Porsche Panamera 4 E-Hybrid im Test

Porsche Panamera 4 E-Hybrid im Test
Dank Komfort-Plus zum ultimativen Allrounder?

Klarer Auftrag für den Porsche Panamera der Generation drei: Komfort optimieren, ohne die dynamische Führung bei den Oberklasse-Limousinen aufzugeben. Im Test klären wir, wie der Basis-Hybrid das hinbekommt.

Porsche Panamera 4 E-Hybrid
Foto: Hans-Dieter Seufert, Rossen Gargolov

Wer die Entwicklung einer Oberklasse-Limousine mit einer Kiste samt tief montierten Sitzen startet, der weiß, wo er hinwill. Fahrerintegration statt Entkoppelung. Auftritt Porsche Panamera . Seit 2009. Mag mancher mit seinem Design, vor allem am Heck, gehadert haben – einmal fahren genügte, und das Geschnatter wandelte sich regelmäßig zu beeindrucktem Staunen. Von Anfang an vereinte der Panamera provokante Fahrdynamik und -präzision mit limousinigem Raumangebot. In Porsche-Interpretation. Schließlich wollten sie in Zuffenhausen keinen Toyota Century 2.0 kreieren, sondern einen viertürigen Elfer. Deshalb die rundliche Gestalt ohne Prestigegrill und Kofferraum-Rucksack. Panta rhei, alles fließt. Beim Design und beim Fahren.

Unsere Highlights

Auch bei der dritten Generation des Panamera, Baureihe 972, Ablöse für den 971er. Keine leichte Aufgabe, mit den internationalen Homologationsvorgaben Limbo und den Kundenwünschen Tango zu tanzen. Sauberer und leiser soll er sein. Komfortabler und dynamischer. Leiser und emotionaler. Digital sowieso. Knackige Aufgabe für das Team um Baureihenleiter Thomas Friemuth.

Cockpit? Kann er!

304 PS und 420 Newtonmeter entwickelt der 2,9 Liter große Biturbo-V6 solo. Klingt nach gar nicht mal so wenig, fühlt sich ohne Elektrohilfe beim Pressing aber überraschend schlapp am Gasfuß an.

Ob es geklappt hat? Wir fahren mal los, mit dem Porsche Panamera 4 E-Hybrid, dem Basis-Hybrid also. Mit einer Technik, die sie beim Panamera 2017 brachten. Eigentlich schon ganz gut, das damalige Doppelherz, bloß das Bremspedalgefühl war unterirdisch. Heute ist die Rückmeldung ziemlich konsistent, die Kraft passt, die Dosierung ebenfalls. Nicht auf dem Niveau einer mechanischen Bremse ohne elektronischgesteuerten Bremskraftverstärker, aber problemlos. Nur die Wege könnten kürzer sein. Trotz Breitbereifung (hinten 325er!) bringt es die serienmäßige Stahlbremse (Keramik optional) auf im Top-Business eher durchschnittliche Wege. Um Mitfahrer krass in die Gurte zu schmettern, reicht es trotzdem, machen wir uns nichts vor.

Präzise Lenkung, das hervorragende Optionsfahrwerk mit Luftfedern und Aktivdämpfern verbindet hohen Komfort mit vollendeter Aufbaukontrolle.

Und etwas vormachen, das hat der Panamera eh nicht nötig. Zunächst bringt er die beiden vorderen Insassen perfekt unter. Auf zwar straffen, aber reichlich verstellbaren und seitenhaltstarken Sportsitzen im traditionellen Cockpit mit der dominanten Mittelkonsole. Klare Linien dominieren hier seit Generation eins. Die Ur-Sitzkiste funktioniert bis heute, platziert Fahrer und Co schön tief ins Geschehen wie kein anderer. Der Panamera ist schließlich keine aufgebrezelte Standardlimousine, sondern etwas konsequent Eigenes. Schrittweise digitalisiert, erkennbar an den Displays. Organisch integriert mit zielführenden Menüs in der Mitte und klar ablesbaren Instrumenten vor dem Fahrer, der sich statt Drehzahl und Temperaturen auch die Navikarte, seine Telefonliste und anderes mehr holen kann. Ergänzt durch ein Head-up-Display mit unterschiedlichen Modi.

