Bevor es losgeht: Ob Sie kurz zu ihren Kindern/Enkeln ins Zimmer gehen und sechs dieser typischen Legosteine holen könnten – zwei Punkte breit, vier lang? Wenn Sie nun damit anfangen wollen, alle Varianten auszuprobieren, in denen sich die sechs Steine zusammensetzen lassen? Wäre gut, wenn Sie in den nächsten Jahren sonst nicht viel Dringlicheres vorhätten, als zu protokollieren, welches Ergebnis stimmt. Es gibt mehrere, die auch in einer Facharbeit des dänischen Mathematikers Søren Eilers und seines Teams an der Uni Kopenhagen diskutiert werden: "Das Lego-Zählproblem". Es könnten 915.103.765 Möglichkeiten sein oder doch nur 101.981.504.
Wir zählen da auf Sie und starten derweil mit dem Vergleichstest der drei Kompakten, die alle auf Baukasten-Plattformen basieren, mit Dreizylinder-Turbobenzinern und Automatik antreten. Ob der Astra , der Leon oder der Scala die ungezählten Varianten seines Baukastens am cleversten kombiniert? Es gibt nur eine einzige Möglichkeit, das herauszufinden: Wir fahren hinaus und testen die drei durch.
Opel Astra: peu à Peugeot
In Generation L zählt der Astra nun zum illustren Kreis jener 29 Modelle, die weltweit die sogenannte Efficient Modular Platform nutzen, welche Peugeot/Citroën erstmals 2013 verwendete – lange bevor der Laden zu Stellantis expandierte. Unter den 28 Verwandten des Opel reicht die Innigkeit bis zu Baugleichheit (Citroën Berlingo/Fiat Doblò/Peugeot Rifter/Toyota Proace City). Dagegen zählt der Astra zu den Modellen, die ein distanzierteres Verhältnis zu enger verwandtschaftlicher Nähe pflegen. Er teilt sich zwar das technische Unterzeug von Fahrwerk, Antrieb, Elektronik, Assistenz und Infotainment mit dem Peugeot 308. Doch gelang es den Konstrukteuren in Rüsselsheim, dass der Astra dabei einen eigenen, Opel-typischen Charakter entwickelte.
Der ließ sich bei den Designfreiheiten, welche die EMP2 bietet, leicht in Form bringen. Von außen ähnelt kein Konzern-Cousin dem Astra, drinnen richtet er sich in eigenem Stil ein – bis zur ersten Ebene des Bediensystems. Hinter dem Bühnenbild des Touchscreens wie des anzeigenkargen Digitalinstrumentariums sitzt das gleiche Strukturgerüst wie in allen Modellen von Peugeot 308 bis Citroën C5 X. Was inzwischen nicht mehr so stört. Inzwischen? Nun, seit VW entschieden hat, die Bedienung konzernweit ins Chaos zu stürzen, nimmt man kleine Umständlichkeiten oder Verworrenheiten des Stellantis-Systems als charmante Charakterzüge hin. Irgendwann findet man nicht nur alles, sondern dieses Alles funktioniert auch – von der schnell einblendenden Rückfahrkamera bis zum Assistenzensemble, das in der gut nutzbaren aktiven Spur- und Tempoführung gipfelt.
Etwas neben der Spur liegt der Astra bei der Raumeffizienz. Fast gleich dimensioniert wie Leon und Scala, beherbergt er Passagiere auf der hart gepolsterten, steillehnigen Rückbank beengter. Ungedrängt reisen Gepäck sowie Pilot und Co. Den zwei räumt Opel halt- und komfortintensive Ergo-Sitze ins Cockpit.
Höchster Verbrauch
Schon leer wiegt der Astra hier am meisten, darf mit 528 kg am üppigsten zuladen. So bietet sich ein Antrieb von Entschlossenheit an. Dieser verleiht der Turbobenziner in Klang wie Vehemenz Ausdruck. Trommelig im Ton legt der Motor los, dreht quirlig, drückt wacker und wird in beiden Fähigkeiten von der Achtstufenautomatik mit passend getakteter Gangwahl unterstützt. Im Eco-Modus legt sie in Rollphasen den Leerlauf ein, um die Sparsamkeit zu steigern – ein Unterfangen, das unvollkommen nur gelingt, liegt der Opel doch im Test- wie Eco-Verbrauch mit 7,2 und 5,8 l/100 km je rund einen halben Liter über den – langsameren – Rivalen.
Bei den Fahrsicherheitstests witscht er zudem insgesamt am eiligsten um die Pylonen. Ganz auf die Straße bringt er sein Dynamiktalent nicht. Übertreibt man es nur ein klein wenig, verliert die an sich geschmeidig-exakte Lenkung an Präzision sowie Rückmeldung, der Astra schubbert ins Untersteuern. Davor fährt er – straff abgestimmt, auf kurzen, groben Unebenheiten arg herb federnd – heiter und geschwind durch Kurven. Sicher bleibt er eh immer.
