„Warte mal ab bis der neue Porsche Cayman da ist - dann wird sich die Elfer-Fraktion erst recht warm anziehen müssen!“ Die ersten Hochrechnungen für den in den Startlöchern stehenden Cayman S ließen nach dem grandiosen Auftritt des Porsche Boxster S im Supertest auf ein Patt bei in den Rundenzeiten schließen: Deutlich unter acht Minuten auf der Nordschleife - etwas anderes kam seitens der Mittelmotor-Enthusiasten überhaupt nicht in Frage.
Potenzial des Mittelmotor-Konzepts ausreizen
In der Theorie ließ sich der Sprung des Cayman in die fahrdynamischen Sphären des Porsche 911 im Supertest auch locker belegen: Zehn Mehr-PS gegenüber der offenen S-Variante, also 325 PS. Ein aller Voraussicht nach niedrigeres Gewicht, eine bessere Aerodynamik und aus all dem resultierend zwangsläufig gesteigerte Talente in Sachen Fahrdynamik. Tenor: Erst die Coupé-Variante des aus kleineren Verhältnissen stammenden Porsche würde das ganze Potenzial des Mittelmotor-Konzepts vollumfänglich darstellen können.
Nun - unterm Strich kam im Supertest alles anders. Der Porsche Cayman S ist weder schneller als der Boxster S noch leichter. Auch seine aerodynamischen Eigenschaften sind nicht so, dass sie als signifikant besser bezeichnet werden könnten: Der neue Cayman S fährt dank seines gestraffteren Kreuzes aus Stahl mit einem nur um 9 Kilogramm geringerem Auftrieb als der Boxster. Das hat in der Praxis keine Relevanz. Er bringt mit 1.402 Kilogramm aufs Pfund fast dasselbe Gewicht auf die Waage wie der im Herbst vergangenen Jahres gemessene Boxster S.
Zu guter Letzt steht er im vorliegenden Test-Ornat auf derselben Felgengröße (20 Zoll), fährt denselben Reifentyp (Pirelli P Zero) und setzt auf das gleiche Reifenformat (235/35 ZR 20 an der Vorder- und 265/35 ZR 20 an der Hinterachse).
Porsche Cayman S sprintet Boxster davon
Jedoch: Die Behauptung, er sei nicht schneller unterwegs als der Boxster S, kann so nicht stehengelassen werden. Im Supertest-Sprint auf 100 km/h distanziert der Porsche Cayman S die offene S-Variante um 0,2 Sekunden. Bis 200 km/h fährt er gar ein Delta von einer ganzen Sekunde heraus und beendet damit das stallinterne Duell mit 17,6 zu 18,6 Sekunden klar für sich. Auch hinsichtlich der Elastizitätswerte geht der Cayman S einen Deut besser als sein technisches Ebenbild mit der schwarzen Stoffkappe. Die Mehrleistung drückt sich tatsächlich messbar in den Fahrleistungen aus.
Aber zwischen dem, was objektiv gemessen und subjektiv empfunden wird, liegt oft ein weites Feld der Interpretationsmöglichkeiten. Fakt ist, dass sich der Tempozuwachs im Porsche Cayman S gefühlsmäßig anders darstellt als im Boxster S - bei prinzipiell gleicher Motorisierung und völlig identischer Getriebetechnik sowie gleichen Übersetzungsverhältnissen.
Dröhnfrequenzen strapazieren die Nerven
Der vormals beim Boxster schon als etwas zäh empfundene Durchzug in den hohen Gängen stellt sich im Porsche Cayman subjektiv gar noch etwas zäher dar - im Gegensatz zu dem, was das nüchterne Zahlenwerk zur Elastizität beschreibt. Der Grund liegt in der besonderen Akustik, die beim Boxster über das ganze Klangspektrum hinweg noch als höchst anregend empfunden wurde, beim Porsche Cayman aber nur für kurze Zeit für einen „Wow“-Effekt sorgt. Auf Dauer kann er die Nerven nämlich herzhaft strapazieren. Die unangenehmen Dröhnfrequenzen im unteren und mittleren Drehzahlbereich veranlassen einen flugs dazu, selbige so schnell wie möglich zu verlassen: Zum einen, um den negativen Schwingungen zu entkommen und zum anderen, um der partiellen Lethargie zu entgehen, die sich subjektiv breit macht.
