Fast könnte man meinen, im spanischen Valladolid kämen sie kaum hinterher, ausreichend Captur zu bauen, so gut verkauft sich Renaults kleiner Crossover. Doch irgendjemand fand wohl noch Kapazitäten, sodass 2023 neben 152.744 produzierten Fahrzeugen mit Rhombus weitere 19.930 Exemplare mit den drei Mitsubishi-Diamanten am Bug vom Band liefen. Badge-Engineering heißt dieser weniger im Wortsinn gemeinte Emblem-Tausch, denn für den Wechsel von Markenlogos braucht’s nun wirklich keine große Ingenieursleistung, er ist deshalb besonders beliebt bei Lebensmitteln oder Elektrogeräten. Heute widmen wir uns allerdings kleinen Familien-Crossovern, Sie können auch "SUV" sagen. Wobei das eine Spur zu klobig klingt, bedenkt man, dass Mitsubishi ASX (4,23 m) und der jüngst überarbeitete VW T-Cross (4,11 m) eher zur kurzen Fraktion zählen.
Seine im Vergleich zum VW größere Länge nutzt der Mitsubishi für ein 81 Liter größeres Kofferraumvolumen (536 Liter), wobei man die Fracht über eine sechs Zentimeter höher liegende Kante hieven muss als beim VW – obwohl dieser das Dach gleich hoch trägt. Tragen können beide rund 500 kg schwere Lasten, also maximal fünf Personen plus Gepäck. Müssen mehr Taschen rein, können die variablen Ladeböden eine Etage tiefer eingehängt und die Rückbänke als Ganzes mehrstufig um bis zu 16 cm (ASX; T-Cross: 14 cm) verschoben werden. Reicht der Platz noch immer nicht, klappen die Fondlehnen um, wobei fast ebene Ladeböden entstehen. Das Surfbrett soll auch mit? Dann bleibt nur der T-Cross mit umklappbarer Beifahrersitzlehne und 2,39 Meter langer Ladefläche (Serie ab Life).
Im Alltag ist man dann aber doch meist mit vier vollwertigen sowie einem schmalen Mittelsitz unterwegs. Und da macht es beim T-Cross keinen Unterschied, ob hinten die Großeltern oder der Nachwuchs Platz nehmen: In den VW steigt man hinten entspannter ein, weil nicht nur die Türausschnitte groß sind – ideal fürs Einladen sperriger Kindersitze —, sondern auch der Raum dahinter, vom Dachhimmel bis in die Fußräume. Natürlich ist das hier kein Passat, doch holt VW selbst seitlich enorm viel Platz aus der schmalen Karosserie, sitzt man auf leicht konturierten Polstern mit langer Beinauflage plus tiefem Fußraum. Die Türfächer taugen für Einliterflaschen, USB-C-Kabel stöpselt man in der Mittelkonsole ein. Bei Dunkelheit knipst du LED-Spots im Dachhimmel an, Isofix-Kindersitze schiebst du in einem Rutsch in die offen liegenden Halterungen. Fehlt etwas? Ja, Stichwort Großeltern: Haltegriffe im Dachhimmel.
Geschwollener Schweller
An dieser Stelle greift man auch beim ASX ins Leere, wobei Sie in der zweiten Reihe des Mitsubishi generell mehr Abstriche machen müssen. Zum Beispiel steht der Schweller etwas höher, wird der hintere Türausschnitt durch die C-Säule stärker eingeschränkt, gibt’s weniger Ablagen und statt USB-Ports bloß einen 12-Volt-Anschluss. Außerdem bietet der umgebadgte Crossover trotz neun Zentimeter längeren Radstands keinen üppigeren Normsitzraum. Für die Füße unter den Vordersitzen bleibt sogar etwas weniger Bewegungsfreiheit, seitlich für den Kopf ebenfalls. Die Polster sind weicher, bieten kaum Kontur, und Erwachsene sitzen mit stärker angewinkelten Beinen. Ach ja, und der Wulst im Winkel zwischen Bank und Lehne drückt bei aufrechter Sitzposition am Gesäß.
