 mit 204 PS kostet 57.632, der günstigste Diesel (220 d, 197 PS, 440 Nm) kommt auf 60.238 Euro.

Nun geht es hier aber nicht um eine Kaufberatung, sondern ums Testen und jetzt ums Fahren. Also rein in die feine Stube und los. Das Erste, was beim Ausparken auffällt, ist die Aussicht auf die lange und kräftig modellierte Motorhaube. So ein bisschen rustikales G-Modell-Feeling kommt da schon auf. Wer dann sachte anfährt und am griffigen Volant dreht, dürfte feststellen, wie unglaublich wendig dieser 4,72 Meter lange SUV aus der Lücke kurvt. Das Zaubermittel kennen wir schon, etwa aus der C-Klasse, und es nennt sich Hinterachslenkung. Mit einem Winkel von 4,5 Grad gegen die Vorderachse reduziert sie den Wendekreis um 90 Zentimeter auf 10,9 Meter. Ab 60 km/h lenken die hinteren Pneus mit ebendiesem Winkel in Richtung der Vorderräder, erhöhen so die Fahrstabilität bei schneller Fahrt auf der Autobahn.

Fernab der Schnellstraßen fühlt sich der fast zwei Tonnen schwere SUV ebenso wohl. Wie schwungvoll der GLC durch Wechselkurven eilt, Lenkbefehle feinfühlig umsetzt und sich nicht aus der Ruhe bringen lässt, ist schon bemerkenswert. Und nein, das ist kein kopierter Pressetext, sondern Fakt. Womit wir jetzt doch kaufberatend tätig werden, denn wer das alles erleben möchte, muss sich diese Allradlenkung gönnen. Jedoch bedarf es hierzu des Technikpakets (3. 320 Euro), das dem Benz, netter Zufall, zu einem Luftfahrwerk (Airmatic) und adaptiven Dämpfern verhilft. Haken dran? Na klar, denn schon reist man in einem luftigen SUV, der in der Stadt zwar Ärgernisse wie Querfugen einen Tick zu deutlich rückmeldet, ansonsten aber geschmeidigen Federungskomfort garantiert – inklusive dezenten Wogens auf langen Wellen. Falls nötig, gibt sich der GLC auch straffer oder pumpt sich um 15 Millimeter hoch. Die reguläre Bodenfreiheit liegt bei rund 17 Zentimetern. Wir notieren: Der GLC bleibt sich treu, fährt komfortbetont und doch erfrischend agil.

Gelobt sei der M 254

Ein homogen abgestimmtes Fahrwerk reicht natürlich nicht, um seine Spitzenstellung im Segment der Premium-SUV zu sichern. Der Antreiber im Maschinenraum muss ebenso passen. Und der passt. Dank aufwendiger Turbotechnik stemmt allein der zwei Liter große Verbrenner ab 2.000 Touren 400 Nm Drehmoment. Hinzu kommt noch ein 17-kW-Startergenerator, der den SUV dank 200 Nm aus dem Stand heraus leise und flott in Fahrt bringt. Genug Kraft also für sportliche Messwerte (0–100 km/h: 6,4 s), flotte Autobahnfahrten, zackige Überholmanöver oder: stilles Cruisen. Denn bei nicht allzu forcierter Fahrweise nutzt der GLC bereitwillig nur den Generator als Antriebsquelle und geht selbst bei niedrigen Temperaturen – übrigens ohne fröstelnde Insassen – und kaltem Motor sofort in den Segelmodus. Der Übergang der Motoren gelingt sehr sanft.

Auch die zugehörige Neungangautomatik macht ihren Job gut. Meist schnell, unaufgeregt und im Sport-Modus clever bei der Gangwahl – so soll es sein. An der Zapfsäule belässt es der Mildhybrid bei 9,0 l/100 km. Für einen so traktionsstarken, kraftvollen Allradler ein glänzender Wert. Das Einzige, was man M 254 anlasten könnte, ist sein angestrengter Klang bei hohen Drehzahlen. Der gewinnt nur im Sport-Modus dank Soundmodulator etwas an Charme.

Mercedes GLC 300 4Matic
Achim Hartmann
In sich gewachsen, wirkt der GLC nun habhafter, ohne vom Stil des Vorgängers abzudriften.

Viel Wonne, wenig Ärger

Wobei der Testwagen ohnehin kein Teufelskerl sein mag. Er sieht sich eher als Luxusliner. Und ja, die ansehnlichen Holzflächen (464 Euro), der erhabene Touchscreen, der breite Mitteltunnel mit seinen schwarz glänzenden Oberflächen, die bequemen Seriensitze, das hat Stil und passt zu allen, die einen klassischen Mercedes suchen.

Langeweile kommt dennoch nicht auf. Selbst das Basismodell wäre ein guter Entertainer. Das MBUX-Infotainment samt Navi, kabelloser Smartphone-Anbindung (Apple Carplay/Android Auto) und eine kluge Sprachbedienung zählen immer zur Serienausstattung. Ebenso die geradezu brillanten sowie vielseitigen Anzeigen im Fahrerdisplay und im Touchscreen.