Cayman bietet sportliche Soundkulisse
In der ersten Hälfte des Drehzahlspektrums sind es also nervige Frequenzen - erst recht bei offenen Auspuffklappen. In der zweiten Hälfte sind es schließlich die hohen Drehzahlen, die mit ihrer prägnanten Lautstärke das Nervenkostüm der Insassen strapazieren können. Der Tenor passt zwar gut ins sportliche Umfeld, kann den Gleichmut im alltäglichen Umgang aber beträchtlich ins Wanken bringen.
Wäre da nicht die selbst diesseits des Sport- beziehungsweise Sportplus-Modus zu nervöse Schaltcharakteristik des Doppelkupplungsgetriebes, dann wäre empfindlicheren Seelen vermutlich schon geholfen. So aber wird, wer im Porsche Cayman S nach einem „Segel“-Törn - also im Ausrollen bei automatisch angeordneter Leerlaufdrehzahl - plötzlich und energisch aufs Gas steigt, vom Getriebe mit einer ebenso plötzlichen wie energischen Bereitstellung deutlich niedrigerer Gangstufen erschreckt: Von Gang sieben auf vier im Bruchteil einer Sekunde - das sorgt kurzfristig für Schnappatmung.
Der durch die extrem schnellen Schaltvorgänge des PDK-Getriebes schlagartig mit deutlich kürzerer Übersetzung konfrontierte, im Nu hochdrehende Boxer-Motor setzt sich dann - akustisch und vortriebsmäßig - so fulminant in Szene, dass diese Art der Leistungseskalation im Umfeld eines zivilisierten Verkehrsflusses fast schon peinliche Züge annimmt, die Lässigkeit bleibt dabei auf der Strecke. Grundsätzlich gilt festzuhalten: Die automatisierten Schaltpunkte stimmen oft nicht immer mit denen überein, die man sich selbst zurechtlegen würde.
Der Ausweg aus diesem Dilemma heißt: ab in den manuellen Schaltmodus. Leider offenbart dieser beim Porsche Cayman S den einzigen Nachteil, der sich dem ungemein seidig drehenden 3,4-Liter-Sauger anlasten ließe, nämlich seine nur durchschnittliche Leistungsbereitschaft im unteren Drehzahlbereich - sicher auch eine Folge einer sehr langen Übersetzung. Die Höchstgeschwindigkeit - 4 km/h schneller als der Porsche Boxster: 281 km/h - erreicht der nun deutlich stämmiger wirkende Zweisitzer im sechsten Gang.
Getriebeübersetzung ist für 439 km/h ausgelegt
In der siebten und letzten Gangstufe würde es der Porsche Cayman S bei Höchstdrehzahl auf irrwitzige 439 km/h bringen, aber dazu reicht sein PS-Potenzial natürlich bei Weitem nicht aus. Das Beispiel zeigt plakativ auf, welche Prioritäten bei der Wahl der Übersetzungen letztendlich Vorrang hatten. So darf das Vorhaben, durch die Reduzierung des Drehzahlniveaus die Effizienz in Sachen Verbrauch und Emission zu verbessern, als gelungen angesehen werden. Der Spritkonsum liegt bei zurückhaltender Fahrweise stets im moderaten Bereich unterhalb der Zehn-Liter-Marke.
Auf der anderen Seite aber bedingt die breite Spreizung der Getriebeübersetzung auch Kompromisse, die unter sportlichen Gesichtspunkten kontraproduktive Wirkung haben. Beispiel Supertestkandidat auf dem Kleiner Kurs in Hockenheim: Entweder dreht der Motor der Porsche Cayman S tendenziell zu hoch, wie etwa in der Südkurve im zweiten Gang, oder er hat - bei Anwahl der nächsthöheren Fahrstufe - zu wenig im Strumpf, um den Kurvenausgang mit standesgemäßem Druck zu verlassen.