Ob er auf dem Siegerkurs bleibt? Möglich, aber mal schauen. Es hat weniger mit einfacherer Materialauswahl, beengtem Einstieg in den Fond oder schlechterer Rundumsicht zu tun als mit dem hohen Grundpreis des immerhin reich ausgestatteten Astra. In jedem Fall aber gilt: So gut wie auf der EMP2 war er seit Generationen nicht mehr in Plattform.
Skoda Scala: der Polo-Interpret
Obgleich es sich bei den Abmessungen nur durch die knappe Außenbreite andeutet, hat Skoda beim Scala eine andere Skala angesetzt. Als günstiges Auto zwischen Klein- und Kompaktklasse positioniert, basiert er auf dem MQB A0, der vereinfachten Version des Modularen Querbaukastens für Kleinwagen wie Fabia/Ibiza/Polo. Noch wichtiger ist der A0, dessen Fortentwicklung Skoda verantwortet, für Autos, die in Schwellenländern angeboten werden. Weil sie es da mit der E-Mobilität nicht so haben, lassen sich auf dem Baukasten nur reine Verbrenner daherquermodulieren.
So motorisiert den Scala die Standardversion des Einliter-Turbobenziners. Der übertreibt es nicht gerade mit Leistungseifer oder Drehbegeisterung, was auch am geruhsam gestimmten Siebengang-Doppelkuppler liegt. Der schaltet spät runter, oft gleich wieder rauf und lässt sich auch im Sportmodus nicht von der Trödeligkeit abbringen. Dass die sich gegenüber dem gleich starken Leon in den Messwerten nicht zeigt, erklärt sich mit dem um 71 kg niedrigeren Gewicht des Scala. Das dürfte auch Anteil daran haben, dass der Skoda so sparsam fährt wie der mildhybridisierte Seat (6,8 l/100 km im Test).
Warum Gewichtsunterschied und Zuladung (397 kg) nicht größer ausfallen? Weil Skoda den Testwagen mit fast allem ausstaffiert hat, was die Aufpreisliste hergibt – von Clevereien wie ausklappenden Türkantenschützern oder der gut aufgestellten Assistenzabteilung bis zu Entbehrlichkeiten wie der elektrischen Heckklappenbetätigung. Das verschafft dem Scala einen Ausstattungsluxus, der nicht recht in Einklang steht mit dem zweckmäßigen Auftritt, den er auch bei Komfort und Antrieb pflegt.
Viel Platz für wenig Geld
An sich liegt der Vorzug des Scala darin, für weniger Geld viel Platz zu bieten. Zwar liegt er ausstattungsbereinigt 2700 Euro unter dem Astra, gut 2300 Euro unter dem Leon. Aber als Style eben auf einem für die Kompaktklasse ohnedies stattlichen Niveau. Auf dem rangiert auch das Platzangebot – im Fond bietet der Scala fünf Zentimeter mehr Normsitzraum als der Astra, und er packt mehr Gepäck weg als die anderen.
Richtig bequem allerdings reist es sich nicht im Skoda. Weich abgestimmt, spricht das Fahrwerk sacht auf kleine Unebenheiten an. Aber bei herben Wellen kommt die Hinterachse ins Poltern oder schwingt sich zu Hüben auf. Solche Bewegungen hat der Scala nicht so fest unter Kontrolle wie Leon und Astra. Was darauf hindeutet, dass es allzu frohsinnig beim Handling nicht werden könnte.
Wird es auch nicht. Der Skoda kurvt mit diskreter Ambition durch Kurven. Derweil lässt er keine Zweifel an seiner Sicherheit (etwas vehementer bremsen könnte er schon), nur mäßige Rückmeldung in seiner präzisen Lenkung und beim Fahren wenig Vergnügen aufkommen. Nun mag man befinden, man müsse das von einem auf Vernunft geprägten Kompaktwagen nicht erwarten. Nun, aber man kann, wie sich gleich zeigt.
Seat Leon: ein Herz aus Golf
Liebe ebenfalls jüngste Geschwister oder gar Cousinen/Cousins einer ganzen Generation: Erinnert Ihr Euch noch daran, wie wir die Älteren in neuen Hosen/Schuhen/Jacken herumlaufen sahen und wussten, dass die ganzen Klamotten in ein paar Jahren in einem großen Paket und einem Zustand fernab der Neuwertigkeit bei uns landen würden? Mama schaute die Sachen dann durch. Da sie ausrechnete, wie viel das an Geld sparte, vermochte die Altmode bei ihr eine Euphorie auszulösen, welche unsere eigenen Bemühungen, höfliche Freude vorzutäuschen, weit überstieg.
