Mini John Cooper Works Pro im Supertest auf der Nordschleife

Mini JCW Pro im Supertest
Nutzt der Mini JCW seine zweite Chance?

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Der Mini John Cooper Works der aktuellen F56-Baureihe wurde im Supertest 2015 mit Kritik überschüttet. Nutzt er jetzt mit Pro-Sportfahrwerk seine zweite Chance?

Mini John Cooper Works Pro, Frontansicht
Foto: Hans-Dieter Seufert

Unverhofft kommt im Supertest eigentlich nicht oft vor. Warum der Mini JCW eine zweite Chance in unserem Königstest erhält? Ein anderer Supertestkandidat schwächelte auf der Nordschleife mit krassen Bremsproblemen und konnte den angesetzten Testtag nicht wie geplant durchziehen. Da wir das kostbare Nordschleifen-Zeitfenster natürlich auch nicht verfallen lassen wollten, wurde kurzerhand nach Ersatz gesucht. Der Mini JCW mit Pro-Werkszubehör war als Auswechselspieler einfach zur richtigen Zeit am richtigen Ort.

Während wir den in "Pepper White" lackierten Mini JCW mit dem 2D-Messgerät "verkabeln" und den Reifenluftdruck für den Nordschleifen-Besuch vorbereiten, bleibt Zeit für einen Rückblick auf den Supertest in Ausgabe 12/2015 – für Mini-Fans zugegebenermaßen ein schmerzvoller Rückblick. Selten wurde ein Fahrzeug im Supertest überhaupt so verrissen, doch die Kritik war absolut gerechtfertigt.

Mini John Cooper Works Pro, Motor
Hans-Dieter Seufert
JCW-Klappe, die zweite: Die Nennleistung des Zweiliter-Vierzylinder liegt weiterhin bei 231 PS.

Mit 1.294 Kilogramm brachte der JCW-Testwagen der aktuellen Baureihe F56 114 Kilogramm mehr auf die Waage als der in sport auto 4/2009 getestete Supertest-JCW der Vorgängergeneration R56. Kein Wunder, denn im Vergleich zum quirligen Handschalter trat der JCW erstmals mit Sechsgangautomatik an. Statt des 1,6-Liter-Vierzylinders mit 211 PS arbeitete unter der Motorhaube nun ein Zweiliter-Vierzylinder mit offiziell 231 PS. Die Befürchtungen der Sportfahrer, dass die Gewichtsverteilung des Neulings dadurch noch kopflastiger als zuvor ausfallen würde, bestätigten sich.

Mini John Cooper Works Pro: Wird jetzt alles besser?

Doch die Liste der Kritikpunkte war damit noch längst nicht am Ende. Größtes Manko: Mit einer deutlich weicheren Fahrwerksabstimmung wurde der Schwerpunkt klar auf Alltagstauglichkeit statt auf Fahrdynamik gelegt. Zitat aus Supertest 12/2015: "Während der JCW im Alltag angenehm komfortabel dahinfedert, fehlt ihm auf der Rennstrecke seine Frechheit und Leichtigkeit, die ihn einst so liebenswürdig gemacht hat." Den Identitätsverlust des einstigen Fahrdynamikhelden unter den Kleinwagen bestätigte die Rundenzeit des aktuellen Modells auf der Nordschleife. Mit 8.35 Minuten absolvierte der F56 die Nordschleife genauso schnell wie der R56-Vorgänger – querdynamischer Fortschritt in sechs Entwicklungsjahren: 0,0 Prozent.

Was uns ebenfalls überrascht hat, war die Reaktion vonseiten des Herstellers auf diesen Mini-Supertest. Nachdem wir mit dem JCW so extrem hart ins Gericht gegangen waren, gab es überhaupt keine Rückmeldung – weder aus der Presseabteilung noch aus der Entwicklung von Mini. Bei anderen Herstellern hätten die Redaktionstelefone im Falle einer so harschen Kritik mit Sicherheit geglüht. Wir gehen daher davon aus, dass dieses Schweigen von offizieller Mini-Seite indirekt eine Bestätigung war, dass wir den Nagel zumindest aus Fahrdynamiksicht auf den Kopf getroffen hatten. Dass wir mit unseren Aussagen den Finger genau in die Wunde gelegt hatten, bestätigte uns zumindest ein ehemaliger Mini-Fahrwerksentwickler, der uns nach Veröffentlichung des JCW-Supertests kontaktierte.

