Jetzt, genau jetzt, beim Anflug auf die Ameisenkurve des Kleinen Kurses in Hockenheim, wäre der zweite Gang passend. Doch das Getriebe des Lotus Evora S Sports Racer bockt, verspannt sich und gibt erst viel zu spät die passende Zahnradpaarung frei. Ärgerlich, denn danach geht der Lotus-Freudentanz erneut los. Heiser schreit sich der Kompressor-Sechszylinder durch das Drehzahlband bis knapp über 7.000 Umdrehungen, bevor der nächste Gang fällig wird.
Hochschalten? Kein Problem, momentan jedenfalls. Die Schaltgassen liegen eng beieinander, die Führung des ergonomisch prima positionierten, schlicht-kühlen Aluschalthebels geht in Ordnung. Also feuert der Brite durch den Linksknick, bevor das harte Anbremsmanöver am Ausgang der Querspange wartet.
Lotus Evora S Sports Racer in finsterem Carbon Grey Metallic
Schön, dass mal wieder ein Lotus bei uns vorbeischaut. In den vorausgegangenen Telefonaten erweckte der Hersteller den Eindruck, als sei nie etwas gewesen, und selbstverständlich sei ein Evora für einen Vergleichstest gegen den Porsche Cayman S verfügbar. Und dann stand er in der Tiefgarage, der Lotus Evora S Sports Racer, in finsterem Carbon Grey Metallic mit glänzend schwarzen Felgen. Sie messen vorne 19 und hinten 20 Zoll, darauf stecken Pirelli-P-Zero-Corsa-Reifen, die gehören beim Lotus Evora S Sports Racer zur Serienausstattung.
Wie der Zwei-plus-zwei-Sitzer da so düster in unserer frisch geweißelten Tiefgarage kauert, möchte man sofort die Fahrertür aufreißen, sich in den herrlichen Schalensitz (ebenfalls Serie) des Lotus Evora S Sports Racer fädeln - und ihm dabei zuraunen: "Komm, lass uns dem Cayman mal den Bürzel lang ziehen."
Gut, die Formulierung dieses Ziels wäre mit optimistisch nur unzureichend klassifiziert, denn auch wenn der Porsche öfter mal in sport auto-Vergleichstests den Kürzeren zog, wird er sich nicht so einfach geschlagen geben. Und noch bevor die beiden sich auf der Messgeraden oder der Rennstrecke duellieren, fängt sich der Lotus Evora S Sports Racer eine: Der Porsche Cayman S wiegt 1.416 Kilogramm, der Lotus 1.429 - obwohl sich die Briten doch so gerne als Erfinder des Leichtbaus feiern lassen.
Porsche Cayman S mit Doppelkupplungsgetriebe
Angesichts dieser Differenz hätte es wohl kaum geholfen, die beim Lotus Evora S Sports Racer serienmäßige, jedoch verzichtbare Rückbank wegzulassen. Ach ja, und Porsche ließ natürlich auch diesen Cayman S nicht ohne Doppelkupplungsgetriebe vom Hof, was ihm gut 30 Kilogramm Zusatzgewicht einbringt und - so viel vorweg - keinerlei Probleme bei der Schaltbarkeit, unter keinen Umständen.
Abgesehen vom Siebengang-PDK bietet der Porsche Cayman S die bekannt fürstliche Ausstattung, die sich der Hersteller bekannt fürstlich extra bezahlen lässt. Allein die hervorragenden, minutiös einstellbaren Sportsitze des Porsche Cayman S kosten über 3.600 Euro Aufpreis, inklusive obligatorischen Lederbezugs, immerhin. Schalensitze kommen rund 200 Euro günstiger, bringen einen nochmals besseren Seitenhalt, doch die Alltagstauglichkeit leidet - jeder, wie er’s mag. In jedem Fall passt die Sitzposition, das hübsche Dreispeichenlenkrad verfügt ebenfalls über einen großen Verstellbereich.
Na dann, Äktschn (frei nach Polt). Sein Getriebe könnte dem Porsche Cayman S bereits bei der Beschleunigungsmessung Punkte bringen, da es über eine Launch Control verfügt. Doch der Lotus Evora S Sports Racer beginnt. Die Kupplung fliegt, der von Toyota zugekaufte und aufgeplusterte 3,5-Liter-Benziner tobt wütend durch das Drehzahlband. Mächtig Druck aus dem Keller? Nicht so sehr, wie der Kompressor erwarten lässt. Das maximale Drehmoment von 400 Newtonmetern liegt erst bei 4.500 Umdrehungen an, der Direkteinspritzer erhält sich so eine saugmotorähnliche Leistungsentfaltung.
In 4,7 Sekunden knackt der Lotus Evora S Sports Racer die 100-km/h-Marke, die Werksangabe (4,6 s) verfehlt er nur knapp. Als freue er sich über noch ein royales Baby, stürmt der Brite weiter, in jedem Gang sucht der etwas raue Sechszylinder gierig nach hohen Drehzahlen, schmettert lüstern aus seinem klappengesteuerten Auspuff. Ab 4.700/min - oder im Sport-Modus - mischt sich sogar noch mehr dunkle technische Erotik in die Stimme. Wow.
