Kennen Sie dieses manchmal nur schwer kontrollierbare Will-ich-haben-Gefühl? Bei mir kommt es aktuell immer dann auf, wenn die Internetbörse meldet, dass wieder jemand so ein kleines Elektroauto inseriert hat, das perfekt zu meiner Suche passt.
Es folgt die übliche Schönrechnerei, begleitet von Kontostand-Checks im Stundentakt und einer unruhigen Nacht, nach der wieder die Vernunft siegt, weil ja der 18 Jahre alte A2 schon noch ganz gut beisammen ist. Doch dann steht da dieser Buzz in der Tiefgarage, frisch gewaschen, mit 2.642 Euro teurer Zweifarben-Metallicbemalung (Candy-Weiß an Limonengelb), Akku voller Strom. Und schon legen die biochemischen Botenstoffe wieder das Hirn lahm. Will ich haben. Aber erst einmal reinsetzen, ausprobieren, vor allem: fahren.
Da buzzt was rein
Fangen wir heute hinten an, weil der Buzz ja ein Transporter ist, hier mit elektrisch öffnender Heckklappe (im Paket: 1.148 Euro), die bei Regenwetter auch als Unterstand für die Startsieben einer E-Jugend-Mannschaft taugt. Nur in den Buzz passen nicht alle Kicker. Zumindest nicht angegurtet. Doch dazu später mehr. Hinter der quasi quadratischen Kofferraumklappe findet nicht nur die gesamte Ausrüstung der Truppe Platz, sondern auch der Getränkevorrat für die Meisterfeier. Plus Grill und Kühlbox (230-Volt-Steckdose: 399 Euro). Wer im Buzz schlafen oder einfach Ordnung in den 1.121 Liter großen Gepäckraum bringen will, bucht das im Boden verschraubte Multiflex-Bord (Paketpreis: 1.880 Euro).
Unter diesen erhöhten Ladeboden schiebt man zum Beispiel die Ladekabel-Faltboxen, darüber kann man – bei umgeklappten Fondlehnen – auf etwa 1,20 mal 2,20 Meter Fläche das Nachtlager aufschlagen oder eine Euro- palette verladen. Bevor man dachhoch stapelt, sollte man zunächst das Gepäcktrenn-Netz aufspannen, das zusammen mit dem Multiflex-Bord geliefert wird. Aber Achtung: Zwar sind 3.000 kg Gesamtgewicht zulässig; weil der Buzz jedoch leer bereits knapp 2,5 Tonnen wiegt, muss der Ballast bei voller Besatzung gut kalkuliert sein. Zur Not hängt man weitere 1.000 kg an den Haken (952 Euro).
Reihe 3 kommt erst später
Apropos volle Besatzung: Bis 2024 kann man im ID. Buzz nur zu fünft reisen, dann nämlich erst kommt die verlängerte Variante mit dritter Sitzreihe. Wobei die Innenraum-Designer sich wohl nicht ganz sicher waren, ob nicht doch noch jemand spontan entscheiden könnte, dass auch der Standard-Buzz zwei Zusatz-Sitze bekommt. Oder wofür sonst braucht man mit buntem Kunstleder bezogene Armauflagen im Gepäckabteil?
Reichlich Platz bietet auch der Fond, genauer: sagenhafte 1,71 Meter zwischen den Schiebetüren und sehr gute 1,05 Meter unterm Dach. Selbst wenn man die um 15 Zentimeter verschieb-, aber leider nicht ausbaubare Rückbank mit den mehrstufig neigbaren Lehnen ganz nach vorn rückt, ecken auch Erwachsene nicht mit den Knien an. Allerdings ist die Beinauflage kurz, der Abstand zwischen Sitzfläche und Fußboden knapp, sodass man mit angewinkelten Beinen hockt, immerhin aber die Füße unter den Vordersitzen parken kann.
Die aus Familiensicht spannendste aller Fragen aber lautet: Passen hinten drei Kindersitze nebeneinander? Antwort: Ja, auch wenn’s mit dem Anschnallen dann fummelig wird. Doch die Frage nach dem Passen ist keine Frage des Platzes, sondern die nach der Ausstattung, denn nur für die äußeren Sitze gibt’s Isofix-Haken.