Wollen Sie hinters Steuer, reicht ein Zug an der Fahrertür, schon entriegelt die Tür – sofern Sie die Schlüsselkarte bei sich tragen. Für den Motorstart genügt es allerdings oft nicht, das kreditkartengroße Stück Kunststoff einfach nur in der Hosentasche mitzuführen, sondern muss man es in das dafür vorgesehene flache Fach in der Mittelkonsole legen, damit die Sensoren den Start freigeben. Der ASX profitiert davon, dass Renault das Cockpit ergonomisch gestaltet hat, mit gut dimensionierten Fächern, hoch positioniertem Schaltknauf, griffgünstig und dem Fahrer leicht zugewandt installiertem Sieben-Zoll-Touchscreen sowie bis auf ebenjenen Bildschirm analoger Tasten-Regler-Bedienung. Auch die Instrumentierung läuft hier analog, mit kleiner Bordcomputer-Digitalanzeige zwischen den Uhren.
Da wirkt der T-Cross moderner dank sehr gut ables- sowie individualisierbarer Display-Anzeige hinterm Lenkrad. Der neue Touchscreen im Testwagen misst 9,2 Zoll (1.500 Euro) und hat im Gegensatz zum kleinen Navi (acht Zoll, 460 Euro) keine praktischen Drehknöpfe. Moderner, deshalb aber keinesfalls besser ist auch die Bedieneinheit der Klimaautomatik (375 Euro) mit berührungssensitiven Flächen und Slidern statt Tasten sowie Drehreglern. Dass es anders und besser geht, zeigt nicht nur der Mitsubishi ASX, sondern der T-Cross selber. Wie? Mit der ab Werk verbauten einfachen VW-Klimaanlage. Die wird nämlich über Tasten und Drehregler gesteuert, genauso wie die schnell ansprechende Sitzheizung (Serie ab Style, sonst 330 Euro).
Schnell spricht auch der Renault-Motor an, weil er über ein 12-Volt-System minimal mildhybridisiert wird. Entscheidend dafür: ein elektrisch angetriebener Riemenstartergenerator (RSG). Wie der Name sagt, hilft er erstens beim Starten, wirft er den Turbobenziner also schnell an. Zweitens wird Energie regeneriert, sobald Sie vom Gas gehen oder bremsen. Obendrein unterstützt der RSG beim Beschleunigen, greift dem Vierzylinder mit maximal sechs Newtonmetern Drehmoment ein wenig unter die Arme. Eine Beschleunigungsorgie wird also nicht daraus, obwohl der bei langsamer Fahrt im Hintergrund etwas fiepende Turbolader sich schon mächtig ins Zeug legt, sobald die Drehzahlnadel an der 2.000/min-Markierung kratzt.
Ach ja, kuppeln und schalten müssen Sie hier übrigens selber, allerdings läuft das mit dem Knauf eigentlich wie von selbst. Okay, die Gassen könnten etwas enger sitzen, die Wege etwas kürzer sein. Doch hoher Dynamik hat sich der ASX ja eh nicht verschrieben, dafür mangelt es ihm an Handmoment in der Lenkung und fehlt das entsprechende Fahrwerks-Set-up. Problematisch? Auf keinen Fall. Wenn’s drauf ankommt, liefert der französisch-japanische Crossover ab, hält mit nicht allzu restriktiver ESP-Regelung sicher die Spur und zeigt bei unseren standardisierten Ausweichtests kein Fehlverhalten. Ohne Fehl und Tadel ist auch der Komforteindruck im Alltag, weil die Dämpfer mit den meisten Unebenheiten klarkommen.
Dämpfung mit Spannweite
Noch besser klappt das mit dem T-Cross, dessen frequenzabhängig arbeitenden Dämpfern die Ingenieure eine für diese Klasse recht große Spannweite an Kompetenzen antrainiert haben. Besonders gelungen ist darüber hinaus die Parallelität der Dämpfung zwischen Vorder- und Hinterachse, und selbst viele kleine sowie aufeinanderfolgende Wellen, die so manchen Klein- und Kompaktwagen aus der Ruhe bringen, bügelt der T-Cross trotz seines kurzen Radstands ordentlich glatt. Dass der VW insgesamt etwas satter und ruhiger liegt, einen Tick souveräner geradeaus läuft und intensiver über die zielgenauere, aus der Nulllage mit etwas weniger Servounterstützung ausgestattete Lenkung kommuniziert, bringt ihm subjektiv allerhand, objektiv – etwa bei der Ausweichprüfung – jedoch keine Vorteile.