Zumindest vonseiten der Leser kam eine schon fast überwältigende Rückmeldung auf den Supertest des Mini JCW. Die Mehrheit befürwortete unsere Kritik. Nur Einzelfälle bezeichneten den Tadel am JCW als unberechtigt, schließlich sei der F56 im Vergleich zum R56 "keineswegs das schlechtere Auto, weil er alles besser kann, immer noch eine gehörige Portion Sportlichkeit bei deutlich höherem Alltagsnutzen bietet und sein typisch unverwechselbares Design bewahrt hat". Solchen Aussagen müssen wir widersprechen: Aus fahrdynamischer Sicht kann der F56-JCW halt eben nicht alles besser – und genau darauf konzentriert sich der Supertest. Um die Themen Alltagsnutzen oder Design kümmern sich andere Magazine. Einige Leser fragten uns, ob der Mini vielleicht mit dem weichen Serienfahrwerk zum Supertest antrat, schließlich könnte man den JCW doch mit drei unterschiedlichen Fahrwerksabstimmungen konfigurieren. Neben der Sonderausstattung 223 ("Dynamische Dämpfer Control") mit Adaptivdämpfern gibt es die Ausstattung 226, hinter der sich die bei Mini sogenannte "sportliche Fahrwerksabstimmung" mit strafferen Dämpfern, aber ohne Tieferlegung verbirgt.

Umfangreiches Werkzubehör im JCW Pro

Der Mini John Cooper Works wird automatisch und ohne Aufpreis mit Extra 226 ausgeliefert, es sei denn der Kunde kreuzt im Konfigurator die kostenlose Option "Serienfahrwerk" an. Das als "Serienfahrwerk" bezeichnet Set-up hat dann eine noch weichere und komfortablere Abstimmung als die sportliche Fahrwerksabstimmung. Vermutungen, dass der Supertest-JCW mit dem weichen Serienfahrwerk antrat, können wir verneinen. Doch auch die sportliche Fahrwerksabstimmung ist im Vergleich zur sportlichen Fahrwerksabstimmung, die der R56-Vorgänger im Supertest 2009 dank "Chili-Paket" trug, wesentlich weicher abgestimmt.

Mini John Cooper Works Pro, Endrohre
Hans-Dieter Seufert
Per Fernbedienung kann die Pro-Klappenabgasanlage aktiviert werden. Der kernige Sound in der offenen Stellung ist aber nicht im öffentlichen Straßenverkehr zugelassen.

Dass der JCW jetzt mit dem umfangreichen Werkszubehör wie dem Pro-Sportfahrwerk, dem Pro-Klappenschalldämpfer, den Pro-Aerodynamikkomponenten am Heck und verschiedenen Carbonteilen (Lufteinlass und Außenspiegelkappen) überhaupt den Weg in den Pressefuhrpark von Mini gefunden hat, verdanken wir Andreas Perlinger, der unter anderem für die Konfiguration der Pressefahrzeuge bei BMW und Mini zuständig ist.

Der Perlinger Andy, wie sie in München zu sagen pflegen, hat nicht nur das fahrdynamische Herz am rechten Fleck, sondern ist sich bewusst, wie wichtig die Konfiguration eines Testwagens im Vorfeld ist. So werden bei ihm beispielsweise M-Modelle gerne ohne elektrische Sitzverstellung konfiguriert, um möglichst viel Gewicht zu sparen. Letzteres kann auch schon einmal bei einem Performance-Vergleichstest, beispielsweise bei der Bepunktung des Leistungsgewichts, über Sieg oder Niederlage entscheiden. Dass ein Pressefuhrpark aber in Zeiten von Sparmaßnahmen der Konzerne nicht ausufernd bestückt und ein Fahrzeug beispielsweise nicht nur für einen einzelnen Test konfiguriert werden kann, sollte auch klar sein. Außerdem muss sich der Testwagen anschließend verkaufen lassen. Ein komplett "nackt" konfiguriertes Fahrzeug ist zwar für den Supertest perfekt – steigert aber nicht unbedingt die Wiederverkaufschancen.