Ablagen ohne Ende
Jetzt aber nach ganz vorn, gerne auch vom Fond aus, zwischen den beiden Erste-Reihe-Stühlen hindurchgeschlüpft. Wer auf diesen schmalen Gang verzichten kann, bestellt die sogenannte Buzz-Box (im Paket: 1.232 Euro), eine kleine, in den filzverkleideten Boden ein- und ausklinkbare Ablagenkonsole. Zu der bekommt man auch noch einen zu klein geratenen, automatisch abblendenden Innenspiegel, durch den man die große Heckscheibe gerade so im Blick hat. Immer inklusive dagegen: einige bunt bemalte, haptisch wenig ansprechende Kunststoff-Oberflächen. Und beim Testwagen ein paar nicht sorgsam eingepasste Verkleidungsteile.
Weil das Heck schön steil steht, könnte man hinten glatt auf Parkpiepser verzichten, genauso auf die Rückfahrkamera. Denn da, wo die Scheibe steht, ist auch das Ende. Die Bildprojektion ins Cockpit ergibt dann aber schon Sinn, weil man so beim Rangieren die kurzen Kerle von der E-Jugend besser im Blick hat. Auch über serienmäßige Ultraschallsensoren am Bug freut man sich, weil sich das vordere Buzz-Ende nur ungefähr abschätzen lässt. Allein vom Fahrersitz über die große Mittelkonsole bis zum Frontfenster sind es gut 1,50 Meter, und davor wölbt sich noch die Serviceklappe. Nicht falsch verstehen, das Gefühl, über den Dingen zu thronen, und die Aussicht ringsherum sind fantastisch. Nur ist man bei der Zirkelei um Parkhausbetonpfeiler besonders froh, wenn einen der Buzz beim Austarieren seiner Dimensionen akustisch unterstützt.
Zügiger Antritt
Sie wollen endlich fahren? Bitte, einfach den leider unbeleuchteten Getriebe-Hebel hinterm Lenkrad auf D ziehen, den Fuß aufs Fahrpedal, und ab geht die Post. Obwohl der knapp 2,5 Tonnen schwere Buzz bloß den ID-Standardantrieb mit 150-kW-PSM (permanenterregter Synchronmaschine) zwischen den Hinterrädern hat, kommt man flott vom Fleck, erreicht nach 3,7 Sekunden Stadtgeschwindigkeit und zwischenspurtet selbst bei Autobahntempo mit 310 Nm Drehmoment souverän.
Noch schneller bremst der Buzz – vorn mit Scheiben, hinten stecken Trommeln unter den 20-Zoll-Rädern (452 Euro). Auf Medaillenkurs ist er mit 35,7 Metern Anhalteweg zwar nicht, allerdings ist die Verzögerung standfest, auch unter höchster thermischer Belastung. Bremst man allerdings insassenverträglich an einer Ampel, stört das diffuse Pedal-Gefühl, wobei sich auf den ersten Zentimetern Pedalweg kaum etwas tut, die Verzögerung anschließend aber unerwartet plötzlich einsetzt.
Entscheidender aber ist das generell sichere Fahrgefühl im Buzz. Dass man eine klare Rückmeldung dazu bekommt, was an den vier postkartengroßen Aufstandsflächen der Buzz-spezifisch abgemischten Conti EcoContact 6 Q aktuell passiert. Eine Ausgeburt der Direktheit ist die Lenkung nicht, und man muss schon anständig kurbeln, will man das volle Wendekreispotenzial von nur elf Metern ausschöpfen. Doch die Konstruktion macht ihren Job ordentlich, transportiert alle wichtigen Infos von der Straße in die Handflächen, mit harmonischem Losbrechmoment aus der Mittellage sowie angemessenen Rückstellkräften. Ist man am Kurveneingang zu forsch, untersteuert der schwere Kastenwagen berechenbar, greift das ESP regelnd ein.