Ganz ungeschoren kommt der SUV allerdings nicht davon. Einige Features, beispielsweise die Lenkradheizung, verstecken sich in Untermenüs, die induktive Smartphone-Ladestation im großzügigen Fach vorne ist schwer zu erreichen, und das Lenkrad mit seinen winzigen sensitiven Touchflächen verdient kein Lob. Wer hier nicht unbemerkt durch den Bordcomputer flippert oder die Lautstärke ändert, muss schon sehr genau auf seine Hände achten.

Transporter mit Stern

Ein absolutes Vorbild ist der GLC hingegen, wenn sich alles um den Gütertransport dreht. Niedrige Lade- und keine Innenkante, sehr viel Stauraum (620 bis 1.680 Liter), hohe Zuladung, eine Cargo-Stellung für die dreigeteilte Fondsitzlehne und ein top eingerichtetes Unterbodenfach. Was fehlt? Im Vergleich zu Mitbewerbern nur eine verschiebbare Fondbank. Ähnlich fürsorglich achtet der in Bremen gefertigte SUV auf die Sicherheit seiner Passagiere. Bestes Beispiel ist die Kombination aus großen Anzeigen im Cockpit, die dem Fahrer alle Pkw und Lkw vor und neben seinem Fahrzeug spurgetreu einblenden, und einem adaptiven Tempomaten, der auf der Autobahn Überholvorgänge auf der rechten Spur zuverlässig vermeidet. Zugleich rekuperiert der GLC in solchen Momenten aktiv, statt sofort die Bremsbeläge anzulegen. Steht eine Vollbremsung an, verzögert der Mercedes, hier mit vergrößerten Scheiben vorne, resolut (100–0 km/h: 33,7 Meter). Wichtig zu wissen: Die Bremse spendiert Mercedes nur einem GLC mit AMG-Label. Ähnlich gut versteckt ist die Akustikverglasung, die dem Testwagen zu einer angenehmen inneren Ruhe verhilft. Dazu braucht es schon die AMG Line plus Premium-Paket (4.234 Euro).

70.000 Euro reichen nicht

So erklärt sich auch der dürftige Punktestand im Kostenkapitel. Dass so ein Premium-GLC schick dasteht, versöhnt da nur teilweise. ACC und ein Head-up-Display sind beispielsweise im Preis nicht mit drin. Zudem fällt die Materialqualität im Fond teils dürftig aus. An Hartplastik unterhalb der weichen Armauflagen mangelt es nicht, dafür an gummierten Einlagen in den kleinen Türfächern. Ob das den Erfolg stört? Bei den Vorzügen sicher nicht.

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Vor- und Nachteile
Karosserie
Der GLC zählt jetzt zu den luftigsten SUV seiner Klasse
Famose Anzeigen und vorzüglich eingerichtetes Heckabteil
Viel zu dröges Plastik im Fond
Sicherheit
Mittenairbag
Kurze Bremswege
Zahlreiche Sicherheitssysteme und ...
... für die Topmodelle auch noch hervorragende Scheinwerfer
Komfort
Ähnlich dem Vorgänger überzeugt der GLC mit viel Federungskomfort,
Bequeme Sitze
Gut weggedämmte Windgeräuschen
Klasse: das MBUX-Infotainment
Antrieb
Die feine 48-Volt-Komposition macht den Mercedes nicht nur zum antrittsstarken Sportler, ...
... sondern auch zu einem leisen und effizienten Gleiter
Fahrverhalten
Hinterachslenkung, Adaptivdämpfer und der Allradantrieb verhelfen dem Mercedes zu einem sehr lebendigen und doch entspannten Fahrverhalten
Umwelt
Der Antrieb ist vergleichsweise genügsam, ...
... doch die ermittelten Fahr- und Rollwiderstände sowie die häufigen Ölwechsel kosten Punkte
Kosten
Inklusive testrelevanter Extras ist der GLC sehr teuer und muss jedes Jahr zum Kundendienst. Die hohen Kosten sind hier nicht zu unterschätzen.

Fazit

Oha – wer trotz deftiger Preise über 600 Punkte einsammelt, muss schon viele überdurchschnittlich gute Eigenschaften mitbringen. Die wichtigsten sind hoher Fahrkomfort, gutes Platzangebot, viel Flair und ein durchdachter Laderaum. Schade nur, dass auch Mercedes an einigen Ecken mit feinen Materialien geizt.

Technische Daten
Mercedes GLC 300 4Matic
Grundpreis65.670 €
Außenmaße4716 x 1890 x 1640 mm
Kofferraumvolumen620 bis 1680 l
Hubraum / Motor1999 cm³ / 4-Zylinder
Leistung190 kW / 258 PS bei 5800 U/min
Höchstgeschwindigkeit240 km/h
0-100 km/h6,4 s
Verbrauch9,0 l/100 km
Testverbrauch9,0 l/100 km