Messbar jedoch die bessere Geräuschdämmung des T-Cross, sobald man mit Autobahntempo unterwegs ist – was allerdings nichts daran ändert, dass die Sprachausgabe beim Telefonieren zu leise ist. Akustisch unaufdringlich ist auch der 1.5 TSI der neuesten Generation mit überarbeiteter Software fürs Zylindermanagement ACT Plus. Dahinter verbirgt sich die auf den ersten Blick sehr simple Möglichkeit, dass bei geringer Last die beiden mittleren der vier Zylinder nicht mehr mit Kraftstoff versorgt werden, deren Kolben nur noch mitlaufen. Das bekommt nur mit, wer ganz genau hinhört, dabei den etwas raueren Lauf wahrnimmt. Ganz und gar nichts werden Sie hinterm Steuer hingegen von den weiteren technischen Veränderungen der Generation EA211 evo2 bemerken, obwohl die Entwickler tief in die Trickkiste gegriffen haben.
Kühlkanäle im Kolben
So wurde die Abgasreinigung verbessert und eine neue Hochdruckeinspritzung installiert. Außerdem reduzieren plasmabeschichtete Zylinderwände die Reibung der nun mit Kühlkanälen versehenen Kolben. Effekt: optimierte Verbrennung, gesteigerter Wirkungsgrad. Zusätzlich sollen variable Ventilsteuerzeiten – in Verbindung mit erhöhter Kompression im Miller-Zyklus – Verbrauchsvorteile bringen und ein VTG-Turbo (mit sich verstellenden Leitschaufeln) für einen harmonischen und agilen Drehmomentaufbau sorgen. Trotz der etwas größeren Gesamtmasse, des höheren Leistungsaufwands bei konstant 130 km/h und fehlender Stromstütze braucht der VW T-Cross im Test pro 100 Kilometer nur ein Wasserglas voll Superbenzin mehr als der Mitsubishi ASX. Auf der besonders sparsam gefahrenen Eco-Runde wächst der Unterschied auf einen halben Liter Sprit.
Lange Autobahnetappen kann der kleine, auf dem Polo basierende und ausgesprochen übersichtliche T-Cross übrigens genauso gut, wie sich durch den zähflüssigen Stadtverkehr manövrieren zu lassen. In beiden Fällen kommt ihm das serienmäßige Doppelkupplungsgetriebe zugute, das automatisch schaltet und in Schubphasen auf ebener Strecke auskuppelt (segelt). Doch nicht nur der Antrieb macht den kleinen, mit 33.575 Euro Grundpreis gar nicht mal so günstigen Volkswagen langstreckentauglich, auch die Ergonomie im Cockpit und die angenehme Sitzposition auf straffen Polstern inklusive langer Beinauflage und einstellbarer Lendenwirbelstütze tragen dazu bei, dass man selbst nach fünf Stunden Fahrt entspannt aussteigt.
Der ASX kostet übrigens über 5.000 Euro weniger und ist ab Werk mit fünf Jahren Technikgarantie ausgestattet. Vielleicht rechnet Mitsubishi auch deshalb mit einer weiterhin hohen Nachfrage und hat für 2024 wieder rund 20.000 Exemplare im Werk Valladolid angemeldet.
VW T-Cross 1.5 TSI Style | Mitsubishi ASX 1.3 Plus | |
Grundpreis | 35.200 € | 27.390 € |
Außenmaße | 4108 x 1760 x 1573 mm | 4239 x 1797 x 1584 mm |
Kofferraumvolumen | 455 bis 1281 l | 484 bis 1275 l |
Hubraum / Motor | 1498 cm³ / 4-Zylinder | 1333 cm³ / 4-Zylinder |
Leistung | 110 kW / 150 PS bei 5000 U/min | 103 kW / 140 PS bei 4500 U/min |
Höchstgeschwindigkeit | 200 km/h | 180 km/h |
0-100 km/h | 8,3 s | 9,6 s |
Verbrauch | 5,9 l/100 km | 5,8 l/100 km |
Testverbrauch | 7,1 l/100 km | 6,9 l/100 km |