Bei Porsche oder anderen Sportwagenmarken mag sich für einen nackten ehemaligen Hardcore-Testwagen ohne Klimaanlage und Navigationssystem noch ein Extremist unter den Sportfahrern finden, bei Mini wird die Schnittmenge dann jedoch verschwindend gering. So viel zum Exkurs, unter welchen Gesichtspunkten oftmals die Hersteller die Testwagen konfigurieren, die uns zu Testzwecken besuchen.

Höhenverstellbares Pro-Fahrwerk von KW

Umso glücklicher sind wir, dass sich der Mini JCW jetzt noch einmal mit dem Pro-Sportfahrwerk bei uns vorstellt. Hinter dem JCW-Pro-Sportfahrwerk steckt ein höhenverstellbares Gewindefahrwerk von KW, das in Zusammenarbeit mit Mini entwickelt wurde. Die Höhenverstellung bietet einen Verstellbereich zwischen 10 und 30 Millimetern. Wer die Fotos der beiden Supertest-F56 vergleicht, dem fällt sofort die nun geringere Fahrhöhe des JCW auf. Im Vergleich liegt der aktuelle Testwagen laut Mini nun 20 Millimeter tiefer als das bereits getestete Modell ohne Pro-Sportfahrwerk.

Schon beim Einbiegen auf die Nordschleife merkt man außerdem die etwas straffere Dämpferabstimmung des Pro-Fahrwerks im Vergleich zum herkömmlichen Fahrwerk mit sportlicher Fahrwerksabstimmung. Die Betonung liegt auf "etwas" straffer – auch mit dem Fahrwerk aus dem Mini-Werkszubehör wird aus dem F56 kein Mini JCW GP. Fans erinnern sich noch an das auf 2.000 Exemplare limitierte Sondermodell mit straffem Sportfahrwerk, das leider nie den Weg in den Supertest gefunden hat.

Insgesamt ist die Fahrwerksabstimmung für sportliche Geschmäcker auch mit Pro-Sportfahrwerk immer noch zu weich und komfortabel. Die Karosseriebewegungen konnten jedoch durch die niedrigere Fahrhöhe und die etwas strafferen Dämpfer leicht reduziert werden. Im Vergleich zum Supertest-JCW in sport auto 12/2015 liegen die Geschwindigkeiten auf der Nordschleife jetzt in nahezu allen Kurven höher. Besonders in den engeren Ecken stützt sich der JCW Pro jetzt besser ab. Kurzer Abgleich der Kurvengeschwindigkeiten zwischen JCW und JCW Pro in diesen neuralgischen Nordschleifen-Punkten: Ex-Mühle: 93 km/h JCW, 100 km/h JCW Pro; Bergwerk: 83/90 km/h; Hohe Acht 99/105 km/h, Brünnchen 91/99 km/h.

Straffer, aber noch zu weich

Zitat aus Supertest 12/2015: "Speziell in dem Streckenabschnitt ab Hohe Acht, über Wippermann bis ins Brünnchen, pumpt und wankt der aktuelle JCW wie ein angeschlagener Boxer." Genau in jenen beschriebenen Streckenabschnitten folgt der JCW Pro jetzt ruhiger und etwas ausbalancierter der Ideallinie. Im Vergleich der Nordschleifen- Sektorzeiten fährt das Modell mit Sportfahrwerk speziell in Sektor 4 (Schild Hedwigshöhe Ausgang Hohe Acht bis zur Metallbrücke am Ausgang Galgenkopf, 4846 m) mit genau vier Sekunden den größten Zeitvorteil gegenüber dem Supertest-F56 von 2015 ein.

Mini John Cooper Works Pro, Cockpit, Fahrersicht
Hans-Dieter Seufert
Sieben Sekunden schneller: Im Vergleich zum Mini JCW liegen die Kurvengeschwindigkeiten auf der Nordschleife mit Pro-Sportfahrwerk in nahezu allen Kurven klar höher.

Trotz identischen Reifenformats und Reifentyps (rundum Pirelli P Zero 205/45 R17) sowie fast identischen Sturzwerten punktet der JCW Pro heute mit höherem mechanischen Grip. Über mangelnde Traktion unter Last kann auch ohne mechanische Sperre weiterhin nicht geklagt werden. Wie der JCW ohne Sportfahrwerk sollte auch der JCW Pro weitgehend unter Zug gefahren werden. Bei Lastwechsel oder beim zu aggressiven Reinbremsen in Kurven drückt das Heck deutlich. Anders als im Slalom oder im Ausweichtest kann das agile Eigenlenkverhalten auf der Rennstrecke jedoch gut genutzt werden, um jeden Anflug von Untersteuern sofort zu ersticken.