Die Displays bieten zielführende Menüs und klar ablesbare Instrumente, die neben den klassischen Anzeigen auch Navigation und Telefonliste darstellen.

Unterschiedliche Modi? Fahren, jetzt! Zunächst die vollelektrische Schleichfahrt. Mit inzwischen 190 PS aus der neuen E-Maschine, die tief ins Achtgang-Doppelkupplungsgetriebe integriert ist. Der permanenterregte Synchronmotor kommt ohne eigenes Gehäuse aus, was fünf Kilo Gewicht spart, und ist an den Ölkreislauf des Getriebes angebunden. Dadurch kann er sehr viel Wärme abgeben, was seine Performance steigert.

Beim Fahren spürt man nur, dass der 2,3-Tonner fast lautlos anrollt und im Verkehr problemlos mitschwimmt, ohne dass es des Verbrenners bedürfte. Der kommt erst bei höherer Lastanforderung oder Dreh am Regler ins Spiel. Nun wird’s hybridisch, der 2,9 Liter große V6 wird geschmeidig zugemixt. Er leistet maximal 304 PS, ist damit schwächer als früher, dank der stärkeren E-Maschine springen insgesamt dennoch 470 PS und 650 Newtonmeter raus. Mehr als ausreichend, um weiterzukommen. In der Stadt und auf der Landstraße eh, dort hilft die E-Maschine immer dann, wenn der V6 mal kurz unpässlich ist. Also in Turbolöchern oder bei Fahrerwünschen, die zu kurzzeitig inakzeptablen Abgaswerten führen würden. Statt auf Verbrennervortrieb zu warten, ist die PSM da, spachtelt kleine Löcher zu oder boostet ordentlich was drauf.

Wie gut das funktioniert, merkst du erst, wenn es fehlt. Im Hybrid-modus bei längerer Volllast, wenn der Boost-Puffer modusbedingt leer ist (erkennbar am grauen Balken im Display) und der V6 solo dran ist. Dann wird es fröstelig am Gasfuß. Nach einer zügigen Autobahnpassage fühlt sich das beim Wiederbeschleunigen echt schlapp an. Tja, Freunde, 304 PS für so einen großen Brocken und Tempos jenseits der 200 – da wird die Power-Decke dünn.

Lösung: einen Klick am Lenkradregler weiterdrehen. In "Sport" kehrt die Hybrid-Pracht zurück, da der Porsche Panamera nun satt Strom bereithält. Strom, der aus dem 25,9-kWh-Akku (brutto) stammt und den entweder die E-Maschine mit bis zu 88 kW rekuperativ oder der 11-kW-On-Board-Lader, von 0 bis 100 Prozent in 2:40 Stunden, liefert. Nun ja, das ist ja eher für zu Hause oder das Büro gedacht. Wichtiger ist die Reku, an der Porsche gefeilt hat und die gut funktioniert. Ganz Ausgefuchste können den Inno Drive nutzen, bei dem das Navigationssystem die Hybridsteuerung ins Fahrprofil einbaut. Funktioniert.

Noch beeindruckender für (uns) Speedfreaks: wie souverän der Panamera Tempo macht. Bis zu 280 km/h auf der Bahn bei geringen Windgeräuschen. Zum einen. Vor allem aber: mit einem hervorragend souveränen Fahrverhalten. Trotz ihrer vergleichsweise überschaubaren Power überzeugt die große Limo hier zu hundert Prozent. Mit einer Lenkung, die im Vergleich zu den Sport-Porsche zwar sanfter abgestimmt ist, dennoch fein operiert. Sowohl mittenzentriert als auch aus der Mittellage heraus – und weiter. In diesem Fall unterstützt von der Hinterachslenkung, die zu einem Rangierkreis von 11,7 Metern führt und auf der Autobahn dank virtueller Radstandsverlängerung den Geradeauslauf stabilisiert. Wie immer setzt Porsche auch beim Panamera tendenziell auf niedrigere Lenkwinkel als andere, priorisiert ein natürliches Gefühl am Lenkrad.