PDK des Cayman S schaltet wie der Teufel
Die Abstufung des Sechsganggetriebes passt beim Beschleunigen übrigens wirklich gut, doch bereits jetzt deutet sich eine widerborstige Schaltbarkeit an. Beim Porsche Cayman S ist dagegen alles im Fluss, das PDK prügelt völlig ungerührt die Gänge durch, und zack, stehen 4,6 Sekunden auf der Uhr. So beeindruckend der Schub des aufgeladenen Lotus Evora S Sports Racer sein mag, der Sechszylinder-Sauger des Porsche Cayman S hält wacker mit, muss aber jenseits von 100 km/h etwas zurückstecken. Der mit 12,5:1 verdichtete (Lotus: 10,8:1) Boxermotor dreht scheinbar frei von sämtlichen Lasten neuzeitlicher Mobilität, legt ab 5.000/min nochmals zu und lässt sich erst bei 7.800/min den nächsten Gang servieren, besser, vor den Latz knallen.
Selbst ohne Sportabgasanlage trompetet er dabei das Lied klassischen Motorenbaus, hoch, eindringlich, trompetend, dass das Leder im Interieur Falten schlägt. Ein ausgequetschtes Renntriebwerk also? Ach was. Es entwickelt mit 370 Newtonmetern kaum weniger Drehmoment als der Evora-Motor, stellt es bei gleicher Drehzahl bereit. Darunter brennt zwar nicht gerade ein offenes Feuer, doch es lodert eine immerwährende Glut, stets bereit, von ein paar herzhaften Gasstößen entfacht zu werden.
Falls nicht, schubst das PDK schnell den siebten Gang rein, lässt den Porsche Cayman S trödeln. Doch bereits bei geringen Bewegungen des rechten Fußes beginnt die nervöse Hin- und Herschalterei - also lieber selbst schalten, wo sich doch die Paddel ohnehin mit bester Qualität und griffgünstig darbieten.
So können die Hände am Lenkrad bleiben, und das ist gut, denn die Lenkung zählt mit ihrer Präzision und Direktheit zum für den Fahrer wichtigsten Assistenzsystemen (wo es doch beispielsweise auch einen Abstandsregeltempomaten gäbe, nun ja). Mancher wünscht sich vielleicht etwas höhere Haltekräfte, doch das ist Geschmackssache. Beim Slalom hilft die Lenkung jedenfalls, den bei Lastwechsel auch um die Hochachse mittelmotortypisch agilen Porsche Cayman S auf Kurs zu halten.
Porsche-Fahrwerk und Lenkung begeistern
Auch auf der Rennstrecke begeistert der Porsche Cayman S aufgrund seiner kumpelhaft ehrlichen Rückmeldung, von der Lenkung ebenso wie vom Fahrwerk mit den adaptiven Dämpfern, die selbst in der härtesten Stufe noch verträglichen Komfort durchschimmern lassen. Und der Lotus Evora S Sports Racer? Zwar verzichtet er auf jegliche Adaptivität, stellt aber zugleich mit seiner gelungenen Abstimmung diesen Technikwucher infrage. Ein Quäntchen zu viel Einlenk-Untersteuern gestehen ihm die Entwickler zwar zu, doch insgesamt ist die Balance fantastisch.
Der Mittelmotorsportler lenkt präzise ein, bleibt nahezu frei von störenden Karosseriebewegungen und wechselt bei zu starkem Leistungseinsatz (oder einem Schreck-Lupfer) sanft ins Übersteuern - was für ein Tanz! Spätbremser jubeln ebenfalls, denn dann kommt der Lotus Evora S Sports Racer gleich mit dem Heck. Die standfeste Bremse spielt gerne mit, liefert jederzeit beste Verzögerungswerte und sticht in dieser Disziplin sogar den ebenfalls fadingfreien Porsche Cayman S aus. Übrigens: Die elektrohydraulische Lenkung (Porsche: elektromechanisch) arbeitet ganz tapfer, jedoch nicht ganz so streberhaft wie die des Konkurrenten.
Porsche Cayman S sticht Lotus Evora S aus
Zusammen mit dem wuchtigen Triebwerk könnte der Lotus Evora S Sports Racer also dem Porsche Cayman S durchaus auf dem Kleinen Kurs die Maultaschen vom Teller klauen. Doch jetzt, beim Anbremsen am Ausgang der Querspange, zickt das Getriebe wieder. Irgendwann gibst du einfach auf und lässt den höheren Gang drin, der kraftvolle (und trinkfeste) V6 wird’s schon richten. Doch am Ende muss der Lotus den Porsche mit einer bitteren Differenz von 1,2 Sekunden ziehen lassen - und dabei hatten wir schon schnellere Testwagen erlebt, die sich nicht so störrisch schalten ließen.
Im Alltagsgebrauch stören im Lotus Evora S Sports Racer neben der vertrackten Bedienung (welcher Praktikant durfte eigentlich die Schalter und Tasten im Armaturenbrett verteilen?) sowie der immer noch nicht standesgemäßen Materialauswahl auch die nachlässige Verarbeitung. Bei einem über 82.000 Euro teuren Sportwagen sollten jedenfalls andere Bedienhebel als die eines Ford Transit aus der Lenksäule ragen. Übrigens: Ein vergleichbar ausgestatteter Porsche Cayman S kostet selbst mit PDK weniger. Und das schaltet immer dann, wenn es soll. Wirklich immer.
Lotus Evora S Sports Racer S | Porsche Cayman S | |
Grundpreis | 77.410 € | 66.944 € |
Außenmaße | 4342 x 1848 x 1223 mm | 4380 x 1801 x 1295 mm |
Kofferraumvolumen | 160 l | 275 l |
Hubraum / Motor | 3456 cm³ / 6-Zylinder | 3436 cm³ / 6-Zylinder |
Leistung | 257 kW / 350 PS bei 7000 U/min | 239 kW / 325 PS bei 7400 U/min |
Höchstgeschwindigkeit | 286 km/h | 281 km/h |
0-100 km/h | 4,7 s | 4,6 s |
Verbrauch | 9,1 l/100 km | 8,0 l/100 km |