Dass sich der Fahrer auch im manuellen Schaltmodus vom Automatismus der Getriebetechnik überstimmen lassen muss, entspringt einer ebenso platten wie durchschaubaren Taktik. Beim Übertreten einer Schwelle am Ende des Gaspedalwegs wird nach altbewährter Kickdown-Methode umgehend die nächst niedrigere Gangstufe aktiviert. Eine unter Sportfahrern eher ungeliebte Eigenmächtigkeit, weil die plötzliche und womöglich unerwartete Leistungs-Überhöhung im Verlauf des Kurven- Grenzbereichs die Seitenführungskräfte der Antriebsräder deutlich übersteigen kann - mit dem möglichen Ergebnis eines ausbrechenden Hecks. Dieser Trick wird - bei Licht betrachtet - vor allem deshalb gerne angewandt, um Durchzugsschwächen zu kaschieren.
Bevormundung in einem Porsche
Beim Erreichen des Drehzahllimits rennt der Motor auch nicht in den Begrenzer, sondern ihm wird dann sofort die nächst höhere Gangstufe zugeteilt. Dieser Automatismus lässt sich nur verhindern, indem die Kickdown-Schwelle nicht übertreten wird. Konsequent ist diese Art der Bevormundung in einem Porsche mit dieser Anspruchshaltung nicht. Dort, wo die Umstände es erlauben - so zum Beispiel in Hockenheim oder am Nürburgring - sollte es im Porsche Cayman S möglich sein, unverkrampft Vollgas geben können. So viel Identifikation mit den eigenen Marken-Werten sollte auch dem Einstiegssportler zugestanden werden.
Anders ausgedrückt: Die Drehbücher der angebotenen Fahrprogramme, die unter anderem Einfluss auf die Leistungscharakteristik des Motors, den Klang, die Schaltgeschwindigkeit und auf das Stabilitätsprogramm nehmen, beinhalten so viel unterschiedlichen Stoff, dass es im Sinne der Variabilität praktikabler und vor allem auch unterhaltsamer gewesen wäre, sie deutlicher voneinander abzugrenzen. Motto: Wo Sportplus draufsteht, sollte auch Sportplus drin sein.
So sind auch die Unterschiede im Porsche Cayman S zwischen den beiden Dämpfer-Kennlinien, die auf Knopfdruck zwischen Normal und Sport differenzieren, sehr gering. Die sportliche Dämpfer-Einstellung reduziert zwar die Karosseriebewegungen, lässt grundsätzlich aber keine Verbesserung in der Agilität erkennen. Da auf der anderen Seite auch der Abrollkomfort kaum leidet, bietet sich die straffere Dämpferkennlinie sogar für den Alltagsgebrauch an, weil sie besagte Karosserieschwingungen noch besser im Zaum hält.
Porsche Cayman ist nicht schneller als der Boxster
Spätestens an dieser Stelle muss ernsthaft konstatiert werden: Das alles ist Jammern auf extrem hohem Niveau. Eine Supertest-Rundenzeit auf derNordschleife von knapp über acht Minuten und eine niedrige 1.14er-Zeit in Hockenheim bieten mit Blick auf vergleichbare Konkurrenten fürwahr keinen Anlass, ernsthaft Beschwerde zu führen. Dennoch bleibt festzuhalten: Der Porsche Cayman S ist nicht schneller als der Boxster S. Wieder mal ein Beweis dafür, dass es nicht zwingend das Konzept ist, das einem den Vorsprung sichert ...
Porsche Cayman S | |
Grundpreis | 66.944 € |
Außenmaße | 4380 x 1801 x 1295 mm |
Kofferraumvolumen | 275 l |
Hubraum / Motor | 3436 cm³ / 6-Zylinder |
Leistung | 239 kW / 325 PS bei 7400 U/min |
Höchstgeschwindigkeit | 281 km/h |
0-100 km/h | 4,8 s |
Verbrauch | 8,0 l/100 km |