Renault Grand Scénic TCe 130 im 100.000-km-Dauertest

Renault Grand Scénic TCe 130 im Dauertest
Unser Fazit nach 100.000 Kilometern

Viel Platz, verpackt in schickes Design – damit machte sich der Renault Grand Scénic in der Redaktion über 100.000 Kilometer viele Freunde. Zahlreiche außerplanmäßige Werkstattbesuche trüben allerdings die Langzeitbilanz.

Renault Grand Scénic Tce 130
Foto: Dino Eisele

Traditionell sind geräumige Mobile bei Redakteuren und Fotografen sehr beliebt und entsprechend viel unterwegs. Deshalb lassen die ersten positiven Kommentare zum Grand Scénic nach dem Start zum Dauertest im Juli 2017 nicht lange auf sich warten. Einige Kollegen schätzen das eigenständige, frische Design, weil der 4,64 Meter lange Renault das Van-Thema mit neuen Elementen anreichert. Andere Stimmen bedauern die Abkehr vom strengen Nutzwertdesign, weil die dynamische Dachlinie gehörig Innenhöhe abknapst.

Unsere Highlights

So bietet der Laderaum mit 718 bis 1.901 Litern nominell zwar viel Volumen, aber nur für eher flaches Gepäck. Zudem vermissen viele die früheren Einzelsitze im Fond inklusive dreier Isofix-Halterungen sowie einer Durchladefunktion. Renault belässt es bei einer zweigeteilten Rückbank, deren Segmente sich individuell um 18 Zentimeter verschieben und per Tastendruck im Heck vorklappen lassen. Für 800 Euro Aufpreis gibt es zwei zusätzliche Klappsitze im Heck.

An den vielen Fächern und Schubladen, die insgesamt 63 Liter Volumen bieten sollen, haben die Franzosen hingegen festgehalten. Besonders gelungen und bis zum Schluss problemlos nutzbar: die um 27 Zentimeter verschiebbare Mittelkonsole mit 13-Liter-Fach, Getränkehaltern, zusätzlichem Schubfach und vier USB-Anschlüssen, die auch vom Fond aus erreichbar sind. Gleichfalls zu haben: Sonnenrollos, ein zweiter Innenspiegel, um die Insassen hinten im Blick zu haben, sowie solide Klapptische hinter den Lehnen der Vordersitze mit gummierter Auflage und Spanngummis, an denen sich Tablets oder Bücher gut fixieren lassen. Heruntergeklappt liegen die Tischchen bei Erwachsenen allerdings oftmals auf den Knien.

All diese Nettigkeiten sind bei unserem Testwagen, einem TCe 130 in der Bose Edition zum Grundpreis von 28.790 Euro, ebenso serienmäßig an Bord wie ein klangstarkes Soundsystem, eine eher mäßig hilfreiche Verkehrszeichenerkennung und das Navi- und Infotainment-System R-Link 2 mit großem Touchscreen.

Vertikal und erhaben über dem Armaturenbrett positioniert, ist er im Grunde ein fest eingebautes und aufwendig programmiertes Tablet. Die Bedienung mittels Wischen und Zoomen fällt nicht jedem auf Anhieb leicht, und manch eine Funktion versteckt sich im dritten Untermenü. Wenn man das System aber länger nutzt oder sich das Startmenü selbst konfiguriert, kommt man mit dem R-Link 2 besser zurecht. Zudem lässt sich das Smartphone einfach koppeln, die Verkehrsdaten fließen in Echtzeit ein, und die Kartendarstellung ist angenehm groß. Nervig nur, dass das Navi die Karte immer wieder in eine wenig brauchbare Vogelperspektive zoomt und nicht einfach den eingestellten Maßstab beibehält.

Durchschnittliche Qualität

Renault Grand Scénic Tce 130
Dino Eisele
„Das Infotainment-System hat so einige Tücken“ - Luca Leicht, Redakteur.

Extras wie Zweifarb-Metallic-Lackierung, LED-Scheinwerfer mit Kurvenlicht, ein gut ablesbares Head-up-Display, allerlei Einparkhilfen und ein umfangreiches Lederpaket erhöhen den Testwagenpreis schließlich auf 34.230 Euro. Eine stattliche Summe, obwohl die bequemen, mit weißen Nähten verzierten Ledersitze und die schwarz glänzende Mittelkonsole am Ende noch ebenso neuwertig aussehen wie die Karosserie mit ihren schwarzen und verchromten Applikationen.