Komfort? Egal, was kommt

Natürliches Gefühl. Ob das wohl auch fürs neue Active-Ride-Fahrwerk gilt? Aber hallo! Die Ingenieure ersetzen die bisherige Dreikammer-Luftfederung durch Einkammerfedern und kombinieren sie mit Zweiventildämpfern, von denen jeder mit einer elektrisch angetriebenen Hydraulikpumpe verbunden ist. 13-mal pro Sekunde regelt das System radindividuell, kann das Rad nach unten drücken oder nach oben ziehen und damit Fahrbahnunebenheiten ausgleichen und auf die jeweilige Fahrsituation reagieren. Damit steht der Aufbau des Porsche Panamera 4 E-Hybrid immer so, wie er soll. Kein unerwünschtes Nicken und Wanken. Die Räder stets optimal platziert mit der passenden Radlast, kein unerwünschtes Entlasten.

Vor allem aber: ein ausgeprägter Fahrkomfort, denn um den ging es den Ingenieuren. Etwas weniger Kantigkeit bei gleicher Dynamik. Check! Nebeneffekte wie die Möglichkeit, den Wagen in Kurven aktiv zur Gegenseite zu neigen oder beim Beschleunigen und Bremsen gegenzuhalten, nimmt man dabei gern mit, ebenso wie die Anhebung der Karosserie um fünf Zentimeter beim Einsteigen. Aussteigen möchte man so schnell jedenfalls nicht mehr. Muss man auch nicht, denn 80-Liter-Kraftstofftank plus Akku plus Hybridpotenzial sichern im Test 821 Kilometer Reichweite. Sparverbrauch: rund acht Liter, normale Fahrt kostet etwa elf, Express mehr. Lohnt sich aber: ob wie auf Schienen mit jedem Wunschtempo durch die Kasseler Berge, ohne einmal nachzulenken, oder bei einer kleinen, flitzigen Abendrunde auf der Hausstrecke. Die darf sogar verregnet sein, denn was das Fahrwerkspaket (Allradantrieb, Allradlenkung 1.786 Euro, Active Ride 8.086 Euro) im Verbund schlüssig hinbekommt, das überzeugt. Nüchtern ausgedrückt. Emotionale Typen dürfen hier gern was Stärkeres einsetzen.

Ziel? Erreicht!

821 km Gesamtreichweite dank 80-Liter-Tank. Rein elektrisch kommt der Panamera immerhin 88 Kilometer weit, ausreichend fürs tägliche Pendeln.

Fakt ist: beim Anbremsen und Einlenken leichtes Untersteuern, je nach Pedalbefehl neutrales oder leicht heckbetontes Herausbeschleunigen. Karosseriebewegung? Praktisch null. Ob im glitschigen Nassen oder griffigen Trockenen, Porsche und Fahrer fühlen sich eins. Und die Insassen (auch hinten auf ordentlichen Polstern samt reichlich Platz untergebracht) profitieren von der Wankfreiheit. Wäre ja auch komisch, wenn du in einer dynamischen Limousine herumwanken würdest.

Insofern hat Generation drei ihr Ziel erreicht: Komfort gewonnen, Präzision erhalten. Und die Reichweite des Hybrids passt ebenfalls.

Technische Daten
Porsche Panamera 4 E-Hybrid
Grundpreis123.400 €
Außenmaße5052 x 1937 x 1419 mm
Kofferraumvolumen430 bis 1264 l
Hubraum / Motor2894 cm³ / 6-Zylinder
Leistung224 kW / 304 PS bei 5400 U/min
Höchstgeschwindigkeit280 km/h
0-100 km/h4,2 s
Verbrauch1,3 kWh/100 km
Testverbrauch10,9 kWh/100 km