Sich selbst im Weg steht der im Großen und Ganzen ordentlich federnde und dämpfende Buzz, wenn die Straße nicht frisch asphaltiert ist. Dann bringt die straffe Hinterachsabstimmung doch ein wenig rumpeliges Nutzfahrzeug-Flair ins Fahrgeschehen. Interessant ist dabei, dass er zum Beispiel diese kleinen, im Boden verschraubten Kunststoff-Verkehrsschwellen hinten viel gelassener nimmt als vorn. Asphaltaufbrüche mit Vertiefungen hingegen vorn feiner filtert als mit der Hinterachse, die wiederum das Heck auf Buckeln schon mal ordentlich aus den Federn schubst. So gar nicht nutzfahrzeugig dagegen ist die gute Geräuschdämmung gegen Wind und Reifen.
Flott leer, schnell voll
Vom Heckantrieb bekommt man sowieso kaum etwas mit, kann bloß beobachten, wie auf dem Display die Ladestand-Prozentzahlen der 77-kWh-Batterie purzeln, denn der 1,95 Meter hohe Buzz (Software: 3.2.0) braucht eine Menge Strom. Im Test-Mix sind es 28,1 kWh pro 100 km, was einer Reichweite von 291 km entspricht. Allerdings kommt man je nach Fahrprofil und ohne Schleicherei auf Werte um die 23 kWh. Paradox: Am effizientesten ist man unterwegs, wenn man die Effizienzassistenz deaktiviert, stattdessen selber bestimmt, wie lange der Buzz rollen und wo er wie stark rekuperieren soll. Machen lassen sollte man dagegen den Routen- und Ladeplaner, der bei weit entfernten Zielen automatisch Ladestopps nach Kriterien auswählt, die man beeinflussen kann.
Sind die richtigen Häkchen gesetzt, führt das Navi mit einer zuvor definierten Restreichweite nur zu Schnellladern, aktualisiert Route und Ladestopps, basierend auf Verkehr und tatsächlichem Verbrauch. Nachträglich ändern kann man die automatisch ausgewählten Ladestationen übrigens auch, sodass man immer beim günstigsten Anbieter tankt. Schön ist auch die übersichtliche Auflistung sämtlicher Ladestopps mit Informationen wie Strecke bis zum Stopp, SoC bei Ankunft, nötiger SoC bei Weiterfahrt sowie prognostizierter Ladedauer. Am Kabel zieht der Buzz Gleichstrom mit offiziell bis zu 170 kW, Wechselstrom fließt mit höchstens 11 kW.
Alte Bedienprobleme
Bis man das Navi allerdings programmiert hat, vergeht ein Weilchen, denn der Touchscreen reagiert nicht immer sensitiv und die Prozessoren arbeiten manchmal träge. Weil bekannt ist, wie sehr das ID-Bedien-Konzept vom Fahren ablenken kann, schützt es den Fahrer neuerdings vor sich selbst: Fingert man zu lang und mit abnehmender Treffsicherheit auf dem Bildschirm herum, wird dieser kurz gesperrt, mit dem Hinweis, man solle sich wieder aufs Fahren konzentrieren. Hätte man da nicht gleich eine benutzerfreundlichere Bedienung implementieren können? Okay, der Buzz hat ja auch einen Sprachassistenten, und der funktioniert gut – im Rahmen der ihm einprogrammierten Möglichkeiten. Doch nicht immer reagiert der Computer verlässlich auf den Weckruf "Hey, ID", was nervig ist, wenn’s mal schnell gehen soll, sodass der Touchscreen doch das kleinere Übel ist und man wieder anfängt zu daddeln.
Nach einigen Tagen an Bord des Buzz ist mein Will-ich-haben-Gefühl etwas abgeflaut. Nicht wegen der eingeschränkten Reichweite. Nicht weil die Bedienung auch hier ein Graus ist. Die fehlende dritte Sitzreihe? Geschenkt. Der Grund sind fünf Zahlen: 64.581. Und wenn Sie aufmerksam gelesen haben, kommen da noch einige weitere obendrauf.
VW ID. Buzz Pro | |
Grundpreis | 64.581 € |
Außenmaße | 4712 x 1985 x 1927 mm |
Kofferraumvolumen | 1121 bis 1581 l |
Höchstgeschwindigkeit | 145 km/h |
0-100 km/h | 10,1 s |
Verbrauch | 20,7 kWh/100 km |
Testverbrauch | 28,1 kWh/100 km |