Insgesamt hinterlässt der Renault jedoch nach 100.000 Kilometern einen nur mittelmäßigen Qualitätseindruck. So musste eine schief sitzende Beifahrertür neu justiert werden, und später sorgten zahlreiche Klappergeräusche aus dem Motorraum und von der Armaturentafel sowie ein nicht mehr zu öffnendes Handschuhfach für Verdruss und mehrere unplanmäßige Werkstattaufenthalte.

Gelegentliche Kritik hat sich auch das Fahrwerkskonzept eingefangen, wofür nicht zuletzt die serienmäßigen 20-Zoll-Reifen im seltenen Schmalformat 195/55 verantwortlich sind. Damit soll der Scénic komfortabel abrollen und zugleich die großen Radhäuser angemessen ausfüllen. Beides klappt ganz gut, obwohl eine Neigung zum Stolpern über Querfugen und Asphaltschäden nicht zu verkennen ist. Zudem verschleißen die Reifen im Schulterbereich schnell. Ansonsten ist der Grand Scénic ein zahmer Van, der sich sicher und neutral dirigieren lässt. Zackiges Kurven über Land liegt ihm hingegen genauso wenig wie flotte Autobahnfahrten mit voller Beladung. Womit wir beim größten Schwachpunkt des Franzosen sind: seinem vernünftigen, aber wenig langstreckentauglichen Motor. Denn unter der Haube werkelt kein drehmomentstarker Diesel, sondern ein nur 1,2 Liter kleiner Vierzylinder-Benziner, der trotz Turboaufladung mit nur 205 Nm Drehmoment ab 2.000 Umdrehungen aufwartet und erst bei 5.500/min seine maximale Leistung von 132 PS erreicht.

Angesichts des zulässigen Gesamtgewichts von 2,17 Tonnen, die wegen der großzügigen Platzverhältnisse und 641 kg erlaubter Zuladung nicht selten erreicht werden, sind das keine üppigen Reserven. Ohne Ballast spurtet der Van zwar in rund zwölf Sekunden von 0 auf 100 km/h, doch für flottes Vorankommen sind hohe Drehzahlen unerlässlich, und das unpräzise geführte Schaltgetriebe macht die Sache nicht besser. Da ist es keine Überraschung, dass der Vierzylinder ordentlich schluckt und der Testverbrauch über die Gesamtdistanz bei 9,3 l/100 km liegt – zu viel für diese Klasse.

Der Motor macht Probleme

Renault Grand Scénic Tce 130
Dino Eisele
Nach rund 60.000 Kilometern meldet sich der Motor kurz vor dem zweiten Wartungsdienst wieder zu Wort. Die Steuerkette hat sich gelängt und muss raus. Also parkt der Van wieder auf der Hebebühne.

Zu allem Überfluss scheppert und dröhnt der Turbobenziner schon nach wenigen Tausend Kilometern bei höheren Drehzahlen, klingt im Schiebebetrieb wie eine altgediente Nähmaschine. Bis Kilometer 25.618 nehmen die Geräusche so zu, dass wir den Van in die Werkstatt schicken, wo die Motorhalterung neu fixiert wird. Zudem fällt leichter Ölverlust am Steuerkettendeckel auf, welcher bei der wenig später folgenden Inspektion gleich miterneuert wird. Nach rund 60.000 Kilometern meldet sich der Motor kurz vor dem zweiten Wartungsdienst wieder zu Wort. Die Steuerkette hat sich gelängt und muss raus. Also parkt der Van wieder auf der Hebebühne.

War’s das? Leider nein. Kurz vor Schluss passiert das, was nicht passieren darf: Die Sechsgang-Schaltbox verweigert ihren Dienst, und Kollege Schröder von Motor Klassik rollt kurz vor Stuttgart auf dem Seitenstreifen aus. Er kommt weiter, nur nicht auf eigener Achse, sondern huckepack auf dem Rücken eines knallgelben Abschleppers. So, das war’s.

Technische Daten
Renault Grand Scénic TCe 130 Intens
Grundpreis26.790 €
Außenmaße4635 x 1866 x 1653 mm
Kofferraumvolumen718 bis 1901 l
Hubraum / Motor1197 cm³ / 4-Zylinder
Leistung97 kW / 132 PS bei 5500 U/min
Höchstgeschwindigkeit195 km/h
Verbrauch6,1 l/100 km