Nun bekommt Seat seit den Zeiten des Toledo I nicht mehr die abgelegte VW-Technik, sondern mit knappem Verzug die neuesten Entwicklungen. Doch müssen sie den Leon in Martorell mit dem aussteuern, was die in WOB ihnen ins Paket stecken. Darunter finden sich hervorragende Sachen wie das Format, auf kompakten Abmessungen ein Raumangebot für fünf zu schaffen, mit welchem der Leon auch in der Mittelklasse bestehen könnte. In den alltagsgeschickt variierbaren Kofferraum passt genug Gepäck, dazu bekommt der Seat die ganze Sicherheits- und Assistenzpalette, von LED-Scheinwerfern über die aktive Tempo- und Spurführung bis zum Totwinkelwarner, der bei Gefahr von hinten das Ambientelicht in der Türverkleidung aufblitzen lässt.
Effizienter Antrieb
Den Antrieb vorn übernimmt die aktuellste, effizienteste Version des Einliter-Turbodreizylinders. Den boostet das 48-Volt-Mildhybridsystem über die kleine Anfahrschwäche oder das gelegentliche Zaudern der meist alerten Siebengang-Doppelkupplungsbox hinweg. Das E-Werk kann die Stromversorgung an Bord mit der Energie eines kleinen, per Rekuperation geladenen Akkus versorgen. Daher legt das System in Rollphasen im Eco- und Normalmodus nicht nur den Leerlauf ein wie beim Astra, es knipst dazu auch den Motor aus. Das senkt den Verbrauch des Leon auf das Niveau des leichteren Skoda.
Nun wäre es mal Zeit für ein leises "Aber", meinen Sie? Na, es ist eher eines, das brüllend den Berg herunterstürmt. Denn neben all den wertvollen Komponenten übernimmt der Leon vom Golf auch die Bedien... – nun, es fällt uns schwer, dies Bedienlogik zu nennen, was Seat gar noch weiter ausschmückt. So fächern sich die Untermenüs des Touchscreen-Infotainments noch labyrinthiger auf, lassen sich die Digitalinstrumente noch fitzeliger über die Lenkradtasten sortieren. Anders als der Scala hat der Leon die schon fast legendär miserabel bedienbaren Tastschieber für Wärme- und Lautstärkeregelung.
Keine einfach laute, sondern eine wohlmodulierte Stärke ist das Handling des Leon. Seine Lenkung reagiert sensibel, aber nicht überspitzt, belatschert einen nicht bei der Rückmeldung, sondern gibt das Wichtigste in Prägnanz weiter. Alles das passt klasse zum Fahrwerk. Es verbandelt bei sachter Grundstraffheit hohe Fahrsicherheit und ein beschwingtes Handling, bei dem der Leon erst spät in harmloses Untersteuern schrubbt.
Womit wir nun an einem Ende wären, an dem wohl keiner Bauklötze staunen wird, wenn der Leon gewinnt. Weil er eben – Sie ahnen es – am meisten auf dem Baukasten hat.
Fazit
Da biste platt, denn der Leon bringt von vielem am meisten mit: Platz, Komfort und Fahrvergnügen. Aber eben auch die wirrste Bedienung. Reicht trotz karger Ausstattung zum Sieg.
Top in Plattform: Obgleich auf einfacherer Basis, macht es der alltagsclevere, günstige, geräumige Scala dem Leon schwer. Bissigere Bremsen, fixeres Handling – der Scala wäre Erster.
Platt-deutsch: Trotz internationaler Plattform fühlt sich der muntere Astra mit schwungvollem Handling ganz nach Opel an. Klasse Bremsen. Etwas hoch: Preis und Verbrauch.
Opel Astra 1.2 DI Turbo GS Line | Seat Leon 1.0 eTSI Xcellence | Skoda Scala 1.0 TSI Style | |
Grundpreis | 32.830 € | 30.770 € | 29.020 € |
Außenmaße | 4374 x 1860 x 1470 mm | 4368 x 1800 x 1456 mm | 4362 x 1793 x 1514 mm |
Kofferraumvolumen | 422 bis 1339 l | 380 bis 1301 l | 467 bis 1410 l |
Hubraum / Motor | 1199 cm³ / 3-Zylinder | 999 cm³ / 3-Zylinder | 999 cm³ / 3-Zylinder |
Leistung | 96 kW / 130 PS bei 5500 U/min | 81 kW / 110 PS bei 5500 U/min | 81 kW / 110 PS bei 5000 U/min |
Höchstgeschwindigkeit | 210 km/h | 192 km/h | 201 km/h |
0-100 km/h | 10,2 s | 11,3 s | 10,4 s |
Verbrauch | 4,4 l/100 km | ||
Testverbrauch | 7,2 l/100 km | 6,8 l/100 km | 6,8 l/100 km |