Auf der Autobahn sind schnelle Richtungswechsel mit Vorsicht zu genießen. Das lose Heck sorgt auf der Rennstrecke für Agilität, kann aber weniger geübte Fahrer im Alltag überraschen. Dafür reichen schon kleine Lenkwinkel – eines kann man dem JCW sowohl mit oder ohne Pro-Sportfahrwerk nicht vorwerfen: eine indirekte Lenkung. Im "Sport Mode" agiert der JCW nicht nur mit noch spontanerer Gasannahme, sondern auch mit noch strafferem Handmoment der Lenkung. Und straff heißt im Vergleich zu anderen elektromechanischen Lenkungstypen im Mini JCW richtig kernig.

Sicherlich profitiert der JCW Pro auch von den etwas besseren Testbedingungen (Temperaturen: 12 Grad Luft, 16 Grad Asphalt) als beim ersten F56-Supertest (Temperaturen: 22 Grad Luft, 24 Grad Asphalt), doch der Zeitgewinn von sieben Sekunden auf der Nordschleifenrunde kann größtenteils der modifizierten Fahrwerksabstimmung zugeschrieben werden. Auf den schnellen Streckenabschnitten ist der JCW Pro hingegen etwas langsamer als der normale JCW unterwegs (Schwedenkreuz: 228 km/h JCW, 226 km/h JCW Pro; Fuchsröhre: 222/218 km/h; Döttinger Höhe: 227/225 km/h).

Endlich mit manuellem Sechsganggetriebe

Anders als beim ersten F56-Supertest trägt der JCW Pro aktuell nicht mehr die Sechsgangautomatik, sondern das manuelle Sechsganggetriebe. Trotz etwas längerer Gangübersetzungen passt der knackige Handschalter subjektiv wesentlich besser zum JCW und gibt ihm ein wenig von dem puristischen Gefühl des R56-Vorgängermodells zurück. Wer sich durch den Handschalter eine signifikante Gewichtsreduzierung gegenüber der Automatik erhofft, der wird enttäuscht. Mit 1.282 Kilo wiegt der JCW Pro nur zwölf Kilo weniger als der Supertest-JCW mit Automatikgetriebe. Nicht vergessen: Der R56-JCW, der 2009 zum Supertest antrat, wog lediglich 1.180 Kilo.

Mini John Cooper Works Pro, Heckansicht
Hans-Dieter Seufert
Dank des Pro-Sportfahrwerks konnte sich der Mini John Cooper Works zumindest mit schnelleren Rundenzeiten als der "normale"n JCW halbwegs rehabilitieren.

Mit einer Rundenzeit von 8.28 Minuten umrundet der JCW Pro die Nordschleife nun sieben Sekunden schneller als sein R56-Vorgänger, doch der schnellste Kleinwagen im Supertest ist er damit nicht. Auf dem Thron sitzt weiterhin der kompromisslosere Renault Clio R.S. 220 Trophy, der mit Sportfahrwerk und optionaler Semi-Slick-Bereifung in 8.23 Minuten über die Nordschleife hetzte.

8.23 Minuten? Richtig, da war doch was. Selbige Nordschleifen-Zeit veröffentlichte Mini einst für das R56-Sondermodell John Cooper Works GP. Eine gewichtsreduzierte GP-Neuauflage mit knackigem Sportfahrwerk und Semi-Slicks – das wär's für uns Sportfahrer! Bei Mini wird dieser Wunsch wohl nicht mehr in Erfüllung gehen – zu groß ist der Paradigmenwechsel, den die Marke mit der aktuellen F56-Baureihe eingeleitet hat.

Technische Daten
Mini John Cooper Works John Cooper Works
Grundpreis31.600 €
Außenmaße3874 x 1727 x 1414 mm
Kofferraumvolumen211 bis 731 l
Hubraum / Motor1998 cm³ / 4-Zylinder
Leistung170 kW / 231 PS bei 5200 U/min
Höchstgeschwindigkeit246 km/h
0-100 km/h6,9 s
Verbrauch6,6 l/100 km